Sparkassen-Finanzgruppe 2011

Redaktionsgespräch mit Theo Zellner - "In ihrer Gesamtheit sind Sparkassen unbedingt systemrelevant"

Herr Zellner, wie fällt Ihre persönliche Bilanz des bisherigen Wirkens als Sparkassen-Präsident in Bayern aus? Die Zeiten waren und sind sehr bewegte Zeiten.

Ich bin mit dem bisher Erreichten zufrieden und fühle mich in meiner Rolle sehr wohl. Die Eingewöhnungszeit dauerte nicht lange und war nicht schwer, da ich sowohl das Sparkassenwesen als auch die Tätigkeit in einem Verband durchaus schon kannte. Schließlich war ich fünfzehn Jahre lang Verwaltungsratsvorsitzender einer sehr regional geprägten Sparkasse und habe zehn Jahre lang den Bayerischen Landkreistag geführt, der als kommunaler Spitzenverband die Interessen aller 71 bayerischen Landkreise vertritt. Beide Erfahrungen kann ich sehr gut in die aktuelle Tätigkeit einfließen lassen, schließlich sind die Sparkassen in kommunalem Eigentum. Das ist nicht nur Kopfsache, sondern auch Bauchsache, denn es gehört eine ordentliche Portion an Leidenschaft für diese Dinge dazu.

Gibt es denn kaum Unterschiede zwischen Ihren aktuellen Aufgaben und Ihren früheren Tätigkeiten?

Zu meiner früheren Tätigkeit als Präsident des Bayerischen Landkreistages gehörte immer auch das Sparkassenwesen Die Menschen, mit denen ich zu tun habe, sind somit die gleichen geblieben. Ich sehe mich hier als Sparkassen-Präsident als Vertreter der Sparkassen, aber auch als Vertreter ihrer Eigentümer, der Kommunen, und vertrete somit weiterhin kommunale Interessen von daher ist die neue Aufgabe kein kompletter Gegensatz zu früher.

Das heißt aber, es ist besser einen Politiker zum Präsidenten zu machen als einen gelernten Sparkassen-Vertreter ...

So wie die Dinge in Bayern organisiert sind, ist das zutreffend. Mein Anspruch war, dieses Amt für die kommunale Seite, die Eigentümer der Institute, einzufordern. Natürlich steht neben der Eigentumsfrage auch der wirtschaftliche Erfolg der Sparkassen im Vordergrund.

Was sehen Sie als Ihre wichtigste Aufgabe an?

Das Sparkassenwesen in seiner dezentralen Struktur zu erhalten. Daneben gilt es, vor allem die Sparkassen durch die manchmal unverständlichen Finanzmarktregulierungen zu bringen, ohne dass Schaden für die wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen entsteht. Schon zu meiner Zeit als Politiker hieß es, ich sei "ein leidenschaft licher Dezentralist" und das stimmt auch.

Sparkassen haben ihre Aufgabe bei den Kunden vor Ort, den Bürgern und der Realwirtschaft. Meinem Verständnis nach muss das Geld, das die Kunden den Instituten im Vertrauen geben, auch dort wieder eingesetzt werden. Das ist eine einfache, aber äußerst erfolgreiche Philosophie. Umso überraschender ist es, dass man in einem Europa der Regionen dafür so wenig Aufgeschlossenheit erfährt.

Welche Maßnahmen tragen bereits Ihre Handschrift?

In erster Linie der Umbau des Verbandes, um den Anforderungen der Sparkassen besser gerecht werden zu können. Es wurde eine neue Verbandsverfassung erstellt, weg von den Präsidial- hin zu den Kollegialstrukturen. Gemeinsam mit dem Vizepräsidenten bildet der Präsident den Vorstand, der ehemals 24-köpfige Vorstand ist nun ein Verbandsverwaltungsrat, der mehr Einfluss hat. Die Rolle der Sparkassen wurde gestärkt, die Fachbeiräte wurden aufgewertet. Es wurde ein Entscheidungsquorum eingeführt, demzufolge bei wichtigen Fragen eine qualifizierte Mehrheit entscheidet. Das macht die Arbeit natürlich nicht einfacher, es muss mehr Überzeugungsarbeit geleistet werden, aber es prägt die Arbeit von innen her. Ziel war es, dass der Verband in seiner Organisationsform einer Sparkasse gleicht.

