Gespräch des Tages

WLSGV Positionierung als aufgeschlossener Partner?

Auch wenn es diesmal nicht so offensiv herausgestellt wurde wie in manchen Jahren zuvor, viele der westfälisch-lippischen Sparkassen liegen mit ihren Zahlen im bundesweiten Vergleich immer noch recht weit vorne. Insofern ist das Ergebnis für den Verband im Berichtsjahr 2006 wiederum nicht schlecht. Mit leichten Zuwächsen im Bestand (Kundeneinlagen plus 2,6 Prozent auf 72,78 Milliarden Euro, Kundenkredite plus 1,2 Prozent auf 70,79 Milliarden Euro und Bilanzsumme plus 1,6 Prozent auf 107,74 Milliarden Euro) sowie 1,2 (1,11) Milliarden Euro als Betriebsergebnis vor Bewertung fallen die Zahlen aber selbst im guten Bankenjahr 2006 nur nach dem Szenario aus, das Verbandspräsident Rolf Gerlach schon vor drei Jahren vorgezeichnet hatte: Angesichts des immer noch verhaltenen Wirtschaftswachstums in Deutschland, allenfalls stagnierender Realeinkommen, der demografischen Entwicklung und einer gewissen Sättigungstendenz der Konsumneigung hat sich weder die Einlagenseite noch das Kreditgeschäft der Sparkassen in ihren angestammten Geschäftsgebieten erhöht. Allenfalls die Einsicht in die Notwendigkeit zur privaten Altersvorsorge könnte eine Besserung bringen.

Während sich das Zinsergebnis der WLSGV-Sparkassen seit einigen Jahren zwischen 2,6 und 2,7 Milliarden Euro bewegt, kann beim Provisionsergebnis zwar ein Wachstum auf aktuell 659 (632) Millionen Euro vermeldet werden. Es bringt aber nicht annähernd den Schub für einen entspannten Blick in die Zukunft und kann im Berichtsjahr 2006 wieder einmal die Rückgänge im Zinsgeschäft nicht ausgleichen. So pendelt das Betriebsergebnis vor Bewertung schon seit einigen Jahren um seinen jetzigen Wert. Kurzum: Dank disziplinierter Handhabung der Verwaltungskosten sowie einiger positiver Sondereffekte wie den Körperschaftssteuergutschriften im abgelaufenen Berichtsjahr und zuletzt günstiger Risikolage können die Sparkassen in den letzten Jahren ihr Ergebnis zwar einigermaßen halten, aber keine nachhaltige Verbesserung verzeichnen.

Nicht zuletzt diese begrenzte Ergiebigkeit des Geschäftsgebietes der Sparkassen - wie übrigens auch der Genossenschaftsbanken ist es, die den volks- und betriebswirtschaftlich denkenden Verbandspräsidenten des WLSGV mit Blick auf den anstehenden Verkauf der Landesbank Berlin zu offensiveren Äußerungen bewegt, als man sie sonst im Sparkassensektor hört. Dass der gewiefte Taktiker Gerlach von der LBBW-Interessenbekundung in Berlin völlig überrascht worden sein soll, klingt nicht recht überzeugend. Dass er angesichts der neuen Ausgangslage den Blick zu Recht von der Käuferseite "Wer (natürlich aus der Sparkassenfamilie) bekommt die Landesbank?" auch einmal auf die Verkäuferseite "Wem geben wir die Landesbank?" lenkt, ist aber ein höchst sinnvoller Denkansatz. Denn bei aller Bestrebung, heute einen guten Preis zu erzielen, haben die politisch Verantwortlichen in Berlin natürlich ein lebhaftes Interesse daran, wie es mit der Landesbank Berlin weitergeht. Welche geschäftlichen Perspektiven der neue Eigentümer der Landesbank Berlin bietet, ist für die handelnden Politiker sicherlich nicht unerheblich.

Rolf Gerlach kann sich deshalb mit seinen lockeren Gedankenspielen rund um die denkbaren Berliner Szenarien zumindest in Ansätzen an Grundansichten orientieren, die er schon vor drei Jahren bei der strategischen Neupositionierung der WestLB vorgetragen hat (Kreditwesen 5-2004). Sprach er seinerzeit von einem Schiff WestLB, das auf den Weltmeeren segelt und seinen Anteilseignern (also den Sparkassen) Erträge einfährt, die in der langsam wachsenden Wirtschaft im Inland nur sehr schwerlich zu erzielen sind, fordert er jetzt mit Blick auf Berlin Offenheit für "intelligente" Lösungen. Auch wenn er es nicht so ausdrücklich sagt wie Ende vergangenen Jahres Thomas Fischer, lässt er in seinen bewusst breit angelegten Gedankenspielen keine dogmatische Ablehnung eines Erwerbs der Landesbank Berlin durch den Sparkassensektor unter Beteiligung eines privaten Investors erkennen. Ob das nun Adressen wie Christopher Flowers sein könnten oder eine Gemeinschaftslösung mit einem internationalen Finanzdienstleister, die auf lange Sicht die hiesige Landesbankenszene - und damit über den indirekten Weg der Beteiligung auch die Sparkassen - ein wenig aus der heutigen Ertragsenge herausführen könnte, lässt er offen. Mit solchen Gedankengängen positioniert er sich aber als aufgeschlossener Partner, mit dem man auch nach unkonventionellen Lösungen suchen kann.

Nach der bisher betont strikten Ablehnung der Beteiligung privaten Kapitals in der S-Gruppe ist es freilich fraglich, ob und inwieweit solche Szenarien für Berlin überhaupt noch diskussionswürdig sind? Schließlich wird Sparkassenpolitik nicht nur in Nordrhein-Westfalen gemacht. Aber: sie wird eben auch nicht ganz ohne NRW und die WestLB gemacht - und im konkreten Falle nicht ohne das Land Berlin und den strengen Blick der EU-Kommission.

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