Aufsätze

Optionen gedeckter Bankschuldverschreibungen jenseits von ABS und Pfandbrief

Die Finanz- beziehungsweise Eurokrise haben den Zugang von Banken zu klassischen unbesicherten Refinanzierungsinstrumenten erschwert. So ist die Verfügbarkeit unbesicherter Kapitalmarktfinanzierungen (Senior Unsecured Bonds) für Banken deutlich gesunken, während die Spreads an den internationalen Märkten besonders bei langfristigen Finanzierungen deutlich gestiegen sind. Um die Versorgung der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands, der in der Regel nicht über einen direkten Kapitalmarktzugang verfügt, mit Krediten zu gewährleisten, sind Banken allerdings weiterhin auf stabile, günstige und langfristige Refinanzierungsmöglichkeiten angewiesen. Es zeichnet sich ab, dass zur Erreichung dieser Ziele zukünftig vermehrt Refinanzierungen aufgenommen werden müssen, die mit Vermögensgegenständen der Bank besichert oder anderweitig zugunsten der Investoren unterlegt sind.

Mittelstandskredite können grundsätzlich nicht zur Deckung von Pfandbriefen verwendet werden, weil sie entweder nicht grundpfandrechtlich besichert sind, oder aber die Besicherung den Anforderungen des Pfandbriefrechts nicht genügt. Die Verbriefung von Mittelstandskrediten ist derzeit aufgrund des schwierigen Marktumfelds ebenfalls nur eingeschränkt zu ökonomisch sinnvollen Konditionen möglich. Klassische besicherte Anleihestrukturen (Senior Secured Bonds), in deren Rahmen einem Sicherheitentreuhänder Darlehensforderungen sicherungshalber abgetreten und von diesem zugunsten der Anleihegläubiger gehalten werden, sichern die Anleihegläubiger bei einer etwaigen Insolvenz der Bank nur begrenzt. Außerdem ist dort nicht gewährleistet, dass sich die Anleihegläubiger bei einem gesetzlichen "Bail-in" gleichwohl aus den Sicherheiten befriedigen können.

Daher werden verschiedene Varianten von strukturierten gedeckten Schuldverschreibungen aktuell als zusätzliche beziehungsweise alternative Refinanzierungsquelle für Banken von den Marktteilnehmern intensiv analysiert und diskutiert.

Funktionsweise von strukturierten "gedeckten" Schuldverschreibungen

Aufgrund der genannten Schwierigkeiten haben sich in anderen europäischen Ländern (insbesondere Großbritannien) in den letzten Jahren Strukturen von Schuldverschreibungen herausgebildet, die darauf abzielen, den Anleihegläubigern den Zugriff auf Vermögensgegenstände der emittierenden Bank unabhängig von anderen Gläubigern und insolvenzfest zu ermöglichen. Da diese Schuldverschreibungen und ihre "Deckung" nicht auf spezifischen gesetzlichen Regelungen fußen, sondern ausschließlich auf vertraglichen Strukturen, werden sie als strukturierte gedeckte Schuldverschreibungen (Structured Secured Notes - zur Vermeidung von Missverständnissen wird hier bewusst auf den Begriff "Structured Covered Bond" verzichtet) bezeichnet - die englische Bezeichnung wird im Folgenden ebenfalls verwendet. Insbesondere in Großbritannien werden hierfür als Vermögensgegenstände in erster Linie Kredite an größere Unternehmen genutzt.

Für die Gestaltung von Structured Secured Notes kommen grundsätzlich zwei Grundstrukturen in Betracht. Beide zeichnen sich dadurch aus, dass den Anleihegläubigern neben der Bank noch ein weiterer Verpflichteter in Form einer Zweckgesellschaft gegenübertritt. In der ersten Variante werden die Schuldverschreibungen - ähnlich wie bei klassischen ABS-Strukturen - von der Zweckgesellschaft emittiert. Die Zweckgesellschaft verwendet den Emissionserlös zum Erwerb der Vermögensgegenstände von der Bank, welche wiederum die von der Zweckgesellschaft emittierten Schuldverschreibungen garantiert.

