Aufsätze

Familienunternehmen und Kredit

Die nachstehend behandelte Problematik verlangt - sofern man nicht bei oberflächlicher Betrachtung verharren will - eine Auseinandersetzung mit den Grundstrukturen, den Zielen, den Vorgehensweisen und dem jeweiligen Umfeld der im Bereich der Unternehmensfinanzierung maßgeblichen Protagonisten, nämlich der Familienunternehmen einerseits und der Banken andererseits. Denn bei aller Vielfalt traditioneller sowie alternativer Finanzprodukte liegen die beiden Hauptsäulen der Unternehmensfinanzierung, also die Gewinnthesaurierung als maßgebliches Mittel der Innenfinanzierung und der Bankkredit als dominierende Quelle der Außenfinanzierung, nach wie vor allein in ihren Händen.

Stabile Vertrauensbasis

Eine Bestandsaufnahme der Stärken und Schwächen beider Partner dürfte nach den Eruptionen der weltweiten Wirtschaftskrise zudem am ehesten geeignet sein, den für unsere Volkswirtschaft so wichtigen Umgang miteinander auf einer stabilen Vertrauensbasis neu zu definieren.

Ein solches Vorgehen würde den hier zur Verfügung stehenden Rahmen sprengen. Daher soll eine Analyse der augenblicklichen Situation der deutschen Familienunternehmen - beschränkt auf die Sicht des Praktikers - im Vordergrund dieses Beitrags stehen. Die momentane Befindlichkeit der Banken wird dagegen aus der Perspektive eines zielführenden Umgangs mit den Problemen ihrer Eigentümerunterneh-mer-Kunden lediglich kurz gestreift.

Typologie aus der Sicht des Finanziers

Unter Familienunternehmen werden nachstehend - unabhängig von der Rechtsform - alle Unternehmen verstanden, deren Anteile sich mehrheitlich in den Händen eines Einzelnen beziehungsweise einer oder mehrerer Familien befinden.1)

Die Politik, aber auch die allgemeine Öffentlichkeit, spricht - wenn das Familienunternehmen gemeint ist - meist generell vom "Mittelstand".2) Das ist jedoch irreführend. Die Begriffe "Mittelstand" und "Familienunternehmen" sind keinesfalls deckungsgleich. Ersterer ist ein Begriff aus dem Bereich der Soziologie. Er umfasst vereinfacht ausgedrückt - die Bevölkerungsschicht zwischen reich und arm. Zum Mittelstand gehören demnach neben kleineren Unternehmen auch Handwerker, Freiberufler, Land- und Forstwirte sowie Eigentümer von Immobilien und Kapitalvermögen, also Personen, die außerhalb des Unternehmensbereichs angesiedelt sind.

Die Verwendung des Begriffes für das Familienunternehmen ist indes problematisch, weil sie dazu verführt, alle Unternehmen dieses Typs einheitlich "über einen Kamm" zu scheren, was zur Folge hat, dass sowohl ordnungspolitisch wie rechtlich, insbesondere steuerrechtlich, wesentliche Strukturunterschiede innerhalb dieser Gruppe vernachlässigt werden.

Differenzierung notwendig

Von den zirka 3,2 Millionen Betrieben in Deutschland sind mehr als 95 Prozent Familienunternehmen. Nachstehend soll der Versuch unternommen werden, diese unter dem Aspekt einer zielgerichteten Ausrichtung möglicher Finanzdienstleistungen in drei Kategorien zu differenzieren:3)

Eine erste Kategorie bilden die in der dienstleistungs- und technologieorientierten Gründerszene beheimateten Betriebe. Für sie stehen die Anlaufberatung, die Institution der Business Angel sowie die Finanzierung über Venture Capital im Mittelpunkt ihrer Bedürfnisse. Seit der Krise der Finanzmärkte sind indes die klassischen Venture Kapitalgesellschaften nachhaltig geschwächt. Sie sind derzeit ebenso wenig in der Lage das benötigte Eigenkapital noch eine ausreichende Kreditfinanzierung zur Verfügung zu stellen. Die Kreditfinanzierung über die Banken kommen für diese Unternehmenskategorie ohnehin nicht in Betracht: Mangels entsprechendem Knowhow - aber ebenso auch aus Kostengründen ist ihnen eine risikoorientierte Prüfung der jeweiligen Geschäftsmodelle im Hinblick auf ihre Kleinteiligkeit nicht möglich.

