Bundesbank

Lebhaft und entschlossen!

Jens Weidmann, Quelle: Deutsche Bundesbank, Foto: Frank Rumpenhorst

Anfang Januar lud die Bundesbank virtuell zur Verabschiedung ihres scheidenden Präsidenten Jens Weidmann, aber auch zur Einführung des Nachfolgers Joachim Nagel. Standesgemäß wurde die Veranstaltung mit einem herausragenden klassischen Streichquartett - dem Malion-Quartett - eingeleitet. Das Stück: Joseph Haydn, Streichquartett op. 64/4 G-Dur "Allegro con brio". Den Titel könnte man mit "fröhlich mit Elan" übersetzen. Eine bemerkenswerte Titelauswahl. Eine Andeutung an Weidmanns Stimmung zum Abschied, da er nun den aussichtslosen Kampf gegen die Windmühlen (Tauben) in der EZB nicht mehr ausfechten muss?

So verwundert es nicht, dass Weidmann in seiner Abschiedsrede für einen (scheidenden) Bundesbankpräsidenten erstaunlich deutlich wird. Gleich zu Beginn weist er explizit darauf hin, dass die fiskalische Union zwar von vielen gewollt wäre, aber dass diese eben nicht in den Verträgen verankert sei. Nicht fehlen darf auch der "Wink mit dem Baumstamm" auf die No-Bail-Out-Klausel und der Hinweis auf das Verbot der Staatsfinanzierung durch die Notenbank. Mit der Aussage "Eine grundlegende Vertragsänderung stand nie wirklich zur Debatte. Auch deshalb musste es aus meiner Sicht darum gehen, den bestehenden Ordnungsrahmen zu respektieren und ihn krisenfester zu machen. Es wird eine wichtige Zukunftsaufgabe bleiben, die Balance zwischen Handeln und Haften in diesem Rahmen sicherzustellen," gibt Weidmann den Staffelstab gleich mit einer Art Handlungsauftrag an seinen Nachfolger weiter.

Doch damit nicht genug der Kritik an der EZB. "Mit den geldpolitischen Sondermaßnahmen hat sich der EZB-Rat auf bislang unerkundetes Terrain gewagt. In den Diskussionen darüber war für mich immer zentral, dass die Notenbank ihr begrenztes Mandat respektiert. Notenbanker sind eben keine gewählten politischen Akteure und sollten deshalb keine Entscheidungen treffen, die Parlamenten und Regierungen vorbehalten sind. [...] Hier habe ich die Trennlinie zwischen Geldpolitik und Fiskalpolitik sicher enger gezogen als andere." Nicht nur deswegen stellte sich einem Betrachter die Frage, wie ehrlich gemeint Christine Lagardes Abschiedsworte auf dieser Veranstaltung waren, dass sie traurig sei und ihr ein Freund verloren gehe.

Zum Schluss der Veranstaltung trat der neue Bundesbankpräsident ans Mikrofon. Mit seiner Einschätzung, dass Weidmann ein "starker Präsident in einer stürmischen Zeit" gewesen sei, würdigte er den steten Einsatz von Weidmann. Dieser habe in "schwierigen Diskussionen Rückgrat bewiesen". Nach der Ansage einer gestärkten internen Zusammenarbeit und einer forcierten Digitalisierung innerhalb der Bundesbank kam dann Nagel auch gleich auf das Thema Stabilität zu sprechen. Er betonte diese als Auftrag und Kern der Bundesbank. Nagel will an die bisherige (von Weidmann bestimmte) Linie der Bundesbank anknüpfen. Er fordert, PEPP eng an die Pandemie zu binden und mahnte an, den sehr expansiven Kurs der Geldpolitik nicht zu lange festzuschreiben und sich Handlungsoptionen offenzuhalten. "Denn bei aller Unsicherheit ist eines ganz klar: Wenn es die Preisstabilität erfordert, muss der EZB-Rat handeln und seinen geldpolitischen Kurs anpassen", zeigte er klare Kante. Nagel wies explizit - als Sozialdemokrat wenig verwunderlich - auch noch einmal auf die sozialen Aspekte einer zu hohen Inflation hin. Offen zeigte er sich hingegen dafür, Klimaaspekten mehr Beachtung in der Geldpolitik zu schenken.

In englischer Sprache wandte er sich dann noch an die EZB-Präsidentin: "I am looking forward to fruitful discussions on the ECB Governing Council and to working with you, Christine." Es folgte das Malion-Quartett mit dem Stück "Animé et très décidé" von Claude Debussy. Das könnte man übersetzen mit "lebhaft und sehr entschlossen." Eine erneut interessante Musikauswahl. Eine Hinweis darauf, wie er die "fruchtbaren Diskussionen" führen will? Man darf gespannt sein.

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