Aufsätze

Pflege einer breiten Investorenbasis die Refinanzierungsstrategie einer Förderbank

Das 60. Jahr des Bestehens der Rentenbank fällt in ein ungewöhnlich turbulentes Marktumfeld, das Herausforderungen für die Refinanzierung und damit zusammenhängend auch für das Liquiditätsmanagement des Instituts bereithält. Dass diese im Branchenvergleich eher überschaubar anmuten, liegt zum einen an dem privilegierten Status einer Förderbank des Bundes. Zum anderen ist es auch das Ergebnis der ständigen Anpassung der Refinanzierungsstrategie an veränderte Marktbedingungen.

Partner und nicht Wettbewerber kommerzieller Kreditinstitute

Die Landwirtschaftliche Rentenbank wurde 1949 durch Bundesgesetz als zentrales Refinanzierungsinstitut für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum gegründet. Sie refinanziert im Rahmen verschiedener Förderprogramme Darlehen überwiegend für Investitionszwecke, die lokale Kreditinstitute an Endkreditnehmer vergeben. Noch bis 2002 verwendete das Gesetz über die Landwirtschaftliche Rentenbank für diese Funktion den Begriff "Zentralbank". Die Bank ist Partner und nicht Wettbewerber kommerzieller Kreditinstitute. Sie unterstützt deren Aktivitäten, indem sie mittel- und langfristiges Fremdkapital zur Verfügung stellt und damit die Passivseite der Banken vor Ort entlastet. Diese müssen aber die Beurteilung der Bonität der Endkreditnehmer vornehmen und auch das Kreditrisiko tragen. Folgerichtig sieht das Errichtungsgesetz nicht vor, dass die Rentenbank ein Filialnetz unterhält. Sie operiert stattdessen ausschließlich aus Frankfurt heraus.

Auch um Kundeneinlagen tritt die Rentenbank nicht in den Wettbewerb mit Kreditinstituten. Als staatliche Förderbank, deren Bonität aufgrund der Anstaltslast des Bundes sehr hoch ist, hätte sie hier einen klaren Wettbewerbsvorteil. Deshalb wird die Refinanzierung ausschließlich über den Interbanken-, Kredit- und Anleihenmarkt sowie die Beschaffung von Liquidität bei der Notenbank dargestellt.

Von öffentlichen Mitteln zum internationalen Kapitalmarkt

Die Rentenbank refinanziert sich seit 1953 zunächst teilweise, seit 1971 ausschließlich am Geld- und Kapitalmarkt. In den letzten Jahren erfolgten Mittelaufnahmen überwiegend bei ausländischen institutionellen Investoren. Zentralbanken und andere öffentlichen Stellen, die die Devisenreserven ihrer Länder verwalten, spielten dabei eine wachsende Rolle. Die Förderbank leitet deshalb nicht nur inländische Ersparnisse für investive Zwecke in das Agribusiness und den ländlichen Raum, sondern führt darüber hinaus einen erheblichen Transfer von ausländischen Finanzmitteln in die deutsche Volkswirtschaft herbei. Die Tabelle fasst die Entwicklung der Bank von der Finanzierung über Bundesmittel bis zur international bekannten Emittentin von Benchmarkanleihen anhand wichtiger Ereignisse zusammen.

Die Rentenbank hat im Lauf der Jahrzehnte die Abhängigkeit von einzelnen Marktpartnern und Investorengruppen kontinuierlich zugunsten des Aufbaus einer globalen und stark diversifizierten Investorenbasis aufgelöst. Die gesamte Palette der Platzierungsmöglichkeiten konnte aber erst genutzt werden, nachdem mit Zins- und Währungsswaps die erforderlichen Absicherungsinstrumente für eine effiziente Aktiv-Passiv-Steuerung zur Verfügung standen. Bis dahin musste die Eindeckung des Aktivgeschäfts zeitnah zinsbindungsbeziehungsweise laufzeitkongruent erfolgen, sollten Zinsänderungsrisiken aus Aktiv- oder Passivvorläufen in einem engen Rahmen gehalten werden. Für das Verständnis der Refinanzierungsstrategie der Rentenbank lohnt sich deshalb ein Blick auf die Grundzüge der Aktiv-Passiv-Steuerung.

