Kooperationen

Cash-Handling: Banken und Handel auf Konsolidierungskurs?

In Zeiten wirtschaftlicher Engpässe sind nicht nur Banken und Sparkassen immer wieder auf der Suche nach innovativen Konzepten zur Effizienzsteigerung. Auch Handelsunternehmen gehen neue Partnerschaften ein, um ihr Angebot für die Kunden noch attraktiver zu gestalten und somit die Wirtschaftlichkeit ihrer Unternehmen zu sichern. Selbst große Handelskonzerne orientieren sich neu und implementieren Lösungen, die beispielsweise die Bargeldprozesse effizienter gestalten und bestehende Risiken reduzieren.

Dabei schreibt insbesondere die Auslagerung des Cash-Handlings Erfolgsgeschichte. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt Vorteile, aber auch Risiken der Partnerschaft beider Branchen. Zunächst einmal scheinen jedoch alle Beteiligten von den gewonnenen Synergieeffekten zu profitieren: Dank optimierter Service- und Kostenstrukturen kann das Handelsunternehmen seine Wettbewerbsfähigkeit ausbauen und die Kreditwirtschaft steigert kostengünstig ihre Wahrnehmung in der Fläche.

Neben der vergleichsweise kostengünstigen Präsenz bei ihren Kunden schlummern in dem Zusammenspiel zwischen Handel und Banken für die Kreditwirtschaft weitere Synergien, die sich in der Regel schnell mit belastbaren Zahlen untermauern lassen. Insbesondere in folgenden Bereichen sind Einsparpotenziale und/oder Prozessverbesserungen zu erwarten:

- Bargeldlogistik,

- Aufwand Münzgeldverarbeitung,

- Revisions- und Verwaltungsaufwand.

Regionalisierung des Geldkreislaufs

Allein schon die mögliche "Regionalisierung des Geldkreislaufes" schafft Raum für die Zusammenführung von Geldüberschüssen und Geldbedarf direkt bei ihren Kunden, beispielsweise im Münzgeldbereich.

Betrachtet man die bisherige Prozesskette aus der Vogelperspektive, zeigt sich exemplarisch folgendes Bild: Sowohl Firmen- als auch Privatkunden zahlen Münzen in loser Form in ihren Geschäftsstellen ein. Aus den Säcken rollen die Mitarbeiter vor Ort bundesbankkonforme Münzgeldrollen. Diese werden in den Tresoren in den Filialen gesammelt, bis sie das Volumen eines Normcontainers erreicht haben. Dabei verbraucht das Münzgeld in erster Linie Platz, den kaum eine Geschäftsstelle bieten kann. Solange, wie das Geld im Tresor liegt, ist es zudem "totes" Kapital und kann nicht gewinnbringend eingesetzt werden.

Noch greift in Bezug auf die verpflichtende Einführung des Normcontainers eine Übergangsregelung: Die Institute dürfen ihr Münzgeld gebührenpflichtig auch in geringeren Mengen an die Bundesbank senden. Diese Ausnahmen wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit 2014 nicht mehr geben: Der Münzgeldnormcontainer wird in den kommenden Jahren zur Pflicht.

Bei der Bundesbank angekommen, werden die gerollten Münzen zwischengelagert und gemäß den vorliegenden Bestellungen wieder durch die Wertdienstleister in den Handel und in die Geschäftsstellen der einzelnen Banken und Sparkassen transportiert und in den Umlauf gebracht. In den Instituten öffnen die Mitarbeiter die Rollen wieder, um Firmen- und Privatkunden zu bedienen.

Bearbeitungsaufwand reduzieren

Kooperieren Banken mit Handelsunternehmen in diesem Themenfeld, liegen die Vorteile auf der Hand. Der Bearbeitungsaufwand für die Kreditwirtschaft wird sich spürbar reduzieren, da weniger Bareinzahlungen stattfinden und sich nachfolgende Bargeldlogistikprozesse erübrigen. Dieser Effekt lässt sich noch verstärken, wenn sich in großen Einkaufszentren Bargeldstützpunkte etablieren: So könnten neben den großen Kooperationspartnern auch Einzelhändler ihre Tageseinnahmen bequem entsorgen und gleichzeitig ihre Bedarfe an Münz- und Scheingeld direkt vor Ort erfüllen.

