Gespräch des Tages

Genossenschaftsorganisation - Feste Einheit

Dass speziell Banken und andere Finanzdienstleister nur begrenzt zum Spielball internationaler Kapitalmarktinvestoren werden sollten, dürfte in weiten Gesellschaftskreisen konsensfähig sein. Schließlich verwalten auch erstere als Kapitalsammelstellen in großem Ausmaß Gelder, die ihre Kunden zur Daseinsgestaltung und/oder Zukunftsvorsorge in ihre Obhut gegeben haben. Unter Effizienzgesichtspunkten gibt es aber sicherlich auch viele Beobachter, die in dem Druck der Märkte (sprich der Finanzmarktakteure) ein heilsames Korrektiv sehen, die Strategie und Zukunftsfähigkeit der verschiedenen Kreditinstitute permanent zu hinterfragen und als deren Eigner dauerhaft nach möglichst guten Renditen zu streben.

Unter diesem Blickwinkel lassen sich mit dem gerade wieder neu angefachten Bietergefecht um die ABN Amro auch die Konsolidierungsprozesse im europäischen Bankenmarkt ganz unterschiedlich bewerten. Die einen sagen den Investoren tendenziell eine Kurzfristorientierung nach, die langfristig bei neuen strategischen Ausrichtungen zu Wachstumseinbußen führen könnte, weil es einfach an Stetigkeit der Geschäftsmodelle beziehungsweise Durchhaltevermögen fehlt. Andere Beobachter sehen die Strukturen von Häusern wie derzeit ABN Amro zu Recht gefährdet, wenn über eine gewisse Zeit am Markt für die Anteilseigner nicht die optimale Rendite erwirtschaftet wird.

Mit dieser letzteren Argumentationslinie müsste sich unter reiner Kapitalmarktbetrachtung sicherlich auch der genossenschaftliche Finanzverbund herumschlagen, der in seinem jetzt zum dritten Mal vorgelegten konsolidierten Jahresabschluss mit einer Eigenkapitalrendite von 12,7 (8,6) Prozent nach Steuern und einer Cost Income Ratio von 67,8 (65,6) Prozent sicher nicht die Ambitionen kapitalmarktorientierter Investoren erfüllen könnte. Aber das strebt man im Genossenschaftssektor ja auch gar nicht an. Denn nicht die großen Investmentbanken und weltweit operierenden Konzernbanken sind die Peergroup, sondern, wenn überhaupt, andere dezentral organisierte Bankengruppen mit ähnlicher Struktur. Und so wird gleich im Vorwort des aggregierten genossenschaftlichen Geschäftsabschlusses ausdrücklich darauf verwiesen, dass das eigene Selbstverständnis von anderen Prinzipien beziehungsweise "speziellen Qualitäten" getragen wird. Nachhaltigkeit in den Eigentümerstrukturen, das genossenschaftliche Geschäftsmodell und seine in 2006 "weiterhin gestiegene, großzügige Eigenkapitalausstattung" sind die Assets, die BVR-Präsident Christopher Pleister in den Mittelpunkt rückt. Für die weiterhin drohende Erosion des Zinsergebnisses hat er eine klare Ansage bereit: Da hilft nur die Erhöhung der Volumina, wenn notwendig mit einer Standardisierung von Produkten, wie es auf der Aktivseite etwa mit Easycredit gelingt.

Dass man die Kapitalmarktgepflogenheiten des europäischen Umfeldes nicht einfach ausblenden kann, war und ist dem BVR freilich bewusst. Und so hat man vor drei Jahren die konsolidierte Berichterstattung aufgenommen und arbeitet weiter beharrlich an einer Schärfung des bundesweiten Gruppenprofils. Mit Zufriedenheit hat der BVR-Präsident registriert, dass mittlerweile "die Ratingagenturen die Genossenschaftsbanken mit einem , A+'-Rating einstufen", dass "dieses arbeitsteilig organisierte Netzwerk als solvente Risikoeinheit beurteilt wird" und dass auch die Bankenaufsicht diese Sichtweise teilt, sprich den genossenschaftlichen Finanzverbund mit der Bestätigung zur Nullgewichtung gruppeninterner Forderungen als Risikoeinheit anerkennt.

Entsprechend selbstbewusst hat der Präsident auch den Blick auf die im Mai dieses Jahres auf über 16 Millionen gestiegene Mitgliederzahl gelenkt. Auch in dieser Beziehung gibt er sich mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen in den Niederlanden überaus zuversichtlich hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit seiner Bankengruppe. Seit die ABN Amro dort den Attacken der Finanzinvestoren ausgesetzt ist und Unsicherheit über die weitere Entwicklung herrscht, erfreut sich die genossenschaftliche Rabobank-Gruppe an einem spürbaren Kundenzulauf. Der hiesige Genossenschaftssektor wertet diese Entwicklung als Beleg für die große Akzeptanz bei der Bevölkerung für das eigene Geschäftsmodell.

Ketzerisch auf Deutschland übertragen könnte man bei dieser aus genossenschaftlicher Sicht beruhigenden Entwicklung in den Niederlanden freilich einen Hintergedanken hegen: Leider will (noch) keiner die deutschen Großbanken.

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