Eigenständige Refinanzierungsstrategie mit Sicherungsderivaten

Das Aktivgeschäft der Rentenbank lautet fast ausnahmslos auf Euro und verzinst sich auf Festsatzbasis. Diese Zahlungsströme tauscht die Bank mittels Zinsswap in variable Euro mit drei- oder sechsmonatiger Zinsbindung. Die auf Euro lautenden Festsatz-Emissionen werden ebenfalls in variable Positionen getauscht. Emissionen in Fremdwährung tauscht die Rentenbank nahezu ausschließlich über Zins-Währungsswaps (Cross-Currency-Swaps) oder Zins- und Basisswaps in zinsvariable Europositionen. Andere Marktpreis- sowie Optionsrisiken werden ebenfalls durch derivative Instrumente abgesichert.

Die verbleibenden Drei- oder Sechs-Monats-Zinsrisiken der variablen Aktiv- und Passivgeschäfte werden im Rahmen des Geldgeschäfts gesteuert. Marktpreisrisiken - insbesondere das Zinsänderungsrisiko - und die Gesamtbankliquidität können deshalb unabhängig voneinander gemanagt werden. Die Wahl der Währungen, Laufzeiten, Abschlusszeitpunkte und Volumina der Mittelaufnahmen werden nicht durch die einzelnen Aktivabschlüsse vorgegeben, was eine flexible und an der Investorennachfrage orientierte Refinanzierung erst ermöglicht.

Als reiner "wholesale"-Refinanzierer ohne eine eigene Basis an Kundeneinlagen ist die Förderbank auf einen ausreichend breiten Zugang zum Kapitalmarkt angewiesen, um auch bei Marktverwerfungen die für die Erfüllung des Förderauftrags erforderlichen Finanzmittel bereitstellen zu können. Mit den beschriebenen Steuerungsinstrumenten kann das Ziel der Sicherung von Liquidität und Kosteneffizienz in ein Refinanzierungskonzept umgesetzt werden. Dieses steht unter der Überschrift "Festigung des Profils der Rentenbank als strategische Emittentin" und ruht auf folgenden Säulen:

Breiter Zugang zum Kapitalmarkt Regelmäßige Emission von Benchmarkanleihen: Hierunter fallen Transaktionen in US-Dollar und Euro in Standardlaufzeiten mit einem Mindestvolumen von einer Milliarde. Investoren können dadurch die Spreads liquider Emissionen der Rentenbank im Sekundärmarkt in ihre Anlageentscheidungen einbeziehen und die Performance im Vergleich zum Gesamtmarkt beurteilen. Außerdem erhalten sie Entscheidungshilfen für die Beurteilung der relativen Werthaltigkeit der Emissionen in weniger liquiden Märkten. Über diese Emissionen werden zirka 40 Prozent des mittel- und langfristigen Refinanzierungsbedarfs abgedeckt.

Nutzung einer möglichst breiten Produkt- und Währungspalette: Kleinere syndizierte Emissionen und Privatplatzierungen machen bis zu 60 Prozent des Emissionsvolumens aus. Diese können bei mehreren Investoren platziert werden oder sind auf die konkreten Anlagewünsche einzelner Anleger zugeschnitten. Institutionelle Investoren werden ebenso angesprochen wie private Anleger, die zum Beispiel Anleihen in Hochzins-Währungen kaufen. Neben dem EMTN-Programm setzt die Rentenbank eigene Emissionsprogramme für bestimmte Investorengruppen ein oder passt Dokumentation und Zahlungswege an die Bedürfnisse der lokalen Anleger an. Beispiele hierfür sind die Kan-garoo-, Maple- und Kauri-Emissionen der Rentenbank in australischen, kanadischen und neuseeländischen Dollar.

Kontinuierliche Investor-Relations-Aktivität: Mit bestehenden und potenziellen Investoren wird ein Dialog aufgebaut, der dem jeweiligen Informationsbedürfnis gerecht wird. Dies schließt regelmäßig auch Präsentationen vor Ort ein. Außerdem kommuniziert die Rentenbank gegen Jahresende ihre Pläne für Volumen und Struktur der Mittelaufnahmen des Folgejahres. Der Zugang zu Informationen aus erster Hand ist seit Ausbruch der Finanzkrise für Investoren wichtiger denn je und hilft der Rentenbank, ihre Platzierungsbasis breiter und tiefer zu gestalten.

Investoren erkennen somit einen verlässlichen Rahmen für die Refinanzierungsaktivitäten der Rentenbank. Dieser wird dadurch verstärkt, dass der Refinanzierungsbedarf in den vergangenen Jahren stabil bei zirka zehn bis zwölf Milliarden Euro lag und damit die Kontinuität und Berechenbarkeit des Fundings der Rentenbank unterstreicht.

