Schwerpunkt Immobilien-Leasing

Bilanzielle Auswirkungen einer Immobilien-Leasingkonzeption

Der Bau oder der Erwerb einer Immobilie belastet Liquidität, bindet Kapital und Ressourcen und beeinflusst die Bilanzkennzahlen. Immobilien-Leasing bietet hier individuelle Lösungsansätze mit Vorteilen gegenüber einer traditionellen Darlehensfinanzierung. Auf Basis der aktuell gebräuchlichen Konzeptionen werden nachfolgend die bilanziellen Wirkungen sowohl nach deutschem als auch internationalem Bilanzrecht (IFRS) mit zusätzlichem Blick auf mögliche zukünftige Entwicklungen untersucht.

Anwendungsgebiete von Immobilien-Leasing

Immobilien-Leasing kommt sowohl beim Kauf einer Immobilie, beim Neubau als auch beim Verkauf und Rückanmietung (Sale-and-Lease-back) zur Anwendung. Neben Liquiditätsbeschaffung und Bilanzpolitik aus Sicht des Leasingnehmers übernimmt die Leasinggesellschaft wichtige weitere Dienstleistungsfunktionen. Beispielhaft beschafft und strukturiert sie die langfristige Finanzierung unter Vergleich unterschiedlicher Finanzierungsmöglichkeiten oder sorgt bei einem Neubau für die Markttransparenz der unterschiedlichen Angebote der Bauunternehmen.

Die im Immobilien-Leasing gebräuchlichen Vertragstypen basieren auf dem Leasingerlass vom 23. Dezember 19911), der die allgemeinen steuerlichen Zurechnungskriterien für Wirtschaftsgüter gemäß § 39 AO konkretisiert. Für das Handelsrecht wurden die steuerlichen Zurechnungsregelungen in § 246 Nr. 1 HGB übernommen.2) Nach nationalen Kriterien ist eine Immobilie bilanziell dem Leasingeber zuzurechnen, wenn

- die Leasingvertragslaufzeit nicht mehr als 90 Prozent der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer umfasst,

- im Falle einer Kaufoption zugunsten des Leasingnehmers der Kaufoptionspreis nicht unter dem steuerlich linearen Restbuchwert liegt,

- im Falle einer Mietverlängerungsoption die Anschlussmiete mindestens 75 Prozent der Marktmiete beträgt,

- die Gefahrtragung für den zufälligen oder ganzen Untergang beim Leasinggeber liegt und

- kein Spezialleasing vorliegt.

Zivilrechtlicher und steuerlicher Eigentümer des Leasingobjektes werden regelmäßig Objektgesellschaften, die sich grundsätzlich in ihrer Geschäftstätigkeit auf die Vermietung des Objektes an einen einzigen Leasingnehmer beschränken. Diese schließen auch zur 100-prozentigen Fremdfinanzierung der Anschaffungs- beziehungsweise Herstellungskosten der Immobilie entsprechende Finanzierungsverträge mit Kreditinstituten ab. Ein Eigenkapitaleinsatz erfolgt nicht. Während bei einer traditionellen Finanzierung über Darlehen sowohl die neu anzuschaffende oder herzustellende Immobilie als auch die dafür aufgenommenen Verbindlichkeiten bilanzverlängernd wirken und die Eigen-kapital-Fremdkapital-Relationen belasten, spielt sich Immobilien-Leasing außerhalb der Bilanz des Leasingnehmers ab (off-balance-sheet). Durch Sale-and-Lease-back (SLB) der Immobilie kann dieser Effekt nachträglich erzeugt werden. Gleichzeitig führen aufgedeckte stille Reserven aus dem SLB nicht nur zur Bilanzentlastung, sondern auch zur Verbesserung der Bilanzrelationen und Stärkung der Eigenkapitalquote. Eine verbesserte Bonitätseinschätzung, insbesondere auch nach Basel II3), oder die Attraktivität eines Investments in ein Unternehmen (zum Beispiel Gesamtkapitalrentabilität) ist die Folge.

