Interview

Redaktionsgespräch mit Thomas Mang - "Es bietet sich an, über die Geschäftsmodelle und Aufgabenbereiche von LBB und Deka-Bank nachzudenken"

Der hohe Stellenwert der regulatorischen Fragestellungen und Vorgaben im Bankgewerbe hat für Thomas Mang die Marktbearbeitung fast zwangsläufig in den Hintergrund rücken lassen. An dieser Stelle neue Impulse zu setzen, ist für den Präsidenten des Sparkassenverbandes Niedersachsen eine zentrale Aufgabe der kommenden Jahre. Insbesondere bei der Verteilung von neuen Märkten und bei der Umsetzung neuer Techniken sieht er die Sparkassenorganisation als Marktführer in einer Vorreiterrolle gefordert. Bei der Bereinigung im Bereich der Landesbausparkassen und der öffentlichen Versicherer spricht er sich im Redaktionsgespräch bei allem Drängen auf eine Bündelung der IT-Technik gegen die vorschnelle Aufgabe regionaler Strukturen aus, solange diese sich als effizient genug erweisen. (Red.)

Wie sehen Sie die deutsche Sparkassenorganisation kurz vor dem Wechsel von Georg Fahrenschon in das Amt des DSGV-Präsidenten aufgestellt? Welche Bilanz ziehen Sie für die Amtszeit von Heinrich Haasis?

Heinrich Haasis sind in seiner Amtszeit eine Reihe von wichtigen Weichenstellungen gelungen. Der größte Meilenstein ist dabei sicher der Kauf der Landesbank Berlin und die komplette Übernahme der Deka-Bank durch die Sparkassen. Freilich war seine Zeit an der DSGV-Spitze auch durch die Finanzkrise mit all ihren Auswirkungen und regulatorischen Folgen geprägt. Das hat für ihn persönlich zu einer wesentlich höheren Belastung geführt als das bei Amtsantritt zu erwarten war. Aber er hat sich fachlich extrem gut eingearbeitet und die deutsche Sparkassenorganisation hervorragend vertreten. Wir können am Ende der Ära Haasis eine positive Bilanz in einer sehr schwierigen Zeit ziehen, die deutsche Sparkassenorganisation ist hervorragend aufgestellt.

Welche Herausforderungen warten auf den neuen Präsidenten?

In den vergangenen Jahren haben eindeutig die regulatorischen Fragestellungen dominiert und die kundenorientierten Aspekte ein wenig in den Hintergrund gedrängt. Auch Heinrich Haasis selbst wäre sicher froh gewesen, sich mehr mit der Marktbarbeitung am Kunden auseinandersetzen zu können. An dieser Stelle können die Sparkassen noch so manchen Impuls gebrauchen, der nun Georg Fahrenschon vorbehalten bleibt.

Können Sie Beispiele geben?

Im Rahmen der ganzheitlichen Beratung hat die Sparkassenorganisation sehr viele Schritte getan, um eine gute Kundenorientierung und Beratungslogik aufzubauen. Im Rahmen dieser Fragestellungen sind insbesondere die Bereiche Altersversorgung und Wertpapiergeschäfte nach hinten gerückt, stehen aber aktuell nach der vollständigen Übernahme der Deka-Bank wieder stark auf der Agenda.

Altersvorsorge ist eigentlich ein Dauerthema, mit dem die Kreditwirtschaft insgesamt sich schwer tut ...

Diese Beobachtung ist richtig, aber es ist natürlich für den Marktführer bei den Passivgeschäften eine besondere Herausforderung, bei der Verteilung der Märkte den sonstigen Standard beziehungsweise Marktanteil auch an dieser Stelle zu erzielen. Dort haben wir mehr zu verlieren als andere Wettbewerber und müssen deshalb aufholen. Und das ist ausdrücklich keine Kritik an Heinrich Haasis, denn es war in der Finanzkrise strikt unmöglich, diese Dinge mit der gleichen Stringenz zu bearbeiten wie die regulatorischen Fragen.