Gibt es Entscheidungen, die von der neuen Struktur schon beeinflusst wurden?

Der bayerische Beitrag zum Erwerb der Deka-Bank. Hier wurden auf freiwilliger Basis 260 Millionen Euro bei den regionalen Sparkassen eingeworben. Das wurde anfangs in Berlin und anderswo in der Organisation skeptisch gesehen, da man der Meinung war, Stammkapitalentscheidungen stets zentral fällen zu müssen. In einem aus meiner Sicht sehr transparenten

Verfahren ist es aber gelungen, nahezu alle bayerischen Sparkassen von diesem strategisch wichtigen Schritt zu überzeugen. Die Zufriedenheit mit der neuen Arbeitsweise ist groß. Entscheidungen im Sparkassenwesen sollten - wie politische Entscheidungen - von unter her gedacht und nicht von oben aufgesetzt werden.

Wie oft sind Sie draußen vor Ort, um sich ein Bild von der Stimmung zu machen?

Sehr häufig, durch regelmäßige Besuche der Institute und der Bezirksversammlungen. Das ist sehr wichtig, denn dadurch erfährt man die Dinge direkt und unmittelbar.

Zu den Sparkassen: Wie stellt sich im Frühherbst 2011 die Lage dar?

Durchweg positiv, denn die Sparkassen, die mit einem gewachsenen Vertrauen aus der Finanzkrise gekommen sind, sind nun über das Stadium der Krisenbewältigung hinaus. In wesentlichen Geschäftsfeldern wie dem privaten Einlagengeschäft, der privaten Wohnungsbaufinanzierung und dem Kreditgeschäft mit mittelständischen Unternehmen in Deutschland konnten Marktanteile gehalten oder ausgebaut werden.

Die Sparkassen in Bayern haben von 157 Milliarden Euro an Einlagen rund 102 Milliarden Euro im Kreditgeschäft wieder ausgeliehen. Das heißt die Passivlastigkeit wird voll genutzt, um auf der Aktivseite aktiv zu sein. Die betriebswirtschaftliche Seite stimmt auch, was bei der Erfüllung der regulatorischen Vorgaben hilft. Denn ohne die Erzielung von Gewinnen kann kein Kapital aufgebaut werden, da Sparkassen sich, anders als private Banken, nur eingeschränkt Kapital über den Markt besorgen können.

Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Segmente gibt, in denen die Marktanteile der Finanzgruppe abbröckeln. Noch ist die Sparkassen-Finanzgruppe in allen nennenswerten Bereichen vorne dran, doch es gibt Verbesserungspotenzial. Sparkassen können noch moderner werden, müssen den Kunden direkter und gezielter ansprechen. Im Bereich Mobile Banking beispielsweise ist die Sparkassen-Finanzgruppe sehr gut aufgestellt, allerdings wird das von den Kunden noch nicht entsprechend wahrgenommen. Der neue Antritt im Ratenkreditgeschäft und am Point of Sale wird Erfolge zeigen. Aber dafür muss noch etwas getan werden.

Was muss man also noch verändern, verbessern und vom wem muss die Initiative ausgehen?

Die regionale Verbundenheit ist die große Stärke der Sparkassen. Die Institute haben ein Gesicht vor Ort, die Bürger kennen ihren Berater vom Fussball-Platz, aus der Kirche. Doch die Institute können nur stark sein, wenn von zentraler Stelle Unterstützung kommt und bestimmte Aufgaben gebündelt werden. Die Sparkassen vor Ort brauchen Unterstützung durch einerseits Verbundinstitute und andererseits die Verbände.

