Gespräch des Tages

Vermögensverwaltung - Steigende Untreue

Vermögensverwalter und Wealth Manager haben es derzeit wahrlich nicht leicht. Durch ständige Schreckensmeldungen verunsicherte Kunden legen ihr Geld nur zögerlich und wenn dann ausgesprochen risikoavers an. Und das, obwohl die Aktienmärkte in 2012 und bis in das laufende Jahr hinein einen wirklichen Boom zu verzeichnen haben. Und selbst wenn die Verunsicherung die Anerkennung der professionellen Vermögensverwaltung sicherlich erhöht, sprich ihnen Zulauf neuer Kunden beschert, wird es für die verantwortlichen Manager immer schwerer, entsprechende und vor allem ansprechende Renditen zu erzielen. Das führt dazu, dass Kunden sich die Preise und Leistungen ihres Vermögensverwalters kritisch betrachten.

Schließlich mischen Regulatoren und Gesetzgeber im Versuch, den vermeintlich allesamt unseriösen und gierigen Finanzdienstleistern das Leben schwerer und dem Kunden das weitere Anlegen einfacher zu machen, eifrig mit. Bereits heute sind Vermögensverwaltungen und Family Offices nach dem Kreditwesengesetz reguliert, wenn es um Anlagevermittlung von Finanzinstrumenten, Abschlussvermittlung und Finanzkommissionsgeschäft, Anlageberatung mit persönlichen Anlageempfehlungen und Finanzportfolio- und Anlageverwaltung geht. Weitere Vorschriften finden sich in der Gewerbeordnung für Anlageberater und Vermittler; bei rein rechtlicher Beratung ist auch das Rechtsdienstleistungsgesetz zu beachten. Dazu ist das neue Vermögensanlagegesetz vom November 2011 für Family Offices relevant, die nicht verbriefte Beteiligungen selbst anbieten. Und nun kommen noch das neue Kapitalanlagegesetzbuch als Folge der nationalen Umsetzung der AIFM und die Umsetzung der MiFID II hinzu. All das schmälert Möglichkeiten und damit das Wahrnehmen von Chancen (natürlich immer nur im Interesse des Kunden). All das erhöht den Aufwand und die Kosten.

All das führt zu verschärftem Wettbewerb um Kunden, auch wenn der Kuchen 2012 wieder ein Stück größer geworden ist. Laut World Wealth Report 2013 stieg die Anzahl der High Networth Individuals, also Bürgern, die über ein anlagefähiges Vermögen von mindestens einer Million US-Dollar verfügen, 2012 weltweit um 9,2 Prozent auf mehr als zwölf Millionen Menschen. In Deutschland legten die sogenannten HNWI immerhin noch um 6,7 Prozent auf gut eine Million Menschen zu. Diese werden ihren Vermögensverwaltern und Wealth Managern aber zunehmend untreu. Noch vor zwei Jahren gelang es im Private Banking in mehr als drei Viertel der Fälle, in denen die Verantwortung für das Familienvermögen von einem Ehepartner auf den anderen überging, die Kundenbeziehung aufrecht zu halten. Inzwischen ist der Anteil erfolgreicher Kundenbindung auf 71 Prozent zurückgegangen. Noch dramatischer: Jeder zweite erbende Nachkomme wechselt den Vermögensverwalter. Entscheidungen der Nachfolge-Generation sind nach Veränderungen der persönlichen Verhältnisse und schlechter Investment-Performance inzwischen der dritthäufigste Grund für den Abbruch der Kundenbeziehung. Das sind die zentralen Ergebnisse des 20. Global Private Banking and Wealth Management Survey der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC.

Doch was des einen Leid, ist das anderen Freud, denn Möglichkeiten, sich aus dem Kuchen zusätzliche Marktanteile herauszuschneiden, steigen mit wechselwilligeren Kunden. Das heißt, Vermögensverwalter und Wealth Manager können sich keineswegs mehr entspannt zurücklehnen, wie das viele Jahre ob ausgesprochen stabiler Kundenbeziehungen war, sondern müssen erheblich in Customer Relationship Systeme investieren. Neben der Marke, der Repution des Unternehmens sowie sowie Finanzkraft wird das zunehmend zum Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb, so die von PwC Befragten. Der Weg dahin ist aber lang: Nur acht Prozent berücksichtigen bereits heute systematisch sogenannte Gender-Aspekte, also unterschiedliche Einstellungen zu beispielsweise Risiko oder Entscheidungsfindung bei Männern und Frauen. Auch die Nutzung neuer Medien, gerade für die technikaffine Erbengeneration wichtig, ist noch Brachland. Erst in zwei Jahren wollen 60 Prozent der befragten Vermögensverwalter mobile Technologien nutzen, gut 40 Prozent auf Videokonferenzen eingestellt sein und mehr als jeder Dritte über soziale Netzwerke mit seinen Kunden interagieren. In zwei Jahren wohlgemerkt - ob das reichen wird?

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