Muss die Altersvorsorge zentral gesteuert werden? Was müssen der DSGV, was die Regionalverbände und was die Sparkassen vor Ort in dieser Fragestellung leisten?

Das ist genau das Spannungsfeld in einem dezentalen Geschäftsmodell mit sehr granularen Kundenstrukturen. Man muss diesen wichtigen Vorteil unbedingt erhalten und die strukturellen Nachteile der Sparkassenorganisation gegenüber rein zentral gesteuerten Anbietern durch eine schlagkräftigere Verbundorientierung ausgleichen. Insofern müssen wir bei Versorgungs- und Vorsorgefragen in größeren Netzwerken insbesondere die Deka-Bank und die großen öffentlichen Versicherer stärker in die Pflicht nehmen, um in diesem Geschäftsfeld voranzukommen.

Hätte die ganzheitliche Beratung die Kunden nicht besser durch die Finanzkrise führen müssen? Oder anders gefragt: Ist das Konzept nur für Zielgruppen und nicht für die breite Kundschaft gedacht?

Die Praxis des Sparkassen-Finanzkonzepts ist viel besser als sein Ruf. Es hat die Organisation schon sehr breit durchdrungen, ist durch die Wirren der Finanzkrise aber leider kommunikativ überlagert worden. In der Öffentlichkeitsarbeit ist es uns nicht gelungen, mit diesem Thema zu punkten. Denn eigentlich ist dieses Finanzkonzept das beste Argument gegen einen völlig ausufernden Verbraucherschutz. Es nimmt die Selbstverantwortung oder die Mündigkeit des Kunden auf und begleitet diesen vollumfänglich und im Rahmen seiner Lebenssituation. Das Konzept ist vor der Finanzkrise schon fertig gewesen. Aber leider ist es in seiner Umsetzung durch individuelle Fehler, die in der Organisation und in der Kreditwirtschaft insgesamt aufgetreten sind, entwertet worden.

Meinen Sie damit die Verbraucherschutzvorschriften?

Die Verbraucherschutzvorschriften, die teilweise weit über das Ziel hinausschießen, gefährden unsere breit aufgestellte Finanzberatung, weil insbesondere mit der Regulierung der Wertpapiergeschäfte oder auch durch die Diskussion über die Honorarberatung die breite Beratung aller Bevölkerungsschichten erheblich erschwert wird. Die Kapazitäten, die wir zur Verfügung haben, um unsere 40 Millionen Kunden auf dieses Konzept hin zu beraten, werden jetzt zum Teil für Formalien eingesetzt, die von der eigentlichen Beratungszeit abgehen.

Welches spezifische Know-how, welche spezifischen Dienstleistungen können und müssen die Regionalverbände in die Entwicklung der Sparkassenorganisation einbringen?

Das arbeitsteilige Konzept der Regionalverbände funktioniert gut. Die Sparkassen vor Ort brauchen einen starken und auf das gesamte Angebot ausgerichteten Verband in ihrer Region. Mit einer starken Konzentration oder der reinen Fokussierung auf den Spitzenverband lässt sich das nicht darstellen. Auf der anderen Seite ist der DSGV wichtig, nicht nur als Treiber und als Bündelungseinheit für die Strategie, sondern auch als oberster Lobbybeauftragter für unsere Organisation. Vor allem in Brüssel müssen wir die Kraft und die Kapazitäten eher verstärken. Die Regionalverbände müssen sich demnach noch stärker als bisher auf die Basisarbeit hinsichtlich der Meinungsbildung und Strategiefindung in der Region konzentrieren. Und vor allen Dingen müssen sie sich sehr intensiv mit dem Ausrollen der Konzepte und der Strategie beschäftigen und insbesondere für die kleinen und mittleren Sparkassen der erste Dienstleister sein.

Gibt es eine Spezialität aus Niedersachsen? Welche Konzepte sind bei Ihnen angesiedelt?

