Aufsätze

Sicherung des Automobilabsatzes durch verbriefte Anleihen

Mehr als drei Millionen Fahrzeuge sind 2012 in Deutschland verkauft worden. Rund 75 Prozent davon sind finanziert oder geleast - Tendenz steigend. In Märkten wie den USA ist die Quote schon heute weitaus höher. Günstige Finanzierungskonditionen sind für Kunden vor diesem Hintergrund ein entscheidendes Kaufkriterium und für die Automobilindustrie ein bedeutendes Vehikel für den Absatz, mit dem die Beschäftigung in Deutschland unmittelbar verknüpft ist. Wichtigste Absatzförderer der Hersteller sind mit einem Marktanteil von mehr als 67 Prozent die Autobanken und die konzerneigenen Leasinggesellschaften.

Ein erfolgreiches Refinanzierungsinstrument

Ein maßgeblicher Faktor, um Finanzierungen anbieten zu können, ist für die Autobanken der Zugang zu nachhaltig verfügbaren Liquiditätsquellen. In diesem Zusammenhang sind sogenannte Asset Backed Securities (ABS) ein bedeutendes Element einer diversifizierten Refinanzierungsstrategie. Während die Europäische Zentralbank (EZB) dieses Refinanzierungsinstrument als geeignete Sicherheit für Liquidität sieht, werden von verschiedenen Regulierungsinstitutionen Maßnahmen vorgeschlagen, die ABS stark einschränken und damit den Markterfolg der deutschen Automobilhersteller auszubremsen drohen. Denn geringere Refinanzierungsalternativen haben zur Folge, dass es weniger Finanzierungsangebote für Kunden gibt, für die sie aber ein entscheidendes Erwerbskriterium beim Autokauf sind.

Asset Backed Securities sind seit Mitte der achtziger Jahre ein strategisch wichtiges Instrument zur Kapitalbeschaffung. Ihr Prinzip ist einfach: Die Finanzdienstleister verkaufen ihre Forderungen - sei es aus Kredit oder Leasing - an eine Zweckgesellschaft, die im Gegenzug Schuldverschreibungen emittiert. Investoren kaufen die Schuldverschreibungen der Zweckgesellschaft. Mit diesem Kapital werden die Finanzdienstleister bezahlt, und die Investoren erhalten nun ihrerseits monatlich die Kundenzahlungen.

Gegen den Trend

Die Vorteile für Emittenten und Investoren liegen auf der Hand: Unternehmen können durch den Verkauf von Forderungen Liquidität generieren. Die Anleger wiederum erwerben Wertpapiere, deren Bonität nicht abhängig ist von der eines einzelnen Emittenten, sondern von der Güte der mit ihnen verbundenen Forderungen und Sicherheiten, seien es Immobilien, Bürgschaften, Maschinen oder - wie im Falle der Autobanken - Kraftfahrzeuge.

Mit insgesamt rund 24,7 Milliarden Euro trugen Auto-ABS 2012 einen Anteil von elf Prozent zum Gesamtemissionsvolumen am europäischen Verbriefungsmarkt bei. Dass der europäische Verbriefungsmarkt im vergangenen Jahr einen Volumenrückgang von 40 Prozent zu verzeichnen hatte, während Auto-ABS gegen den Trend ihr Volumen jedoch um 22 Prozent ausbauten, zeigt das investorenseitige Interesse an diesem Produkt. Deutschland als Autoland stellt mit 57 Prozent den Löwenanteil am ausstehenden europäischen Auto-ABS-Volumen.

Die starke Nachfrage ist nicht zuletzt Folge der guten Performance des Segments. Aufgrund ihrer makellosen Historie und soliden Performanceprognosen genießen Auto-ABS den Nimbus eines sicheren Hafens, sodass die Risikoaufschläge grundsätzlich sehr niedrig sind. Neben Volkswagen Financial Services setzen viele weitere automobile Finanzdienstleister, wie jene von BMW, Daimler, Toyota, Renault, Fiat, Peugeot und Ford bei ihrer Refinanzierung seit Jahren auf die Verbriefung von Autoleasing- und Autodarlehensforderungen.

