Im Gespräch

"Die Aufgabe ist, den Kunden in die Filiale zu bekommen"

Die SEB Bank zählt nicht zu den Großen unter den privaten Baufinanzierern. Wie positionieren Sie sich als Filialbank in dem wettbewerbsintensiven Markt?

Wir wollen mit dem Produkt private Baufinanzierung mehr Bekanntheit erreichen. Dies ist angesichts des preisintensiven Wettbewerbs in der Tat eine Herausforderung. Aber wir meinen, mit einem flexiblen Produktangebot können wir das schaffen. Die SEB Bank will in ihrer typisch schwedischen Art Beratung auf Augenhöhe, flexible Lösungen und Zusatznutzen anbieten. Dies gilt es 2007 auch in der Baufinanzierung umzusetzen. Dabei ist zu beachten, dass die selbstgenutzte Wohnimmobilie den Lebensphasen entsprechend unterschiedliche Rollen spielt. Demzufolge muss sich auch die Finanzierung anpassen können. Junge Familien verlangen beispielsweise andere Produkte als die sogenannten "Best Ager", deren Kinder aus dem Haus sind und die kurz vor der Rente stehen.

So behagt es vielen Kunden nicht, dass sie sich mit einem lang laufenden Kreditvertrag mindestens zehn Jahre an ein Kreditinstitut binden. Wer mit 30 einen Baufinanzierungsvertrag abschließt, hat in der Regel andere Bedürfnisse als ein Fünfzigjähriger.

Was bedeutet "typisch schwedisch"?

Die SEB Bank will sich in Deutschland bewusst als schwedisches Unternehmen präsentieren, denn Schweden hat hierzulande ein ausgesprochen positives Image. Wie repräsentative Untersuchungen ergaben, verbinden die Deutschen mit dem skandinavischen Land "faire Behandlung", "offenen Umgang" und "partnerschaftliche Kommunikation".

Folglich nehmen uns die Kunden nicht als großes Kreditinstitut wahr, dem sie sich mehr oder weniger hilflos gegenüberstehen sehen, sondern haben vielmehr das Gefühl, auf Augenhöhe mit uns zu sein.

Birgt die Betonung des Schwedischen nicht auch die Gefahr, dass sie gerade nicht als Institut für deutsche Kunden wahrgenommen werden?

Nein, da wir in der Markenpositionierung ganz sensibel und zielorientiert vorgehen. Auf Basis der positiven Assoziationen und der Offenheit, die man den Schweden entgegenbringt, richten wir unsere Angebote und die Kommunikation eindeutig auf die Bedürfnisse der Kunden in Deutschland aus. Braucht es eigentlich noch die Betonung des Beratungsansatzes oder ist es nicht so, dass sich die Kunden vorab bereits sehr genau informieren und die Komponenten ihrer Baufinanzierung selbst zusammenstellen bei verschiedenen Anbietern?

Es gibt zwei Typen von Kunden. Der eine ist sehr selbstbewusst, souverän und gut informiert. Dieser wird sich nicht von einer Bank abhängig machen und sucht sich die für ihn passenden Bausteine am Markt zusammen. Diese Privatpersonen sind oft Kunden von Vermittlern wie zum Beispiel Dr. Klein, der Interhyp oder der ING-Diba.

Aber es gibt auch die anderen, die ein umfassendes Beratungsangebot mit einer durchkalkulierten und strukturierten Finanzierungsplanung wollen. Diese Kunden sind jedoch gleichzeitig skeptisch und fragen sich, ob die Bank sie nicht übervorteilt. Hier heißt es für uns, Transparenz und Vertrauen zu schaffen. Dem Kunden muss aufgezeigt werden, was ihn erwartet und was er bekommt.

Über das "Übliche" einer Baufinanzierung hinaus wollen wir aber auch Zusatznutzen anbieten. Die meisten haben bei der Auswahl des Anbieters zunächst nur den Zinssatz im Blick. Allerdings werden andere Bedürfnisse, die mit dem Eigentumserwerb zusammenhängen, gar nicht sofort erkannt.

