Blickpunkte

Baufinanzierung - Gefährliche Niedrigraten

Im Niedrigzinsumfeld hat der Erwerb von Wohneigentum Konjunktur. Im Vergleich zum Jahr 2000 ist die Zinsbelastung heute um die Hälfte niedriger - gute Zeiten also für die Immobilienfinanzierung. Und doch kann derjenige, der nur auf die niedrige monatliche Kreditbelastung schaut, eine böse Überraschung erleben. Denn in Verbindung mit niedrigen Tilgungsraten kann sich die Zeit bis zur Abzahlung des Darlehens auf mehr als 50 Jahre verlängern. Darauf weist zum Beispiel der Immobilienkreditvermittler Interhyp hin.

Als Beispiel dient die Finanzierung eines Objekts im Wert von 400 000 Euro mit einer Kredithöhe von 200 000 Euro. Hier ergibt sich bei einem Zehn-Jahres-Kreditzins von 2,5 Prozent und einer Anfangstilgung von einem Prozent eine Gesamtlaufzeit von 50 Jahren und drei Monaten, während es bei einem Kreditzins von 5,0 Prozent unter sonst gleichen Bedingungen nur 36 Jahre gewesen wären.

Das Beispiel zeigt: Die bei Annuitätendarlehen weit verbreiteten Tilgungsraten von einem Prozent mögen in Zeiten hoher Zinsen ihre Berechtigung haben, um die monatliche Belastung in Grenzen zu halten. Das derzeitig niedrige Zinsniveau aber sollte für höhere Tilgungsraten genutzt werden, um schneller Schuldenfreiheit zu erreichen.

Ansonsten führt die geringe monatliche Gesamtbelastung zwar vielleicht dazu, dass sich die Verbraucher "mehr Immobilie" leisten können und damit entweder höhere Ansprüche an die Immobilie erfüllt werden können oder neue Zielgruppen erreicht werden, für die bei höheren Zinsen Wohneigentum nicht infrage gekommen wäre. Weil aber in der niedrigen Monatsrate auch der Tilgungsanteil entsprechend gering ausfällt, kann das dazu führen, dass Haus oder Wohnung bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht schuldenfrei sind. Das Ziel, das Wohneigentum als Vorsorgebaustein zu nutzen, wäre in diesem Fall nicht erreicht.

An dieser Stelle sind die Berater am Zug: Sie müssen den Kunden davon überzeugen, nicht nur auf die geringe monatliche Gesamtbelastung zu schauen, so verführerisch das auch sein mag, sondern immer auch die Zeit bis zum Erreichen der Schuldenfreiheit im Auge zu behalten. Die Frage "Wie viel Immobilie kann ich mir leisten?" sollte also um die Zeitdimension "spätestens bis zum Erreichen des Rentenalters" ergänzt werden. Beim Durchrechnen mit verschiedenen Tilgungsraten wird das am besten deutlich.

Für den Kunden mag das bedeuten, dass das Eigenheim nicht gar so viel mehr kosten darf als in Zeiten höherer Zinsen. Diese Erkenntnis ist für den einen oder anderen sicher schmerzlich. Langfristig dürfte ein solcher Hinweis des Beraters sich aber in Sachen Kundenzufriedenheit auszahlen - vom Imageaspekt ganz zu schweigen. Denn auch die Verbraucherschützer werden sich des Themas zweifellos annehmen. Red.

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