Der niedersächsische Sparkassensektor ist besonders stark in den IT-Fragen engagiert. Darüber hinaus bearbeiten wir das gesamte Spektrum. So wurde beispielsweise der Finanzcheck eingeführt, um unsere Sparkassen nicht nur in den Risiko-, sondern auch in den Marktfragen stärker zu fokussieren und künftige Herausforderungen frühzeitig aufzugreifen. Zudem haben wir uns in den vergangenen Jahren stark auf den Ausbau unseres Beteiligungsmanagements konzentriert. Wir sind hier stark mit dem Management von fast 40 Einheiten beschäftigt, darunter große wie die Nord-LB, die LBB, die Deka-Bank und die öffentlichen Versicherer. Dabei verstehen wir uns nicht als verwaltende, sondern als aktiv managende Beteiligungseinheit.

Stichwort Landesbanken: Wie beurteilen Sie den Stand der Konsolidierung mit speziellem Blick auf die Nord-LB?

Die Landesbanken haben einen schlechten Ruf in der Kreditwirtschaft, auch wenn sie in der Finanzkrise weder den größten Schaden angerichtet noch die größte Unterstützung bekommen haben. Die Konsolidierung dieses Sektors ist gleichwohl grundsätzlich richtig. Allerdings muss man an dieser Stelle immer wieder sehen, dass die gesamte deutsche Unternehmensfinanzierung derzeit zu annähernd 20 Prozent von den Landesbanken getragen wird, zusammen mit den Sparkassen sprechen wir von über 50 Prozent Marktanteil. Wer die Landesbankenkonsolidierung allzu forsch vorantreiben möchte, muss das im Auge haben. Zum Vergleich: Die DZ Bank hat lediglich einen Anteil von etwa zwei Prozent in diesem Geschäftsfeld.

Im Übrigen hat es durchaus Fortschritte gegeben. Es wurden nicht nur die Landesbanken in Rheinland-Pfalz und in Sachsen auf die LBBW übertragen, sondern in Bayern und in Hamburg beziehungsweise Schleswig-Holstein haben die Länder die Hoheit übernommen, und in Düsseldorf wird im Laufe dieses Jahres die WestLB vom Markt genommen. Diese Schritte sind mit Ausnahme der Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank wesentlich größer als im Rest der Deutschen Kreditwirtschaft. Die weitere Entwicklung im Landesbankenbereich erfordert daher eher eine Reduzierung der Risikoaktiva. Wir müssen zu einer kohärenten Konsolidierung kommen, sprich die Strukturen tragfähiger und sicherer machen und damit die Voraussetzungen schaffen, dass es auf mittlere und längere Sicht zu einer weiteren Konsolidierung kommen kann. Die steht aber im Moment nicht auf der Agenda.

Mit Blick auf Niedersachsen ist die Nord-LB recht ordentlich aus der Krise herausgekommen, steht aber angesichts ihrer knappen Eigenkapitalausstattung immer wieder einmal im Fokus der Öffentlichkeit. Sie kam durch die europäischen Stresstests zu Unrecht in schwieriges Fahrwasser, sodass doch sehr viel Energie darauf verwendet werden musste, die regulatorischen Eigenkapitalfragen in den Griff zu bekommen.

Was musste und muss in Hannover passieren?

Die Bank musste in ihren Risikoaktiva etwas zurückgefahren und konsolidiert werden, und gleichzeitig musste das nominale Eigenkapital quantitativ und qualitativ aufgewertet werden. Dieser unglaubliche Kraftakt ist zwar bisher gut gemanaged worden, bringt aber weitere Herausforderungen mit sich. Die Auflage zur Kapitalerhöhung durch die europäische Bankenaufsicht, die dann von der EU-Kommission im ersten Schritt nicht genehmigt worden ist, war für uns natürlich ein weiterer Nackenschlag, der jetzt bei der Nord-LB zu einem Beihilfeverfahren geführt hat. Dieses kam allerdings ausschließlich durch regulatorische Anforderungen zustande und ist deshalb nicht mit den Verfahren von Banken vergleichbar, die in Not geraten waren. Von daher gehen wir auch davon aus, dass wir eine vernünftige und maßvolle Restrukturierung unserer Bank erleben werden, die auch in unserem Inte resse liegt.