Die Struktur unterscheidet sich von ABS nicht nur durch das Garantieelement, sondern auch dadurch, dass der Gesamtnominalbetrag der Vermögensgegenstände in der Regel erheblich höher ist als der Nominalbetrag der ausstehenden Schuldverschreibungen, das heißt eine erhebliche "Übersicherung" bereitgestellt wird. Die Bank finanziert der Zweckgesellschaft hierbei den Erwerb derjenigen weiteren Vermögenswerte, die als Übersicherung den Emissionserlös übersteigen. Dies ermöglicht es, für die von der Zweckgesellschaft begebenen Schuldverschreibungen bessere Ratings zu erhalten als das Rating der Bank. Da die Schuldverschreibungen nicht in verschiedene Klassen unterteilt, das heißt nicht tranchiert sind, wäre eine solche Ratingverbesserung ohne eine solche "Übersicherung" kaum möglich und der Spread auf die Schuldverschreibungen aus Emittentensicht nicht attraktiv.

In der zweiten Variante werden die Schuldverschreibungen von der Bank begeben und von der Zweckgesellschaft zugunsten der Anleihegläubiger garantiert. Die Garantie wird durch Vermögensgegenstände unterlegt, welche die Zweckgesellschaft von der Bank erwirbt. Da der Zweckgesellschaft keine Emissionserlöse zufließen, finanziert die Bank mittels Nachrangdarlehen den gesamten Erwerb der Vermögensgegenstände (das heißt nicht nur die "Übersicherung"). Aus Investorensicht handelt es sich bei dieser Variante um "gewöhnliche" Bankschuldverschreibungen, die durch eine mit Vermögenswerten unterlegten Garantie besichert sind. Die oben erwähnten Structured Secured Notes in Großbritannien beruhen im Wesentlichen auf dieser Struktur. Die folgenden Ausführungen beziehen sich daher auf diese zweite Variante.

Weitere Merkmale und rechtliche Besonderheiten

Die Verwaltung der an die Zweckgesellschaft veräußerten Vermögenswerte erfolgt - wie bei ABS - durch die Bank auf der Grundlage eines Servicing-Vertrags. Um positive Ratingeffekte gegenüber unbesicherten Bankschuldverschreibungen zu erzielen, ist nicht nur die "Übersicherung" über die gesamte Laufzeit der Structured Secured Notes zu gewährleisten. Auch eine möglichst gleichbleibend hohe Qualität der von der Zweckgesellschaft erworbenen Vermögenswerte ist sicherzustellen. Zu diesem Zweck erwirbt die Zweckgesellschaft von der Bank im Falle der Amortisation von Vermögenswerten neue Vermögenswerte. Ebenso verpflichtet sich die Bank, Vermögenswerte, deren Schuldner ausfallen, zurückzuerwerben und durch entsprechend hochqualitative neue Vermögenswerte zu ersetzen.

In Anbetracht des relativ hohen Verwaltungsaufwands scheint es zielführend, Structured Secured Notes im Rahmen von Emissionsprogrammen (und nicht per Einzelemission) zu begeben. Die Unterlegung mit Vermögenswerten wird dann grundsätzlich für das gesamte Programm, das heißt für alle Serien von Schuldverschreibungen gemeinsam, bereitgestellt. Hierbei müssen unterschiedliche Laufzeiten und Amortisationsprofile der emittierten Structured Secured Notes und der als Sicherheit dienenden Vermögenswerte berücksichtigt werden. Die von der Zweckgesellschaft begebene Garantie zielt darauf ab, eine vollständige Rückzahlung der Structured Secured Notes sicherstellen, falls bei der Bank Leistungsstörungen auftreten.

Dabei sind grundsätzlich zwei Ansätze möglich: Beim ersten Ansatz soll das ursprünglich gewünschte Investitionsprofil möglichst erhalten bleiben. Daher tilgt die Zweckgesellschaft im Rahmen der Garantie die vorzeitig fällig werdenden Schuldverschreibungen nicht sofort, sondern erst zum ursprünglich vorgesehenen Fälligkeitstag, und zahlt bis dahin an die Anleihegläubiger Zinsen. Falls Zahlungs- und Amortisationsprofile der Structured Secured Notes und der Vermögenswerte voneinander abweichen, kann bei Erreichen der ursprünglich vorgesehenen Fälligkeit eine Veräußerung von Vermögenswerten erforderlich sein. Dies kann zu Liquiditätsrisiken führen und die Möglichkeit, für die Structured Secured Notes ein Rating über demjenigen der Bank zu erzielen, beschränken. Nur dann, wenn auch auf Ebene der Zweckgesellschaft bestimmte Leistungsstörungen eintreten, erfolgt eine sofortige und vollständige Liquidierung aller Vermögenswerte. Mit den Erlösen zahlt die Zweckgesellschaft über die Garantie alle (Serien der) ausstehenden Structured Secured Notes pro rata zurück. Etwaige unbediente Forderungen bleiben als unbesicherte Forderungen gegen die Bank bestehen.