Die Strukturen innerhalb der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe sind alle da. Es gibt nichts, was wir nicht darstellen können. Allerdings sind diese Strukturen auch sehr vielfältig. Es gilt nun, Dinge in die richtige Richtung zu lenken und die Kraft, die unser Verbund hat, noch besser zu heben. Die Primärbanken wollen die Strategie des Verbundes für ihr Tagesgeschäft erkennen. Das kann nicht allein von unten nach oben geschehen, sondern hier sind auch zentrale Initiativen nötig. Das richtig zu kommunizieren, ist auch unsere Aufgabe als Regionalverband.

Wo sehen Sie hinsichtlich des Wettbewerbs auf den Märkten und um die Kunden die Herausforderungen für den Verbund?

Sparkassen müssen als attraktiver Partner von den Kunden wahrgenommen werden. Aufgabe muss es sein, die Kompetenz der Sparkassen im modernen Bankgeschäft, die die Sparkassen durchaus haben, die aber den Direktbanken zugeschrieben werden, besser zu vermarkten und den Kunden somit ein ganzheitliches Lösungsangebot zu machen. Kunden brauchen nicht mehrere Bankverbindungen, sie können alles bei ihrer Sparkasse in der Region an einer Stelle haben. Was wir nicht wollen, sind die Rosinenpicker, die sich überall nur die günstigsten Angebote heraussuchen. Das kann nicht die Strategie sein, wenn man an langfristigen Kundenbeziehungen teils über Generationen hinweg interessiert ist.

Daraus leiten sich natürlich auch hohe Anforderungen an die Sparkassen-Mitarbeiter vor Ort ab. Diese müssen echte Berater sein, müssen die Kunden begleiten. Da ist es nicht ausschließlich wichtig, wie viele Produkte pro Tag oder pro Woche verkauft werden. Hier ist es Aufgabe der Verbände, den Sparkassen-Mitarbeitern Weiterbildungsmaßnahmen in den Akademien anzubieten. Sparkassen müssen die Potenziale noch besser ausschöpfen. Das ist die Aufgabe der kommenden Jahre. Denn klar ist auch, der Wettbewerb wird nicht geringer werden, gerade im Einlagengeschäft.

Das ist aber keine Einbahnstraße. Auch die Kunden müssen ihrer Sparkasse das Vertrauen entgegenbringen. Es kann nicht richtig sein, dass beim Bedarf eines neuen Feuerwehrautos sofort nach der Sparkasse gerufen wird, das Geschäft von den gleichen Menschen dann aber wegen ein paar Promille mit einer schottischen Bank gemacht wird, die für die Region nichts tut. Das Geld, das die Sparkassen verdienen, geben sie in Form von Krediten und Spenden auch wieder in die Region hinein.

In welchem Umfang muss die Sparkassen-Organisation auf den sich wieder verschärfenden Konditionenwettbewerb reagieren?

Hier muss man die Dinge beobachten und gegebenenfalls reagieren. Aber es wäre unklug, sich auf einen Preiskampf einzulassen. Man gewinnt keine Marktanteile, indem man anderen hinterherhechelt, sondern in dem man sich auf seine Stärken besinnt. Fakt ist aber auch, dass der Wettbewerb um den Privatkunden wieder zunimmt. Jahrelang wurden die Sparkassen verlacht, weil sie sich mit so etwas Rückständigem wie dem Einlagengeschäft beschäftigt haben, und nicht in den großen Weiten des Kapitalmarktes aktiv waren. Heute sucht jede Bank, selbst internationale Großbanken, wieder den Kontakt zum Privatkunden, weil die Bedeutung der Einlagen für die Refinanzierung enorm zunimmt. Und da wird versucht, entweder ganze Banken zu kaufen oder über den Preis verloren gegangene Marktanteile zurückzugewinnen.