Eine weitere Kategorie bilden die gewerblich geführten größeren Handwerksbetriebe und die Gruppe der auf die persönliche Mitarbeit der Familienangehörigen angewiesenen kleineren Unternehmen. Diese Firmen sind ganz überwiegend auf regional begrenzten Märkten tätig. Ihre Finanzierung durch die Banken ist traditionell problematisch. Da ihr bilanzielles Eigenkapital gering ist und bankübliche Sicherheiten nicht zur Verfügung stehen, führt die durch Basel II geforderte risikoadjustierte Eigenkapitalhinterlegung seitens der Bank bei ihnen häufig zu Kreditverknappung und zu hohen Risikoaufschlägen auf den Zins.

Immerhin findet diese Unternehmensgruppe in den Sparkassen und den Volksbanken adäquate Geschäftspartner. Als kundenorientierte Banker vor Ort wissen diese Institute den für dieses Geschäft unabdingbaren Faktor Mensch richtig einzuschätzen, während die rein rational gesteuerten Kreditbearbeiter im Back Office auf die für diese Zielgruppe nicht immer tauglichen "Value at Risk tools" setzen beziehunsweise an diesem Geschäft nicht in gleichem Maße interessiert sind wie der Banker vor Ort.

Renaissance des totgesagten Hausbankprinzips

Die dritte und letzte Kategorie bilden die größeren und großen Familienunternehmen, die - ohne notwendigerweise börsennotiert zu sein - Kapitalmarktreife besitzen oder eine solche anstreben.4) (Eine deutsche Großbank bezeichnet diese Zielgruppe treffender Weise als "anspruchsvolle Kunden".) Diese Unternehmen haben sich zwar in der jüngeren Vergangenheit in immer stärkerem Maße jeweils situativ und transaktionsbezogen weltweit diejenigen Finanzintermediäre herausgesucht, die für ihre jeweilige Interessenlage das günstigste Pricing, aber auch die effizienteste Be-ratungs-, Management- und Abwicklungskompetenz bieten konnten.5)

Aufgrund der Erfahrungen in der Finanzkrise hat man sich hier jedoch wieder an die traditionelle Partnerschaft mit einer Hausbank erinnert, sodass das bereits totgesagte Hausbankprinzip derzeit eine wahre Renaissance erlebt. Dies ist deshalb besonders zu begrüßen, weil die Hausbank aus ihrem Interesse an einem nachhaltigen Deal-Flow langjährige, stabile Geschäftsbeziehungen anstrebt und damit der Psychologie des Familienunternehmertums besonders nahekommt.

Die Unternehmen dieser Kategorie wachsen jährlich überdurchschnittlich, sie sind hoch innovativ und fühlen sich inzwischen globalisiert auf allen wichtigen Weltmärkten zu Hause. Bei ihnen eröffnen sich für die gesamte Finanzindustrie - vornehmlich natürlich für die Banken - hoch interessante neue Geschäftsfelder, die nachfolgend kurz identifiziert werden sollen. Diese sogenannte Königsklasse unserer Familienunternehmen - ihre Zahl ist statistisch nicht erfasst, dürfte jedoch zwischen 12000 bis 15000 liegen - steht im Focus der Ausführungen dieses Beitrages.

Traditionelle Werte

Jeder, der mit dem Familienunternehmen dauerhaft ins Geschäft kommen will, muss die traditionelle Denkweise seiner Eigentümer kennen, und das wiederum setzt einen Blick in die Vergangenheit voraus. Die meisten unserer größeren und großen Familienunternehmen sind entweder erst nach dem zweiten Weltkrieg entstanden oder haben in dieser Zeit die entscheidenden Impulse für ihr erstaunliches Wachstum und ihren Aufschwung gesetzt. Dabei ging die Gründerinitiative überwiegend von Ingenieuren und Technikern, seltener von Vertriebsspezialisten und kaum jemals von Finanzfachleuten aus.