Wie groß sollte künftig der Einfluss der Sparkassen in der Nord-LB und den Landesbanken insgesamt sein? Brauchen sie die Mehrheit?

Aus der Denkweise des Verbundes sind klar hohe Anteile der Sparkassen an den Landesbanken wünschenswert. Die Ortsbanken können dann über die Steuerung und Risikominimierung dieser Banken sehr starken Einfluss nehmen. Das ist den Sparkassen

in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt in der Nord-LB über viele Jahre in einer 50-50-Konstellation gut gelungen. Mit Änderung der Beteiligungsverhältnisse sind mittlerweile die Anteile auf der Sparkassenseite auf etwa 38 Prozent abgeschmolzen, davon 28 Prozent bei den niedersächsischen Sparkassen. Das ist aber immer noch hinreichend, um einen maßgeblichen Sparkasseneinfluss geltend zu machen, denn nur so lange können wir strategischer Investor sein. Über diesen Sachverhalt besteht mit den beteiligten Ländern Niedersachsen und Sachsen-Anhalt ein absolutes Einvernehmen.

Konkret, sind Ihre Institute mit den 38 Prozent zufrieden oder streben sie langfristig wieder eine Mehrheitsbeteiligung an?

Eine Mehrheitsbeteiligung wird kaum wiederherzustellen sein, weil die finanziellen Kraftanstrengungen gar nicht zu schultern wären. Solange die Sparkassen in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt mit der 38-Prozent-Quote Einfluss nehmen können, bleiben sie bei der Nord-LB strategischer Investor, und diese bleibt ihre Verbundbank. Etwas anderes steht zurzeit überhaupt nicht auf der Agenda. Im Übrigen sind die eingetretenen Verwässerungen insofern ärgerlich, weil sie ausschließlich durch die regulatorischen Vorgaben, sprich die Eigenkapitalanhebungen entstanden sind. Auch die Länder hatten kein Interesse daran, die größere Verantwortung für die Bank zu übernehmen. Deshalb pflegen wir weiterhin eine gelebte Kooperation der Länder und der Sparkassenverbände auf Augenhöhe.

Die Ansichten der drei Sparkassenpräsidenten in Frankfurt, Hannover und Stuttgart zur Landesbankenkonsolidierung klingen in den zentralen Botschaften, etwa dem Abbau der Risikoaktiva, sehr ähnlich. Gibt es tatsächlich diesen breiten Konsens?

In der Tat sind die Positionen dieser drei Regionalverbände zur Landesbankenkonsolidierung weitgehend deckungsgleich. Als Verantwortlicher für die Sparkassen kann man nur fragen, wie das Risiko tragbar ist und welcher Nutzen aus dieser Einrichtung zu ziehen ist. Mit Blick auf die Nord-LB haben wir uns seit mindestens acht Jahren bei der Beantwortung dieser beiden Fragen bei der Ausrichtung der Geschäfte auf die wirklich wichtigen Dinge konzentriert, das sind nicht nur die Verbundgeschäfte, sondern auch die Mittelstands- und die Schiffsfinanzierung. Das ist von allen Trägern akzeptiert. Abgebaut sehen wollen wir hingegen alle Geschäfte, die sehr weit von den Sparkassen weg sind, deren Risiken sehr schwer abzuschätzen sind und die sehr viel Kapital benötigen.

Das dürften die Verantwortlichen bei der Helaba und der LBBW genauso sehen. Das faktische Handeln führt dort jedenfalls genau in diese Richtung. Neben der Nord-LB wird die LBBW nach der Umstrukturierung wieder eine starke Landesbank sein. Und die Helaba, die unter sehr starkem Sparkasseneinfluss steht, hat sich ohnehin in der Finanzkrise gut geschlagen und ist jetzt auch die Aufnahmestation für die Verbundbank der WestLB, eine Entwicklung, die wir begrüßen.

Für wie viele Einheiten bietet das Sparkassenverbundgeschäft Platz?