Was mich zornig macht, ist die Tatsache, dass die Bank, die in Deutschland am meisten staatliche Unterstützung bekommen hat, dieses geliehene Geld nimmt, um ungeheuren Preisdruck zu erzeugen. Sparkassen gestalten Konditionen mit Geld, das sie von ihren Kunden bekommen, nicht mit Subventionen. Das kann man nicht oft genug sagen.

Sind denn Sparkassen systemrelevant?

In ihrer Gesamtheit unbedingt ja. Ob der Kleinteiligkeit und der Fähigkeit des Verbundes, Probleme selber zu lösen, fällt das aber nicht so auf. Doch wenn man sich die Marktanteile im Privatkundengeschäft und bei der Mittelstandsfinanzierung anschaut, erkennt man, welche große Bedeutung die S-Finanzgruppe für die Bundesrepublik und die Wertschöpfung hierzulande hat.

Stichwort Fristentransformation: Wie groß ist die Bedeutung für die Häuser wirklich?

Groß. Die guten Ergebnisse der Sparkassen resultieren nicht nur, aber auch aus den guten Möglichkeiten zur Fristentransformation. Das hilft natürlich und ist auch wichtig; die Notwendigkeit zur Erhöhung des Eigenkapitals durch Thesaurierung wurde bereits angesprochen. Darüber hinaus steht dieses Geld wieder zur Kredit vergabe zur Verfügung, trägt also dazu bei, möglicherweise eine Kreditklemme zu verhindern. Allerdings gilt es, das richtige Maß zu finden. Institute dürfen sich nicht hinter guten Ergebnissen verstecken, wenn diese nur aus Fristentransformation bestehen.

Sollte ein schneller Zinsanstieg kommen, wie groß wären die Gefahren?

Das wird gegenwärtig von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht untersucht. Wie reagieren die Häuser auf Zinsschocks? Das ist nach den Erfahrungen der Finanzmarktkrise verständlich. Bislang sind mir noch keine negativen Ergebnisse bekannt. Der Blick zurück zeigt zudem, dass noch nie in Bayern eine Sparkasse aufgrund von Fristenstransformation in Probleme gekommen ist, obwohl manche Regionen einen Strukturwandel sondergleichen durchgemacht haben und das Zinsergebnis aus der Fristentransformation schon immer einen hohen Anteil haben musste. Zum anderen ist derzeit angesichts der Verunsicherung an den Märkten und der Staatsschuldenkrise nicht mit sprunghaft steigenden Zinsen zu rechnen.

Wie nah dürfen sich Sparkassen und Kreditgenossen kommen? Hier in Bayern ist das Verhältnis gefühlt ein engeres als anderswo.

Die Kreditgenossen sind Hauptwettbewerber der Sparkassen in den Regionen. Allerdings haben sie auch die gleichen Interessen und kämpfen mit den gleichen Problemen, beispielsweise den Schwierigkeiten, die sich für kleinere Banken aus der Finanzmarktregulierung ergeben. Es gibt also eine Menge Berührungspunkte. Und warum soll man das nicht ausnutzen, wenn man gemeinsame Ziele erreichen will. Je mehr Fürsprecher, desto größer das Gewicht. Hier würde ich mir auch auf Bundesebene mitunter mehr Einigkeit und mehr Gemeinsamkeit wünschen.

Was macht ein erfolgreiches zentrales Angebot, eine erfolgreiche zentrale Dienstleistung aus Sicht der einzelnen Sparkasse aus?

Die Produkte müssen zunächst einmal klar und übersichtlich sein, damit der Sparkassenberater sie glaubwürdig verkaufen kann. Bestes Beispiel ist die Landesbausparkasse in Bayern, die im Freistaat inzwischen einen Marktanteil von über 40 Prozent erreicht hat, weil der Vertrieb über die örtlichen Sparkassen funktioniert. Das geht nur, wenn horizontal gedacht wird, also immer auch der Absatzkanal Sparkasse berücksichtigt wird, schon bei der Planung.

