Gespräch des Tages

SGVHT I - Kein Grund zu massiver Kurskorrektur

Personalwechsel bieten oft eine willkommene Gelegenheit, eingefahrene Bahnen zu verlassen und bei Bedarf auch notwendige Kursänderungen vorzunehmen. In der Sparkassenorganisation Hessen-Thüringen sind gravierende Eingriffe offensichtlich nicht notwendig, es genügen leichte Modifikationen. Allem Eindruck nach baut der im Frühjahr gestartete Verbandspräsident Gerhard Grandke auf dem bestellten Feld auf, das Gregor Böhmer ihm mit dem hessisch-thüringischen Verbundkonzept überlassen hat. Mit einer speziellen Gegebenheit kann er sogar unbefangener umgehen als sein unmittelbar mit der Gestaltung befasster Vorgänger. Er lobt das Geschäftsmodell der Helaba als stabil und solide, obwohl sich der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen (SGVHT) im Zuge der Eingliederung der Frankfurter Sparkasse vehement gegen die Vertikalisierung gewandt hat.

Auch in seiner Außendarstellung muss Grandke keine völlig neue Linie entwickeln. Er pflegt als Verbandspräsident den offenen und kommunikativen Stil, den man von ihm schon als Kommunalpolitiker in der Rhein-Main-Region kennt - als undogmatischer Pragmatiker wie er sich selbst einstuft. In der Sache hat er kürzlich demonstriert, dass er Dinge offensiv angehen und deutlich manche mögen sagen undiplomatisch - Position beziehen kann. Sein Klartext in sparkassenpolitischen Fragen betrifft einstweilen aber in erster Linie die Europäische Wettbewerbskommissarin und ihre Behörde. Seinen bisherigen Eindrücken nach, so kritisiert Grandke sinngemäß, haben Neelie Kroes und ihre Mitarbeiter eigene Vorstellungen von Größe und Einfluss der europäischen Bankenstruktur und gehen mit einer reißbrettartig entworfenen Wettbewerbssituation von einer überschaubaren Zahl von Banken aus, die im Wettbewerb stehen. Sein Vorwurf: Für gewachsene Banken- oder gar Verbundstrukturen einschließlich ihrer engen wirtschaftlichen Verzahnung mit den Unternehmen und Menschen in der Region bleibt in diesem Weltbild kein Platz. Seine energische Frage, unter welchen Bankenstrukturen die volkswirtschaftliche Belastung durch die angerichteten Schäden letztlich größer sind, lässt sich freilich in ihrer Komplexität mit allen Nebenwirkungen nicht seriös beantworten - zumindest nicht quantitativ.

In der Positionierung zu aktuellen sparkassenpolitischen Themen, insbesondere der Sparkassen- und Landesbankenstruktur gibt sich Grandke unverbindlicher. Unmissverständlich deutlich gemacht hat er lediglich seine Grundsympathie für eine wettbewerbsfähige S-Lösung zum Konsumentenkredit, einschließlich der Point-of-Sale-Finanzierung. Zurückhaltend gibt er sich hingegen in der wichtigen Frage der Landesbankenkonsolidierung. Hier lässt er nur erkennen, dass keine Lösung abzusehen ist und aus hessisch-thüringischer Sicht auch keine Dringlichkeit besteht, allzu forsch darauf hinzuwirken. Vielleicht muss sich Grandke noch ein wenig darin üben, wirklich nichts zu Dingen zu sagen, zu denen er sich eigentlich auch nicht äußern will. Aber er könnte sich für die hessischthüringische Sparkassenorganisation gerade heute als der richtige Mann zur richtigen Zeit erweisen, nämlich als ein (S-)Politiker, der gut genug vernetzt ist, seine Region im sparkassen politischen Neuordnungsgerangel gebührend zu positionieren. Interessant wird es dabei sicher sein, ob und wie sich in der Kunst des "political engineering" sein Verhältnis oder vielleicht auch seine Arbeitsteilung mit Hans-Dieter Brenner, dem Vorstandschef der Helaba, entwickelt.

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