Für die Institute entsteht durch den automatisierten Prozess von der Kasse bis zur Bundesbankeinzahlung nur ein sehr geringer interner Verwaltungs- und Buchungsaufwand. Die so entstehenden Kostensenkungen könnten sich direkt in reduzierten Bankgebühren niederschlagen - was sowohl als freundliches Entgegenkommen für Bestandskunden als auch im Sinne der Neukundenakquise den Vertrieb unterstützt. In Anbetracht der zu erwartenden Rahmenbedingungen - insbesondere der verpflichtenden Normierung der Münzgeldcontainer - ist es aus der Perspektive der Kreditwirtschaft folglich nahezu ein Gebot der Logik, sich der Kooperationspotenziale mit dem Handel zu bedienen.

Auch auf Handelsseite stehen die Mühlen nicht still. Viele Unternehmen suchen nach rentablen Lösungen für ihre Bargeldlogistikprozesse, wie beispielsweise die Globus SB-Warenhaus Holding GmbH & Co. KG. Mit mehr als 15 000 Mitarbeitern und einem Gesamtumsatz von über drei Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2012/2013 zählt das Unternehmen zu den führenden Handelsunternehmen in Deutschland. Ihr Geld verdient die Globus Gruppe neben den SB-Warenhäusern mit Elektrofachmärkten und Baumärkten - vorrangig in Deutschland, aber auch in Tschechien, Russland und Luxemburg. Bei der Geldabrechnung ihrer deutschen SB-Warenhäuser unterscheidet Globus in zwei Varianten:

- Hauptkasse mit eigener Geldaufbereitung und

- Fremdauszählung durch das Werttransportunternehmen.

Im Rahmen der notwendigen täglichen Abstimmung der Geldeinzahlungen auf den Konten gab es insbesondere bei den SB-Warenhäusern Optimierungsbedarf. Man nutzte seinerzeit ein Zählprogramm, das keine direkte Schnittstelle zu den anderen für das Cash-Handling relevanten Systemen hatte - infolgedessen entstand hoher manueller Aufwand, den man im Rahmen einer Neuausrichtung des Bargeldlogistikprozesses reduzieren wollte. Gleiches galt für den Tresorbestand, der vor dem Jahr 2008 ebenfalls noch händisch mit Hilfe von Excel-Listen geführt wurde. Ebenso gestalteten sich die zahlreichen, unterschiedlichen Prozesse innerhalb der 40 SB-Warenhäuser für Wechselgeldbestellungen, Dokumentationen und Berichte sowie die Avisierung bei der Bundesbank suboptimal.

Prozesse vereinheitlichen, Aufwand reduzieren

In Anbetracht der Ausgangssituation formulierten die Verantwortlichen der Globus SB-Warenhaus klare Ziele. Zum einen sollte SAP eingeführt werden, um die buchhalterischen Prozesse optimal zu begleiten und weitestgehend zu automatisieren. In diesem Zusammenhang war die Vereinheitlichung der Stammdatenverwaltung mit Blick auf die Vereinfachung der Prozesse unerlässlich. Die Einführung einer zentralen Kassensoftware sowie einer automatisierten Tresorbestandsverwaltung sollte sich künftig als wirtschaftlich sinnvoller Ersatz für die aufwendige, manuelle Pflege der alten Excel-Listen erweisen. Zudem galt es folgende Teilprozesse zu vereinheitlichen und elektronisch abzuwickeln: Wechselgeldbestellung, Dokumentation aller Buchungen (Berichte), Differenzenhandling und Bundesbankeinzahlung. Eine Kernanforderung an die künftige Lösung war die Realisierung aller Anforderungen in nur einem Programm, welches seitens des künftigen Anbieters rund um die Uhr in Form passgenauer Service- und Wartungsverträge unterstützt wird. In Summe sollte sich der gesamte Cash-Handling-Prozess spürbar wirtschaftlicher gestalten.

