Gespräch des Tages

Leasing - "Wirklichkeitsfremde Standardsetter"

Prof. Dr. h.c. Klaus Feinen schreibt der Redaktion: "Nicht nur die Fair-Value-Ansätze sind zu Recht in der Diskussion, die Überlegung der beiden Standardsetter führen auch im Miet-/Leasinggeschäft in eine die Bilanzen fälschende und weltweit das Geschäft gefährdende Richtung. Nach dem bislang gültigen Riskand Reward-Ansatz wird zu Beginn eines Leasingverhältnisses nach Maßgabe der Verteilung von Chancen und Risiken entschieden, ob das Leasingobjekt in der Bilanz des Leasinggebers (Operate Lease) oder in der des Leasingnehmers (Finance beziehungsweise Capital Lease) auszuweisen ist. Dieser der Zurechnung nach dem wirtschaftlichen Eigentum entsprechende Ansatz ist seit , Ewigkeit' im deutschen HGB verankert, sodass es grundsätzlich keinen Widerspruch zu den bis heute geltenden Bilanzierungsregeln von IAS und FAS für Leasingverträge zum deutschen Handelsrecht gibt. Nach §§ 238 ff. HGB hat der Kaufmann nur , seine' Vermögensgegenstände in der Bilanz auszuweisen, das heißt alle bilanzierungsfähigen Vermögensgegenstände, die ihm persönlich zuzurechnen sind.

Da die Bilanz die tatsächliche Vermögenslage des Kaufmanns darstellen soll, muss sich die Zugehörigkeit von Vermögensgegenständen nach wirtschaftlichen Kriterien bestimmen. Diese sind im Steuerrecht - auch mit Maßgabe für das Handels recht - in § 39 Abgabenordnung für Miet-/Leasingverträge eindeutig definiert. Hierauf basierend ist in Deutschland für das Leasinggeschäft die Zurechnungsfrage anhand der quantitativen Kriterien der steuerlichen Leasingerlasse für jeden Einzelfall klar zu entscheiden.

In den USA gilt die Bilanzierungsregel FAS 13 seit Jahrzehnten mit ebenfalls für die Abgrenzung bei der Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums nach eindeutigen quantitativen Kriterien. Für das den Anspruch für die internationale Bilanzierung erhebende IASB in London gibt es seit vielen Jahren die Bilanzierungsregel IAS 17, die vor zehn Jahren mit zusätzlichen Angaben über bestehende zukünftige Zahlungsverpflichtungen aus Miet-/Leasingverträgen in den Notes (Bilanzanhang) erweitert wurde. Im Unterschied zu FAS 13 sind in IAS 17 keine exakten quantitativen Kriterien für die Zurechnung genannt. Hier gilt jedoch ebenfalls der Grundsatz des , Risk-and-Reward-Ansatz', der wie nach § 39 AO jeweils beim einzelnen Vertrag zu bewerten ist. Derjenige Vertragspartner, der die größten Chancen beziehungsweise größten Risiken aus einem Leasinggeschäft trägt, hat den Leasinggegenstand in seiner Bilanz zu aktivieren.

Nunmehr soll das bisher geltende Bilanzierungsrecht zu Leasingverträgen , auf den Kopf gestellt werden'. Nach dem von IASB und FASB favorisierten , Rigths- and Obligations-Ansatz' sollen alle Leasingverhältnisse - also völlig losgelöst von der für die bisherige Zurechnung des Bilanzierungseigentums geltenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise - grundsätzlich gleich bilanziert werden: Der Leasingnehmer müsste stets das aus dem Vertrag resultierende Nutzungsrecht an dem Leasingobjekt aktivieren und die Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten passivieren. In der Bilanz des Leasinggebers würden auf der Aktivseite Forderungen auf die Leasingraten sowie das Recht zu Anschlussnutzung des Leasingobjektes (nach Ablauf des Leasingvertrages) ausgewiesen und auf der Passivseite die Verbindlichkeiten aus der Finanzierung des Leasingobjektes.

Das Ganze ist völlig unausgegoren. Wenn beispielsweise die in der Praxis üblichen Kauf- und Mietverlängerungsoptionen oder Restwertgarantien mit berücksichtigt werden, zeigen sich massive Anwendungsprobleme. Die zusätzlichen Komponenten müssten einzeln bilanziert werden, was zu einer weiteren unnötigen Aufblähung der Bilanz und zu konzeptionell kaum lösbaren Bewertungsschwierigkeiten führt. Die Aussagekraft des Jahresabschlusses würde dadurch - entgegen der Auffassung von IASB und FASB, die ihre , neue Bilanzierung' genau hiermit begründen - eher beeinträchtigt als gesteigert, die Komplexität der bilanziellen Abbildung von Leasingverhältnissen nähme dramatisch zu. Völlig ausgeblendet wurden in den bisherigen Diskussionen die drohenden Inkonsistenzen zur Bilanzierung anderer schwebender Dauerschuldverhältnisse. Jeder Miet-/Leasingvertrag ist grundsätzlich ein Dauerschuldverhältnis. Es wird damit angenommen, dass die Leistung des Leasinggebers nicht durch eine einmalige Handlung bewirkt wird, sondern durch ein dauerndes Verhalten.

Der Leasingvertrag wird deshalb als schwebendes Geschäft eingeordnet. Ein schwebendes Geschäft ist ein zweiseitig verpflichtender Vertrag, bei dem die zur Sach- oder Dienstleistung verpflichtende Partei ihrer Hauptleistung noch nicht nachgekommen ist. Für schwebende Geschäfte gilt im deutschen Bilanzrecht der Grundsatz der Nichtbilanzierung. Gemäß diesem Grundsatz dürfen die durch den Vertragsabschluss rechtlich entstandenen Ansprüche und Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag nicht bilanziert werden. (Dies ist auch eine konsequente Folgerung aus § 249 Abs. Satz 1 HGB).

Hinsichtlich der wohl unüberwindbaren Schwierigkeiten des neuen Bilanzansatzes von IASB und FASB beim Leasinggeber (der tatsächliche Vermögensgegenstand würde überhaupt nirgendwo mehr bilanziert - eine unglaubliche Situation mit gewaltigen Folgerungen für die Kreditgeber von Leasingunternehmen), wollen diese seltsamen internationalen Standardsetter jetzt erstmals ihre wirklichkeitsfremde neue Bilanzideologie beim Leasingnehmer mit dem für diesen geltenden neuen Grundsatz , Rigths of Use' schnell umsetzen. Damit würde geltendes nationales Recht eindeutig gebrochen, , Luftbuchungen' vorgenommen für Ansprüche, die am nächsten Tag - zum Beispiel bei Nichtzahlung einer Leasingrate sich wirklich , in Luft auflösen', weil der Eigentümer/Leasinggeber dann unverzüglich seinen Vermögensgegenstand beim Mieter wegnimmt und ihn unverzüglich einem anderen Unternehmen zur Nutzung überlässt.

Es gilt durch eine Vielzahl fachlicher Beiträge jetzt unverzüglich diesen internationalen Angriff (gesteuert von einem WP Warren Mc Gregor aus Australien, der diese kruden Ideen schon seit 20 Jahren vertritt) auf bewährte Bilanzierungsgrundsätze abzuwehren. Es wäre schön, wenn auch die , ZfgK' hierzu namhafte Bilanzierungsfachleute für Publikationen einladen würde."

Eine Diskussion über aktuelle Fragen der Finanzbranche ist stets im Sinne der Redaktion. Anmerkungen und Ergänzungen zu diesen aktuellen Bilanzierungsfragen der Leasingbranche sind also willkommen.

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