Das wird allein vor Ort entschieden. Dass die Helaba-Verbundbank nach Beschlusslage der Organisation ein starkes Gewicht mit vielen und großen Sparkassen haben wird, akzeptieren wir voll, schließlich hätten auch wir uns mit der Nord-LB um diese Verbundbank bewerben können. Die Nord-LB ist mit dem Zentralbankgeschäft in den Ländern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und teilweise auch Schleswig-Holstein sicher nicht die größte Verbundbank, aber damit gut ausgelastet. Die Helaba weitet das Verbundgeschäft verständlicherweise nicht aus altruistischen Gründen aus, sondern um verbundpolitisch ein klares Signal zu setzen. Daneben bieten die LBBW und die Bayerische Landesbank ihren Sparkassen das Verbundgeschäft an.

Welche Bereinigungen halten Sie bei der Landesbank Berlin und der Deka-Bank noch für notwendig?

Die Sparkassen hatten im Jahre 2011 ein vom operativen Geschäft geprägtes sehr gutes Jahr mit wenig Wertberichtigungen im eigenen Bereich. Dann kommen Wertberichtigungen aus Berlin, die einen Teil des Ergebnisses aufzehren. Auf der anderen Seite legt man damit aber auch gewisse Reserven für die Zukunft an, mit denen man auf der sicheren Seite ist.

Nach dem Squeeze Out bei der Landesbank Berlin werden wir dort wie bei der Deka-Bank mit nahezu identischen Quoten Alleingesellschafter sein. Insofern bietet es sich an, über die Geschäftsmodelle und Aufgabenbereiche beider Banken nachzudenken. Es gilt zu analysieren, wo sie ihre spezifischen Stärken haben und wo ihnen nur ein Nischendasein beschert ist. Daraus müssen wir dann folgern, welche geschäftlichen Aktivitäten man zusammenlegen und gegebenenfalls übertragen kann, bis hin zu der Grundsatzfrage, ob die beiden Banken eines Tages zusammengeführt werden sollten. Aber Letzteres steht derzeit weit hinten auf der strategischen Agenda.

Können die niedersächsischen Sparkassen mit dem Geschäftsverlauf im vergangenen Jahr zufrieden sein? Was sind die zentralen Botschaften zur Geschäftsentwicklung?

Die Sparkassen in Niedersachsen sind auf beiden Seiten der Bilanz im Jahr 2011 sehr erfolgreich gewesen. Die gesamten Kundeneinlagen von Privatkunden, Unternehmen und der öffentlichen Hand stiegen um 1,3 Milliarden Euro oder zwei Prozent auf knapp 65 Milliarden Euro. Alles in allem beweist sich auf der Einlagenseite die starke Kundenbindung der Sparkassen. Wir stellen auch fest, dass unsere Kunden einfache Produkte bevorzugen. Die Sparkassen leisteten im Jahr 2011 einen wichtigen

Beitrag, Investitionen in Niedersachsen zu ermöglichen. Mit den Darlehenszusagen an Unternehmen und Selbstständige sind wir sehr zufrieden - auch wenn wir in den letzten Monaten parallel zur Konjunktur eine schwächere Nachfrage der Unternehmen feststellen konnten. Im Jahr 2011 erzielten die Sparkassen in Niedersachsen gute Ergebnisse aus ihrem originären Geschäft. Das Betriebsergebnis vor Bewertung stieg auf eine Milliarde Euro und erreichte mit 1,12 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme (DBS) wieder einen guten Wert. Ursächlich dafür waren ein Anstieg des Zins- und des Provisionsüberschusses. Nach wie vor stellt dabei der Zinsüberschuss mit 2,2 Milliarden Euro die Hauptertragsquelle dar. Diese Zahlen belegen, dass wir in Niedersachsen eine sehr erfolgreiche Sparkassenregion sind.

Sind Sie mit der Arbeitsteilung in der Sparkassenorganisation in der Unternehmensfinanzierung zufrieden? Was bleibt den Sparkassen? Was bleibt den Landesbanken?

