Digitalisierung in Deutschland - Beitrag und Rolle der Förderbanken

Dr. Otto Beierl, Stellvertretender Präsident, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, und Vorsitzender des Vorstands, LfA Förderbank Bayern, München

Mittelständische Unternehmen bei Investitionen in technische Ausrüstung zu unterstützen, hält der Autor für eine wichtige Aufgabe der Förderbanken im Zeitalter der Digitalisierung. Das eigene Haus und die eigene Branche sieht er dabei gefordert, angefangen von der Beratung und Information der Unternehmenskunden über die Antragsstellung, die verstärkte Nutzung von Plattformen bis hin zur Abwicklung des Fördergeschäftes durch eine Automatisierung von Abläufen, schneller, effektiver und kostengünstiger auszurichten und damit wiederum der Wirtschaft zu dienen. Neben der Prozessoptimierung aufseiten der Förderbanken wie der Wirtschaft skizziert er als wichtiges Aufgabenfeld und Basis zur Ausschöpfung des Digitalisierungspotenzials des Wirtschaftsstandortes am Beispiel Bayern die Förderung des flächendeckenden Ausbau des Breitbandnetzes. (Red.)

Die fortschreitende Digitalisierung erfasst heutzutage alle Bereiche des Alltags und auch die Wirtschaft wandelt sich massiv. Experten haben längst eine neue industrielle Revolution ausgerufen, die ganz im Zeichen der Digitalisierung steht. Dieser digitale Wandel, häufig bezeichnet unter dem Schlagwort Industrie 4.0, eröffnet Unternehmen - und zwar nicht nur Google und Co., sondern auch den kleinen und mittelständischen Unternehmen - völlig neue Marktchancen.

Anhaltender Erfolg hängt deshalb häufig davon ab, wie gut sich Unternehmen anpassen und den Weg ins Zeitalter der Digitalisierung mitgestalten. Rückgrat für digitale Geschäftsabläufe im Mittelstand ist dabei der zügige Ausbau von schnellen Internetverbindungen - auch in ländlichen Gebieten.

Erhebliches Digitalisierungspotenzial im Mittelstand

Die sogenannte vierte Stufe der industriellen Revolution ist gekennzeichnet von einer zunehmenden Digitalisierung, verbunden mit einer intelligenten und dauerhaften Verknüpfung und Vernetzung von Maschinen, maschinell betriebenen Abläufen und Menschen in der Industrie. Und das betrifft im Grunde alle Branchen und Produktionsstufen. Denn überall dort, wo Prozesse durch digitale Technologien schneller und besser gemacht werden können, wirkt sich der digitale Wandel aus. Zum Beispiel beim Einkauf, in der Produktion, beim Vertrieb oder bei der Vermarktung. Oder es entstehen sogar gänzlich neue Geschäftsideen. Kleine und mittelständische Unternehmen können das nutzen, um sich im Wettbewerb von der Konkurrenz abzuheben und optimal für die Zukunft aufzustellen.

Mittelständische Unternehmen sind häufig sehr innovativ und spezialisiert. Um sich ihre Vorteile im Wettbewerb auch zu sichern, müssen sie aber noch schneller und innovativer werden. Und durch die Digitalisierung von Prozessen können sie das auch, indem sie sich intensiver als bisher mit maßgeschneiderten Lösungen beschäftigen und diese in Wertschöpfungsketten integrieren.

Dass das Digitalisierungspotenzial im Mittelstand noch erheblich ist, zeigt eine aktuelle Studie der KfW. Zwar stieg demnach der Anteil der kleinen und mittleren Unternehmen, die zwischen 2015 und 2017 in den Einsatz neuer oder verbesserter digitaler Technologien für Prozesse, Produkte (inklusive Dienstleistungen) oder Geschäftsabläufe investiert haben, gegenüber der vorangegangenen Befragung.