Erleichterungen durch die Europäische Zentralbank

Die Bedeutung von Verbriefungen für die Wirtschaft hat auch die Europäische Zentralbank erkannt. So senkte sie erst kürzlich die Anforderungen, die erfüllt werden müssen, um ABS bei der EZB im Gegenzug für einen Kredit als Sicherheit hinterlegen zu können. Während zuvor nur Verbriefungen mit einem AAA-Rating akzeptiert wurden, ist nun auch ein A-Rating ausreichend. Zudem verringerte die Notenbank die Abschläge auf alle ABS-Anleihen. Der Hintergrund: Um ihr Risiko zu begrenzen, beleiht die EZB Sicherheiten nicht zu 100 Prozent, sondern fordert einen Abschlag. Fällt dieser niedriger aus, bekommen Banken für dieselben Sicherheiten höhere Kredite.

Den Banken verschaffen diese Maßnahmen einen leichteren Zugang zu Liquidität. Das Ziel der Notenbank ist klar: Sie will die Kreditklemme im Süden Europas überwinden, indem sie den dortigen Banken mehr Liquiditätsspielraum verschafft. Im Rahmen dieser Maßnahme sieht sie Auto-ABS als adäquate Sicherheit für Liquidität an. Aufgrund der niedrigen Ausfallraten und hoher Granularität zur Risikosenkung verfügen sie über ein besonders gutes Ansehen bei Investoren.

Auswirkungen einer verschärften Regulierung

Den aufgezeigten Vorteilen und Funktionen von ABS stehen derzeit jedoch Vorschläge zur Änderung der regulatorischen Rahmenbedingungen für Kreditverbriefungen entgegen. Diese sind eine direkte Folge der Finanzkrise, welche durch Anleihen auf minderwertige Subprime-Hypotheken aus den USA verursacht worden ist. Insgesamt existieren auf EU-Ebene vier verschiedene Regulierungsansätze.

Im Dezember vergangenen Jahres hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht Vorschläge zur Neuregelung des Rahmenwerks für Verbriefungen veröffentlicht. Die geplante Reformwürde nach jetzigem Stand zu einer Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen für Verbriefungspositionen bei Banken führen, wenn sie in Auto-ABS investieren. Diese müssten dann mit einer zirka drei- bis zehnfachen Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen rechnen. Der Verbriefungsmarkt wäre dadurch in seiner Funktionsfähigkeit stark beeinträchtigt, denn Banken gehören hier mit rund 50 Prozent zu den aktivsten Investoren. Der aktuelle Reformentwurf unterscheidet nicht zwischen den unterschiedlichen Verbriefungssegmenten. Eine differenzierte Betrachtung wäre hier angebracht, schließlich gehören Auto-ABS zu den sichersten Anlageobjekten. Deshalb wäre es sinnvoll, sie als eigenständiges Segment zu betrachten.

Ferner sollen im Rahmen der Capital Requirement Regulation (CRR) ABS grundsätzlich nicht mehr als hochliquide Aktiva für die Berechnung der Mindestliquiditätsquote zugelassen werden. So sieht es der aktuelle Stand des Diskussionspapiers vor, mit dem die European Banking Authority (EBA) eine Definition hochliquider Aktiva erarbeiten soll. Die durch Basel III neu geforderte Mindestliquiditätsquote ist eine Kennzahl, die sicherstellen soll, dass Banken im Notfall 30 Tage lang ohne externe Liquiditätszufuhr flüssig bleiben können. Ihr Bestand an flüssigen Aktiva hoher Qualität soll größer sein als die Summe der Nettobarabflüsse auf Einmonatssicht. Damit werden die Lehren aus den zurückliegenden Pleiten der Finanzkrise gezogen.

Erschwerte Bedingungen für Banken und Versicherungen

Die Idee ist zunächst im Grundsatz nachvollziehbar: Kein Institut soll mangels Liquidität ohne Weiteres binnen Tagen zusammenbrechen können, wie 2008 bei Lehman Brothers geschehen. Aufgrund ihrer vergleichsweise kurzen Kapitalbindung, ihrer hohen Sekundärmarktliquidität sowie ihrer fundamentalen Solidität, stellen Auto-ABS prädestinierte Verbriefungspapiere für die Liquiditätsanlage dar, was auch die Aktivitäten der EZB zeigen.

Hinzu kommt, dass durch Hypotheken gesicherte Wert papiere (Residential Mortgage Backed Securities), die als Auslöser der Krise gelten, sowie Staatspapiere gleich welchen Ursprungs als hoch liquide angerechnet werden. Eine solche Regelung zieht nicht nur eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung nach sich, sondern steht der Aufarbeitung der Ursachen der Finanzkrise paradoxerweise entgegen. Die Platzierung von Auto-ABS bei Banken wäre damit kaum mehr möglich. Als Folge würden Banken sich voraussichtlich aus dem Verbriefungsmarkt zurückziehen.

