Gespräch des Tages

Großbanken - Eine stabile Größe

Es war sicherlich Zufall, dass die Wiederwahl von Hessens Ministerpräsident durch den Landtag und die Verkündung eines Rekordverlustes für die Deutsche Bank auf denselben Tag fielen. Und dennoch gibt es bemerkenswerte Gemeinsamkeiten, zumindest was die handelnden Personen betrifft. Sowohl Roland Koch als auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann haben in ihren Karrieren schon besser dagestanden, hatten Erfolge zu verkünden und wurden umjubelt. Nun aber fehlen dem einen vier Stimmen aus der eigenen Partei, was zwar die Wiederwahl nicht gefährdet hat, aber dennoch ärgerlich ist. Dem anderen fehlen gleich vier Milliarden Euro, um wenigstens ein ausgeglichenes Ergebnis zu präsentieren. Doch beide verfallen nicht etwa in Jammern und Lamentieren, sondern stecken die erlittenen Niederlagen weg und stellen sich den Dingen. Das muss man anerkennen.

Ackermann hat auf der diesjährigen Bilanzpressekonferenz wieder das getan, was er schon in den vergangenen Jahren seit seinem Amtsantritt stets praktiziert hat. Er hat die Stärke und Eigenständigkeit der Deutschen Bank betont. Die Bank habe die Kraft und die Möglichkeiten, damit seine Nachfolger in zehn oder zwanzig Jahren voller Stolz sagen können, "die Deutsche Bank hat die schlimmste Krise seit der großen Depression aus eigener Kraft gemeistert". Das zu behaupten, wenn man gleichzeitig ein Minus von fast vier Milliarden Euro zu verantworten hat, zeugt von gesundem Selbstbewusstsein. Zu Recht? Bislang offensichtlich schon: Die Deutsche Bank braucht keine staatlichen Garantien, und sie braucht auch keine staatlichen Zuschüsse zum Eigenkapital. Ihre Kapitalerhöhung hat sie alleine gut platziert bekommen, das Eigenkapital liegt mit 30,7 Milliarden Euro zwar um 19 Prozent unter dem des Vorjahres, doch beläuft sich die Tier-I-Ratio auf auch im internationalen Wettbewerb auskömmliche 10,1 Prozent. Auch die Refinanzierungsbasis steht auf durchaus soliden Füßen: Seit Beginn der Kreditkrise im Sommer 2007 wurde das Volumen der Kundeneinlagen um mehr als 30 Milliarden Euro aufgebaut. Darüber hinaus wurde in 2008 so viel Kapital über den Markt aufgenommen, dass das Institut im laufenden Jahr mit rund 16 Milliarden Euro und damit rund einem Drittel des Vorjahresvolumens auszukommen gedenkt.

Die Deutsche Bank braucht und will auch keine Bad Bank, weder für den gesamten Bankenmarkt noch als Säulenlösung. An einer solchen werde man sich auch nicht beteiligen, stellte der Vorstandsvorsitzende unmissverständlich fest. Kritische Engagements des Handelsbuches wurden bereits in Eigenregie abgebaut. So reduzierten sich die Leveraged-Finance-Kreditpositionen von rund 35 Milliarden Euro auf unter eine Milliarde Euro, im Bereich gewerblicher Finanzierungen gingen sie von mehr als 15 Milliarden Euro auf weniger als drei Milliarden Euro zurück. Überhaupt habe die Deutsche Bank bei allem "immer so bewertet, wie es richtig ist", sagte der Vorstandsvorsitzende. Und musste dann selber schmunzeln, denn natürlich hat sich sein Haus angesichts eines ohnehin verkorksten Jahres im Zweifelsfall immer für Wertberichtigungen entschieden, um möglichst unbelastet in das laufende Geschäftsjahr zu starten. Das tat man übrigens mit Erfolg: Auf mehr als 2,8 Milliarden Euro beliefen sich die Erträge im ersten Monat, so Ackermann. Auf das Jahr hochgerechnet würde damit sogar das Rekordjahr 2007 noch übertroffen. Das wirft natürlich die Frage auf, wo dieses Geld verdient wurde. Im Retailgeschäft sicher nicht, und auch das Geschäft mit mittelständischen und industriellen Kunden kann dafür nicht verantwortlich zeichnen. Große Deals oder gar Börsengänge und Emissionen sind in einem ausgetrockneten Markt nicht vorhanden. Es bleibt also nur der Bereich, der maßgeblich zum Rekordminus 2008 beigetragen hat (siehe dazu Heft 3-2009). Das Handelsgeschäft und insbesondere der Eigenhandel. Nur dass diese Abteilung, die laut Ackermann eigentlich entmachtet und zusammengestrichen werden sollte, diesmal mit mehr Fortune agiert - Kritiker würden sagen gezockt - hat.

Bemerkenswert an der Deutschen Bank ist aber auch die Konstanz der Führungsriege. Bis auf die altersbedingten Wechsel von Tessen von Heydebreck und Anthony di Iorio und der Übernahme des Aufsichtsratsvorsitzes durch den früheren Finanzvorstand Clemens Börsig gab es keine Veränderungen. Selbst die oftmals als Söldner verschrienen Investmentbanker zeichnen sich durch eine große Treue zur Deutschen Bank aus, auch wenn sie anderswo sicherlich mehr Geld verdienen könnten. Anshu Jain beispielsweise ist seit 1995 bei der Deutschen, ebenso Michael Cohrs. Und Kevin Parker stieß 1997 hinzu. Das alles kann einen Vorstandsvorsitzenden, der für das kommende Jahr einen Nachfolger präsentieren muss, durchaus mit Stolz und Zuversicht erfüllen.

Dass Ackermanns Werben um mehr Vertrauen zur Deutschen Bank nicht wirklich gefruchtet hat, ist verständlich. Zu tief sitzt immer noch die Verunsicherung der Öffentlichkeit hinsichtlich der Stabilität der Banken und der vielleicht noch kommenden Hiobsbotschaften. Und zu verschlossen ist auch wieder die Kommunikationspolitik, die zwar stets einen stolzen Vorstandsvorsitzenden, aber nur selten eine starke Bank präsentiert. Dabei ist die Deutsche Bank wahrlich eine stabile Größe.

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