Diese Tatsache hat die Betriebe bis heute geprägt: Kundennähe und Produkt stehen bei ihnen immer im Vordergrund. Dies ist auch die Ursache für ihre hohe Innovationsleistung. Die Kosten pro Patent sind in der Königsklasse fünfmal günstiger als im Großunternehmen. Gleichzeitig entwickeln sie sechsmal so viel Patente.6) Ihre hohe Kreativität prägt alle betrieblichen Bereiche, sei es in der Verpackung (Stichwort: Underberg Portionsflasche), sei es in der Ingenieurtechnik (Stichwort: faltbares Blech- Cabriodach), sei es in der Produktinnovation (Stichwort: Bionade) oder sei es in der Veränderung traditoneller Produktionsverfahren (Stichwort: Stanz-Nippel-Technik bei der Firma Trumpf).

Diese Stärken haben dazu geführt, dass wir in Deutschland heute mehr als zwölfhundert Familienunternehmen besitzen, die in ihrer jeweiligen Nische die Stellung eines Weltmarktführers beziehungsweise eines Oligopolisten einnehmen konnten.

Vernachlässigt wurden demgegenüber lange Zeit alle Bereiche des kaufmännischen Rechnungswesens, angefangen von der Optimierung der Passivseite der Bilanz über das Controlling bis hin zur Finanzstruktur. Dem Zugang zum Kapitalmarkt wurde in der technikorientierten Gründungsphase kein besonderer Stellenwert zugemessen mit der Folge, dass alle Branchen, in denen von Anfang an große Kapitalmengen benötigt werden (Luftfahrt, Energieerzeugung, Eisenbahn), den Familienunternehmen weitgehend fremd geblieben sind. Eine weitere, bis heute spürbare Auswirkung dieser Denkweise zeigt sich in der immer noch zögerlichen Akzeptanz innovativer Finanzprodukte wie Private Equity, Mezzanine oder Asset Backed Securities.

Diese Zurückhaltung ist im Zuge der Finanzkrise eher noch gewachsen. Die massiven Fehlsteuerungen seitens einer virtuellen Finanzwelt haben den Familienunternehmer zutiefst erschreckt und ihn in althergebrachten Vorurteilen bestärkt.

Bewahrung der Unabhängigkeit ist Kernziel

Für den Eigentümerunternehmer gibt es aus seiner ehemaligen Rolle als alleinherrschender Gründungsgesellschafter keine wichtigere Zielsetzung als die Bewahrung seiner Unabhängigkeit. Diese versucht er mit allen Mitteln gegenüber jedermann zu verteidigen, gegenüber den Banken, gegenüber seinen Lieferanten, seinen Kunden, seinen Mitarbeitern und nicht selten auch gegenüber der eigenen Familie. Dass die Finanzwirtschaft in den letzten Jahren vor Ausbruch der Krise aus ihrer dienenden in eine herrschende Rolle geschlüpft ist, war ihm stets ein Dorn im Auge. Intuitiv spürt er, wie sehr virtuelle Finanzströme seine unternehmerische Freiheit einengen können. Familienunternehmer wollen selbst führen, sie lehnen es ab, manipuliert zu werden; sie wollen die Zukunft ohne Mitwirkung irgendwelcher Partner ganz aus eigener Kraft gestalten.

Dieses Bestreben kommt in verschiedensten Gestaltungen zum Ausdruck. Es hat zum Beispiel nicht selten eine gewisse Vorliebe für die Rechtsform der Stiftung & Co. KG geweckt, nur um trotz Überschreiten einer Mitarbeiterzahl von 2000 die Mitbestimmung zu vermeiden. Aus demselben Grunde streben viele Familienunternehmer in die monistisch geprägte Europäische Aktiengesellschaft. Aber auch die Gründung von Schwestergesellschaften dort, wo sachlich eine Konzernierung angebracht wäre, nur um die ansonsten rechtlich zwingende Zusammenrechnung der Arbeitnehmerzahlen zu vermeiden, ist dem Wunsch nach Unabhängigkeit geschuldet.

Dieselben Überlegungen haben auch die Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien in den Fokus ihrer Betrachtung gestellt, und zwar möglichst mit einer GmbH & Co. KG als einzigem persönlich haftenden Gesellschafter, um neben der Stärkung ihrer Macht zugleich ihre wirtschaftliche beziehungsweise persönliche Haftung auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Auch der Wahl der international verfemten stimmrechtslosen Vorzugsaktien beim Börsengang liegt dieses Motiv zugrunde.

