Finanzplatz Frankfurt

Lutz Raettig - An der Spitze der Bewegung

Frankfurt ist der wichtigste Finanzplatz Deutschlands. Und dementsprechend nimmt der hessische Ministerpräsident eine besonders bedeutsame Rolle ein, wenn es um die Belange des Finanzstandortes Deutschland geht. Mit Roland Koch tritt nun ein hessischer Ministerpräsident zurück, der diese Rolle nicht nur ausgefüllt, sondern nachhaltig geprägt hat. Es ist daher an der Zeit für eine Bilanz der Finanzplatzpolitik Roland Kochs.

Roland Kochs Rolle als Finanzplatzförderer stand unter dem Leitmotiv eines fein austarierten Gleichgewichts zwischen Regulierung einerseits und Eigenverantwortung der Wirtschaft andererseits. Diese starke Werteorientierung hat ihn davor bewahrt, in der Finanzkrise nur mit dem Finger auf die Finanzbranche zu zeigen. Vielmehr hat er stets viel Wert darauf gelegt, im kontinuierlichen Gespräch mit der Finanzbranche zu bleiben, etwa im Rahmen des Finanzplatzkabinetts, zu dem regelmäßig auch führende Branchenvertreter als Dialogpartner eingeladen waren - das ist ein klarer Ausdruck der Wertschätzung für den konstruktiven Austausch der beiden Seiten.

Die Bilanz Roland Kochs ist aber in erster Linie auch eine Liste konkreter Erfolge. Eine Reihe dieser Erfolge ist jüngeren Datums und damit ausgerechnet in Zeiten der Finanzkrise entstanden. So hat Koch bereits früh erkannt, dass es nicht um ein Mehr oder Weniger an Regulierung gehen kann. Sondern darum, eine möglichst wirkungsvolle Regulierungsarchitektur zu entwickeln - und Frankfurt an die Spitze dieser Entwicklung zu setzen. Ganz konkret ist es nicht zuletzt dank der Unterstützung Roland Kochs gelungen, den Europäischen Rat für Systemrisiken (ESRB) sowie das Komitee der europäischen Versicherungsaufseher (CEIOPS) und aller Voraussicht nach auch dessen Nachfolgeorganisation nach Frankfurt zu holen. Das ist nicht nur als singulärer Erfolg bemerkenswert, sondern geht ganz generell mit einem Bedeutungszuwachs Frankfurts in Regulierungs- und Aufsichtsfragen einher. Jüngstes Beispiel dafür ist die Forderung des Finanzausschusses des europäischen Parlaments, die gesamte künftige Finanzaufsicht Europas in Frankfurt zu bündeln. Unabhängig von der Realisierung eines solchen Planes: Roland Kochs Vision eines Exzellenzzentrums für Risikomanagement- und Regulierungsthemen nimmt damit immer konkretere Formen an. Schwung haben die Bemühungen des hessischen Ministerpräsidenten auch in die Diskussion um die Zentralisierung der deutschen Finanzaufsicht gebracht. Zwar lässt Finanzminister Schäuble verlauten, es gebe derzeit drängendere Themen, doch im Grundsatz scheint nun die Bereitschaft zu einer Bündelung der Aufsicht in Frankfurt vorhanden zu sein.

Mit großem Nachdruck und ebensolchem Erfolg hat Roland Koch zudem den Ausbau der intellektuellen Infrastruktur des Finanzplatzes verfolgt. Unter seiner Führung hat das Land Hessen den Aufbau und die Stärkung von Institutionen wie dem House of Finance der Goethe-Universität sowie der Frankfurt School of Finance maßgeblich gefördert. Als direkte Folge dessen können die finanzbezogenen Frankfurter Bildungs- und Forschungseinrichtungen sich mit bedeutenden internationalen Wettbewerbern durchaus messen. Dass sich das noch nicht in den einschlägigen Rankings bemerkbar macht, hat rein technische Gründe - faktisch genießen die Frankfurter Finanzforscher oft bereits weltweite Anerkennung. Anschauliches Beispiel ist die von Frankfurt Main Finance initiierte Kooperation mit dem Finanzplatz Moskau: Die russischen Partner waren von Beginn an besonders an den von Frankfurter Wissenschaftlern entwickelten Finanzplatzindizes interessiert und planen nun den Aufbau ähnlicher Systeme.

An der Schnittstelle von Regulierungs- und Risikomanagement-Praxis einerseits sowie der entsprechenden Forschung und Bildung andererseits ist FIRM angesiedelt. Hinter dem Kürzel versteckt sich das Frankfurter Institut für Risikomanagement Regulierung. Nicht weniger als Forschung und Lehre auf internationalem Spitzenniveau sind hier das Ziel. Erst im Herbst 2009 gegründet, laufen nunmehr bereits drei Forschungsprogramme sowie der Executive Master in Risk Management und Regulation - ein bislang weltweit einmaliges Angebot. Und: Auch dieses Projekt hat der hessische Ministerpräsident maßgeblich gefördert. So ist das Land Hessen Mitglied des Trägervereins und bringt sich über seinen Repräsentanten im Vorstand engagiert in die Arbeit des Instituts ein.

Nicht zuletzt ist natürlich der entscheidende Impuls zur Gründung von Frankfurt Main Finance Roland Koch zuzuschreiben. Erklärtes Ziel dieser Initiative ist die Bündelung und Orchestrierung der bis dato stark fragmentierten Finanzplatzförderung. Angetreten mit diesem Ziel, wirkt Frankfurt Main Finance bei zahlreichen Projekten nun als zentraler Koordinator. Die Etablierung der Kooperation mit Moskau, die gemeinsame Organisation finanzplatzrelevanter Delegationsreisen und die Impulse zur Stärkung der Finanzbildung an Frankfurter Schulen sind hier nur einige Beispiele.

Mit diesen und vielen weiteren Akzenten hat Roland Koch dazu beigetragen, dass Frankfurt als relativer Gewinner aus der Finanzkrise hervorgehen konnte. Die Finanzmetropole am Main gehört sogar nach Einschätzung des von der City of London herausgegebenen Global Financial Centers Index zu einem von insgesamt nur acht "Global Leaders" unter den Finanzplätzen dieser Welt. Und im Hintergrund der Diskussionen um die künftige Finanzsystemarchitektur zeichnet sich eher eine steigende Bedeutung Frankfurts ab - als Exzellenzzentrum für Risikomanagement und Regulierung.

Soweit die zählbaren Erfolge des Finanzplatzförderers Roland Koch. Doch vielmehr noch mögen in diesen Zeiten die viel zitierten "weichen" Faktoren zählen: In einer mit scharfen Waffen geführten Diskussion um Spekulanten und Hedgefonds hat sich Roland Koch nicht irritieren lassen. Stattdessen ließ er stets Augenmaß walten, wenn es um das Gleichgewicht der Kräfte zwischen Regulierung und wirtschaftlicher Verantwortung ging.

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