Wie wir Social Entrepreneurship fördern können

Dr. Danyal Bayaz, Foto: Reiner Pfistere

Ob Klimakrise, digitale Transformation, Schwund von Biodiversität, Überalterung der Gesellschaft oder Fachkräftemangel und Pflegenotstand - die aktuellen Herausforderungen für die Gesellschaft sind vielfältig und komplex. Auf der Suche nach Lösungen wird aber oft übersehen, dass Innovation auch in Nischen entsteht und kleine Unternehmen viele gute Ideen entwickeln, die große Wirkung entfalten können. Doch das Social Entrepreneuership verdient mehr Aufmerksamt, braucht bessere Rahmenbedingungen und größere Unterstützung durch die Politik. Denn der Fokus der staatlichen Förderung liegt nach wie vor zu stark auf gewinnorientierten Unternehmen. Das erschwert Sozialunternehmen den Zugang zu Fremdfinanzierungsmöglichkeiten. Das hat der Autor erkannt und will die Unterstützung dieser Entrepreneure durch Förderbanken ausbauen. Zielführend wäre es dabei, Sozialunternehmen dezidiert als Förderzielgruppe zu definieren sowie die nachzuweisenden Kriterien für die Förderung anzupassen, zum Beispiel hinsichtlich Gesellschaftsform, Ertragsperspektiven auf Sozialunternehmen. (Red.)

Einen Unternehmer wie Robert Bosch würden wir heute womöglich als Social Enterpreneur bezeichnen. "Ich zahle nicht gute Löhne, weil ich viel Geld habe, sondern ich habe viel Geld, weil ich gute Löhne bezahle" - mit diesem Satz drückte Bosch ein gänzlich anderes Verständnis von Arbeit aus. Seine Arbeiter verstand er als Mit-Arbeiter und nicht mehr als bloße Lohnempfänger. Damit nahm er ein Mitarbeiter-Verständnis vorweg, das zu seiner Zeit keineswegs üblich war. Ein Verständnis, das der ganzen Gesellschaft dient, wenn der Wert von Arbeit höher bewertet wird.

Ob er ein Social Enterpreneur im formalen Sinn war, ist schwierig zu bewerten. Denn es gibt immer noch keine feststehenden Vorgaben, wie ein Sozialunternehmern rechtlich ausgestaltet werden muss. Unter Social Enterpreneurship beziehungsweise Sozialunternehmertum versteht man allgemein unternehmerisches Handeln, das darauf abzielt, einen positiven, am Gemeinwohl orientierten Wandel der Gesellschaft herbeizuführen.

Finanzierungsprobleme von Sozialunternehmen

Meist ist schon die "soziale Mission" des Unternehmens für die Qualifikation als Sozialunternehmen ausschlaggebend. Deshalb ist es auch kein Widerspruch, wenn Sozialunternehmen profitorientiert wirtschaften. In der Regel sind Sozialunternehmen allerdings gemeinnützig organisiert, vorwiegend aus steuerlichen Gründen. Sie wollen keinen Gewinn erzielen.

Diese unterschiedlichen Ausgestaltungen finden auch Ausdruck in der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Sozialunternehmen. Aus zivilgesellschaftlicher Sicht werden sie meist als Wirtschaftsunternehmen wahrgenommen. Aus Sicht der Wirtschaft aber eher nicht als Wirtschaftsunternehmen. Das beeinträchtigt den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten für die Sozialunternehmen, sei es mit Beteiligungs- oder Fremdkapital.

Hinzu kommt, dass für klassische Kreditgeber die Renditeerwartungen von gewerblich tätigen Sozialunternehmen zumeist zu gering sind. Und für gemeinnützige Förderer ist die Tätigkeit wiederum zu gewerblich. Dementsprechend verwundert es nicht, dass rund 60 Prozent der Sozialunternehmer nach einer Studie aus dem Jahre 2018 beklagen, dass der eingeschränkte Zugang zu Finanzierungen Wachstum und die Entwicklungsmöglichkeiten hindern würde.

Gefordert ist die Politik. Die baden-württembergische Landesregierung hat bei der Ausweitung des Wagniskapital-Angebots einen Schwerpunkt auf Start-ups gelegt, die sich auch an ökologischen und sozialen Kriterien orientieren. Ebenso sollen passgenauere Finanzierungsinstrumente für Sozialunternehmen geschaffen werden. Denn diese neuen, gesellschaftsrelevanten Formen des Wirtschaftens dürfen bei der Berücksichtigung von Fördermitteln nicht hinten runterfallen. Staatliche Förderprogramme in der Wirtschaftsförderung sollten auch für Sozialunternehmen geöffnet werden. Das könnte ihre aktuellen Finanzierungsprobleme mindern.