Größerer Spielraum zur Verbesserung des Ratings

Beim zweiten Ansatz (der allerdings mit dem ersten Ansatz auch kombiniert werden kann) ändert sich das ursprüngliche Investitionsprofil in ein sogenanntes Pass- Through-Konzept, sobald Leistungsstörungen (oder weitere Ereignisse - zum Beispiel die Insolvenz) bei der Bank eintreten. Alle Einkünfte aus dem Portfolio der Vermögenswerte werden über die Garantie kontinuierlich und pro rata auf alle Structured Secured Notes ausgeschüttet. Eine sofortige Liquidierung der Vermögenswerte ist nicht erforderlich, sodass etwaige Liquiditätsrisiken begrenzt sind. Die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Befriedigung aller ausstehenden Structured Secured Notes hängt vom Volumen und der Qualität der verfügbaren Vermögenswerte ab.

Gemäß den Ratingansätzen für Secured Notes und Covered Bonds bietet dieser Ansatz einen deutlich größeren Spielraum zur Verbesserung des Ratings der Structured Secured Notes gegenüber demjenigen für unbesicherte Anleihen der Bank. Allerdings werden in diesem Fall die Structured Secured Notes gegebenenfalls erst zu einem weit späteren Zeitpunkt als dem ursprünglichen Rückzahlungstermin vollständig bedient. Dies gilt vor allem dann, wenn die Laufzeit der Structured Secured Notes kürzer ist als die ursprüngliche Amortisation beziehungsweise Laufzeit der Vermögenswerte.

Regulatorische Aspekte aus Sicht der emittierenden Bank

Die möglichen Vermögenswerte beschränken sich grundsätzlich nicht auf Mittelstandskreditforderungen. Auszunehmen sind lediglich Vermögenswerte, die als Deckungswerte für Pfandbriefe geeignet sind, da der Pfandbrief aufgrund seines gesetz lichen Rahmenwerks eine günstigere Re finanzierung ermöglicht als Structured Secured Notes. Die Zusammensetzung des jeweiligen Portfolios an Deckungswerten hängt maßgeblich von der Einschätzung der Ratingagenturen und den Präferenzen der Investoren ab. Vermögenswerte sind hierfür nur nutzbar, soweit sie keinen relevanten Übertragungsbeschränkungen unterliegen. Zur Reduzierung von Risiken im Falle der Insolvenz der Bank kommt eine Nutzung des Refinanzierungsregisters in Betracht. Den Bindungen an das Bankgeheimnis kann durch Schutzmechanismen Rechnung getragen werden, die denjenigen bei ABS-Transaktionen entsprechen. Wie bei an deren besicherten Refinanzierungen ist gege benenfalls zu prüfen, ob die Bank an Negativverpflichtungen (Negative Pledges) gebunden ist und ob diese auch Structured Secured Notes-Strukturen erfassen.

Da die Ansprüche der emittierenden Bank gegen die Zweckgesellschaft gegenüber den Verpflichtungen der Zweckgesellschaft nachrangig sind, wäre nicht per se auszuschließen, dass diese Ansprüche als Verbriefungspositionen eingeordnet werden könnten. Weil die Bank jedoch im Regelfall keine Anrechnungserleichterungen im Hinblick auf die Vermögenswerte in Anspruch nehmen wird, ist sie auf der Grundlage der Solvabilitätsverordnung nicht verpflichtet, diese Ansprüche als risikogewichtete Positionswerte zu berücksichtigen. Die Garantievergabe kann allerdings bei konsolidierter Betrachtung zu Eigenkapitalunterlegungspflichten der Gruppe führen.

Die Net Stable Funding Ratio (NSFR) unter dem neuen Basel-III-Regime wird voraussichtlich erst ab 2018 verpflichtend sein. Daher enthalten die aktuellen Entwürfe der CRD-IV-Richtlinie und der sich darauf beziehenden EU-Verordnung noch keine konkreten Regelungen zur NSFR. Nähere Angaben finden sich in einem Papier des Baseler Ausschusses vom Dezember 2010. Gemäß diesem Papier gelten Vermögensgegenstände, die zur Unterlegung von "Covered Bonds" dienen, als belastet (encumbered), sodass sie voraussichtlich im Rahmen der NSFR-Berechnung nicht privilegiert angerechnet werden, selbst wenn sie einer der ansonsten privilegierten Klassen von Vermögensgegenständen angehören.