Wir merken, dass die Direktbanken sehr standardisiert vorgehen und in diesem Segment preisattraktive Angebote haben. Diesem Wettbewerb müssen wir uns stellen. Das versuchen wir, indem wir dem Kunden klar machen, dass er bei uns als Filialbank mehr Flexibilität und ein strukturiertes Produkt bekommt. Zudem hat der Kunde bei uns den persönlichen Kontakt zum Berater und nicht die Anonymität eines Call-Centers.

Woher wissen Sie, was Ihre Kunden wünschen?

Wir haben eine umfangreiche Marktstudie durchführen lassen. In deren Ergebnis wurde deutlich, dass vor allem die potenziellen privaten Bauherren bis 45 Jahre eine Finanzierung wünschen, mit der flexibel und individuell auf bestimmte Lebenslagen reagiert werden kann. Dazu gehört zum Beispiel auch die Tilgungsaussetzung bis zu drei Jahren oder eine Versicherung gegen den Verdienstausfall. Wir haben für uns zwei Zielgruppen im Fokus definiert: junge Familien und die Generation der über 50-Jährigen. Junge Paare haben in der Regel zunächst zwei Einkommen, aber keine Kinder. Ist das erste Kind da, entfällt ein Einkommen, das erst nach der Elternzeit wieder hinzukommt. Nach ein paar Jahren wird möglicherweise die erste Lebensversicherung ganz oder teilweise ausgezahlt oder es steht ein Erbe an, sodass Sondertilgungen von Baudarlehen möglich sind.

Bei Senioren wird das Einkommen dagegen durch die Rente abgelöst. Zudem werden Lebensversicherungen einmalig oder als Rente ausgezahlt. Wenn in dieser Lebensphase ein Haus erworben wird, so wird dabei oft auch die Vererbung eingeplant. Auf diese speziellen Kundenanforderungen wollen wir bei unseren Produkten Rücksicht nehmen. Daher gibt es seit Januar 2007 verschiedene Tilgungsoptionen.

Wie sieht Flexibilität bei Ihnen aus?

Statt der alten Welt mit Erst- und Nachrangfinanzierung bietet die SEB Bank für eine standardisierte Baufinanzierung, bei der die Beleihung im ersten Rang bleibt und keine Zusatzoptionen vereinbart werden, einen günstigen Basispreis an. Darin inbegriffen ist eine einmalige Möglichkeit der Sondertilgung bis zu 3 000 Euro. Wünscht der Kunde jedoch zum Beispiel die Option einer höheren Sondertilgung, hat diese Komponente einen Preis, der zum Basiszins hinzukommt.

Seit Januar 2007 bieten wir verschiedene Tilgungsoptionen an. So kann die Tilgung für maximal ein Jahr ausgesetzt werden, wenn ein Liquiditätsengpass eintritt oder ein Arbeitgeberwechsel ansteht. Bei Elternzeit kann sogar zweimal eine Tilgungsaussetzung für maximal drei Jahre vereinbart werden. Andererseits sind Sondertilgungen bis fünf beziehungsweise zehn Prozent optional vereinbar, aber auch die Erhöhung der Tilgung auf maximal fünf Prozent per annum oder die Tilgungssenkung auf mindestens ein Prozent per annum kann - gegen Aufpreis - abgeschlossen werden. Darüber hinaus haben wir unsere Produktpalette aufgrund der großen Nachfrage um For-ward-Darlehen bis zu 48 Monaten erweitert. Unter den Filialbanken in Deutschland ist das ein Alleinstellungsmerkmal.

Wie teuer sind die Optionen?

Jede Option kostet zwischen zehn und 15 Basispunkte zuzüglich zum Basispreis. Dieses Preismodell hat den Vorteil, dass der Vertrieb aktiv beim Kunden nachfragt, ob er einzelne Optionen dazunehmen möchte. Dies wird auch vom Kunden positiv aufgenommen, weil sich die Preistransparenz erhöht.

Welchen Zusatznutzen bieten Sie den Kunden über die Finanzierung hinaus?