Die von der EBA unterbreiteten Vorschläge zur Anrechnung forderungsverbriefter Transaktionen auf die Großkreditobergrenze hätten zusätzliche negative Auswirkungen auf die Vermarktbarkeit von Auto-ABS. Bisher müssen Banken Verbriefungen, bei denen sie nicht jeden einzelnen Kreditnehmer im Portfolio kennen, oberhalb einer sogenannten Granu laritätsschwelle von fünf Prozent zu einem fiktiven Kreditnehmer zusammenfassen. Damit sollen Klumpen risiken vermieden werden.

Für diesen fiktiven Großkreditnehmer gilt eine Obergrenze von 25 Prozent des Eigenkapitals. Diesen Wert hat der Gesetzgeber festgelegt, damit eine Bank die Auswirkungen einer einzelnen Firmenpleite verkraften kann. Übersteigt ein Kredit diese Obergrenze, muss das Institut den kompletten Überschreitungsbetrag vom Kapital abziehen und den Kredit so schnell wie möglich unter die Obergrenze zurückführen.

Auto-ABS hingegen sind hoch granular, sodass der einzelne Schuldner nur ein sehr geringes Gewicht hat, wodurch Auto-ABS weit unter genannter Granularitätsschwelle liegen. Das bedeutet ein sehr geringes Risiko, denn selbst wenn ein Schuldner ausfällt, ist der Verlust äußerst gering. Die Vorschläge der EBA sehen nun vor, diese Granularitätsschwelle abzuschaffen. Das hätte zur Folge, dass auch hoch granulare Auto-ABS-Verbriefungen zu einem fiktiven Großkreditnehmer zusammengefasst werden müssten. Im Ergebnis würde die Obergrenze damit häufig überschritten werden. Als Folge könnten Banken dazu gezwungen sein, ihre Investitionen in diese Produkte deutlich zu reduzieren.

Benachteiligung von Auto-ABS

Nicht zuletzt schlägt die European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA) im Rahmen der geplanten neuen Eigenkapitalregelungen für Versicherungsunternehmen nach der sogenannten Solvency II vor, für Schuldverschreibungen verschiedene Risikoklassen einzuführen. Diese würden ebenfalls zu einer massiven Benachteiligung von Auto-ABS führen. Vorgesehen ist, dass Versicherungsunternehmen zukünftig für die Risiken aus ihren Kapitalanlagen Eigenkapital vorhalten.

Die explizite Benachteiligung von Auto-ABS wird im Vergleich mit anderen Wertpapiersegmenten deutlich: Der Risikofaktor eines mit AAA gerateten ABS-Papiers würde bei einer Laufzeit bis zu fünf Jahren gegenüber einem AAA Corporate Bond um 777 Prozent höher ausfallen. Diese extremen Unterschiede sowie die hohen Eigenkapitalvorschriften würden unweigerlich dazu führen, dass europäische Versicherer als Käufer von ABS-Anleihen ausfielen. Damit würde nach den Banken auch die zweitgrößte Investorengruppe wegfallen. Etwa 25 Prozent der Investitionen in Auto-ABS entfallen auf Versicherungen.

Finanzdienstleister in der automobilen Wertschöpfungskette

Es ist richtig und anzuerkennen, dass die Politik Lehren aus der Krise ziehen will. Umso mehr ist darauf zu achten, dass durch die Regulierung nicht gerade der Bereich der deutschen Wirtschaft Schaden nimmt, der zur Stabilisierung in der Krise beigetragen hat: Die Realwirtschaft. Die automobilen Finanzdienstleister tragen maßgeblich dazu bei, den Fahrzeugabsatz der Automobilhersteller zu fördern. Schließlich werden drei von vier verkauften Autos in Deutschland heute finanziert oder geleast. Diese Absatzunterstützung und die damit verbundenen stärkeren Verkaufszahlen führen zu einer höheren Fahrzeugproduktion.

Dies bedeutet, dass ohne angemessene Finanzierungsangebote möglicherweise weniger Fahrzeuge verkauft und somit auch weniger Fahrzeuge produziert werden. An der Fahrzeugproduktion hängen Arbeitsplätze sowohl bei den Herstellern als auch bei Zulieferern und Handel. Eine Einschränkung der Refinanzierung der automobilen Finanzdienstleister mittels Auto-ABS würde dazu führen, dass sie ihrer Finanzierungsfunktion nicht mehr in der gewohnt erfolgreichen Art und Weise nachkommen können. Schließlich betrug die durchschnittliche Refinanzierung der automobilen Finanzdienstleister über Auto-ABS im vergangen Jahr rund zehn Prozent.

