Zahlungsverkehr

Fünf vor Zwölf

Mit der Debit-Karte scheint es so zu sein, wie mit anderen guten Ideen aus Deutschland. Erfindergeist top, Vermarktung flop. Hervorgegangen aus der in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts kreierten Euroscheck-Karte fristet die ec-Karte heutzutage ein Schattendasein, wenn es um das Ausschöpfen ihres Potenzials geht. Niemand käme wohl heute auf die Idee, ein mit 21 Gängen ausgestattetes Fahrrad nur im ersten Gang zu fahren und für eine schnellere Fortbewegung dann vom Rad abzusteigen und doch lieber wieder zu Fuß zu gehen. So aber ist es mit der ec-Karte.

Armutszeugnis

Die fast 90 Millionen ec-Karten in den Portemonnaies deutscher Verbraucher werden immer noch ganz überwiegend als Türöffner für SB-Filialen, zur Abhebung von Bargeld am Geldautomaten und für den Ausdruck von Kontoauszügen genutzt. Auf die Idee, die ec-Karte auch als Bezahlkarte im Handel einzusetzen, kommen nur die wenigsten, nämlich etwa 13 Prozent der Verbraucher, obwohl diese Karte auf eine große Akzeptanz beim Handel trifft.

Ein derart miserabler Nutzungsgrad ist in Zeiten des Internet und des Online-Banking eher ein Armutszeugnis, denn Beleg für eine erfolgreiche Vermarktung seitens der ausgebenden Kreditinstitute. Die Folge dieser extrem hohen Bargeldorientierung sind unverändert unnötig hohe Kosten für das Vorhalten von Bargeld bei den deutschen Kreditinstituten.

Die Schaffung von Sepa und die damit einhergehende Modernisierung des europäischen Zahlungsverkehrs kann als letzte Gelegenheit für die deutschen Kreditinstitute bezeichnet werden, um die Konsumenten von den Vorteilen des Bezahlens mittels Debit-Karte, nämlich Sicherheit, Effizienz und Bequemlichkeit zu überzeugen. Mehr noch: die Debit-Karte ist die wohl beste Alternative zur Kreditkarte und zur Abwehr von ungewollter Kreditkartenverschuldung.

Um im Rahmen von Sepa eine wettbewerbsfähige und attraktive Alternative in dem von nicht-europäischen Anbietern von Kreditkarten dominierten Markt für unbare Zahlungen anzubieten, bedarf es einer konzertierten Aktion aller Institute und über die sogenannten Säulen des Gewerbes hinweg. Nur ein beherztes, von überholtem Strukturdenken befreites Vorgehen führt zum Ziel, nämlich der Schaffung eines modernen und effizienten Euro-Zahlungsverkehrs. Der Weckruf, den die Europäische Kommission mit der Schaffung des European Card Framework in Richtung Deutschland gesendet hat, muss gehört werden!

Sepa-konforme Debit-Karte

Wir wollen nicht in zehn Jahren aufwachen und beklagen, dass ausländische Debit-Karten-Systeme den deutschen Zahlungsverkehr beherrschen und auch den deutschen Retailkunden attraktivere Kontokorrentangebote machen können als die Kreditwirtschaft. Eine deutsche Debit-Karten-Lösung kann durchaus international tragfähig ausgestaltet werden und uns damit wieder zum Vorreiter bei innovativen

Dienstleistungen machen. Es wäre ein wichtiges Signal für den Inlandsmarkt, den Sepa-Raum und gerade auch für die neuen Länder der EU, wenn wir das über Jahrzehnte angesammelte Know-how über einen effizienten und modernen Zahlungsverkehr nutzen und in die Schaffung einer Sepa-konformen Debit-Karte transferieren und nicht anderen ohne Grund überlassen. Denn der Kunde wird zunehmend mit der Karte verbunden sein und weniger mit dem Konto!

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