Aufsätze

Welche Funding-Instrumente braucht eine internationale Immobilienbank?

Der Markt für gewerbliche Immobilieninvestments hat im Jahr 2006 erneut ein Rekordvolumen erreicht. Nach Angaben des Maklers Jones Lang La-Salle wurden weltweit Direktinvestitionen in Gewerbeimmobilien in Höhe von 682 Milliarden US-Dollar vorgenommen. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Anstieg von 38 Prozent. In Deutschland hat sich das Transaktionsvolumen mehr als verdoppelt und belief sich auf rund 60 Milliarden Dollar. Mehr als die Hälfte des Volumens entfiel dabei auf internationale Investoren.

Kreditvergabe durch Refinanzierungsinstrumente bestimmt

Dabei stellen die Investoren hohe Ansprüche an die Verzinsung des Eigenkapitals, wobei die Immobilienrenditen in einem steigenden Zinsumfeld unter den Druck der Opportunitätsanlage kommen. Deshalb wächst der Bedarf an sogenannten strukturierten Finanzierungen, das heißt, es wird heute häufig das Fremdkapital entsprechend dem Risikogehalt in Senior-, Mezzanine- und Junior-Tranchen zerlegt. Hierdurch kann das Risiko genauer "gepriced" und in verschiedene Kanäle geleitet werden sowie der Eigenkapitaleinsatz reduziert und das Investment höher "geleveraged" - also gehebelt - werden.

Darüber hinaus werden die Immobilien schon lange nicht mehr nur als langfristiges Investment gesehen. Der Handel und die Strukturierung beziehungsweise Optimierung von Immobilienportfolios hat dazu geführt, dass kurzfristige Darlehen, sogenannte Bridge Loans und flexible Darlehensstrukturen mit Prepayment-Options und Revolving Lines nachgefragt werden.

Diesen Markterfordernissen folgend sind die international erfolgreichen Banken im gewerblichen Immobilienmarkt heute nicht mehr Hypothekenbanken im klassischen Sinne. So bietet zum Beispiel die Hypo Real Estate Group, einer der weltweit größten Finanzierer gewerblicher Immobilien, ihren Kunden umfassende Lösungen in der Immobilienfinanzierung und auch für andere Assetklassen an.

Entsprechend den Veränderungen bei der Kreditvergabe hat sich auch auf der Refinanzierungsseite die Produktpalette der Immobilienfinanzierer stark erweitert, um im internationalen Wettbewerb mit neuen Produkten bestehen zu können. Der enge Konnex zwischen der Immobilienfinanzierungs- und der Refinanzierungsstruktur der Bank ist indes keineswegs neu: So standen bei einer klassischen Hypothekenbank klar die Pfandbriefe im Zentrum des Fundingprofils, was jedoch unmittelbar abhängig von einer Kreditvergabe war, die sich auf deckungsfähige Immobiliendarlehen spezialisiert hatte.

Eine derart auf Pfandbrief fokussierte Refinanzierungsstruktur ist heute bei den beschriebenen Marktverhältnissen nicht mehr wettbewerbsfähig beziehungsweise möglich, weil unter anderem große Teile des Neugeschäfts nicht pfandbrieffähig sind. Nichtsdestoweniger optimieren die internationalen Immobilienfinanzierer ihre Refinanzierung entsprechend den Anforderungen auf der Aktivseite der Bilanz, also entsprechend der Struktur der Immobiliendarlehen.

Pfandbrief als wichtiger Baustein

Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Pfandbrief ein Auslaufmodell ist. War der Pfandbrief bis Ende der neunziger Jahre noch ein rein deutsches Produkt und international kaum bekannt, wurden in immer mehr Ländern die rechtlichen Möglichkeiten geschaffen, vergleichbare Produkte, sogenannte Covered Bonds, zu emittieren. Neben vielen europäischen Ländern hat im Jahr 2006 der erste Emittent aus den USA (Washington Mutual) den Covered-Bond- Markt als attraktive Refinanzierung für Immobiliendarlehen entdeckt (siehe Abbildung).

Der Pfandbrief stellt das kostengünstigste Refinanzierungsinstrument dar. Da hier die strikten Rahmenbedingungen des Pfandbriefgesetzes nur Darlehen mit sehr geringem Ausfallrisiko für den Deckungsstock der Pfandbriefe zulassen, ist der Pfandbrief meistens mit einem AAA-Rating versehen. Dies reduziert die Refinanzierungsaufschläge im Vergleich zu ungedeckten Anleihen von Immobilienfinanzierern erheblich. Hinzu kommt, dass der Pfandbrief dank seiner gesetzlichen Standardisierung und der langjährigen Marktpräsenz von Investoren und Emittenten als höchst verlässliches Produkt geschätzt wird.