Auf der Suche nach einem geeigneten Lösungsanbieter stieß Globus im Jahre 2008 auf die Alvara Cash Management Group AG, die Banken und Sparkassen mit Lösungen für den optimierten und sicheren Bargeldkreislauf unterstützt, beispielsweise "Alvara Interactive Cash Control (ICC) - Plattform für die Bargeldsteuerung". Mehr als 30 000 Filialen und Automaten werden durch die vom Verband öffentlicher Banken (VöB) und der Deutschen Bundesbank zertifizierte Lösung betreut. Zahlreiche Institute profitieren von der webbasierten Plattform, die den vollständigen Bargeldkreislauf begleitet: Von der Direkteinzahlung bei der Deutschen Bundesbank durch Filialen mit Hauptkasse bis hin zur Verarbeitung von Filialerlösen und Automatengeldern durch einen Wertdienstleister.

Neben Banken und Sparkassen sieht das Unternehmen seinen Schwerpunkt auch in der Zusammenarbeit mit Handelsunternehmen und Wertdienstleistern: Die Bedürfnisanalyse der drei Branchen zeigt in dem Thema Cash-Handling eben deutliche Synergiepotenziale.

Gemeinsam mit Alvara fand Globus einen passgenauen und bedarfsgerechten Lösungsansatz: Künftig sollte die Kassensoftware in Lösungsunion mit Alvara ICC den Bargeldkreislauf auf ein wirtschaftlich stabiles Fundament betten - bei gleichzeitiger Risikoreduktion. Im Wesentlichen kam es auf das reibungslose Zusammenspiel aller beteiligten Systeme an: Sowohl die neue Kassensoftware, das Buchungssystem (SAP, inklusive der Erstellung von Buchungssätzen) als auch die Deutsche Bundesbank (Avisierung) und der Wertdienstleister waren nun via Schnittstelle miteinander verbunden und prozessual vereint.

So gelang auch die Umsetzung der gewünschten Automatisierung der Teilprozesse Wechselgeldbestellung, Dokumentation aller Buchungen, Differenzenhandling und die herstellerunabhängige Anbindung von Geldzähltechnik. Die zentrale Sicht auf die einzelnen Märkte konnte auf diesem Wege ebenfalls realisiert werden: Die Mitarbeiter aus der Zentrale haben in Echtzeit den Überblick über die Bargeldbestände aller SB-Warenhäuser und können jeden einzelnen Prozessschritt überwachen - beispielsweise, wo sich das vom Wertdiensleister abgeholte Bargeld gerade befindet.

Nutzen und Herausforderungen

Im Rahmen der Zusammenarbeit mit verschiedenen Abteilungen wie Kassenorganisation oder Buchhaltung von Globus entwickelte sich die Kassensoftware stetig weiter. Unter anderem kamen folgende weitere Funktionalitäten hinzu: Differenzenübersicht auf Marktebene, Abteilungsebene und pro Kassierer, Inventurfunktion (Übersicht über das zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandene Bargeld in einem Markt), Erstellen von Reporten (Bundesbankeinzahlungen, manuelle Buchungen, Tageszählergebnisse) welche zentralseitig eingesehen werden können, Übersicht über Wechselgeldbestellungen (für Abgleich mit Rechnung vom Wertdiensleister) sowie Übersicht über Bundesbankeinzahlungen.

Die beiden ursprünglich bestehenden unterschiedlichen Wege der Bargeldentsorgung blieben im Rahmen der Umstellung auf das neue System bestehen - die damit in Verbindung stehenden Prozesse konnten allerdings deutlich optimiert werden. Die SB-Warenhäuser, die mit einer Hauptkasse ausgestattet sind, können nun die Gelder direkt bei der Bundesbank einzahlen - eine Vorgehensweise, die einen deutlichen Effizienzgewinn mit sich bringt. Andere Märkte - ohne Hauptkasse - lösen die Bargeldentsorgung weiterhin über den Werttransporteur, der die Einzelkassenbestände konsolidiert und die Einzahlung an die Bundesbank übernimmt. Beide Workflows lassen eine flexible Bankauswahl zu. Globus kann sich frei entscheiden, bei welcher Bank oder Sparkasse das Geld verbucht werden soll.

