Gespräch des Tages

Michael Hauck - Anmerkungen aus Anlass des 85. Geburtstages

Am 22. April 2012 hat Michael Hauck seinen 85. Geburtstag gefeiert: ein Mensch des 20. Jahrhunderts, ein Bankier, ein Schriftgelehrter, ein Sammler, ein Börsianer, ein Historiker, ein Mäzen, ein Frankfurter, und, und ... Das Faszinierende daran bleibt, dass er dies alles fast gleichzeitig war und ist. Vielleicht wird der eine oder andere nicht ohne Neid die Haucksche Lebensfülle ein wenig mit dem leicht lakonischen Hinweis relativieren, so sei das doch wohl üblich-angemessen für einen typischen mainischen Privatbankier. Aber das stimmt nicht, so nicht. Denn auch unter den Haucks, seit 1530 fassbar, hat es solche und solche gegeben, besonders Geschäftstüchtige zum Beispiel oder auch in Maßen Vergnügungswillige. Auf jeden Fall aber jubiliert mit Michael Hauck jetzt einer der allerletzten, die noch Inhaber eines echten (! ) Privatbankhauses auf feinstem Niveau gewesen sind. In Frankfurt, der einstigen Haupt-Stadt der großen Banktraditionen etwa, da gibt es heute im Kern allein noch Metzler, selbstverständlich eine Hauck-Verwandtschaft.

Michael Hauck hat sich aus "seiner" Bank bekanntlich schon in den neunziger Jahren zurückgezogen, als diese nicht mehr das sein konnte, was er wollte: keine Universalbank mehr mit allen Kreditrisiken, keine führende Börsenbank mehr mit angemessenem Eigeninteresse, kein Unternehmen mehr, das allein mit dem Familienkapital hätte auskommen können. Hauck-Aufhäuser heute ist längst eine kleine Aktiengesellschaft mit ausgewählten Aktionären über angestellten Inhabern.

Hat Keynes abgeschrieben?

Eines der interessantesten Bücher, das Hauck geschrieben hat, ist Albert Hahn gewidmet: "Ein verstoßener Sohn Frankfurts, Bankier und Wissenschaftler" hat er es betitelt.* Man kann es als Francofurtensie lesen, als Bankgeschichte, als jüdisches Schicksal, als Beitrag zur Geldtheorie. Viele Geschichten des Sammelwerks hat der Herausgeber miterlebt, oft kommentiert er bewusst oder unbewusst Hahns Tätigkeiten und Meinungen. Das macht sie lebendig bis in die Gegenwart hinein. Und schließlich: Vor allem für die Nachkriegszeit - Prof. Dr. Albert Hahn lebte von 1889 bis 1968 - gehört die "Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen" als "die führende deutsche Publikation auf diesem Gebiet" immer wieder zu den Quellen Haucks. Denn unter deren Autoren und Redakteuren fand Hahn alleweil Gleichgesinnte für seinen Kampf um Geldstabilität und gegen Keynesianismus.

Hahns wichtigstes theoretisches Werk ist die "Volkswirtschaftliche Theorie des Bankkredits", erschienen in mehreren Auflagen zwischen 1920 und 1930. Durch die autonome Geldschöpfungsmacht der Geschäftsbanken - so die richtige Erkenntnis - könne sich die Geldmenge ausdehnen, ohne dass Bargeld und Zentralbankgeld vermehrt würden. In der Konsequenz müssten damit die Investitionskapitalien über die Gesamtsumme der verfügbaren Ersparnisse hinausgehen können. Und die Kreditausweitung im Bankensystem habe die Fähigkeit, die Güterproduktion auszudehnen und damit die Beschäftigung zu steigern. Auch die Kreditnachfragedes Staates zielt in diese Richtung. Hahn pflegte dementsprechend die Meinung, die "Allgemeine Theorie" von Keynes gründe in vielem auf seinen Vorarbeiten.

Wer dann im Hauck-Buch nachliest, wie Albert Hahn sich in den fünfziger und sechziger Jahren mit der Bank deutscher Länder und der Bundesbank fetzte, weil das System fester Wechselkurse die Zahlungsbilanzen durcheinanderbrachte und den Inflationsimport anregte, mag sich gerne vorstellen, wie ein solch streitbarer Bankier-Professor heute mit den offensichtlichen Fehlern des Euros und der EZB umginge.

Es muss gelogen werden

Bis in die Gegenwart reicht auch ein Aperçu aus einem Gespräch Haucks mit Hahn zum Wesen des Bankgeschäfts. Wenn man schon Bankier werde, fürchte man die Kreditoren und hasse die Debitoren, riet Hahn. "Das hat sich in meiner langjährigen Bankerfahrung auch als voll zutreffend erwiesen", ergänzt Hauck. Von den Einlagen müsse man plötzlich Abzüge befürchten - Herstatt. Vom Wohlergehen auch des größten Schuldners müsse man unabhängig bleiben - SMH-Bank. Und auch dieses gilt unverändert: "Die großen Fehler begehen Bankiers nach meiner Erfahrung nicht aus Dummheit, sondern aus Eitelkeit." (Hauck)

Das schönste Hahn-Zitat für heute: "Inflationen und alle Manipulierungen des Geldwerts wirken durch Schwindel, und mit dem Schwindel kommt man nur so weiter, insoweit er nicht als solcher erkannt und nicht offiziell prophezeit wird. Immer muss unbedingte Stabilität prophezeit werden. Daher ist das wenigste, was man von Regierungen, die die Notenpresse zu missbrauchen gedenken, verlangen muss, dass sie lügen."

Die Redaktion bedankt sich respektvoll bei Michael Hauck und gratuliert herzlich.

K. O.

* Societäts-Verlag 2009, ISBN 978-3-7973-1138-2

Die beiden abgebildeten Bücher von Michael Hauck sind im Fritz Knapp Verlag erschienen.

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