Aufgrund der sehr strengen Kriterien des Pfandbriefgesetzes, sind nicht alle Darlehen pfandbrieffähig. Mezzanine-/ Juniordarlehen, Eigenkapital-/Mehrwertsteuerzwischenfinanzierungen, Bridge und Construction Loans sind nur einige Beispiele für Darlehen, die nicht über den Pfandbrief refinanziert werden können. Darüber hinaus sind Immobilienbeleihungen nicht aus allen Ländern über den Pfandbrief zu refinanzieren. Das Pfandbriefgesetz beschränkt die Länder, in denen Pfandobjekte liegen dürfen, auf die EUStaaten, die Schweiz, die USA, Kanada und Japan.

Senior Unsecured Funding

Um die immer größeren Volumina außerhalb des Pfandbriefs refinanzieren zu können, müssen die Immobilienfinanzierer auf andere Fundingressourcen zurückgreifen. Eine typische Immobilienbank verfügt nicht über wesentliche Kundeneinlagen und ist aus diesem Grund auf das sogenannte Wholesale Funding angewiesen. Das heißt, dass die Bank ungedeckte Anleihen (Senior Unsecured) emittiert, um den Refinanzierungsbedarf zu decken. Neben großen Benchmarkemissionen (größer eine Milliarde Euro), werden am Markt auch eine Vielzahl von Private Placements abgesetzt (eine Million Euro bis 250 Millionen Euro). Darüber hinaus werden auch strukturierte Emissionen angeboten. Hier können je nach Investorwunsch maßgeschneiderte Optionalitäten oder Indexbindungen in die Wertpapieremission eingebaut werden (zum Beispiel Inflation linked oder Callable Bonds).

Gekauft werden die Senior Unsecured Anleihen hauptsächlich von institutionellen Investoren weltweit, wie zum Beispiel Banken, Versicherungen, Fonds und Zentralbanken. Teilweise werden die Emissionen aber auch über Banken in kleinen Stückelungen an Privatkunden weiterverkauft. In diesem Zusammenhang hat das klassische deutsche Schuldscheindarlehen relativ stark an Bedeutung verloren. Mit steigenden Volumina sind Inhaberschuldverschreibungen, die über Emissionsprogramme emittiert werden, in den Vordergrund gerückt. Ein Emissionsprogramm setzt die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Vielzahl von Wertpapieremissionen unter diesem Programm. Die Emissionsprogramme werden für verschiedene Produkte und Investorengruppen unterschiedlich ausgestaltet.

Internationale Diversifizierung

Bei den Produkten unterscheidet man in erster Linie zwischen sogenannten Commercial Paper (CP) Programmen und Medium Term Note (MTN) Programmen. Der wesentliche Unterschied ist, dass unter CP-Programmen Wertpapiere mit einer Laufzeit von unter einem Jahr emittiert werden und MTN-Programme für Laufzeiten von zirka ein bis zehn Jahre vorgesehen sind. Auch hinsichtlich der Fristigkeit besteht eine enge Verbindung zwischen Refinanzierung und den heute üblichen Immobilienfinanzierungen. So sind die CP oder französisch auch CD (Certificats de Dépôts) Programme ein typisches Mittel der Kurzfristrefinanzierung, das die Refinanzierungsanforderungen von zum Beispiel Zwischenfinanzierungen und Bridge Loans sehr gut abdeckt. Außerdem kann die Zeit zwischen Darlehensauszahlung und Indeckungnahme von pfandbrieffähigen Darlehen mit der Refinanzierung durch CP überbrückt werden.

Um nicht nur vom europäischen Markt abhängig zu sein und die Fundingbasis weiter zu diversifizieren, haben einige Emittenten auch Programme außerhalb Europas etabliert. Die Diversifikationsstrategie hat in erster Linie das Ziel, mehr Investoren mit unterschiedlichem Hintergrund an den Emissionen der Bank zu interessieren. Dies hilft der Bank in Krisensituationen nicht von einzelnen Märkten abhängig zu sein, vielmehr kann sie auf andere Märkte ausweichen, an denen sie bereits etabliert ist. Auch wenn die Diversifizierung mit Aufwand und Kosten verbunden ist, zahlt sie sich in schwierigen Zeiten aus. Darüber hinaus hilft die internationale Diversifizierung steigende Fundingvolumina zu decken, da die Investoren in den jeweiligen Märkten nur begrenzte Limite für einzelne Emissionsadressen haben. Als Beispiel für eine internationale Diversifizierung seien die Emissionsprogramme der Hypo Real Estate Group genannt (siehe Übersicht).

