Investment Banking I

Deutsche Sonderkultur im M&A-Geschäft

Es ist wenig überraschend, mit welchen Schlaglichtern die im Investment Banking in Deutschland, Österreich und der Schweiz operierende Einheit der Bank of America Merrill Lynch (BofAML) die derzeitige Marktsituation skizziert. Rund die Hälfte aller Staatsanleihen rentieren weniger als 1 Prozent. In Japan wie in vielen Ländern der Eurozone haben die Renditen der Staatsanleihen einen Tiefstand erreicht. Unter den Auswirkungen dieser "monetär von den Notenbanken induzierten Welt" lagen die Renditen wichtiger Assetklassen bis in den Dezember 2014 hinein deutlich über dem langjährigen Durchschnitt - etwa mit plus 25 Prozent für die US-Aktien und plus 12 Prozent für die US-Unternehmensanleihen. Und in der Wirtschaft gibt es eine Gewichtsverlagerung weg von der Finanzwirtschaft hin zu den anderen Sektoren.

Eindrucksvoll verdeutlichen lässt sich diese Verschiebung an der Marktkapitalisierung von Apple, die um rund 200 Milliarden US-Dollar höher liegt als jene aller Banken der Eurozone zusammen - wobei in diesem Vergleich allerdings der gewichtige Sparkassen- und Genossenschaftssektor in Deutschland mangels Börsennotierung außen vor bleibt.

Trotz der schwer kalkulierbaren Auswirkungen der Regulatorik, der unkonventionellen Notenbankpolitik und vieler weiterer Unsicherheiten der weltpolitischen Lage hat sich das Investment Banking zumindest in Teildisziplinen im vergangenen Jahr gar nicht so schlecht entwickelt. Das Nullzins-Umfeld, der zuletzt durch die politische Unsicherheit in Griechenland noch einmal verschärfte Druck auf den Euro und der dramatische Rückgang des Ölpreises hat insbesondere das globale M&A-Geschäft im vergangenen Jahr auf ein Niveau gehievt, das außer 2006 und dem absoluten Spitzenjahr 2007 nicht mehr erreicht worden ist.

Hierzulande hat das M&A-Geschäft im vergangenen Jahr mit plus 56 Prozent beim Volumen (global plus 17 Prozent) sogar eine Sonderkonjunktur durchlebt - mit berechtigter Aussicht auf eine Verlängerung. Denn aller bisherigen Erfahrung nach befördert das Niedrigzinsszenario in besonderem Maße die Unternehmensfinanzierung. Große wie mittlere deutsche Unternehmen, so resümiert die hiesige Führungsspitze von BofAML, nutzen M&A-Transaktionen in dem derzeit günstigen Umfeld viel stärker als in normalen Zeiten als Wachstumsinstrument. Dabei waren und sind sie sehr offen für Cross-Border-Aktivitäten, insbesondere in Richtung USA. Positiv bewertet wird in diesem Zusammenhang die gesunde Mischung der M&A-Aktivitäten über die gesamte Breite der Wirtschaft. Im Geschäftsgebiet Deutschland und Österreich reicht das Spektrum von Real Estate mit einem Anteil am Volumen von 20 Prozent über Technologie, Medien, Telekommunikation mit 16 Prozent und Automotive mit 12 Prozent, jeweils 10 Prozent für Chemie, für Consumer und Retail sowie für Bergbau und Energie bis hin zu 8 Prozent für den Gesundheitssektor und rund 14 Prozent für den gesamten Rest einschließlich Financial Services.

Für das gerade angelaufene Jahr gibt sich BofAML in mehreren Segmenten optimistisch. So baut man auf eine umfangreiche IPO-Pipeline mit Kandidaten aus verschiedensten Wirtschaftssektoren, nicht zuletzt aus der Internetbranche. In einem allgemein günstigen Klima für beschleunigte Platzierungen locken weitere Geschäftschancen durch die Rückführung von Private-Equity-Portfolios. Bei Kapitalerhöhungen zeichnen sich Impulse aus dem weiter sehr gut laufenden M&A ab. Und das aktienbezogene Geschäft dürfte von der Niedrigzinspolitik der Notenbanken profitieren und von bevorstehenden Anleihekäufen durch die EZB befeuert werden. Nicht das angekündigte Programm an sich, sondern lediglich dessen konkrete Ausgestaltung, die angepeilten Volumina und der konkrete Zeitpunkt für den Start von Staatsanleihekäufen werden noch für disponibel gehalten.

Das eigene Haus sieht man nicht zuletzt dank der Finanzstärke der Muttergesellschaft gut aufgestellt und betont ausdrücklich die Vorteile einer wohl abgestimmten Produkt- und Dienstleistungspalette aus einer Hand. Dass seitens eines global aufgestellten Hauses der gerade von Mittelständlern geschätzte Relationship-Ansatz bei der Marktbearbeitung zu kurz kommen könnte - wie die Bayern-LB und Berenberg es kürzlich bei der Bekanntgabe ihrer eigenen Kooperation besonders herausgestellt haben -, ist mit Blick auf die Führungsmannschaft von BofAML nicht ohne Weiteres ersichtlich. Auch das Team um Holger Bross verweist jedenfalls selbstbewusst auf langjährige Erfahrung und entsprechende Vernetzung am deutschen, österreichischen und Schweizer Markt.

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