Dazu gehört, dass es sich um sparkassentypische Produkte und Dienstleistungen handelt und auch keine Konkurrenzsituation zur Sparkasse vor Ort entsteht. Zentrale Dinge sollten immer nur unterstützenden Charakter haben und Lücken in der Angebotspalette schließen. Die Sparkassen-Card-Plus ist dafür ein gutes Beispiel. Am Point of Sale sind die Primärbanken kaum vertreten, dieses Geschäft machen große zentrale Wettbewerber, die gegenüber den Handelshäusern eine größere Verhandlungsmacht haben. Im Konsumentenkreditgeschäft insgesamt liegen die Marktanteile der S-Finanzgruppe hinter den Erwartungen zurück. Mit der Sparkassen-Card-Plus, die von den Sparkassen herausgegeben wird, aber zentral entwickelt wurde, können Sparkassen-Kunden künftig einfach und direkt an der Kasse über einen großzügigen Kreditrahmen ihrer Hausbank verfügen. Das hat Charme.

War der Kauf der Deka richtig?

Natürlich. Sparkassen als der wichtigste Vertriebskanal wollen Einfluss auf die Verbund-Dienstleister und deren Produktgestaltung, also ist es nur konsequent, dass sie auch die Eigentümer sind. Hinzu kommt, dass die Interessen von Landesbanken und Sparkassen nicht die gleichen sind, sodass es schwer ist, beide Seiten zufriedenzustellen.

Aber nach dem, was Sie zur Deka gesagt haben, müsste es Sie von Ihrer Grundauffassung her doch stören, dass die Bayern-LB nicht mehr den Bayerischen Sparkassen gehört?

Der Freistaat Bayern hat in einer ausgesprochen schwierigen Situation die Rekapitalisierung der Bayern-LB übernommen. Dadurch ist der Anteil der Sparkassen stark verwässert worden.

Entscheidend für den Nutzen einer Landesbank für die Sparkassen ist aber nicht etwa die Höhe der Beteiligung, sondern das Geschäftsmodell. Als Sparkassenzentralbank muss eine Landesbank ein Dienstleister für die Sparkassen sein. Nicht mehr und nicht weniger. Da sind wir in Bayern auf einem guten Weg. Es gibt mittlerweile ein ganzes Bündel an Produkten, Prozessen und Angeboten, durch die die Sparkassen gemeinsam mit der Bayern-LB beim Kunden noch stärker auftreten können.

Wie treu muss eine Sparkasse einer Landesbank noch sein, die ihr nicht mehr gehört? Möglicherweise haben Wettbewerber der Landesbanken bessere Angebote für die Sparkassen.

Der Freistaat Bayern hat der Bayern-LB in schwierigen Zeiten geholfen, und hat nun ein Anrecht darauf, dass die Sparkassen in Bayern ihren Teil dazu beitragen. Wir sind Teil der bayerischen Situation. Und daran haben auch die Sparkassen ein Interesse, immer vorausgesetzt, die angebotene Leistung stimmt. Solange die Produkte gut sind, gibt es keinen Grund, diese woanders her zu beziehen. Die Bayern-LB hat im vergangenen Jahr gemeinsam mit den bayerischen Sparkassen im Rahmen des Projekts "Verbundmodell Bayern" Maßnahmen definiert, um die Zusammenarbeit mit den Sparkassen zu optimieren. Das Feedback der Sparkassen zur Betreuung durch die Bayern-LB ist sehr positiv.

Würden Sie mit den Präsidenten anderer Verbände das Gespräch suchen, wenn deren Landesbanken hier in Bayern furchtbar aktiv werden würden?

Die Verbandsvorsteher tauschen sich regelmäßig und gut aus.

Das drückt eine Menge aus. Wie stellt sich Ihrer Meinung nach das Landesbankenthema im Rest der Bundesrepublik?