In der Praxis ist inzwischen anerkannt, dass sich einige Sektoren des Verbriefungsmarktes, wie vor allem Subprime-Immobilienfinanzierungen in den USA, negativ entwickelt haben. Dagegen verlief die Entwicklung in Europa völlig anders. So wiesen europäische Transaktionen nach einer Untersuchung von Standard & Poors zwischen Mitte 2007 und Mitte 2011 eine Ausfallquote von nur 1,2 Prozent auf. Die Verluste von US-Transaktionen beliefen sich hingegen auf 9,7 Prozent. Deutsche Auto-ABS-Transaktionen verzeichneten während der gleichen Periode nicht einen einzigen Ausfall.

Zu Unrecht in Sippenhaft

Als die Immobilienblase in den USA platzte, entpuppten sich etliche Papiere als wertlos und führten zu massiven Verlusten bei den Investoren. Trotzdem würden in den USA, den aktuellen Entwürfen zufolge, Verbriefungen, die durch Realgüter (zum Beispiel Immobilien und Fahrzeuge) gedeckt sind, nicht reguliert. Das heißt, Auto-ABS blieben unberührt. Ein Inkrafttreten der genannten europäischen Regulierungsbestrebungen hingegen würde bedeuten, dass Auto-ABS zu Unrecht in Sippenhaft genommen würden. Denn sie sind aufgrund ihrer transparenten Struktur bestens für die Verbriefung geeignet. Sie generieren einen gut prognostizier baren Zahlungsstrom und besitzen überschaubare Laufzeiten, die bei Weitem nicht mit der einer Hausfinanzierung vergleichbar sind. Zudem verfügt das verbriefte Forderungsportfolio über eine hohe Granularität, da es aus vielen kleinen Leasing- beziehungsweise Finanzierungsverträgen unterschiedlicher Segmente zusammengesetzt ist.

Dies führt zu einer breiten Risikoverteilung und einer vollkommen anderen Struktur als bei den umfangreicheren Immobilienfinanzierungen. Zudem haben die automobilen Finanzdienstleister dank ausgeklügelter und bewährter Bonitätsbeurteilungsverfahren über Jahrzehnte gelernt, das Ausfallrisiko zu beurteilen. Entsprechend gab es beispielsweise bei den Volkswagen Finanzdienstleistern seit Bestehen des Programms 1996 keinen einzigen Ausfall eines ABS-Papiers.

Darüber hinaus mangelt es den Regulierungsinstitutionen nicht an alternativen Vorschlägen zur praxisnahen und volkswirtschaftlich sinnvollen Regulierung. Schon seit Jahren existiert in Deutschland die Initiative True Sale International GmbH. Dort haben sich unter anderem Banken und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zusammengeschlossen und einen hohen Standard für Verbriefungen entwickelt. Das Markenzeichen steht für höchste Güte sowohl in Bezug auf die Qualität der zugrunde liegenden Vermögenswerte als auch hinsichtlich der Strukturierung der Produkte.

Auf europäischer Ebene gibt es das Gütesiegel "Prime Collateralised Securities (PCS)" der Association for Financial Markets in Europe (AFME) für europaweit einheitliche und vergleichbare Reportingstandards.

Differenzierte Betrachtung erforderlich

Mit Blick auf die deutsche und europäische Volkswirtschaft, für welche die Automobilwirtschaft einen unverzichtbaren Faktor darstellt, sind die entwickelten Regulierungsmaßnahmen nicht zielführend. Ein bedeutendes Absatzförderungsinstrument der Automobilindustrie droht beschädigt zu werden. Die Regulierungsentwürfe scheren zahlreiche unterschiedliche Finanzprodukte über einen Kamm.

Widersprüchlich ist zudem die Tatsache, dass ABS-Papiere einerseits bei der EZB als Sicherheit hinterlegt werden können - und das in zunehmendem Umfang - sie andererseits aber nicht als hochliquide Aktiva gelten sollen. Damit besteht das Risiko, dass sie für zahlreiche Investoren unattraktiv werden. Eine differenziertere Betrachtung des Verbriefungsmarktes mit einer produktadäquaten und volkswirtschaftlich angemessenen Regulierung ist dringend erforderlich.

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