Gleichzeitig jedoch zeigt sich ein deutlicher Größeneffekt: Mittelständler mit mehr als 50 Mitarbeitern setzten demnach doppelt so häufig auf digitale Projekte wie kleine Firmen mit weniger als 5 Beschäftigten und sie geben gegenüber diesen rund das 24-Fache für Digitalisierungsmaßnahmen aus.

Besonders die vergleichsweise geringen Digitalisierungsanstrengungen der Kleinunternehmen geben der Studie zufolge Anlass zur Sorge, denn 81 Prozent aller mittelständischen Betriebe fallen in diese Größenklasse. Es bestehe die Gefahr, dass sich eine Spaltung des Mittelstands in große, stark digitalisierte Unternehmen einerseits und kleine, bei der Digitalisierung abgehängte Firmen entwickelt.

Investitionen in technische Ausrüstung und neue IT-Strukturen

Der digitale Aufbruch bietet vielfältige Chancen, aber er ist eben auch mit Kosten verbunden. Um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern, müssen also insbesondere auch kleine und mittlere Unternehmen in den digitalen Wandel investieren. Zum Beispiel in die technische Ausrüstung und neue IT-Strukturen, aber vor allem auch in die Aus- und Weiterbildung der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Außerdem verlangt die zunehmende Vernetzung nach höheren Standards in der IT-Sicherheit, um die digitalen Prozesse weitgehend risikofrei und optimal steuern zu können.

Um die Unternehmen dabei zu unterstützen, die Chancen der Digitalisierung für sich nutzen zu können, stehen ihnen die Förderbanken des Bundes und der Länder mit Rat und Tat zur Seite. Im sogenannten Hausbankprinzip arbeiten die Förderbanken partnerschaftlich und wettbewerbsneutral mit den Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken zusammen. Das hat den Vorteil, dass der Unternehmer seinen Ansprechpartner von der Antragstellung bis zur letzten Auszahlung behält.

Die Förderbanken bieten dabei vielfältige Lösungen im Bereich der klassischen Finanzierung, zum Beispiel bei der Erweiterung und Modernisierung einer Fertigungsanlage. Hier stehen sowohl eigenkapital- und kreditbasierte Förderansätze sowie Zuschussförderung oder Risikoübernahmen zur Verfügung.

Mit ihren Finanzierungshilfen gleichen die Förderbanken überdies strukturelle Nachteile kleiner und mittlerer Unternehmen gegenüber größeren Unternehmen aus, die sich leichter am Kapitalmarkt refinanzieren können. Ebenso wie Gründer sind kleinere Unternehmen in der Regel auf Bankkredite angewiesen. Hier können Förderbanken gemäß ihrem staatlichen Förderauftrag für Chancengleichheit auf der Finanzierungsseite sorgen, denn Förderkredite schaffen Planungssicherheit für Gründer und mittelständische Betriebe, die sich die vor teilhaften Konditionen für lange Laufzeiten sichern können.

Die Finanzierungshilfen in Form von Risikoentlastungen kommen insbesondere dann zum Tragen, wenn den Unternehmen keine ausreichenden Sicherheiten zur Verfügung stehen - denn dann kommt eine Finanzierung ohne eine Förderbank an der Seite häufig gar nicht erst zustande. Förderbanken können dann mit Haftungsfreistellungen, Bürgschaften oder Garantien einspringen und öffnen damit den Kreditzugang, indem sie einen Teil des Kreditrisikos der Hausbank übernehmen.

Nutzung von digitalen Plattformen

Für eine umfassende und kostenfreie Beratung können die Unternehmer überdies unmittelbar auf die Förderbanken zugehen und sich kostenfrei beraten lassen. Sie können sich aber genauso gut auch an ihre Hausbank wenden, bei der sie Firmenkunde sind. Der eigene Bankberater hilft dann dabei, die richtige Förderungsvariante zu finden.

