Gespräch des Tages

Lobbyarbeit - Von Einheit(lichkeit) und Zwang

Mit der Gleichbehandlung ist es so eine Sache. Sicher, solange es eine große Mehrheit gibt, lassen sich Partikularinteressen schnell schimpfen: Unnötige Komplexität sollen sie mit sich bringen, über Mehr-Kosten kann man sich herrlich erregen, sie sollen mitunter sogar die Gesamtentwicklung bremsen und überhaupt nur zu oft für Missmut und Zwist sorgen. Nein, so meint die Mehrheit, nicht jeder kann und darf seine Extrawurst haben! So auch in Europa: Normen braucht es und Standards, müssen die Verantwortlichen in den Gremien der EU meinen. Wie anders schließlich sollte die Völkergemeinschaft sonst irgendwann einmal "geeint" sein, besonders da sich das "Reden mit einer Stimme" in Europa anhaltend schwierig gestaltet.

Weil nun aber Partikularinteressen trotzdem für einen recht signifikanten Teil der EU-Bevölkerung wichtig sein können und der demokratischen Grundgesinnung nach entsprechend vertreten werden wollen, boomt in Brüssel und andernorts der Wettstreit der Lobbyisten. Wieder einmal bestens zu beobachten war das jüngst beim Thema Hedgefonds und Co.: Diese vermeintlich bösen Finanzinstrumente müssen an die Leine gelegt werden, so die Denke der EU-Politik, immerhin zeichnen sie zum Großteil für die Finanzkrise verantwortlich. Damit es nicht noch einmal zu solchen Verwerfungen kommen kann, soll der Richtlinienentwurf für "Alternative Investment Fonds Manager" (AIFM) die Kontrolle von Hedgefonds und Private-Equity-Gesellschaften verbessern und vereinfachen. Der von der Branche nicht gerade mit Wohlwollen aufgenommene Richtlinienentwurf sieht die Einführung eines EU-Passes inklusive der Bewilligungspflicht für die Manager von sogenannten Alternative Investment Fonds vor, selbst dann, wenn sie ihre Produkte nur innerhalb der eigenen Landesgrenzen vertreiben.

Weil sich die amtierende Ratspräsidentschaft vor dem turnusgemäßen jährlichen Wechsel gerne noch eine ordentliche Reaktion auf die Krise und die Verhinderung weiterer Turbulenzen auf die Fahnen schreiben möchte, drückt sie mächtig auf das Tempo. Entsprechend rigide ist das vorgelegte Papier formuliert - insbesondere zum Leidwesen der deutschen Fondsbranche. Zwar sind "normale" Investmentfonds durch die Ucits-Richtlinie (Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities) europaweit und in den Ländern bereits feinstens reguliert und es bedarf keiner weiteren Anpassungen. Doch (fast) alles andere muss sich nun der neuen Richtlinie unterwerfen.

Dass dabei auch die hierzulande so beliebten - und nach Ansicht der Branche ausreichend regulierten - Spezialfonds betroffen sind, mag vom europäischen Standpunkt als lediglich deutsche Eigentümlichkeit angesehen werden. Aber ist es wirklich sinnvoll, eine 660 Milliarden Euro schwere, gut beaufsichtigte und obendrein auch in der Krise stabile und stabilisierend wirkende Branche mit Vehikeln wie Hedgefonds in einen Topf zu werfen und sie damit möglicherweise fast still zu legen? Es wird einmal mehr an den Lobbyisten des Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) liegen, nach eigenem Wunsch natürlich möglichst unter tatkräftiger Mithilfe der Bundesregierung, die notwendige Aufklärungsarbeit zu leisten und eventuell Verbesserungen zu erwirken. In Sachen AIFM-Richtlinie zumindest zeigt man sich hoffnungsvoll. Ob sie damit Erfolg haben werden, liegt allein am Willen der EU, einmal mehr deutschen Interessen nachzugeben auch wenn sie fachlich mehr als begründet sind.

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