Rückendeckung der Regierung fehlt

Eine Stärkung seiner Unabhängigkeit sieht der Familienunternehmer ebenso in der Vermeidung von Publizität und Transparenz. Letzteres führt zur strikten Ablehnung der Regeln der internationalen Bilanzierung (IFRS - SME), die eine für ihn wettbewerbsmäßig unerwünschte Vergleichbarkeit herstellen und über den Ansatz von Zeitwerten den Einblick in die wirkliche Vermögenslage der Gesellschaft leichter ermöglichen als die traditionelle Rechnungslegung nach dem HGB.7) Umso mehr wächst in Unternehmerkreisen das Unverständnis darüber, dass bei ihrem Bemühen um Ablehnung der US-amerikanischen Bilanzregeln die Rückendeckung der Bundesregierung fehlt.8)

Auch die Tatsache, dass trotz hoher Synergiepotentiale bisher noch keine einzige gleichberechtigte Fusion zweier oder mehrerer relevanter Familienunternehmen stattgefunden hat, beruht auf der Furcht, in einer solchen Partnerschaft die eigene Unabhängigkeit ganz oder teilweise einzubüßen. Dasselbe gilt für die Ablehnung jeglicher gesellschaftsrechtlicher Beteiligung der Arbeitnehmer am Unternehmen, mag sie auch sozialpolitisch von den Gewerkschaften noch so sehr gefordert werden.

Die Ablehnung jeglicher Einflussnahme ist in besonderem Maße auch an den Staat adressiert. So ist das Misstrauen ihm gegenüber die Ursache für eine sehr spezielle Ausgestaltung der in der Unternehmensnachfolge häufig anzutreffenden Doppelstiftung. Bei einer solchen Gestaltung wird die als "Unternehmensträgerin" eingesetzte gemeinnützige Stiftung aus Furcht vor einer Einflussnahme der staatlichen Aufsicht unter die Kuratel einer vom Eigentümer beherrschten Familienstiftung oder wie bei Bosch - einer Industrietreuhand gestellt. Dieses Motiv dürfte wohl auch das schnelle Ende des von einer Unternehmensberatung kürzlich publizierten "Governance Kodex für Familienunternehmen"9) herbeiführen. Die Familienunternehmer befürchten hierbei zu Recht, dass der Staat, die Gewerkschaften oder sonstige Dritte die im Kodex ausgesprochenen Empfehlungen jederzeit nach Belieben vom Unternehmer und seiner Familie einfordern könnten.

Veränderungen an der Basis

Das Phänomen Familienunternehmen beruht auf zwei Säulen. Die erste ist die Familie, die zweite ist das Unternehmen selbst. Eine Bank, die mit den Eigentümern auf gleicher Augenhöhe ins Geschäft kommen will, muss die vor allem im letzten Jahrzehnt an dieser Basis eingetretenen Veränderungen kennen.

Erstens: Die gegenwärtige Krise von Ehe und Familie beruht nicht zuletzt auf der gesellschaftlichen Akzeptanz neuer Lebensformen sowie auf einer ständigen Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen. So werden beispielsweise von der Rechtsprechung solche Eheverträge zunehmend infrage gestellt, die den Partner in Unterhalts- und Versorgungsfragen über Gebühr benachteiligen.

Dasselbe gilt für Pflichtteilsverzichtsverträge, die nach Meinung des Gerichts unter Druck zustande gekommen sind. Es kommt hinzu, dass für das Unternehmen liquiditätsgefährdende Ausgleichsansprüche aus der Institution der bisher nicht relevanten gleichgeschlechtlichen Partnerschaft entstehen können.

Auch die gesetzliche Neuregelung des Pflichtteilsrechts erweist sich bei speziellen Fallgestaltungen für die Liquidität des Unternehmens als ebenso gefährlich wie die Gleichstellung zwischen ehelichen und unehelichen Kindern einschließlich der den Lebenspartnern eingeräumten Adoptionsmöglichkeit, welche die Zahl potenzieller Gesellschafter in unerwünschter Weise erhöhen kann. Vielen der vorgenannten gesetzlichen Änderungen vermag der Unternehmer nicht angemessen entgegenzuwirken, weil eine Anpassung des Gesellschaftsvertrages nur mit Zustimmung aller Beteiligten möglich ist.