Und es gibt noch den digitalen Weg: Die Förderbanken bauen ihre Angebote auch hier kontinuierlich aus und gehen zum Beispiel Kooperationen mit neuen Marktakteuren wie Fintechs ein, um passgenaue Lösungen für die Bedürfnisse der Unternehmen zu finden. Zudem verstärken sie die Automatisierung von Abläufen, um noch schneller, effektiver und kostengünstiger zu werden, was wiederum der Wirtschaft zugutekommt. Zum Beispiel bieten viele Förderbanken auf ihrer Homepage einen Förderwegweiser an, mit dem durch wenige Klicks das passende Förderangebot gefunden wird.

Viele Förderbanken sind auch auf Online-Kreditplattformen vertreten, die einen zusätzlichen Weg zu Finanzierungsquellen für mittelständische Unternehmen bieten. Dort ermöglicht ein digitales Matching von Kreditnehmern und etablierten Banken, dass der Kunde verschiedene Finanzierungsangebote einfach vergleichen und die für sich beste Förderung finden kann. Das Angebot auf den digitalen Plattformen reicht dabei von Unternehmenskrediten mit Sofortzusage über Kommunaldarlehen bis hin zu Crowdfunding für Start-ups. So fällt es Unternehmern leicht, das passende Angebot für die unterschiedlichen Vorhaben zu finden.

Auf dem Weg zum automatisierten Antrags- und Zusageprozess

Damit das attraktive Förderangebot bei den Unternehmen auch ankommt, muss es nicht nur passgenau für die unterschiedlichen Bedürfnisse der Unternehmen ausgestaltet sein, sondern überdies unbürokratisch, schlank und einfach über die Hausbanken beantragt werden können - nicht zuletzt mit Blick auf den generell hohen Kostendruck im Bankgewerbe. Prozessoptimierungen sind sowohl bei der Antragstellung als auch in der Folgebearbeitung der Förderdarlehen notwendig.

Die LfA Förderbank Bayern beispielsweise arbeitet daher gemeinsam mit ihren Partnerbanken intensiv an der Digitalisierung des Fördergeschäfts. Ziel ist die Nutzung des Internets zur Anbindung ihrer Bankpartner für den gesamten Prozess von der Beratung über die Antragsstellung bis zur Auszahlung sowie die nachfolgende Bestandsbearbeitung. Bereits seit dem vergangenen Jahr erfolgt die Antragstellung über die beteiligten Partnerbanken im Echtbetrieb webbasiert.

In einem zweiten Schritt werden die Bestandsprozesse bis zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens verschlankt und digitalisiert - hier befindet sich seit Kurzem ein erster Teilbereich erfolgreich und ebenso voll funktionsfähig im Produktivbetrieb. Im kommenden Jahr wird den Banken in einem ersten Kreditprodukt ein vollständig automatisierter Antrags- und Zusageprozess bereitgestellt. Weitere Schritte zur Prozessvereinfachung sowie digitale Zusatzanwendungen für Kreditnehmer und Banken sind geplant oder werden bereits kontinuierlich weiterentwickelt. Die Vorteile der Digitalisierung kommen so der bayerischen Wirtschaft zugute.

Nicht nur bei der Prozessoptimierung im Hausbankprinzip des Fördergeschäfts selbst ist die Digitalisierung von Bedeutung, sondern auch bei der Ausrichtung der Finanzierungshilfen der Förderbanken.

Umfassende Infrastrukturförderung

Für den Wirtschaftsstandort in ihrer jeweiligen Region engagieren sich die deutschen Förderbanken daher nicht nur im Bereich der Mittelstandsfinanzierung durch eine umfassende Gründungs- und Wachstumsförderung oder bei den Themen Umweltschutz, Klimaschutz und Energieeffizienz. Die LfA zum Beispiel plant im laufenden Jahr insbesondere eine grundlegende Neuaufstellung in ihrem Geschäftsfeld Innovation und Digitalisierung - dabei sollen die bestehenden Produkte durch ein einziges schlagkräftiges Produkt ersetzt werden, das sich sowohl durch ein einfaches effizientes Antragsverfahren als auch durch den Einsatz moderner Förderelemente wie Tilgungszuschüsse und eine optionale Haftungsfreistellung auszeichnet. Vorgesehen ist zudem ein breiter Einsatzzweck, der insbesondere auch auf Digitalisierungsmaßnahmen und die Diffusion von Innovationen zielt.

