Kreditgenossenschaften II

Wieder einen Schritt voraus

Je nach Region finden die deutschen Sparkassen und Kreditgenossenschaften zwar unterschiedliche Bedingungen vor, aber die grundsätzlichen Schwierigkeiten der Marktbearbeitung gleichen sich. Die Niedrigzinsen zehren massiv am Zinsüberschuss als der mit Abstand wichtigsten Ertragsquelle, das Provisionsgeschäft kann diese Einbußen nicht annäherungsweise auffangen, die Verwaltungsaufwendungen können nicht zuletzt dank Filialschließungen und moderatem Beschäftigtenabbau vergleichsweise konstant gehalten werden und die Bewertungsergebnisse fallen in vielen Regionen sogar positiv aus. Dass auf der Volumenseite das Kreditgeschäft immer noch recht deutlich wächst, und zwar sowohl im Firmenkunden- als auch im Privatkundenbereich, ist angesichts der vergleichsweise guten Wirtschaftslage und dem anhaltend guten Immobilienklima keine wirkliche Überraschung. Einigermaßen erstaunlich sind jedoch die Steigerungsraten, mit denen die Regionalverbände im Einlagengeschäft aufwarten können.

Ob das im aktuellen Zinsumfeld ein Segen ist, darf man bekanntlich bezweifeln, denn im Szenario der Negativzinsen müssen derzeit auch viele Kreditgenossenschaften die Kosten ihrer Einlagenüberschüsse verkraften. Zudem vermelden viele Ortsbanken und damit auch viele Regionalverbände für das Berichtsjahr 2016 ein deutliches Wachstum der täglich fälligen Gelder. Im Frankfurter Genossenschaftsverband, dessen noch 262 (281) Kreditgenossenschaften in 13 Bundesländern aktiv sind, verbuchen die Sichteinlagen ein Plus von 9,2 Prozent auf 106,455 Milliarden Euro und er reichen damit einen Anteil von gut 65,5 Prozent an den gesamten Einlagen. Im Zehnjahresvergleich seit 2007 ist diese Quote damit im Verbandsgebiet um rund 26 Prozentpunkte angestiegen. Auf der Aktivseite steht diesen täglich fälligen Papieren per Stichtag 2016 ein Bestand an langfristigen Kundenkrediten von 113,3 Milliarden Euro entgegen, der seinerseits 86,4 (85,8) Prozent des bilanziellen Kreditvolumens abdeckt. Die damit verbundenen Zinsänderungsrisiken rücken so fast zwangsläufig in den Fokus der Bankvorstände, des Prüfungsverbandes und natürlich auch der Aufsicht. Neben dem Einsatz von Derivaten und Swaps als Absicherungsinstrumente vor Ort gehört auch ein SREP-Zuschlag der Aufsicht von derzeit im Schnitt 1,1 Prozentpunkten zu den aktuellen Gegenmaßnahmen.

Trotz des wachsenden Kundengeschäftes verbuchen die Mitgliedsbanken des Frankfurter Verbandes einen Rückgang des ordentlichen Betriebsergebnisses an der Durchschnittsbilanzsumme (DBS) auf 0,97 (1,03) Prozent oder in absoluten Zahlen ein Abschmelzen um 35 Millionen Euro auf 2,08 Milliarden Euro. Dank Zuschreibungen bei Krediten ist das Betriebsergebnis nach Bewertung auf 0,99 Prozent der DBS angestiegen, in absoluten Größen auf 2,123 (2,032) Milliarden Euro.

Einen fachlichen Impuls erhofft sich der Ende dieses Jahres in den Ruhestand wechselnde Frankfurter Verbandspräsident Michael Bockelmann von der geplanten Fusion mit dem Rheinisch-Westfälischen Genossenschaftsverband (RWGV), über die Ende April in den Gremien zu entscheiden sein wird. Welche Rolle er in den vergangenen Jahren bei dem Prozess der Zusammenführung von Regionalverbänden gespielt hat, würde er dabei wohl niemals offensiv herausstellen. Aber in seiner Zeit als Verbandsvorstand hat er mit Vollzug der jetzt zur Abstimmung stehenden Fusion vier solcher Zusammenschlüsse an der Spitze begleitet, nämlich Kiel - Niedersachsen, Niedersachsen - Frankfurt, Frankfurt - Sachsen und nun voraussichtlich Frankfurt - Düsseldorf. Bei allen Parallelen im Geschäftsverlauf blickt man im Sparkassenlager einmal mehr auf die genossenschaftliche Gruppe und wird dabei innerlich einräumen müssen, dass diese auch mit Blick auf die Regionalverbände wiederum einen Schritt voraus ist. Der künftig auf 14 Bundesländer ausgedehnte "Genossenschaftsverband - Verband der Regionen e. V." indes wird seinerseits unter Beweis stellen müssen, in einem solchen Großgebilde den Bezug zur Praxis nicht zu verlieren.

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