Die handelsrechtliche Stärkung des Eigenkapitals muss bei einem SLB nicht zwangsläufig mit einer Besteuerung aufgedeckter stiller Reserven verbunden sein. Hier stehen zum Beispiel über eine Einbringung gegen Gesellschaftsrechte nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG oder durch die Bildung und Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG wirksame und erprobte Konzeptionen zur steuerlichen Neutralisierung respektive Minderung von Steuerlasten zur Verfügung. Die zu leistenden Leasingraten sind weitgehend linear und führen über die Laufzeit grundsätzlich zu einer periodisch gleich hohen Aufwandswirkung. Diesem linearisierenden Effekt steht der degressive Aufwandsverlauf einer Darlehensfinanzierung gegenüber, bei der die Belastung aus Zinsaufwand und Abschreibung in den ersten Jahren deutlich über einer Leasingbelastung liegt. Leasing bewirkt damit eine Aufwandsglättung und Ergebnisstabilisierung.

Die Konsolidierung von Objektgesellschaften

Zur Grundkonzeption aller am Markt tätigen Immobilien-Leasinggesellschaften gehört die Umsetzung ihrer Geschäfte mittels rechtlich eigenständiger Objektgesellschaften. Ohne diese Objektgesellschaften wäre eine Realisation der durch den Leasinggeber angebotenen Struktur (beispielsweise 100-Prozent-Finanzierung) grundsätzlich nicht möglich. Aus diesem Grund sichert sich die Leasinggesellschaft vertraglich die beherrschende Stellung innerhalb der Objektgesellschaft und bindet diese in ihre Geschäftsorganisation ein.

Deshalb war auch in Fällen, in denen der Leasingnehmer aufgrund Überschreitens entsprechender Größenklassen4) eine Konzernbilanz aufstellte, der Einbezug der Objektgesellschaft in den Konzern des Leasingnehmers kein Thema. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) am 29. Mai 2009 wurden die handelsrechtlichen Konsolidierungsgrundsätze um eine spezielle Aussage zur Konsolidierung von Zweckgesellschaften (§ 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB) ergänzt.

Danach ist die Konsolidierung einer Zweckgesellschaft vorzunehmen, wenn diese zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient und dieses Mutterunternehmen bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen der Zweckgesellschaft trägt. Wie bereits dargestellt, sind Objektgesellschaften für Leasinggesellschaften wesentlicher Teil ihres Geschäftsmodells. Die Interessen des Leasingnehmers aus der Leasingkonzeption sind grundsätzlich Regelungsinhalt des abzuschließenden Leasingvertrages und von der Art und Ausgestaltung seines Vertragspartners unabhängig. Damit ist bereits eine eindeutige Ausrichtung der Leasingobjektgesellschaft auf die Bedürfnisse und Zwecke des Leasingnehmers zu verneinen.

Darüber hinaus verbleibt in der Regel auch die Mehrheit der Chancen und Risiken aus einer Objektgesellschaft bei dem Leasingunternehmen beziehungsweise dessen Finanzierungspartner. Bei einem Teilamortisationsvertrag übernimmt die Leasinggesellschaft respektive der Finanzier sämtliche Risiken aus einer vorzeitigen Beendigung (Zins-, Kapital- und Leasingmargenverlust) des Leasingvertrages und das Risiko eines Verwertungsverlustes, wenn der Leasingnehmer sein Ankaufsrecht nicht ausübt. Dem steht eine eventuelle Chance des Leasingnehmers aus einer vereinbarten Kaufoption zu einem Festpreis gegenüber. Bei gewichteter Betrachtung wird sich nur in Ausnahmefällen die Mehrheit der Chancen und Risiken beim Leasingnehmer kumulieren.

Hinsichtlich der Auslegung der neuen Konsolidierungsregeln hat sich noch kein einheitliches Meinungsbild entwickelt. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass Objektgesellschaften auch zukünftig regelmäßig nicht beim Leasingnehmer zu konsolidieren sind, sodass das Immobili-en-Leasing auch in der Konzernbilanz des Leasingnehmers nicht erscheint.

Die internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) sind für kapitalmarktorientierte Unternehmen nach § 315a Abs. 2 HGB zwingend im Rahmen der Konzernbilanz anzuwenden. Darüber hinaus haben Unternehmen nach § 315a Abs. 3 HGB ein Wahlrecht, ihre Bilanz nach den IFRS zu erstellen. IFRS regelt Leasingverhältnisse in IAS 17, wobei dieser Standard nicht zwischen Leasing und Miete differenziert. Grundsätzlich werden Leasingverhältnisse unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise in operate leases und finance leases eingeteilt. Bei finance leases ist das Leasingobjekt beim Leasingnehmer und bei operate leases beim Leasinggeber zu bilanzieren.