Für den Bankberater jedoch, der die persönlichen Verhältnisse der Familie kennt, ergeben sich hieraus interessante Geschäftsmöglichkeiten: Seine Mitwirkung bei der im Zuge einer Neuregelung des Gesellschaftsvertrags erforderlichen Liquiditätssicherung sowie eine etwaige Bereitstellung von Mitteln zum Auskauf eines störenden Gesellschafters wird der Eigentümer dankbar zur Kenntnis nehmen.10)

Zweitens: Bei der Unternehmensnachfolge ist die Bank vorrangig nicht in der Frage der Übertragung der operativen Geschäftsführung auf die nächste Generation, wohl aber im Bereich der Gesellschafternachfolge gefordert. Denn wenn die Zahl der Gesellschafter gering gehalten werden soll, so erfordert dies in der Regel Umschichtungen des Unternehmensvermögens beim Ausgleich weichender Erben.

Die Möglichkeiten hierzu beginnen mit der Realteilung, sie gehen weiter über die Betriebsaufspaltung bis hin zum Verkauf von Betriebsteilen oder gar des gesamten Unternehmens. Ebenso benötigt der Unternehmer die Bank zur Sicherung der Unternehmensliquidität, wenn wegen des nachträglichen Wegfalls der im neuen Erbschaftsteuerrecht geregelten Verschonungsregelung Erbschaftsteuer in höherem Umfang anfällt.

Hilfestellung bei der Vermögensnachfolge

Drittens: Wichtig wird eine Hilfestellung der Bank auch bei der bisher wenig erforschten Vermögensnachfolge.11)Dabei geht es an dieser Stelle nicht um die Vermögensnachfolge als solche. Heutzutage sind die Familienmitglieder häufig über die ganze Welt verstreut. Hier gilt es, eine organisatorische Gestaltung zu finden, die trotz aller steuerlichen, eherechtlichen und erbrechtlichen Verschiedenheit der jeweils anzuwendenden Landesgesetze den weiteren Zusammenhalt des Vermögens sicherstellt. Die Aufgabe, eine solche international tragfähige Konzeption zu erstellen, ist schwierig, zumal - im Gegensatz zur der strategischen Unternehmensausrichtung hierbei der ertragsteuerlichen Optimierung die absolute Priorität zukommt.

Die derzeitige Befindlichkeit der Banken

Die Vielzahl der Familienunternehmen hat, wenngleich nicht ganz unbeschadet, so doch solider als andere Marktteilnehmer der Krise getrotzt.12) Grundsätzliche Bescheidenheit in der Entnahme und die althergebrachte Vorsicht bei der Bewertung haben sich als segensreiche Tugenden erwiesen. Die Banken reagieren auf den nun herrschenden Bedarf an Konsolidierung durchaus flexibel.

Das zeigt sich etwa in dem gewachsenen Angebot, den Unternehmer die Möglichkeiten des Factoring wieder sinnvoll nutzen zu lassen. Neue Investitionsfinanzierungen in Angriff zu nehmen ist nun, da es um die Überwindung der Krise geht, kein leichtes Unterfangen. Das ist zum Teil die eigene Schuld der Familienunternehmer, die es sich trotz spezieller Förderberater oft entgehen lassen, die hierzu möglichen öffentlichen Finanzmittel abzugreifen. Diese Gefahr besteht insbesondere, wenn das zu finanzierende Projekt nicht rechtzeitig mit den Bedingungen zugänglicher Förderprogramme abgestimmt wird und seine Entwicklung dann zu weit fortgeschritten ist, um die Bedingungen noch zu erfüllen.

Des Weiteren ist es indessen auch die Schuld der Institute. Jüngere Erfahrungen zeigen, dass die gestellten Anträge nicht immer mit der angezeigten Professionalität behandelt und die Konditionen der Förderprogramme bisweilen nicht immer konkurrenzfähig sind. Zu einer Ausschöpfung der tatsächlich möglichen Kreditvolumina ist es daher bisher nicht gekommen.