Optimale Refinanzierungsstruktur und -strategie gesucht

Eine erfolgreiche Positionierung als strategische Emittentin mit breiter Verankerung im Kapitalmarkt schafft die Voraussetzungen für eine krisensichere und kosteneffiziente Mittelbeschaffung. Die Entscheidung wann, in welchen Märkten und mit welchen Produkten der Refinanzierungsbedarf am besten abgedeckt wird, ist damit aber noch nicht getroffen. Die Rentenbank misst die Kosteneffizienz an den Spreads gegenüber Euribor, zu denen die einzelnen

Abschlüsse erfolgen. Welche Form der Mittelbeschaffung in einer bestimmten Laufzeit aktuell am günstigsten ist, lässt sich so noch am ehesten ermitteln. Probleme für die Optimierung ergeben sich aber daraus, dass die Nachfrage für die unterschiedlichen Produkte stark schwanken kann und die relativen Preise ebenfalls sehr volatil sein können.

Dies gilt insbesondere für Emissionen in Fremdwährung. So kann der erforderliche Emissionsspread gegenüber dem Swapsatz in US-Dollar deutlich von dem Swapspread einer Euro-Emission abweichen. Dies passiert häufig, wenn der Abstand zwischen Swapkurve und Staatsanleihen in beiden Währungen differiert. Anleger, die auf den Spread einer Emission gegenüber Staatsanleihen achten, kaufen dann gegebenenfalls bei einem niedrigeren Spread zur Swaprendite.

Selbst bei identischem Spread gegen Swaps in beiden Währungen kann das Endergebnis deutlich divergieren, da der Tausch von US-Dollar-Libor in Euribor erhebliche Mehr- oder Minderkosten mit sich bringen kann. Diese werden durch asymmetrische Kapitalströme verursacht und haben in der Finanzkrise bisher ungekannte Höhen erreicht.

Mögliche Verschiebungen antizipieren

Man sollte vermuten, dass der Unterschied zwischen der Rendite einer auf Euro lautenden Rentenbank-Anleihe, verglichen mit einer Emission zum Beispiel in US-Dollar, für liquide Anleihen mit vergleichbarer Laufzeit nicht allzu groß sein kann, wenn die Fremdwährungsanleihe in Euro geswapt wird. Andernfalls würden Investoren diese Preisdifferenz ausnutzen, was zu einer Angleichung der währungsgesicherten Spreads führen sollte. Tatsächlich ist der Markt für Cross-Currency-Arbitrage eher dünn und Arbitrage-Gleichgewichte bleiben Lehrbuch-Modellen vorbehalten.

Es ist deshalb sehr wichtig, neben dem aktuellen Marktumfeld auch mögliche Verschiebungen zu antizipieren, die sich aus einer Vielzahl von Faktoren ergeben können. Das aktuell kostengünstigste Emissionsprojekt wird dann gegebenenfalls zurückgestellt, weil ein anderer fest eingeplanter Markt sich nachfrage- oder kostenseitig verschlechtern könnte, und deshalb Vorrang hat (Abbildung 1).

Einzelne Zentralbanken oder Fonds kaufen Emissionen der Rentenbank in mehreren Währungen, viele Anleger investieren hingegen nur in ihrer Heimatwährung (Abbildungen 1 bis 3). Diversifikation der Emissionswährung und Diversifikation der Investorenbasis sind also keine Synonyme. Beide sind auch kein Selbstzweck, dienen vielmehr den - wiederum interdependenten - Oberzielen der Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit der Refinanzierung. Diese werden nur durch die Verknüpfung von Flexibilität und Glaubwürdigkeit als verlässliche Emittentin in verschiedenen Märkten und einem breiten Zugang zu den wichtigsten Investorengruppen sichergestellt. Rein "taktisches" Funding - so viel wie gerade möglich in der Währung emittieren, die gerade am günstigsten ist - erreicht hingegen sehr schnell seine Grenzen, wenn einzelne Märkte zu stark in Anspruch genommen werden, während das Nachfragepotenzial anderer Investorengruppen vernachlässigt wird.

Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die Refinanzierungsstrategie

Die Rentenbank kann auch in der aktuellen Finanzmarktkrise die erforderlichen Refinanzierungsmittel uneingeschränkt beschaffen. In den kurzen Laufzeiten profitiert sie sogar erheblich vom konstant hohen Anlagebedarf von Liquidität in "sicheren Häfen".

Auch im mittel- und langfristigen Laufzeitenbereich haben die Investoren sich neu orientiert. Gesucht sind Schuldner, die neben besten Ratings auch über ein nachhaltiges und tragfähiges Geschäftsmodell verfügen. Außerdem wird verstärkt darauf geachtet, ob ein Potenzial für negative Nachrichten - zum Beispiel ein deutlich erhöhter Refinanzierungsbedarf - besteht, das unerwartete Spreadausweitungen auslösen kann. Investoren schätzen deshalb die Rentenbank mit ihrem stabilen Geschäftsmodell und einer langen Historie der Berechenbarkeit zu Recht.

