Im Gespräch

"Die Garantieverlängerung ist ein Wachstumsmarkt" Interview mit Jörg G. Scheidel

Wie ist Assurant Solutions in Deutschland positioniert? Welche Produkte bieten Sie hierzulande an? Wir sind hierzulande seit 2006 am Markt. Was die Anzahl der Verträge angeht, bewegen wir uns in Deutschland mittlerweile hoch im sechsstelligen Bereich. In Deutschland bieten wir sowohl die Garantieverlängerung/Zufallsschäden als auch Restschuldversicherungen an, aber auch das Thema Income-Protection als separates Produkt. Das Geschäft verteilt sich etwa hälftig auf Garantieverlängerung und Restschuldversicherung. Restschuldversicherungen sind in Deutschland sicher etablierter als die Garantieverlängerung ... Absolut. Aber das heißt: Im Bereich der Garantieverlängerung gibt es ein größeres Marktpotenzial. Bei der Restschuldversicherung bestehen langfristige Verträge mit den etablierten Anbietern. Dort befinden wir uns im klassischen Verdrängungswettbewerb, während der Markt der Garantieverlängerung ein echter Wachstumsmarkt ist, der noch weiter entwickelt werden kann. Von welchem Marktvolumen und Potenzial sprechen wir bei Garantieverlängerungen? Den Markt für Garantieverlängerungen schätzen wir auf eine Größenordnung zwischen 1,2 und 1,5 Milliarden Euro. Marktstudien zufolge erwartet mittlerweile jeder zweite Kunde, dass ihm bei Elektronikartikeln eine Garantieverlängerung angeboten wird. Addiert man heute die Umsätze, kommt man auf etwa 250 Millionen Euro. Es gibt also noch reichlich Potenzial. Wie hoch ist derzeit der Anteil der Kunden, die eine Garantieverlängerung abschließen, wenn sie angeboten wird? Dies ist je nach Vertragspartner unterschiedlich. Die Abschlussquote kann bei 30 bis 35 Prozent liegen. Die wesentlichen Marktteilnehmer bei Restschuldversicherungen sind bekannt. Wer sind Ihre wichtigsten Wettbewerber bei Garantieverlängerungen? Einer der Hauptwettbewerber ist die Wertgarantie in Hannover. Wir haben uns von unseren Mitbewerbern dahingehend differenziert, dass wir ein sogenanntes strategisches Produkt entwickelt haben, um die Ziele des Händlers maximal zu unterstützen. Denn mit einer falschen Garantielaufzeit kann man dem Vertriebspartner das Kerngeschäft aushebeln. Ein Beispiel: Ein PC verwandelt sich im dritten Jahr vom Rechner zur elektronischen Schreibmaschine. Der Kunde wird häufig ein neues Gerät kaufen wollen. Das kann er aber nicht, wenn die Garantieverlängerung fünf Jahre oder länger läuft. Ebenso ist es wenig sinnvoll, in die Garantieverlängerung Dinge einzubeziehen, die durch eine Hausratsversicherung abgedeckt sind. Denn darüber verfügen 92 Prozent aller Haushalte. Statt solche Risiken doppelt abzusichern, ist es sinnvoller, die Prämie günstiger zu berechnen und so dem Partner die Möglichkeit zu geben, mehr Kunden zu binden. Darüber hinaus ist es wichtig, weitere Serviceleistungen wie Datensicherung und Datenrettung zu entwickeln. Insofern haben wir die einzelnen Produkte analysiert und entwickeln jeweils passende Versicherungsprodukte, die den Händlern einen Mehrwert bieten und auch vom Kunden akzeptiert werden. Im Zweifelsfall schalten wir eine Marktforschung vor, um festzustellen, ob eine Produktidee wirklich marktgängig ist. Wichtig: Das Produkt muss einfach gebaut sein, sodass es sich schnell erklären lässt. Zu dem strategischen Ansatz gehört auch ein Management-Infor-mation-System, mit dem die Partner das Marktpotenzial pro Jahr pro Filiale analysieren und den Erfolg messen können. Können Sie ein Beispiel für eine Produktidee nennen, die aufgrund von Marktforschungsergebnissen verworfen wurde? Bei