Hier gilt das gleiche: Erfolg ist nicht gleich Anteilshöhe. Das bezieht sich auch auf eine mögliche Konsolidierung auf der Landesbankenseite, um die es gegenwärtig ruhig geworden ist, die aber nach wie vor irgendwo im Raum steht. Sollten alle Beihilfethemen endgültig vom Tisch sein, werden die Gespräche wieder aufleben. Ein Deutschland mit dauerhaft sieben oder acht Landesbanken wird es nicht geben. Nimmt man die Bedeutung und die Aufstellung als Maßstab, dann wird Bayern bei dieser Konsolidierung eine wichtige Rolle spielen können.

Stehen die bayerischen Sparkassen möglichen Fusionsgesprächen zwischen Landesbanken offen gegenüber?

Alles ist zu befürworten, wenn dadurch ein noch stärkerer Dienstleister entsteht. Die früheren Diskussionen um eine Südbank sind nicht an den Sparkassen gescheitert. Diese haben solche Überlegungen befürwortet und tun dies auch weiterhin.

Was macht der Freistaat mit seinem Anteilen an der Bayern-LB?

Das ist zunächst natürlich allein Sache des Freistaats. Dem Vernehmen nach fordert die EU-Kommission nicht mehr die Privatisierung der Bank. Mir sind diesbezüglich aktuell auch keine konkreten Überlegungen des Freistaats bekannt.

Steigen die Sparkassen wieder ein?

Wie allgemein bekannt ist die Umstrukturierung der Bank ja nach wie vor Gegenstand eines Verfahrens in Brüssel. Nach europarechtlichen Grundsätzen wird hier auch das Thema Lastenverteilung eine Rolle spielen. Im Interesse der Bayern-LB, aber auch der bayerischen Sparkassen hoffen wir, dass das Verfahren nach der Sommerpause zügig und mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden kann. Für konkrete Aussagen zu einer Erhöhung der Beteiligung der bayerischen Sparkassen ist es aber noch zu früh.

Stichwort Regulierung: Wie sieht gerechte Regulierung aus?

Regulierung ist dann gerecht, wenn es endlich gelingt, Haftung und Risiko zusammenzuführen. Es ist nicht gerecht, dass nur der greifbare Bankbereich immer stärker reguliert wird, das ganze Schattenbankensystem von Hedgefonds und Ähnlichem dagegen ohne Einschränkungen munter weitermachen darf. Dann sollten die Regelungen für alle Banken weltweit gelten, nationale Alleingänge machen wenig Sinn und verzerren den Wettbewerb, wie beispielsweise die Bankenabgabe in Deutschland. An dieser Stelle sei auch einmal die Frage aufgeworfen, wie ernst das Bekenntnis der Amerikaner zu nehmen ist, Basel III einzuführen, nachdem noch nicht einmal Basel II umgesetzt wurde?

Schließlich geht die Regulierung meines Erachtens am Ziel vorbei. Die großen Banken werden immer größer, statt das Risiko aus diesen Instituten zu verkleinern. Größe ist ein Problem, das nicht beziehungsweise falsch angegangen wird. Die Liquiditätsvorschriften werden bislang dem Thema Langfristigkeit/Kurzfristigkeit nicht gerecht.

Die neue Regulierung soll die Finanzmärkte sicherer machen und künftigen Krisen vorbeugen. Das darf jedoch nicht zulasten der Kreditvergabe an die mittelständische Wirtschaft geschehen. Wir können unseren Kunden nicht erklären, warum wir für Mittelstandskredite künftig 30 Prozent mehr Eigenkapital vorhalten müssen, sich damit die Kreditkosten verteuern, obwohl das Mittelstandskreditgeschäft nicht die Ursache für die Finanzmarktkrise war. Deshalb sollte Basel III nur für international tätige Großbanken gelten.

Ist die Bankenabgabe denn sinnvoll, verhindert sie künftige Krisen?