Angebote der staatlichen Förderbanken

Die staatlichen Förderbanken stellen Sozialunternehmen zahlreiche Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Die KfW beispielsweise ermöglicht die Förderung mit Mezzanine sowie Fremdkapital und bietet Unterstützung in der Seed-, der Startup-, der Wachstums- sowie Expansionsphase. Die Investitionsbank des Landes Brandenburg ILB gewährt Zuschüsse und bietet Fördermöglichkeiten mit Fremdkapital. Der Fokus der ILB liegt auf der Wachstums- und Expansionsphase. Die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WI Bank) richtet sich speziell an Kleinunternehmen und stellt ihnen Kapital für zur Verfügung. Die NRW Bank bietet eine kostenfreie Förderberatung, Förderkredite sowie Eigenkapitalbausteine an. Der Förderfokus der NRW Bank liegt auf Gründungs- sowie Wachstumsphase. Die L-Bank hat in der Coronazeit ein Liquiditätshilfeprogramm angeboten, das besonders auf die gemeinnützigen Organisationen zugeschnitten ist. Diese Förderung könnte verstetigt werden.

Dass Sozialunternehmen von der L-Bank gefördert werden können, ergibt sich bereits aus dem L-Bank Gesetz. Die Förderbank des Landes Baden-Württemberg hat einen staatlichen Auftrag, das Land bei der Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben zu unterstützen, insbesondere in den Bereichen der Struktur-, Wirtschafts-, und Sozialpolitik. Um diesen öffentlichen Auftrag zu erfüllen ist die L-Bank etwa bei Existenzgründungen tätig, für die mittelständische Wirtschaft, für die staatliche Wohnraumförderung oder auch für Maßnahmen rein sozialer Art.

Bis Ende April stellte die L-Bank mit dem Programm "Li GO" (Liquiditätskredit Gemeinnützige Organisationen) gemeinnützigen Organisationen ein Hilfsprogramm zur Verfügung, um Corona bedingte Finanzierungsprobleme zu überbrücken. In der Vergangenheit hatte die L-Bank zudem das Programm Mikro-Crowd im Portfolio. Es handelte sich bei diesem Förderprogramm um eine Kombination aus Crowdfunding und Mikrokredit. Diese Finanzierungsform wurde gerne von sozialen Projekten gewählt, insbesondere die Variante Crowdfunding. Insgesamt wurde das Programm leider nicht wie erhofft angenommen und aus diesem Grunde eingestellt.

Das aktuelle Förderprogramm der L-Bank

Die aktuell bestehenden Förderprogramme der L-Bank richten Ihren Fokus auf die Struktur- und Entwicklungsförderung. Dementsprechend sind die Förderprogramme auf Unternehmen ausgerichtet, die überwiegend gewinnorientiert tätig sind. Um von den Förderprogrammen der L-Bank partizipieren zu können, müssen Antragsteller nach den Förderrichtlinien des Instituts zudem gewerbesteuerpflichtig sein. Somit stellt die Gewinnerzielungsabsicht faktisch eine allgemeine Antragsvoraussetzung im Wirtschaftsförderprogramm der L-Bank dar. Dieser Umstand führt dazu, dass lediglich eine begrenzte Anzahl von Sozialunternehmen an den Förderprogrammen des Instituts partizipieren kann.

Ein Förderprogramm, welches ausschließlich auf soziale Unternehmen (ohne Gewinnabzielungsabsicht) ausgerichtet ist, bietet die L-Bank derzeit nicht an. Aktuell befindet sich die L-Bank jedoch in einem Prüfprozess, die ESG-Kriterien zunehmend als Merkmal einer För der voraus setzung in den Förderprogrammen für die kommenden Jahre zu implementieren. Das macht insgesamt klar: Der Fokus der staatlichen Förderung liegt noch zu stark auf gewinnorientierten Unternehmen - das muss sich ändern.

Förderung von Sozialunternehmen

Immerhin gibt es schon passende Förderprogramme der L-Bank für Sozialunternehmen, die (auch) gewinnorientiert sind. Zum Beispiel die "Startfinanzierung", einen attraktiven, effektiven und niederschwelligen Förderkredit für Klein- und Kleinstgründer. Oder die Gründungs- & Wachstumsfinanzierung BW, die ebenso niederschwellig angelegt ist.

Damit Sozialunternehmen passgenaue Finanzierungslösungen erhalten können, bietet es sich an, die Sichtbarkeit von Sozialunternehmen zu erhöhen und den Förderrahmen entsprechend anzupassen. Zielführend wäre es dabei, Sozialunternehmen dezidiert als Förderzielgruppe zu definieren sowie die nachzuweisenden Kriterien für die Förderung anzupassen, zum Beispiel hinsichtlich Gesellschaftsform, Ertragsperspektiven auf Sozialunternehmen.

Die Innovationskraft sozialer Unternehmen wird für gesellschaftlichen Wandel allgemein, aber insbesondere auch beim Klima- und Umweltschutz und der Nachhaltigkeit dringend benötigt. Die Förderbanken könnten dabei ein wichtiger Impulsgeber sein. Gerade jetzt benötigen wir Social Enterpreneurship mehr denn je zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen. Deshalb soll es entsprechend durch staatliche Programme gezielt gefördert werden.

Dr. Danyal Bayaz , Minister , Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg, Stuttgart
Noch keine Bewertungen vorhanden


X