Dies gilt seit der Lehman-Insolvenz insbesondere für den Inlandsmarkt, wo die Rentenbank sehr erfolgreich Schuldscheindarlehen und Namensschuldverschreibungen im Versicherungsbereich absetzen kann, was den Anteil dieser Investorengruppe in 2008 und 2009 deutlich erhöht hat (Abbildung 2). Der Anteil inländischer Investoren ist auch bei den Benchmark-Emissionen signifikant gestiegen. Während er 2006 und 2007 bei jeweils fünf Prozent lag, stieg er nach der Lehman-Pleite deutlich an und erreicht aktuell 65 Prozent. Hier zahlt sich aus, dass die Rentenbank trotz eines starken Fokus seit Beginn des Jahrzehnts auf die internationale Platzierung den Inlandsmarkt weiter gepflegt hat und nun auf ein hohes Nachfragepotenzial zugreifen kann, das die Refinanzierung gegen die Schwankungen der internationalen Märkte abschirmt. Emissionen in Euro können deshalb im laufenden Jahr den Großteil des Mittelbedarfs decken.

Schwierige Prognosen

Der US-Dollar spielte in der Refinanzierung 2009 hingegen bisher keine Rolle. Dieser Markt wurde jahrelang vom massiven Anlagebedarf vieler Zentralbanken getragen. Nach der Verschärfung der Krise im September 2008 waren seitens dieser Anlegergruppe einige Monate Netto-Verkäufe zu beobachten. Die Gelder wurden benötigt, um die eigene Währung zu stützen oder die inländische Wirtschaft anzukurbeln. Die Rentenbank plant aber dennoch für das laufende Jahr mindestens eine US-Dol-lar-Globalanleihe und signalisiert damit Kontinuität.

Die Verwerfungen der Finanzkrise erschweren Prognosen hinsichtlich der Aufteilung der Refinanzierung des laufenden Jahres erheblich. Die Abbildungen 1 bis 3 zeigen, dass sich die Refinanzierungsstruktur gegenüber den Vorjahren deutlich verschiebt. Die Rentenbank wird Chancen in anderen Märkten nutzen, dabei aber massive Mehrkosten gegenüber der Euro-Refinanzierung vermeiden.

Abbildung 4 zeigt, dass sich die Refinanzierungskosten der Rentenbank in 2009 gegenüber den Vorjahren deutlich erhöht haben. Die Gründe hierfür sind bekannt: Staatliche Garantien für Banken und der sprunghaft steigende Finanzbedarf der öffentlichen Haushalte lösen eine globale Emissionsflut von Anleihen mit Staatsrisiko aus, die nur zu steigenden Spreads absorbiert werden kann. Da die gestiegenen Kosten auch im Aktivgeschäft weitergegeben werden können, stellt dies kein Ertragsproblem dar. Auswirkungen auf die Refinanzierungsstrategie ergeben sich aber insoweit, als das etablierte Emissionsmuster überdacht werden muss.

Das für Agencies übliche Vorziehen der Mittelbeschaffung durch besonders rege Emissionstätigkeit im ersten Quartal - sogenanntes Pre-Funding -, gefolgt von einem sukzessiven Abfluss der Mittel in das Aktivgeschäft ist erheblich teuer als in den Vorjahren, und kurze Liquidität kann alternativ sehr günstig beschafft werden.

Eine mögliche Verschlechterung des Marktumfeldes verbunden mit dem Risiko weiter steigender Refinanzierungskosten im Kapitalmarkt muss aber auch berücksichtigt werden. Die Herausforderungen für die Aktiv-Passiv-Steuerung sind somit ohne Zweifel gestiegen.

Die Verwerfungen durch die Finanzkrise lassen erwarten, dass sich das Marktumfeld für die Refinanzierung auch weiterhin dynamisch verändern wird. Das gewachsene Sicherheitsbedürfnis der Anleger führt aber auch zu einer Rückbesinnung auf bereits etablierte Produkte und Anlagestrategien. Die Rentenbank hat diese Entwicklungen immer genau beobachtet und frühzeitig darauf reagiert. In dieser Tradition wird die Refinanzierung auch weiterhin im Dienst des Förderauftrages stehen.

Dr. Horst Reinhardt , Sprecher des Vorstands der Landwirtschaftlichen Rentenbank
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