In unserem Regionalverband können wir das sehr entspannt sehen, denn in ihrem Kerngeschäft Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen haben die Sparkassen und Genossenschaftsbanken zusammen einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent. Die großen Mittelständler und die Familienunternehmen, die oberhalb der für Sparkassen typischen Grenzen liegen, werden teilweise auch von den Sparkassen akquiriert, dann aber oft arbeitsteilig mit Landesbanken, diversen Regionalfinanzierern oder auch Großbanken betreut. Das ist ein ganz normaler wettbewerbsmäßig orientierter Markt.

Bei solchen Großfinanzierungen oder bei größeren Abschnitten müssen wir im Konsortialgeschäft in unserem Falle gemeinsam mit der Nord-LB und/oder der Bremer Landesbank zu besser ausgerichteten Strategien kommen. Die Sprache ist derzeit noch zu unterschiedlich, und manche Konsortialfinanzierung scheitert daran, dass die doch sehr viel größeren Landesbanken, einen anderen Blick auf diese Klientel haben als die Sparkassen.

Im Kreditgeschäft allgemein müssen sich die Sparkassen die wenigsten Sorgen machen. Hier geht es maßgeblich darum, die richtigen Preise für die Finanzierung durchzusetzen. Trotz der Zinslandschaft ist es wichtig, die Zinsspanne zu schützen, und das wird bei dem beinharten Wettbewerb auf der Einlagenseite eben am ehesten dadurch, dass man auf der Aktivseite adäquate Preise erzielt. Das ist eine echte Herausforderung für die Sparkassen wie auch die Genossenschaftsbanken, weil deren typische Kundschaft verwöhnter ist als die Großklientel. Großunternehmen haben sich teilweise auch durch kapitalmarktorientierte Finanzierungskonzepte an viel höhere Preise gewöhnt.

Auch das Geschäft mit den öffentlichen Förderinstituten kann unter Beachtung des Hausbankprinzips noch stärker optimiert werden, um Eigenkapital zu schonen und zu schützen und die gesamte Finanzierungsstruktur auch von den Konditionen her für den Kunden bestmöglich aufzustellen.

Stichwort Versicherungen: Wie sehen Sie den Konsolidierungsprozess der öffentlichen Versicherer. Ist nur die Finanzkrise dazwischen gekommen oder sind die öffentlichen Versicherer unwillig, ihre Kräfte sinnvoll zu bündeln?

Man muss sich bei der Beurteilung dieser Frage erst die bestehende Landschaft anschauen. Bei Lichte betrachtet sind die Großfusionen im Versicherungssektor alle nicht besonders erfolgreich gewesen. Zumeist sind die Kostenquoten erst einmal angestiegen und verharrten danach auf hohem Niveau. Einen sehr gut aufgestellten Regionalversicherer in seiner Kostenquote zu schlagen, ist gar nicht so einfach. Unsere drei größeren Versicherer, die VGH, die Öffentliche Braunschweig und die Öffentliche Oldenburg beispielsweise können in allen einschlägigen Rankings in der Spitzengruppe mithalten. Außer Frage steht aber auch, dass es dem Verbund manchmal zum Nachteil gereicht, so viele Versicherer zu haben. Das übliche Argument, den vielen Sparkassen dürften diverse öffentliche Versicherer entgegenstehen, relativiert sich beim Blick auf die Marktanteile. Die Sparkassen haben 40 bis 50 Prozent, während die regionalen Versicherer auf zehn, 15 oder 20 Prozent kommen.

Wie kann man diese Diskrepanz in den Marktanteilen schließen?