Hier stellt sich zunächst einmal die Frage, ob die Bankenabgabe eine Bestrafung für Vergangenes ist oder ein Instrument für die Zukunft. Dann sind wie erwähnt nationale Alleingänge nicht sinnvoll. Immerhin ist es in zähen Verhandlungen gelungen, Freibeträge im Passivbereich zuzulassen, was die Belastung erträglicher macht. Generell braucht man ein solches Instrument aber nicht. Um künftige Krisen zu verhindern, bedarf es einer "Krisen-Pause" von vielen Jahren, denn es braucht sehr lange, um den Topf aus den Einnahmen zu füllen.

Welche Rolle kann da ein Regionalverband spielen?

Eine sehr große. Der SVB nutzt beispielsweise die Finanzplatzinitiative München, um diese Themen immer wieder zu positionieren. Darüber hinaus gibt es ein hervorragendes Instrument: Den Beirat für sparkassenpolitische Grundsatzfragen. In diesem kommen unregelmäßig Europaparlamentarier, Bundestags- und Landtagsabgeordnete zusammen und werden informiert. Insbesondere bei der Einlagensicherung konnte hier viel bewegt werden.

Gibt es Punkte, in denen Sie sich mit den neuen Vorschriften unwohl fühlen?

Natürlich gibt es einzelne Punkte, die Sparkassen nicht gefallen können. Aber viel wichtiger ist doch das generelle Vorgehen. Es bleibt nur zu hoffen, dass auch künftig auf das Instrument der Richtlinie gesetzt wird, und nicht alles über Verordnungen kommt. Denn dann hat der Wähler in den jeweiligen Ländern über die von ihm gewählten Abgeordneten keinen Einfluss mehr auf die Gesetzgebung, die dann aus Brüssel kommt.

Wie stark wird die Dominanz Europas und die Regulierung kreditwirtschaftliche und damit auch gesellschaftspolitische Strukturen in Deutschland verändern?

Es ist zu befürchten, dass die Banken ihre Rolle nicht mehr wie bisher ausfüllen können. Zum einen im Kreditgeschäft. Banken ohne direkten Zugang zum Kapitalmarkt werden restriktiver in der Kreditvergabe sein müssen, denn zusätzlich benötigtes Eigenkapital kann fast nur über Thesaurierung aufgebaut werden, was natürlich nicht von heute auf morgen geht. Das wiederum hat Konsequenzen auf Investitionen, Produktion und damit auch Arbeitsplätze.

Der zweite Punkt ist im direkten Kundengeschäft. Es wird Bankdienstleistungen geben, die nicht mehr von Banken und Sparkassen, sondern von anonymen Unternehmen aus den Bereichen des grauen Marktes oder des Schattenbanksystems geliefert werden. Damit fehlt den Kunden und Bürgern das Gesicht, der Ansprechpartner. Ist das gut für das Vertrauen?

Bei allem Verständnis für eine stärkere Kontrolle von Banken und einheitlichen Regeln in einem europäischen Wirtschafts- und Währungsraum müssen nationale Unterschiede erhalten bleiben, denn diese Systeme sind so unterschiedlich, dass es keine gleichermaßen nützlichen und gerechten Regeln für alle geben kann. Wir sind in Deutschland mit unserem Bankwesen gut und richtig unterwegs und ich bin optimistisch, dass das auch in Europa erkannt wird.

Sie sind wirklich Dezentralist und ein echter Kommunalpolitiker: Aber wie lange macht es Kommunen eigentlich noch Spaß, bei alldem eine Bank beziehungsweise Sparkasse zu besitzen? Denn die Anforderungen auch an die Eigentümer werden keinesfalls weniger.

Noch lange, denn Sparkasse gehört einfach zu den kommunalen Strukturen dazu. Und es ist eine Überzeugung, etwas Besonderes. Ich würde bei keiner anderen Bank arbeiten wollen. Und es ist falsch, nun die Qualität von Bürgermeistern oder Landräten als Mitglieder des Verwaltungsrates zu hinterfragen: Diese waren in der Krise die Einzigen, die nicht auf eine Ausschüttung gedrängt, sondern das Geld in den Instituten gelassen haben. Denn die wissen um die Bedeutung der Sparkassen für die Regionen.

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