Money-Market-Produkte: Da Immobilienfinanzierer heute nicht mehr alleine dem langfristigen Kreditgeschäft verschrieben sind, stehen neben den CP- und CD-Programmen für Immobilienbanken weitere Instrumente zur Steuerung der kurzfristigen Liquidität zur Verfügung. So können die Immobilienfinanzierer im Geldmarkt Mittel aufnehmen und anlegen. Die Laufzeiten variieren von Overnight Money bis zu Anlagen/Aufnahmen über mehrere Monate.

Darüber hinaus bietet der Repo (Repurchase Agreement) Möglichkeiten, Wertpapiere im Bestand der Bank über verschiedene Arten der Wertpapierleihe zur Liquiditätssteuerung einzusetzen. In der Zwischenzeit hat sich der Repo-Markt insofern weiterentwickelt, dass auch Immobilienkredite als Assets verwendet werden können. Dieser Markt ist jedoch noch relativ klein und wenig standardisiert im Vergleich zum Wertpapier-Repo-Markt.

Off-Balance-Sheet

Ergänzt werden die beschrieben Maßnahmen zur Refinanzierung von Darlehen auf der Bilanz durch Off-Balance-Sheet-Aktivitäten. Durch Verbriefungstransaktionen (Securitisation) können Immobilienbanken bestimmte Teile des Darlehensbestands an Zweckgesellschaften (SPVs) verkaufen, die den Erwerb durch die Emission von Wertpapieren, sogenannte Mortgage Backed Securities (MBS), über den Kapitalmarkt refinanzieren. Durch den True Sale der Darlehen an das SPV sind diese nicht mehr auf der Bilanz der Immobilienbank, und auch das Kreditausfallrisiko geht auf die Investoren in die MBS über. Aus diesem Grund werden die Darlehen durch die Verbriefungstransaktionen nicht nur refinanziert, sondern die Immobilienbank muss auch kein Eigenkapital für die Darlehen vorhalten. Somit ist die Verbriefung nicht nur ein Fundingtool, sondern auch ein effizientes Instrument zur Eigenkapital- und Renditesteuerung von Banken.

Aufgrund der attraktiven Spreads (vor allem bis Februar 2007) im Bereich der MBS haben einige Immobilienbanken und auch Investmentbanken sogenannte CMBS (Commercial Mortgage Backed Securities) Conduits aufgebaut. Letztendlich signalisiert eine Bank durch ein Conduit, dass sie regelmäßig am Verbriefungsmarkt auftreten möchte und Darlehen speziell zur Verbriefung und somit zur Off-Balance-Sheet-Refinanzierung akquiriert.

Neben den klassischen MBS stehen im Verbriefungsbereich weitere Möglichkeiten zur Refinanzierung von Immobiliendarlehen zur Verfügung. So können spezielle Zweckgesellschaften benutzt werden, um Darlehen über kurzfristige Wertpapiere (Asset Backed Commercial Paper) mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr zu refinanzieren. In diese Strukturen werden das Liquiditäts- und Kreditrisiko separat verarbeitet und gegen entsprechende Vergütung an Investoren abgegeben, die nicht die normale Refinanzierung stellen.

Es gibt keine optimale Refinanzierungsstrategie für jedes Einzeldarlehen. Entscheidend ist vielmehr ein gesamtbankweites Asset-/Liability-Management, das dem Portfolio aus Immobilienfinanzierungen hinsichtlich Laufzeit, Prepaymentwahrscheinlichkeit, Risikogehalt und Pfandbrieffähigkeit eine korrespondierende Refinanzierungsstruktur gegenüberstellt. So können die Refinanzierungskosten und Liquiditätsrisiken optimiert werden.

Erfolgsfaktor Asset-/Liability- Management

Gerade in schwierigen Kapitalmarktzeiten, wie zum Beispiel aktuell durch die Sub-prime-Krise in den USA hervorgerufen, zeigt sich, dass nicht die aus Sicht der Bank kostengünstigste Refinanzierung optimal ist. Der "Trade off" zwischen Ertrag (das heißt ersparten Refinanzierungskosten) und Risiko (das heißt Liquiditätsrisiko) ist auch bei der Refinanzierung einer international agierenden Immobilienbank nicht prinzipiell anders als in zahllosen Portfoliomodellen. So ist ein nachhaltiger Mix aus Kurz- und Langfristfinanzierung sowie verschiedenen Produkten essenziell, um nicht durch Fälligkeiten auf der Refinanzierungsseite unter Emissionsdruck zu geraten, wenn aufgrund der Marktlage eine Emission zu ungünstig oder nicht möglich ist.

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