Klassifizierung nach den IFRS

Die Klassifizierung erfolgt basierend auf einem Chancen-Risiko-Ansatz. Hierzu werden in IAS 17.10 fünf Kriterien ausgewiesen, die jedes für sich einen finance lease begründen kann:

- Automatischer Eigentumsübergang: Zum Ende der Vertragslaufzeit steht der Eigentumsübergang am Leasingobjekt auf den Leasingnehmer bei Vertragsabschluss fest.

- Günstige Kaufoption: Der Leasingnehmer hat eine Kaufoption zu einem Preis, der deutlich unter dem zu erwartenden Verkehrswert liegt.

- Laufzeittest: Die Leasingvertragslaufzeit umfasst den überwiegenden Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer.

- Barwerttest: Der Barwert der Mindestleasingzahlungen entspricht im Wesentlichen mindestens dem Verkehrswert.

- Spezialleasing: Die Leasinggegenstände haben eine spezielle Beschaffenheit, sodass sie ohne wesentliche Änderung nur vom Leasingnehmer genutzt werden können.

Neben diesen Kriterien sind in IAS 17.11 drei weitere Indikatoren zu betrachten, die ebenfalls zu einem Ausweis als finance lease führen können. Konzeptionell bedingt weisen die Kriterien und Indikatoren in IAS 17 keine klaren Grenzwerte aus. In der Praxis wird bei der Klassifizierung mitunter auf die in US GAAP5) genannten Grenzwerte zurückgegriffen. Alle vorgenannten Kriterien und Indikatoren sind gleich gewichtet. Gleichwohl erfordern der Barwerttest und die günstige Kaufoption den größten Abstimmungsbedarf beziehungsweise strukturelle Lösungskompetenz der Leasinggesellschaft.

Der Barwerttest führt dazu, dass ein Teil der Investitionskosten nicht durch Leasingraten amortisiert werden kann (offener Finanzierungsrest). Die Bewertung der Günstigkeit einer Kaufoption setzt eine entsprechende Prognose voraus, die aufgrund der bei Immobilien-Leasing relativ langen Laufzeiten und der individuellen Objektausprägungen (Objektart, Lage) wenig präzise ist. Insgesamt stellt Immobilien-Leasing unter den IFRS deutlich höhere Anforderungen an alle Beteiligten. Die Leasinggesellschaft führt mit ihrer Strukturierungs- und Moderationskompetenz einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Ansprüchen der Beteiligten unter Berücksichtigung der steuerlichen, bilanziellen, rechtlichen und wirtschaftlichen Wirkungszusammenhänge herbei.

Die bilanziellen Vorteile eines operate leases entsprechen denen einer off- balance-sheet-Finanzierung nach deutschem Bilanzrecht. Bei Immobilien- Leasing für kapitalmarktorientierte Unternehmen spielen nicht selten die sogenannten Covenants (Klauseln und Auflagen aus Kapitalmarktfinanzierungen) eine Rolle. Diese Covenants begrenzen Unternehmen bei ihren Investitionen und Veräußerungen von Anlagevermögen. Bei Investition außerhalb der eigenen Bilanz über Leasing werden üblicherweise die Covenants nicht berührt, sodass keine Genehmigung der Wertpapiergläubiger einzuholen ist.

Reform der Bilanzierung

Die beiden Standardsetter IASB und FASB6) haben sich auf ein Projekt geeinigt, das eine Überarbeitung und Angleichung der Bilanzierungsregelungen für Leasingverhältnisse zum Ziel hat. In diesem Zusammenhang wurde ein Diskussionspapier erstellt, das die neuen Ansätze zur Diskussion stellt.7) Nach dem Zeitplan des Projektes soll der neue Standard im Jahr 2011 veröffentlicht werden. Der wesentliche Gedanke dieses Diskussionspapiers ist die Abkehr von einer Klassifizierung in finance und operate leases für die Bilanzierung des Leasingnehmers. Ob auch die Bilanzierung des Leasinggebers neu geordnet werden soll, ist derzeit noch nicht abschließend entschieden. Bisher befasst sich das Diskussionspapier ausschließlich mit der Seite des Leasingnehmers. Der Leasingnehmer soll nach dem Reformansatz als Aktivwert den Barwert der Nutzungsrechte (right-ofuse), die im Wesentlichen aus den Leasingraten bestehen und auf der Bilanzpassivseite bei der Erstbewertung einen gleich hohen Betrag als Leasingverbindlichkeiten ausweisen.