In Niedersachsen wollen wir die Regionalstrukturen so lange erhalten, wie die Unternehmen sehr erfolgreich sind und adäquate Verbundprodukte liefern. Gleichzeitig halten wir es aber für zwingend erforderlich, in bestimmten Bereichen Sy nergiepotenziale zu erschließen, insbesondere im IT-Bereich. Wenn es 426 Sparkassen gelingt, auf einen IT-Dienstleister zu migrieren, dann sollte das bundesweit bei zehn oder 15 Versicherern auch möglich sein. Fazit also: Die regionalen Strukturen im Versicherungsbereich sind durchaus schützenswert, insbesondere die Marke und der Marktauftritt sind sehr starke Argumente für regionale Dezentralität. Die betriebswirtschaftlichen Aspekte und die Marktanteilsfragen sprechen für eine schritt- und teilweise Konsolidierung. In Niedersachsen haben wir schon versucht, die Strukturen durch eine strategische Allianz ein wenig zusammenzuführen.

Bedarf es ebenso einer Bündelung des Geschäftes der Landesbausparkassen?

Alle Landesbausparkassen haben eine große regionale Marktmacht. Mit über 40 Prozent im Neugeschäft steht Niedersachsen dabei relativ weit oben. Weil in Norddeutschland die Immobilienpreise deutlich niedriger sind, fällt die durchschnittliche Bausparsumme allerdings geringer aus als in anderen Regionen, wir haben kleinere Abschnittsgrößen und wenn man so will betriebswirtschaftliche Nachteile.

Auch bei den Landesbausparkassen sollte man grundsätzlich die regionalen Anbieter nicht vorschnell aufgeben. Allerdings ist eine Zusammenführung insofern leichter als die regionalen Anbieter ohnehin unter einheitlichem Namen arbeiten und eine ähnliche Produktstruktur haben. Vor allem aber - und das steht in der Schrittfolge ganz vorne - sollten die drei noch bestehenden IT-Einheiten der Landesbausparkassen schnell zusammengeführt werden, um daraus die Kostensynergien zu ziehen.

Brauchen diese Einheiten für eine Übergangszeit quasi Investitionsschutz?

Die Forderung nach Investitionsschutz ist in der IT-Branche sehr beliebt, behindert aber die sachgerechte Bündelung. Eine Fusion, die nicht mit Leben erfüllt wird, scheitert. Wenn man Rand- oder Restsysteme zu lange weiterführt, gehen alle Kostenvorteile verloren. Als wir in der Finanz Informatik die Zusammenführung beschlossen haben, haben wir uns auf ein System verständigt, auf das sehr zügig verschmolzen wurde. Den Investitionsschutz muss man durch finanzielle Ausgleichsmechanismen darstellen. Die aufnehmende Gesellschaft muss sich gegenüber der Struktur, die aufgenommen wird, solidarisch zeigen.

Sind die Sparkassen im Auslandsgeschäft gut genug positioniert? Welche Anforderungen haben sie?

Sparkassen sind Finanzierer des Mittelstands, und dieser ist auch bei ganz normalen Betrieben sehr exportorientiert. Insofern wird das Auslandsgeschäft für die Sparkassen und deren (mittelständische) Firmenkunden an Bedeutung gewinnen. Schon vor Jahren wurde deshalb bei den Sparkassen ein sogenannter Country Desk eingerichtet, um über diesen Pool die Aktivitäten der Sparkassenkunden übergreifend zu verfolgen. Die Sparkassen sind ertragsmäßig an den Geschäften beteiligt, die sie angestoßen haben. Später haben sich die Landesbanken diesem Projekt angeschlossen. Der Befund lautet also: Die geschaffene Infrastruktur ist gut und auch fast schon hinreichend, die Kommunikation, der Bekanntheitsgrad und damit die Kompetenzvermutung für die Sparkassen ist noch unzureichend. Was fehlt ist mehr Geschäft. Wir haben es in den vergangenen 25 Jahren auf diesem Feld nicht geschafft, unseren Anteil nennenswert auszuweiten.

Welche Zukunft hat aus Ihrer Sicht die Kommunalfinanzierung durch Sparkassen?

