Infrastrukturinvestitionen - von der Wachstums bremse zum Wettbewerbsvorteil

Michael Rieder Foto: Martin Joppen

Dass private Investoren an der Finanzierung notwendiger Infrastrukturmaßnahmen beteiligt werden könnten, wird hierzulande schon viele Jahre kontrovers diskutiert (ZfgK 24-2014). Der Staat alleine, so die Autoren mit Blick auf Planungs- und Bedarfsrechnungen für Verkehrsnetze und die Telekommunikation, wird die klaffende Investitionslücke bei physischer und digitaler Infrastruktur in Deutschland nicht schließen können. Sie plädieren für eine partnerschaftliche Kooperation von öffentlicher Hand und privatem Sektor. (Red.)

Eine leistungsstarke und moderne Infrastruktur ist einer der zentralen Erfolgsfaktoren im globalen Wettbewerb der Volkswirtschaften. Bei einer durchschnittlichen Infrastrukturinvestitionsquote von knapp acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) kann man beispielsweise bei China nicht mehr von einem Entwicklungsland sprechen. Mit einem Billionen Dollar schweren Infrastrukturprogramm hat auch Präsident Donald Trump in den USA ein klares Zeichen im drohenden "Handelskrieg" mit China und Europa gesetzt. Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt investieren massiv in die eigenen Infrastrukturen, um ihre Spitzenpositionen langfristig zu sichern.

Und Deutschland? Über Parteigrenzen und Branchen hinweg vernimmt man den Ruf nach mehr Investitionen in die heimische Infrastruktur. Dabei geht es lange nicht mehr nur um neue Projekte, sondern auch und vor allem um die längst überfällige Sanierung und Erhaltung der bestehenden Infrastruktur. Wenn Deutschland im globalen Wettbewerb langfristig mithalten will, muss gehandelt werden. Denn mit nur knapp zwei Prozent des BIP investiert Deutschland im Vergleich zu anderen Industrienationen deutlich zu wenig (Abbildung 1).

Ziel der "Gigabit-Gesellschaft"

Die neue Bundesregierung von CDU/CSU und SPD hat den Handlungsbedarf erkannt und mit guten Lösungsansätzen im Koalitionsvertrag festgehalten. Mit Blick auf den enormen Investitionsbedarf werden rein öffentliche Finanzierungsformen jedoch kaum ausreichen. Ein Beispiel: Für die deutsche Verkehrsinfrastruktur hat das Bundesverkehrsministerium für Erhalt, Sanierung und Ausbau bis 2030 einen Investitionsbedarf von 375 Milliarden Euro ermittelt. Im gleichen Zeitraum sieht der Bund jedoch Investitionen von nur 271 Milliarden Euro vor. Wie die 100-Milliarden-Euro-Lücke geschlossen werden soll, bleibt offen (Abbildung 2).

Ähnliches gilt für die Telekommunikationsinfrastruktur und das Ziel der "Gigabit-Gesellschaft". Bis heute beträgt der für die digitale Transformation entscheidende Glasfaseranteil an den Festnetzanschlüssen in Deutschland gerade einmal zwei Prozent - ein alarmierender Wert gerade im internationalen Vergleich (Abbildung 3). Allein der grundlegende Netzausbau wird bis 2025 rund 100 Milliarden Euro kosten. Mit kommunalen Modellen allein wird Deutschland den Rückstand nicht mehr aufholen.

Um bestehende und zukünftige Investitionslücken tatsächlich zu schließen, braucht die Politik verlässliche Partner aus dem privaten Sektor. Hier geht es nicht um eine Privatisierung öffentlicher Infrastruktur, sondern um eine notwendige Ergänzung durch privates Kapital vor allem in den investitionsintensiven Schlüsselsektoren Verkehr und Telekommunikation. Auch hier besteht spürbarer Nachholbedarf in Deutschland. Europa ist weltweit der größte Markt für private Infrastrukturinvestitionen. 2016 wurden 700 Transaktionen mit einem Volumen von 135 Milliarden US-Dollar abgeschlossen. Der Anteil Deutschlands war trotz volkswirtschaftlicher Stärke mit sieben Prozent verschwindend gering (Abbildung 4).

Dabei fehlt es nicht an privatem Kapital, sondern schlicht an Investitionsmöglichkeiten. Diese suchen unter anderem deutsche Versicherer, Versorgungswerke und Pensionskassen am Heimatmarkt bislang vergebens - und das, obwohl gerade diese Altersvorsorgeeinrichtungen aufgrund ihres langfristigen Anlagehorizontes und konservativen Investitionsverhaltens ein idealer Finanzierungspartner des Staates sein können. Ein regelmäßiger, aktiver Dialog zu einer partnerschaftlichen Finanzierung von Infrastrukturprojekten mit der öffentlichen Hand wäre insofern ein für alle Seiten lohnender Ansatz.

Mangel an Investitionsmöglichkeiten - auch für deutsche institutionelle Anleger

Dass eine solche Partnerschaft funktionieren kann, zeigen nationale und internationale Beispiele bereits. Vorreiter in Sachen öffentlich-private Partnerschaften sind beispielsweise die angelsächsischen Länder oder Skandinavien. Aber auch in Deutschland haben sich die erfolgreich umgesetzten Projekte im Hoch-und Tiefbau (unter anderem im Autobahnbau - "A-Modelle") als sehr gute Alternativen bewährt. An umsetzbaren Möglichkeiten mangelt es nicht. Klar ist, mit Blick auf den globalen Wettbewerb bleibt keine Zeit des Abwartens mehr. Um nicht den Anschluss zu verlieren, braucht Deutschland auch in Zukunft eine wettbewerbsfähige Infrastruktur. Denn nur so können neben benötigtem Kapital auch die besten Köpfe angezogen und der Wohlstand des Landes nachhaltig gesichert werden. Hier Lösungen zu finden, ist ein klarer Auftrag für Wirtschaft und Politik in der laufenden Legislaturperiode - gemeinsam und in einem partnerschaftlichen Dialog.

Initiative Deutsche Infrastruktur Die Initiative umfasst einen repräsentativen Ausschnitt deutscher Altersvorsorgeeinrichtungen, sowohl regional als auch branchenübergreifend (zum Beispiel Pensionskassen, Versicherungen), die vereint ein Anlagevolumen von über 150 Milliarden Euro vertreten. Daneben setzt sich die Initiative auch aus politischen Vertretern und Verbänden zusammen. Ziel ist das Engagement für eine leistungsfähige deutsche Infrastruktur und die Entwicklung von Lösungen zur Überwindung von Investitionshürden.
 
Michael Rieder Vertreter Initiative Deutsche Infrastruktur, Geschäftsführer, Palladio Partners, Frankfurt am Main
Frank Sievert Vertreter Initiative Deutsche Infrastruktur, Vorstandsmitglied, uniVersa Versicherungen, Nürnberg
Michael Rieder , Geschäftsführer , Palladio GmbH, Frankfurt am Main

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