Zunächst kooperieren wir mit einem schwedischen Fertighaushersteller, der seinen Kunden Preisnachlässe gewährt, wenn sie über die SEB Bank vermittelt werden. Zudem hat der Kunde die Möglichkeit, vor Erwerb eines Hauses ein professionelles Wertgutachten von der zu erwerbenden Immobilie zu erhalten. Hierzu werden nicht nur Katasterblätter und umbauter Raum als Größen herangezogen, sondern auch eine Vor-Ort-Besichtigung von außen und - wo möglich - auch von innen vorgenommen. Damit helfen wir, eine wesentliche Fragestellung des Kunden im Rahmen des Objektkaufs zu beantworten: Ist der Preis marktgerecht?

Verwerten Sie damit die Gutachten, die Sie für Ihre Kreditentscheidung ohnehin erstellen lassen, doppelt?

Selbstverständlich müssen wir prüfen, was wir finanzieren, und dass die Hypothek auch zum Objekt passt. Aber in dieser Gründlichkeit inklusive Vor-Ort-Besichtigung, wie wir es dem Kunden anbieten, können wir normalerweise nicht begutachten lassen.

Führen Ihnen diese Zusatzangebote tatsächlich mehr Kunden zu?

Natürlich werden die Zusatzangebote nicht von allen Kunden wahrgenommen. Aber der eine oder andere reagiert darauf und bemerkt, dass wir weiter gedacht haben. Sicherlich müssen wir solche Angebote dauerhaft aussprechen, um Aufmerksamkeit zu erzielen.

Bieten sie diese Angebote nur einmalig oder dauerhaft an?

Die Angebote werden nicht ständig, aber in regelmäßigen Aktionen beworben. Auch bieten wir sie nicht in jedem Kundengespräch an, sondern wollen - wie der Einzelhandel - die Produkte als Sonderangebot im "Schaufenster" präsentieren und damit Aufmerksamkeit erregen.

Damit wollen wir uns auch vom reinen Konditionenwettbewerb der Direktbanken abheben. Der Kunde soll über die Finanzierung hinaus einen Nutzen haben. Anders ausgedrückt: Wir wollen die Baufinanzierung nicht nur als Ankerprodukt für das Cross-Selling nutzen, sondern auch über andere Produkte zum Eigenheimerwerb anregen.

Aber wer kauft schon regelmäßig ein neues Eigenheim? Verunsichert das ständig wechselnde Angebot an Zusatzdienstleistungen und Sonderangeboten die Kunden nicht, wenn sie langfristig und wohl überlegt ihr Eigenheim finanzieren wollen?

Natürlich wird keiner, der eine Eigentumswohnung kaufen wollte, wegen einer Sonderaktion mit unserem Kooperationspartner plötzlich ein Schwedenhaus erwerben. Bei dem Angebot eines Wertgutachtens erwarten wir dagegen schon, dass der Kunde durch die Werbung auf uns aufmerksam wird und zumindest in die Filiale kommt. Die Aufgabe besteht heute darin, den Kunden in die Filiale zu seinem Berater zu bringen und ihn nicht auf dem Weg dahin an die Wettbewerber - vor allem die Direktbanken - zu verlieren. Was den Kunden bewogen hat, zu uns zu kommen - ob wegen des Schwedenhauses oder des Gutachtens oder einer speziellen Versicherung - ist letztlich einerlei, wenn das Gespräch am Ende auf den Abschluss einer Baufinanzierung hinausläuft.

Was erwarten Sie sich konkret von der neuen Produktwelt?

Wenn sich im Markt umsetzen lässt, was die Marktforschung "induziert", dann sollte mit diesem gesamten Paket an Produkten eine Marktanteilssteigerung realistisch sein. Auf die SEB Bank entfällt etwa ein Prozent der Baufinanzierungen in Deutschland. Wir schätzen, dass sich der Umsatz mit dem Optionsmodell um ein Drittel steigern lässt. Aus dem Vertrieb haben wir zumindest sehr positive Signale bekommen. Den Beratungsprozess unterstützen wir zudem mit einem webbasierten Tool, das den Vertrieb durch alle relevanten Fragen für die Baufinanzierung führt. Dieses Werkzeug haben wir mittlerweile in allen 174 SEB-Filialen eingesetzt.