Das Diskussionspapier hat eine rege Kommentierung und erhebliche Kritik ausgelöst. So soll systemwidrig Leasing als schwebendes Geschäft zu einem Bilanzausweis beim Leasingnehmer führen, während andere vergleichbare Geschäfte weiterhin bilanzneutral bleiben. Darüber hinaus zeichnet sich bereits in dem Diskussionspapier ab, dass eine Einzelfallregelung, basierend auf den Grundsätzen des angelsächsischen "case law", nicht geeignet ist, den vielfältigen Ausprägungen des Leasings am Markt gerecht zu werden. Bisherige Bewertungserfordernisse der Altregelung werden durch neue, andere ersetzt und führen zu erheblichen Zweifeln, ob damit eine wesentliche Verbesserung der Bilanzaussage verbunden ist. Die Folge wäre ein eventueller Mehraufwand des Bilanzierenden mit ausgeweiteten Angabepflichten.

Es darf bezweifelt werden, ob die Neuregelung, die nicht nur Leasingverhältnisse, sondern alle Formen der Miete unabhängig von ihrer Dauer oder Höhe der Raten umfasst, einen Mehrwert bedeutet. Den Informationsbedürfnissen des Bilanzadressaten wird bereits heute über Anhangangaben zu Leasinggeschäften nachgekommen, die ohne grundlegende Regeländerungen, sofern überhaupt Bedarf besteht, leicht erweitert werden könnten. Aufgrund des fortlaufenden Diskussionsprozesses und der massiven Kritik ist zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht zu erkennen, ob die Neuregelung umgesetzt und wie gegebenenfalls eine Reform ausgestaltet wird.

Substanzielle Veränderung

Immobilien-Leasing stellt ein flexibles Instrument dar, das individuell auf die Bedürfnisse eines Unternehmens und die Investitionssituation angepasst werden kann. Hierbei können unterschiedliche bilanzielle Voraussetzungen, ob deutsches oder internationales Bilanzrecht nach IFRS oder US GAAP, berücksichtigt werden. Über die bilanzpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten hinaus bietet Immobilien-Leasing wichtige Dienstleistungsfunktionen. Die jüngsten Reformüberlegungen im Bereich der internationalen Rechnungslegung stellen eine substanzielle Veränderung des Bilanzausweises von Leasinggeschäften dar. Ungeachtet dessen verfügt die Leasingbranche über eine hohe Innovationskraft, die eine erfolgreiche Anpassung ihrer Produkte auch an veränderte Marktvorgaben erwarten lässt.

Fußnoten

1) Ertragsteuerliche Behandlung von Teilamortisa-tions-Leasing-Verträgen über unbewegliche Wirtschaftsgüter; BMF-Schreiben vom 23. Dezember 1991, IV B 2 - S 2170 - 115/91 (BStBl. I 1992, S. 13)

2) Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) wies in der Begründung seiner Beschlussempfehlung (Bundes-tags-Drucksache 16/12407) zum BilMoG vom 18. März 2009 darauf hin, dass die HGB-Vorschrift inhaltlich der steuerlichen Vorschrift in § 39 AO entspricht.

3) Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht hat Eigenkapitalvorschriften vorgeschlagen (Basel II). Die Regeln müssen gemäß den EU-Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG seit dem 1. Januar 2007 in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union für alle Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute angewendet werden.

4) § 293 HGB mit Neufassung der Größenklassen ab dem 1. Januar 2010 durch das BilMoG (BGBl 2009 I S. 1102)

5) Die US-amerikanischen Rechnungslegungsvorschriften US GAAP regeln in SFAS 13 ("Accounting for Leases") die Klassifizierung in operate leases und capital leases (entspricht einem finance lease unter IFRS). Dort wird beispielsweise ein Grenzwert von 90 Prozent des Verkehrswertes für den Barwerttest oder von 75 Prozent der wirtschaftlichen Nutzungsdauer für den Laufzeittest explizit genannt.

6) Das International Accounting Standards Board (IASB) ist der Standardsetter für IFRS und das US Financial Accounting Standards Board (FASB) für US GAAP.

7) Das Discussion Paper DP/2009/1 ("Leases - Preliminary Views") wurde im März 2009 veröffentlicht.

Kai Ostermann , Präsident, Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen e.V. (BDL), Berlin , Deutsche Leasing AG
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