Gespräch des Tages

Regulierung - Endlich konkrete Zahlen

Dass die vielfältigen Regulierungsaktivitäten derzeit für die Banken einen hohen Umsetzungsaufwand mit sich bringen, wird täglich über diverse Kanäle kommuniziert. Die Zahl der mit Regulierungsthemen beschäftigten Mitarbeiter ist in vielen Instituten gestiegen und damit gewiss auch die direkt zurechenbaren Personalkosten. Angesichts der erst anstehenden Umsetzungsschritte und der vielen noch im Diskussions- oder Verabschiedungsmodus verharrenden Initiativen rechnen auch nur die wenigsten Institute mit einer Verbesserung. Doch richtig greifbar werden die Belastungen erst, wenn sie mit konkreten Zahlen unterlegt werden können. Dieser Mühe hat sich die KPMG unterzogen, und zwar mit Unterstützung des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) wie auch des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB). In einer Studie mit 20 teilnehmenden Instituten, angefangen von Großbanken über Regionalbanken bis hin zu Privatbanken aus diesen beiden Bankengruppen, wurden im vergangenen Jahr für den Zeitraum 2010 bis 2015 sowohl rückblickend als auch vorausschauend die Auswirkungen der regulatorischen Anforderungen auf die Kostensituation abgefragt. Von der Basis der damit erfassten rund 60 Prozent der Bilanzsumme in Deutschland wurden Rückschlüsse auf die gesamte hiesige Branche gezogen, nicht im Sinne einer repräsentativen Erhebung, wohl aber einer "fundierten Indikation".

Schon für die Jahre 2010 bis 2012 werden demnach allein die direkten Kosten der Regulierung bei den beteiligten Instituten auf 1,9 Milliarden Euro veranschlagt, für die folgenden Jahre 2013 bis 2015 sind es sogar 2,5 Milliarden Euro. Hinzu kommen in beiden Betrachtungsperioden jeweils 0,4 Milliarden Euro als zusätzliche Verwaltungskosten aus Regularien. Rechnet man diese Zahlen auf die gesamte deutsche Kreditwirtschaft hoch, so entfallen auf den Zeitraum 2010 bis 2012 rund 3,8 Milliarden Euro und auf die Jahre 2013 bis 2015 zirka 4,8 Milliarden Euro, in Summe also 8,6 Milliarden Euro beziehungsweise gut 1,4 Milliarden Euro pro Jahr. Fügt man dazu noch die Bankenabgabe, die der SoFFin in den vergangenen drei Jahren jeweils mit rund 600 Millionen Euro verbucht hat, fallen Jahr für Jahr für den deutschen Bankenmarkt zwei Milliarden Euro an direkten Regulierungskosten an.

In den Projektbudgets der Banken wird der Anteil der regulierungsbedingten Kosten in den Bereichen Risikocontrolling beziehungsweise Risikomanagement sowie Compliance mit einem Anteil von über 50 Prozent besonders hoch eingeschätzt. Stark belastet fühlen sich die Institute aber auch im Rechnungswesen/Finanzen und der Internen Revision, wo jeweils Anteile von rund 40 Prozent der Regulierung zugerechnet werden. Und auch bei der IT ist das immerhin noch ein Viertel aller Kosten. Berücksichtigt man noch die indirekten Kosten der Regulierung, die durch die höheren Anforderungen an die Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung verursacht werden, veranschlagt die Studie auf Basis der Bankbilanzen zusätzlich weitere sieben Milliarden Euro. Als Gesamtaufwand für die hiesige Branche werden damit jährlich neun Milliarden Euro ermittelt.

Grundsätzlich infrage stellen wollen sowohl die befragten Institute als auch deren Bankenverbände die Regulierung nicht. Sie plädieren an der einen oder anderen Stelle für längere Übergangsfristen. Sie stellen zu Recht die Frage nach einem vernünftigen Verhältnis von Aufwand und Regulierungszweck. Und sie fordern eine bessere Koordination der Regulierung.

Gerade mit Blick auf die Vermeidung von unerwünschten Wechselwirkungen kommen immer mehr Appelle aus der Branche an die Politiker und Regulatoren, unsinnige Regelungen möglichst zurückzunehmen oder - soweit das noch geht - gar nicht erst zur Anwendung zu bringen. Dass solche Einsicht auch in der Politik zumindest nicht gänzlich ausgeschlossen wird, zeigen im Koalitionsvertrag beispielsweise die vergleichsweise offen formulierten Passagen zur Finanztransaktionssteuer als auch zum Beratungsprotokoll. Von ihrer komfortablen Mehrheit her ist die neue Bundesregierung in der Lage, viele Regulierungen noch einmal ganz rational auf ihre Wirkungen zu überprüfen und wenn es sinnvoll erscheint wieder zu korrigieren (siehe auch Interview Emmerich Müller). Doch allzu große Hoffnungen sollten sich die Banken an dieser Stelle nicht machen. Zu dem normalen Instrumentarium der Regierungsarbeit haben solche Korrekturmaßnahmen in den vergangenen Jahrzehnten nur sehr selten gehört. Vielleicht zeigt gerade die Große Koalition an dieser Stelle einmal unerwartetes Format.

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