Über die Trägerstruktur haben Sparkassen und Kommunen viele Gemeinsamkeiten. Im Grunde genommen sind Sparkassen der geborene Kommunalfinanzierer und wollen das natürlich gerne bleiben. Es macht schließlich keinen Sinn, eine geschäftliche Distanz zu der Kommune herzustellen, der man sich verbunden fühlt. Wenn überhaupt, sind die Sparkassen eher durch die Konditionenpolitik anderer Marktteilnehmer aus diesem Markt herausgedrängt worden und haben sich nicht freiwillig zurückgezogen. Sollten die Basel-III-Indikationen, insbesondere die Leverage Ratio und die Liquiditätskennzahlen allerdings so umgesetzt werden, wie jetzt vorgesehen, wird die Finanzierung für die Kommunen generell schwieriger werden. Wir werden als Kommunalfinanzierer in jedem Fall aktiv bleiben, zumal wir die Kommunen ohnehin sehr eng beraten, zum Beispiel mit dem Instrument der kommunalen Verschuldungsdiagnose. Wir begleiten sie zudem in der Ausfinanzierung ihrer Pensionszusagen und haben noch zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten, die wir in das gesamte Geschäftsfeld mit einkalkulieren.

Thema Private Banking: Sind die (niedersächsischen) Sparkassen in diesem Geschäftsfeld gut positioniert?

Die Organisation des Private Banking ist in der Sparkassenorganisation als Prozess angelegt. Zum einen sind viele größere Sparkassen selbst in diesem Bereich unterwegs, vielleicht nicht mit dem absoluten Top-Klientel, aber durchaus mit den klassischen Private-Banking-Kunden. Wichtig ist es insbesondere, dieses Geschäftsfeld innerhalb des Verbundes darstellen zu könnten. Wir haben einige sehr gut aufgestellte Anbieter in der Sparkassen-Finanzgruppe, und über kurz oder lang dürfte sich das

Private Banking innerhalb unserer Gruppe auch noch stärker konzentrieren. Aber wir werden immer mehrere Anbieter haben und keine Private-Banking-Adresse für die gesamte Gruppe. Wer schon einen Namen hat, kann darauf aufbauen. Und eventuell wird man für die Gruppe überlegen müssen, wie man das On-Top noch draufsetzt.

Welche Rolle spielt Social Media in der Sparkassenorganisation, und welche Zukunft hat das? Ist es nur ein Imagefaktor oder belebt es das Geschäft?

Social Media ist derzeit im Sparkassensektor eindeutig ein Kommunikations- und kein Vertriebsinstrument, das wir behutsam angehen und entwickeln. Dabei sehen wir durchaus die Fallstricke: Wer allzu primitiv versucht, mit Social Media seine eigenen Interessen zu vertreten, wird schnell abgestraft. Die Sparkassen sind dort wie alle Kreditinstitute sehr vorsichtig unterwegs und beobachten, was in den sozialen Netzwerken passiert, damit wir reagieren können, wenn sich eine negative Meinung aufbaut.

Wie sieht es im mobilen Vertrieb aus?

An dieser Stelle sind wir wesentlich aufgeschlossener, das zeigt derzeit nicht zuletzt das Projekt des kontaktlosen Bezahlens der Deutschen Kreditwirtschaft, das unter dem Namen "girogo" gerade in der Region Hannover Wolfsburg Braunschweig anläuft. Es ist aus betriebswirtschaftlicher oder bankbetrieblicher Sicht ungeheuer wichtig, seine Zahlungsverkehrssysteme abzusichern und die richtigen Wege zu finden, diese zukunftssicher zu gestalten.

Wieso sind die Sparkassen in diesem Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Kreditwirtschaft so massiv vertreten und die Genossenschaftsbanken und privaten Banken spärlich?

Die Sparkassen wollen als Marktführer Standards setzen und erproben. Die Genossenschaftsbanken haben sich ebenfalls eindeutig positiv geäußert. Und die privaten Banken werden überlegen müssen, ob sie diesem oder einem anderen System folgen. Am Ende sollte die Kreditwirtschaft an dieser Stelle zu einer gemeinsamen Lösung finden, weil sich ansonsten Systeme außerhalb der Kreditwirtschaft etablieren, was für alle Beteiligten schlecht wäre.

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