Abgerundet wird das Angebot durch eine umfassende Infrastrukturförderung. Denn eine leistungsfähige Infrastruktur ist Grundvoraussetzung für einen prosperierenden Standort, stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der ansässigen Unternehmen und attrahiert neue. So können bestehende Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen werden. Damit der Wirtschaftsstandort Deutschland in seiner Gesamtheit die sich aus der digitalen Transformation ergebenden Chancen nutzen kann, kommt es auch ganz entscheidend auf leistungsfähige digitale Infrastrukturen an. Hochleistungsfähige Breitbandanschlüsse sind dabei von besonderem strategischem Interesse.

Großer Bedarf an zukunftsfähiger Breitbandversorgung

Wie groß der Bedarf nach leistungs- und zukunftsfähiger Breitbandversorgung beispielsweise in Bayern ist, hat die Studie "Breitbandbedarf der bayerischen Unternehmen 2017 - leitungsgebunden und mobil" der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) untersucht. Demnach wird der Bandbreitenbedarf der bayerischen Unternehmen bis zum Jahr 2020 deutlich ansteigen. 57 Prozent der Firmen gehen von einem steigenden Bandbreitenbedarf bis 2020 aus. Fast die Hälfte der Firmen erwartet für 2020 einen Bandbreitenbedarf von über 50 Mbit/s, 14 Prozent rechnen damit, dass sie Übertragungsgeschwindigkeiten von über 100 Mbit/s benötigen werden. Als häufigste Gründe für die höheren Anforderungen wurden eine immer stärkere Vernetzung von Arbeitsabläufen sowie Geschäftsfeldern und das Aufkommen immer komplexerer Anwendungen genannt. Die LfA finanziert daher auch kommunale Infrastrukturvorhaben für den Breitbandausbau.

Dabei flankiert sie das Zuschussprogramm des Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat zur Förderung des flächendeckenden Aufbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen im Freistaat. Gefördert werden hierbei Aufwendungen von Gemeinden, Zusammenschlüssen von Gemeinden und Gemeindeverbänden in Bayern, zur Schließung der Wirtschaftlichkeitslücke bei Investitionen von privaten oder kommunalen Netzbetreibern in bayerische Breitbandinfrastrukturen. Insgesamt investiert der Freistaat Bayern von 2018 bis 2022 rund drei Milliarden Euro in seinen Masterplan "Bayern Digital II" für Bayerns digitale Zukunft.

In diesem Rahmen ist auch eine Initiative zur Schaffung einer gigabitfähigen Infrastruktur in ganz Bayern bis 2025 geplant. Dass dies gut angelegtes Geld sein dürfte, belegt auch die bereits genannte Untersuchung der KfW, wonach die Digitalisierung in der Breite des Mittelstands mittlerweile zwar ankommt, die Digitalisierungsausgaben in einigen Bereichen aber niedrig bleiben. Die künftige Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes hängt maßgeblich auch davon ab, dass in den Unternehmen moderne und zukunftsfähige Geschäftsmodelle entstehen. Die deutschen Förderbanken können dabei einen wertvollen Beitrag zur Unterstützung einer erfolgreichen Digitalisierung im deutschen Mittelstand leisten.

Dr. Otto Beierl Stellvertretender Präsident, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), Berlin, und Vorsitzender des Vorstands, LfA Förderbank Bayern, München
Dr. Otto Beierl , Vorsitzender des Vorstands, LfA Förderbank Bayern
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