Das Unternehmen profitiert zudem durch:

die Versicherung der Deposit-Gelder durch den Dienstleister, eine deutliche Reduktion des eigenen Bargeldrisikos, die Optimierung der Buchhaltung und des Liquiditätsmanagements, eine spürbare Verbesserung des Risikomanagements im Bargeldprozess und Transparenz der Geldwirtschaft.

Bevor sich die Mehrwerte der Lösung vollständig zeigen konnten, galt es wichtige Herausforderungen zu lösen. Immerhin mussten zwei verschiedene Prozesse (Abstimmungsprozess mit und ohne Hauptkasse) parallel abgehandelt und die entsprechenden Daten im Anschluss konsolidiert werden. Zudem galt es die damit einhergehenden unterschiedlichen Arbeitsabläufe in den SB-Warenhäusern mit Hauptkasse und insbesondere in den Märk ten ohne Hauptkasse zu berücksichtigen. Überdies stand die Revisionssicherheit der neuen Software zur Diskussion - mit gutem Ergebnis. Im Sinne der künftigen Prozesse galt es zudem stimmige Voraussetzungen für die Einführung der Hauptkassensoftware (Retail Controller) zu schaffen - auch mit Blick auf die Wertdienstleister.

Integration von Bankfilialen

Das Ziel einer sofortigen Verbuchung ihrer Gelder vor Augen erwägt Globus perspektivisch die Integration von Bankfilialen, mindestens von Cash-Reycling-Systemen in ihre SB-Warenhäuser. Für Banken und Handel liegen in einer solchen Konstellation große Potenziale. Schließlich können die Institute die Präsenz in der Fläche schaffen, während das Handelsunternehmen seine Kosten für das Bargeldhandling reduziert und seine Liquidität verbessert.

Doch ist der Einzug in SB-Warenhäuser für Banken und Sparkassen lohnenswert? Immerhin hat diese Herangehensweise nicht nur Vorteile. Beispielsweise stellt sich die Frage hinsichtlich des Haftungsrisikos: Ab wann ist das Geld in welchem Zustand im Besitz der Bank? Wie verhält es sich in dem Kontext mit dem Versicherungsschutz? Zudem müssten die Institute, die in vielen Märkten auf "einfache" Geldausgabeautomaten setzen, umdenken und in CRS-Geräte investieren.

Der Blick in den Markt zeigt Best-Practice Lösungen: Finanzdienstleister mit Banklizenz wie beispielsweise die Transact elektronische Zahlungssysteme GmbH (Euronet) übernehmen die bestehenden Risiken nahezu vollständig. Die Bank oder Sparkasse lässt den Automaten in ihrem Corporate Design vorbereiten und gewinnt so an Flächenpräsenz - was insbesondere dem Anspruch regionaler Institute entgegen kommt.

Für den Handelspartner überwiegen ebenfalls die Vorteile, da Einzahlüberhänge nicht komplett über den WDL abgeliefert werden müssen, sondern im Cash-Recycling-System eingezahlt werden können, Logistikkosten gesenkt werden und Verund Entsorgungen mittels WDL nur noch für Spitzen notwendig sind. Der relativ geschlossene Geldkreislauf schafft einen deutlichen Liquiditätsgewinn - denn ist das Geld erst einmal im Automaten, wird es zeitgleich dem Konto gutgeschrieben.

Ob und inwieweit sich Globus mit einer Bank oder Sparkasse im Thema Bargeldkreislauf zusammenschließt, um ihren Effizienzgrad im Cash-Handling ein weiteres Mal zu erhöhen, dürfte für viele Marktteilnehmer spannend werden. Positivbeispiele zeigen nämlich, dass die Vorteile schlussendlich für beide Seiten überwiegen: Die Kosten für das Cash-Handling lassen sich um bis zu 40 Prozent reduzieren (inklusive Versicherungsaufwand). Übrigens ist dieses Modell erst Recht mit Blick auf die Reduktion der Bundesbankstandorte interessant, weil "frisches" Geld künftig sehr teuer wird - für Banken und Handel.

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