Daher werden an die Zweckgesellschaft zur Unterlegung der Garantie veräußerte Vermögensgegenstände voraussichtlich nicht mehr als "unbelastet" im Sinne der genannten Regelungen gelten (auch wenn die Übertragung nicht nur sicherungshalber, sondern als Vollrecht erfolgt) und somit im Rahmen der NSFR-Zielgröße mit 100 Prozent ihres Nominalbetrags anzusetzen sein. Da dies bei klassischen besicherten Anleihen mit derartigen Vermögenswerten als Sicherheiten aber ebenfalls der Fall wäre, ergibt sich daraus kein spezifischer Nachteil.

Ausgewählte Themen aus Investorensicht

Für deutsche Versicherungen als Investoren sind Structured Secured Notes, die von der Bank (im Gegensatz zur Zweckgesellschaft) emittiert werden, nicht als ABS im Sinne der (noch) geltenden Anlageverordnung einzuordnen. Von der (gemäß der vorübergehend öffentlich zugänglichen Begründung zur Neufassung der Anlageverordnung 2010) weiten Definition von ABS unterscheiden sich Structured Secured Notes dadurch, dass die Anleihegläubiger das gesamte operative Risiko der emittierenden Bank tragen und nicht nur das Ausfallrisiko der unterliegenden Vermögensgegenstände. Lediglich der Wert der Garantie hängt von der Entwicklung der Vermögensgegenstände ab. Insoweit ähneln Structured Secured Notes besicherten Anleihen (Secured Notes), die ebenfalls nicht als ABS eingeordnet werden.

Angesichts der noch nicht vollzogenen Einführung der Solvency-II-Regeln lässt sich noch nicht verlässlich prognostizieren, wie sich diese auf das Investment von Versicherungen in Structured Secured Notes im Detail auswirken werden. Zu rechnen ist derzeit damit, dass die Eigenmittelunterlegung sich nach derjenigen von Investments in klassische Bankanleihen richten wird - jedenfalls soweit die Structured Secured Notes (was in der Regel der Fall sein dürfte) über ein Rating verfügen.

Structured Secured Notes erfüllen nicht die Kriterien des Artikel 52 (4) der OGAW-Richtlinie. Als Wertpapiere greifen für sie beim Erwerb durch deutsche Fonds nach dem InvG grundsätzlich die für Wertpapiere geltenden Erwerbsvorschriften. Die bei einem Erwerb von Fonds zu beachtenden Anlagegrenzen unterscheiden dabei unter anderem, ob der Structured Secured Notes in den Handel an einer Börse oder einem organisierten Markt einbezogen ist. Erfüllen Structured Secured Notes nicht die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Satz 2 InvG für von Banken emittierte Schuldverschreibungen, gelten für an diese Vorschrift gebundene Publikumsfonds bei einem Erwerb allerdings die allgemeinen Ausstellergrenzen.

Von Banken emittierte Structured Secured Notes sind für Zwecke ihrer Nutzung als notenbankfähige Sicherheiten durch Banken zur Refinanzierung über das Eurosystem nicht als ABS und damit nicht in die dazu gehörige Liquiditätskategorie VI einzuordnen.

Aufgrund der Art ihrer Strukturierung sowie der unterliegenden Vermögensgegenstände wird sich der Preis von Structured Secured Notes zwischen unbesicherten Anleihen und klassischen Covered Bonds (wie etwa Pfandbriefen) bewegen - letztlich wird der Preis von der emittierenden Bank, der Art der Vermögensgegenstände, dem Rückzahlungsmodus der Structured Secured Notes und ihrem Rating abhängen.

Risikoprofil zwischen Pfandbrief und Senior Unsecured Bonds

Structured Secured Notes können es Banken ermöglichen, sich kostengünstiger und langfristiger durch Nutzung von Bilanzaktiva zu refinanzieren, die sich aufgrund der gegenwärtigen Marktlage nicht effizient für Verbriefungen eignen und nicht zu den deckungsstockfähigen Vermögenswerten für Pfandbriefe gehören. Zugleich bieten sie Investoren eine Anlageform mit einem Risikoprofil zwischen Pfandbrief und Senior Unsecured Bonds. Wenn sich - womit zu rechnen ist - Structured Notes als Investitionskategorie auch in Deutschland etablieren, wird in einem nächsten Schritt zu überlegen sein, ob vergleichbare Strukturen auch zur Nutzung von anderen Vermögenswerten (zum Beispiel Konsumentenfinanzierungen oder Finanzierungen erneuerbarer Energien) aufgesetzt werden können.

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