der in Kanada entwickelten "Home Warranty", die Haushaltsgeräte wie Herd, Kühlschrank und Waschmaschine in einer Police versichert, wird auch die Heizung einschließlich Reparaturservice einbezogen. In Deutschland dagegen hat sich gezeigt, dass die Verbraucher für die Heizung den Handwerker vor Ort bevorzugen. Also ist es nicht sinnvoll, die Heizung in die Police mit einzubeziehen. Können Sie einige Vertriebspartner nennen? Wir sind im Handel mittlerweile gut platziert und offerieren unsere Produkte unter dem Marken-Label der Händler. Einer unserer Partner ist Euronics, die europäische Nummer zwei im Bereich Consumer Electronics. Außerdem haben wir mit großen Expert-Händlern Verträge geschlossen. Einer unserer weltweiten Kunden, mit dem wir in Deutschland in mittlerweile über 60 Filialen unterwegs sind, ist der Büroausstatter Staples. Aktuell wurde eine Kooperation mit O2 vereinbart. Im Creditor-Geschäft arbeiten wir zum Beispiel mit American Express und der Credit Europe Bank zusammen. Die Garantieverlängerung umfasst mehr als nur die finanzielle Schadensabwicklung. Inwieweit lässt sich das mit den Assistance-Leistungen vergleichen, wie man sie etwa aus der Kranken- oder Unfallversicherung kennt? Die Assistance-Leistung ist etwas anders aufgebaut. Man kauft sie im Regelfall zu, die Garantieverlängerung beeinhaltet die Schadensabwicklung durch unser eigenes Call-Center. Durch Verträge mit den größten Reparaturservicenetzwerken stellen wir eine schnelle und effiziente Schadensababwicklung sicher. Das ist eine Dienstleistung, die der Händler auch zukaufen kann. Dabei bieten wir den Händlern die Möglichkeit, Reparaturen über uns abzuwickeln, die gar nicht bei uns versichert sind. Welche Anforderungen stellt das an die IT-Unterstützung? Bei Einmalprämien, wie es sie bei Garantieverlängerungen gibt, kennen wir den Namen des Kunden und die Adresse nicht. Die Schadensregulierung erfolgt auf der Grundlage der Daten auf der Rechnung. Typischerweise sind wir mit den Handelspartnern so vernetzt, dass diese die Ver tragsdaten automatisch nachts zu uns transferieren. Dabei übernehmen wir die Daten auf dem Kassenzettel. Und auf dieser Basis können wir den Versicherungsschutz in unseren Systemen lokalisieren. Thema Einkommensschutz: Wie ist dieses Produkt am deutschen Markt etabliert? In der Branche wird seit geraumer Zeit darüber gesprochen. Das Produkt ist aber noch wenig bekannt. Hier müssen wir den Markt entwickeln, um das Produkt wirklich lancieren zu können. Vertriebskooperationen haben Sie demnach noch nicht vereinbart? Nein. Dafür ist es noch zu früh. Wir befinden uns noch in der Entwicklungsphase. Für das Thema Einkommensschutz fehlt in Deutschland - im Vertrauen auf den Sozialstaat - noch das Bewusstsein. Den Menschen ist etwa nicht klar, dass eine längere Krankheit, nach Wegfall der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber, mit Einkommensverlusten von bis zu 40 Prozent einhergeht, für die ein Absicherungsbedarf besteht, um finanziellen Verpflichtungen nachkommen zu können. Wer sind Ihre Wunsch-Vertriebspartner für Einkommens-schutz-Policen? Als eigenständiges Produkt kann der Einkommensschutz in der ganzen Finanzdienstleistungsbranche eingesetzt werden. Denkbar ist der Vertrieb über Versicherungen, die das Produkt nicht im Portfolio haben, über Makler und natürlich auch für den Bankvertrieb. Im Rahmen der Vorsorgeberatung kann das Produkt auch durchaus Kunden angeboten werden, die noch keinen Kredit haben. Das Marktpotenzial liegt sicher im Milliardenbereich.

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