Gespräch des Tages

SGVHT - Gewiefte Randbemerkungen

Wie man gängige, zuweilen aber etwas spröde präsentierte Themen gleichermaßen griffig und schlagzeilenträchtig pointieren kann, hat Anfang März der Sparkassenverband Hessen-Thüringen bewiesen. Dessen Verbandspräsident Gerhard Grandke hat dabei zunächst auf die Erpressbarkeit vieler Staaten durch die schiere Dimension ihrer großen Kreditinstitute hingewiesen. Dass er daraus für Letztere eine implizite Staatsgarantie ableitet, die sich sogar im Vertrauen der Märkte und damit in der Ertragsrechnung niederschlagen kann, ist sicherlich einer permanenten kritischen Beobachtung wert. Ein wirklich neues Thema besetzt er damit aber nicht. Doch im Rahmen der Folgenabschätzung die Zerlegung solcher Gebilde in vertretbar große Einheiten anzuregen, ist zweifellos eine sehr offensive Annäherung an dieses Thema. Denn noch im laufenden Jahr steht in den internationalen Gremien die Klassifizierung der Global systematically important financial institutions (G-SIFIs) an. Die Sinnhaftigkeit einer Aufspaltung der sytemischen Banken im Kaliber einer Barclays, BNP Paribas, Citibank, Credit Suisse, Deutsche Bank, Goldman Sachs, JP Morgan Chase, Banco Santander und UBS in die Debatte zu werfen, garantiert Grandke sehr viel mehr Aufmerksamkeit als von den Regulatoren schlicht eine schnellere Gangart für zusätzliche Eigenkapitalanforderungen für systemrelevante Banken einzufordern. Und dass in der Folge auch die Landesbanken zwar sicher nicht als G-SIFIs, aber doch als domestic SIFI eingestuft werden dürften, hat er sicher im Kalkül.

Der SGVHT-Präsident kann solche gewieften Randbemerkungen zu vielerlei bankpolitischen Themen derzeit mit einer gewissen Gelassenheit präsentieren, denn weder in der eigenen Sparkassenorganisation noch in der darüber hinausgehenden öffentlichen Wahrnehmung stehen seine Mitgliedsinstitute derzeit unter Druck. Die Geschäftsergebnisse weisen das Berichtsjahr 2010 als gut aus. Zuwächsen beim Zins- (plus 3,5 Prozent) und Provisionsüberschuss (plus 3,2 Prozent) steht ein leicht gesunkener Verwaltungsaufwand gegenüber. Die Risikovorsorge im Kreditgeschäft sank an der Durchschnittsbilanzsumme (DBS) gemessen mit 0,06 Prozent auf den niedrigsten Wert seit Erhebung. Ebenfalls auf die DBS bezogen haben die Sparkassen in Hessen und Thürigen ein Betriebsergebnis vor Bewertung von 1,07 Prozent seit 1998 nicht mehr erreicht.

Auch in den nicht weniger wichtigen permanent anstehenden sparkassenpolitischen Kernthemen ist der SGVHT zwar involviert und tangiert, doch nicht zwingend als Rettungsanker oder großer Impulsgeber gefordert. Das gilt angefangen von der vollständigen Übernahme der Deka-Bankanteile durch die Sparkassen über eine Neuordnung der Landesbankenlandschaft einschließlich einer geordneten Verwertung der WestLB bis hin zu den diversen weiteren regulatorischen Dauerthemen wie der Bankenabgabe und der Einlagensicherung.

So kann sich Grandke nach innen und außen damit begnügen, als "Spieler an der Seitenlinie" Anregungen zu geben und aus seiner Sicht die Grenzen dessen abzustecken, was mit seinem Haus machbar ist. In Sachen Deka-Bank trägt er dabei ordentlich die beschlossene Übernahme durch die Sparkassen mit, beharrt aber auf deren Ausrichtung als Fondsdienstleister mit einem sehr überschau- und beherrschbaren Engagement im Kapitalmarktgeschäft. Die Landesbank Berlin ermuntert er zwar ausdrücklich, zusammen mit der Deutschen Leasing das Geschäftsfeld Konsumentenkredit als Dienstleister für die gesamte Sparkassenorganisation voranzutreiben, einen allgemeinen Freibrief, sich stärker zu einer S-Verbundbank weiterzuentwickeln will er ihr aber lieber nicht geben. Zu den Plänen um eine Neuordnung der WestLB lässt er es nicht an einem allgemeinen Bekenntnis zu einer gewissen gegenseitigen Verantwortung innerhalb der Sparkassenorganisation fehlen, sieht aber vor einem richtungsweisenden Votum aus Brüssel noch zu viele Unklarheiten, um zu Einzelheiten klar Position zu beziehen. In seiner Haltung zur Mitte Februar veröffentlichten Streitschrift zur Neuordnung des Landesbankensektors gibt er sich längst nicht so aufgeregt wie der DSGV, artikuliert aber deutlich seine Ablehnung zu Formen der vertikalen Fusion. Momentaner Eindruck: Der SGVHT hat alle wichtigen Punkte der Sparkassenpolitik auf der Agenda, und sieht sich überall mit am Ball. Aber richtig weit vorwagen will er sich nicht.

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