Gespräch des Tages

Geschäftserwartungen - Pessimismus allenthalben

In Sachen Optimismus sind deutsche Banken mit Abstand das Schlusslicht in Europa: Die Branche erwartet zwar mehrheitlich (zu 58 Prozent), dass sich die Konjunktur hierzulande in den kommenden sechs Monaten erholen wird. Doch mit Blick auf das eigene Haus zeigen sich die Banker weniger zuversichtlich: Nur 35 Prozent glauben, dass sich für diesen Zeitraum auch die Aussichten für das eigene operative Geschäft verbessern. 42 Prozent vermuten eine unveränderte Lage, 23 Prozent sogar eine Verschlechterung. Im europäischen Durchschnitt zeigen sich dagegen 60 Prozent der Kreditinstitute für die eigenen Aussichten optimistisch, 28 Prozent rechnen mit keiner Veränderung und lediglich zwölf Prozent erwarten eine schlechtere Lage. In den skandinavischen Ländern glauben gar 93 Prozent der Banker an eine Verbesserung der eigenen Geschäftsaussichten, bei den Briten gehen 87 Prozent von einem Aufwärtstrend in den kommenden sechs Monaten aus. Das sind Ergebnisse des Bankenbarometers, für das Ernst & Young 184 Banken in mehreren europäischen Ländern befragt hat, 41 davon in Deutschland.

Angesichts niedriger Zinsen, hoher Kosten infolge regulatorischer Maßnahmen und eines bisweilen als durchaus hart empfundenen Wettbewerbs dürfte Pessimismus nicht einmal die schlechteste aller Startvoraussetzungen für das anlaufende Jahr sein. Bedeutsam ist aber, was die Institute daraus für sich ableiten: Immerhin die Hälfte der deutschen Banken plant, im kommenden Halbjahr den Gürtel enger zu schnallen. Dabei stehen Prozessoptimierung und Automatisierung (59 Prozent), Kostensenkungen (51 Prozent) und die Minimierung nicht unbedingt benötigter Ausgaben (44 Prozent) ganz oben auf der Liste der genannten Maßnahmen.

Zudem führen die Banken nicht nur ihren Sparkurs fort, sondern bereiten sich durchaus auch auf mögliche Kreditausfälle und Abwertungen vor: Drei von zehn deutschen Banken planen, ihre Gesamtrisikovorsorge im Kreditgeschäft zu erhöhen - jede zehnte erwartet eine Reduzierung, 60 Prozent ein gleichbleibendes Niveau. Dieses Vorgehen darf durchaus eher als tendenziell solide und vorsichtige Geschäftspolitik denn als übertriebener Pessimismus gewertet werden. Zumal sich laut Bericht der Bundesbank zur Ertragslage der Kreditwirtschaft im Jahr 2012 der Risikovorsorgebedarf im Kreditgeschäft der Institute bereits (wie in den Vorjahren) auf niedrigem Niveau bewegte.

Ein anderes Ergebnis der Befragung lässt jedoch mit Augenmerk auf die Ausgabenseite aufmerksam werden: Maßnahmen aus den Bereichen Innovation und Wachstum wird für die kommenden sechs Monaten eher wenig Bedeutung zugestanden. Während im europaweiten Vergleich etwa 41 Prozent der Kreditinstitute in neue Vertriebskanäle investieren möchten, sind es hierzulande nur 22 Prozent. 25 Prozent der europäischen Banken möchten neue Produkte entwickeln und einführen, etwa halb so viele (zwölf Prozent) sind es in Deutschland. Die Erschließung neuer Geschäftsfelder steht bei 18 Prozent der europäischen Banken auf der Agenda, aber nur bei zwei Prozent der deutschen. Und auch die Internationalisierung beziehungsweise das Erschließen neuer Auslandsmärkte hat wenig Vorrang: 14 Prozent der europäischen Institute möchten hier ihre Bemühungen verstärken, nur zwei Prozent der deutschen.

Das Drehen an der Kostenschraube und die Erhöhung der Risiko vorsorge mögen angesichts eines als schwierig empfundenen operativen Geschäftes sinnvolle Maßnahmen sein, sie sollten aber nicht den Blick auf Innovation und Wachstum verstellen.

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