Digitale Transformation

Die Zeit läuft

Das heutige Leben findet immer mehr auf virtuellen Plattformen statt. Im Zuge dieser zunehmenden Digitalisierung haben sich vollkommen neue Kundenbedürfnisse abseits des klassischen Bankgeschäfts entwickelt.

Für Prof. Dr. Moormann von der Frankfurt School of Finance & Management ist völlig klar, dass sich die Wirtschaft in Richtung Plattformen und digitale Ökosysteme entwickeln werde, fraglich bleibe lediglich, welche Rolle die Kreditinstitute in dieser neuen Umgebung einnehmen werden. Denn der Plattformansatz bringe "ganz neue Anforderungen hinsichtlich Sammlung, Analyse und Nutzung von Daten mit sich", erklärt Moormann. Eine Möglichkeit ist der eigene Aufbau eines digitalen Ökosystems mit vielen Partnern, wobei die Bank im Zentrum der Plattform steht. Und tatsächlich wollen sogar laut der PwC-Studie "Die neue Säule des Geschäftsmodells? Relevanz digitaler Ökosysteme für deutsche Banken - Befragung deutscher Bankentscheider" rund 95 Prozent der deutschen Banken innerhalb der nächsten fünf Jahre ein eigenes digitales Ökosystem betreiben oder sich an einem beteiligen. Für das Jahr 2022 plant dies sogar gut die Hälfte. Und knapp 60 Prozent wollen in fünf Jahren mehr als zehn Prozent ihres Umsatzes über digitale Ökosysteme erwirtschaften. So weit, so gut.

Allerdings spiegelt sich die hohe Erwartungshaltung gegenüber derartigen Plattformen nicht in der Investitionsbereitschaft der Häuser wider: Im Jahr 2022 wollen 43 Prozent der befragten Bankentscheider bis zu 500 000 Euro in den Aufbau eines digitalen Ökosystems investieren. Etwa ein Viertel plant sogar nur mit bis zu 100 000 Euro. In Zeiten, wo diese Summen gewöhnliche Jahresgehälter einzelner Mitarbeiter darstellen, wird schnell klar, dass die Tragweite dieses Projekts wohl noch nicht erkannt wurde. Eine weitere Option, die sich für die Institute anbietet, ist, sich an einem bestehenden digitalen Ökosystem zu beteiligen. Wie bereits erwähnt, sind auch hiervon einige Banken nicht abgeneigt. Allerdings muss auch bei dieser Variante bedacht werden, dass die Gefahr besteht, als Bank sehr schnell in den Hintergrund zu fallen und langfristig unwichtig zu werden. Schließlich ist der Draht zum Kunden eines der Kern-Assets einer Bank. Besser wäre es also, sich für ein hybrides Modell zu entscheiden, also sowohl ein eigenes digitales Ökosystem aufzubauen als auch bei bestehenden Plattformen Dienste anzubieten.

Egal für welche Form sich die Kreditinstitute und Versicherer entscheiden, eines ist bereits heute abzusehen: Viel Zeit für ihre Überlegungen und Umsetzungen bleibt ihnen nicht mehr. Denn die starken Wettbewerber - vor allem aus dem amerikanischen, aber auch chinesischen Raum - möchten ihnen ihre Position in Europa streitig machen. Dennoch haben Banken durchaus die Chance, erfolgreich als Plattformbetreiber mitzumischen. Schließlich genießen vor allem die Sparkassen und Genossenschaftsbanken ein fest in den jeweiligen Regionen verankertes Vertrauen. Wenn die Institute also bereit sind bei diesem Vertrauensvorschuss wichtige Investitionen in den Aufbau von digitalen Ökosystemen zu lenken sowie in neuen Geschäftsmodellen zu denken, dann können sie verhindern, dass die Konkurrenz versucht, (sogar bei komplexen Bankprodukten) ihnen die Butter vom Brot zu nehmen.

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