Wer vertreibt außerdem die Baufinanzierungen der SEB?

Zu unseren wichtigsten Partnern gehört die DVAG. Daneben gibt es zahlreiche freie Vermittler.

Warum nehmen Sie den Wettbewerb nicht über die Konditionen auf?

Die Rangfolgen der günstigsten Baufinanzierer sagen relativ wenig darüber aus, wer wirklich der preiswerteste oder gar der qualitativ beste ist. Vielmehr werden durch Sonderkontingente und Aktionen kurzzeitig sehr attraktive Konditionen am Markt angeboten, die zwar beim Kunden den Eindruck hinterlassen, diese und jene Bank sei die günstigste, tatsächlich haben sich die Angebote aber schon geändert, wenn der Kunde nach ein paar Wochen eine Baufinanzierung nachfragt. Diesem Wettbewerbsumfeld können wir uns nicht entziehen, doch streben wir nicht den Spitzenplatz an, sondern wollen dauerhaft in der oberen Hälfte platziert sein.

Wer berät den Baufinanzierungskunden in den Filialen?

Unterstützen wollen wir die Produktoffensive mit einem optimierten, das heißt schlanken und flexiblen Beratungsprozess. Dazu unterscheiden wir zwischen dem Standardgeschäft und den Sonderfällen, die individueller zu behandeln sind.

Wir wollen den Kunden, der in eine Filiale der SEB Bank kommt, nicht zu einem Spezialisten verweisen müssen, sondern die Beratung durch die Kundenbetreuer vornehmen lassen. Denn dieser Mitarbeiter kennt den Kunden besser und länger als ein reiner Baufinanzierungsexperte. Nur wenn die persönliche Situation des Kunden oder die Spezialität des zu finanzierenden Objektes dies erfordern, wird ein Experte hinzugezogen. Ziel ist es, ein One-Stop-Shopping in jeder Filiale anzubieten. In diesem Zusammenhang haben wir auch die Kreditzusageprozesse beschleunigt. Allerdings ergab eine Befragung, dass nahezu alle Kunden die Kreditbestätigung erst am dritten Tag nach ihrer Anfrage haben möchten. Lediglich fünf Prozent erwarteten eine Zusage innerhalb von 24 Stunden. Schnelligkeit ist demnach zwar gewünscht, aber nicht der Entscheidungsgrund für oder gegen einen bestimmten Baufinanzierer.

Wird die von Ihnen betonte Familienfreundlichkeit der SEB Bank aus Schweden vorgegeben?

Nein. Die Produkte basieren auf deutschen Markterhebungen und sollen sich an den Lebensphasen der Kunden orientieren. Direktiven aus Schweden gibt es dafür nicht. Das wäre auch nicht sinnvoll, denn die Mentalität ist eine andere. So finanzieren die Schweden ihr Eigenheim fast nur mit variabel verzinsten Krediten, während dieses Produkt in Deutschland sehr eingeschränkt am Markt nachgefragt wird.

Woran liegt das?

Der Deutsche ist risikoavers - vielleicht etwas mehr als andere. Wir haben bei Kapitalanlagen lieber sichere drei Prozent als mögliche sechs bis sieben Prozent. Diese Einstellung hat sich in den letzten Jahren noch verstärkt, weil viele Privatanleger, die sich an den Aktienmärkten doch etwas mehr Risiko zutrauten, herb enttäuscht wurden. Ähnlich ist es bei der langfristigen Verschuldung: Der deutsche Häuslebauer will kalkulieren können, was an Belastungen auf ihn zukommt.

Deswegen ist Bausparen hierzulande so erfolgreich. Warum hat die SEB keine eigene Bausparkasse?

Weil wir mit der Badenia einen Partner haben, der uns ein zuverlässiges Produkt liefert, das wir selbst zu diesem Preis für unsere eine Million Bankkunden nicht bereitstellen könnten.

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