Ferner liegt eine Schwierigkeit der Fremdkapitalaufnahme darin, dass ein vor der Krise weithin genutztes Modell heute nur noch deutlich reduziert im Angebot ist: der Konsortialkredit. Die ehemals hier stark vertretenen ausländischen Banken (vor allem die Royal Bank of Scotland) haben sich vom deutschen Markt weitgehend bis vollständig zurückgezogen. Das hinterlässt Lücken in der Mittelstandsfinanzierung, die von den verbleibenden deutschen Banken nicht immer geschlossen werden, zumal sich deren Zahl durch jüngste Übernahmen, Fusionen und Pleiten noch reduziert hat.

Und schließlich - das ist nicht neu, wirkt hier aber als zusätzliches Hemmnis - sind die Familienunternehmer, wie oben bereits ausgeführt, traditionell transparenzscheu. Auf das vergangene, noch krisengeprägte Rating will die Bank aber - eigentlich zugunsten des Unternehmens - nicht abstellen, sondern sie will die künftigen Planzahlen analysieren. Dafür muss der Unternehmenseigner diese jedoch preisgeben wollen.

Familienunternehmen und Banken: Erst wieder zueinander finden

Auch bei der praktischen Durchführung von Restrukturierungen, die infolge der Krise anstehen, müssen Familienunternehmen und Banken erst wieder zueinander finden. Die Banken können durch die Art und Weise ihres Workout-Managements einen beträchtlichen Vertrauensverlust und einen großen Imageschaden durch unangemessenes Auftreten gegenüber dem Unternehmer vermeiden.

Es sollte nicht unterschätzt werden, dass es für die zum Ziel führende Umsetzung eines von der Bank vorgelegten Konzeptes eines Kommunikationsstils bedarf, der die persönlichen Eigenheiten des Unternehmers ernst nimmt. Allein die fachliche Kompetenz des Bankenvertreters und die sachliche Qualität seines Vorschlags reichen hierfür nicht aus. Denn beides ist kein Garant für die "Folgsamkeit" des Unternehmers, wenn durch bürokratisches Auftreten verkannt wird, in welcher Ausnahmesituation sich ein Familienunternehmer befindet, wenn er über die Existenzfähigkeit seines eigenen, lang gepflegten wirtschaftlichen "Herzstückes" verhandelt.

Einen möglichen Lichtblick innovativer Mittelstandsfinanzierung bietet indes die Börse Stuttgart mit ihrem neuen Handelssegment "Bondm".13) Für seine langfristige Refinanzierung findet der Familienunternehmer dort kostengünstig rechtliche Rahmenbedingungen vor, die speziell auf ihn zugeschnitten sind. So will zum Beispiel der schwäbische Anlagenbauer Dürr dieses Marktsegment zur Begebung einer Anleihe nutzen.

Die Banken haben in der Krise dazugelernt. Stand zuvor das Investmentbanking besonders hoch im Kurs, so wird inzwischen wieder das Mittelstandsgeschäft geschätzt - zu Recht, denn es ist weniger volatil und generiert damit für die Bankbilanzen gut kalkulierbare stabile Erträge.

Wiedergeburt des traditionellen Kundenberaters

Mit dieser Erkenntnis schlägt zugleich die Stunde der Wiedergeburt des traditionellen Kundenberaters. Er prägt das Bild der Bank vor Ort. Er begegnet - wenn man ihm die notwendigen Kompetenzen einräumt dem Unternehmer auf der Ebene von Mensch zu Mensch, und das schätzt dieser ganz besonders. Nur so entwickelt sich als Ergebnis eines langjährigen Kontaktes das Vertrauen, das die Grundlage für jedes Geschäft mit dieser Zielgruppe darstellt.

Fußnoten

1)Vgl. Hennerkes, Die Familie und ihr Unternehmen, 2. Auflage, Frankfurt am Main/New York 2005, S. 16ff.

2)Vgl. Terminologie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, www.bmwi.de/BMWI/Navigation/mittelstand.html.

3)Zu den Finanzinstrumenten für die verschiedenen Unternehmenskategorien, Schielke in Kirchdörfer/ Lorz/Wiedemann/Kögel/Frohnmayer, Familienunternehmen in Recht, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, Festschrift für Hennerkes, München 2009, S.232, Tabelle 2.

4)Vgl. dazu Wiedemann/Frohnmayer in FS Hennerkes, a.a. O., S. 289f.

4)Vgl. zum Wandel in der Unternehmensfinanzierung Ackermann in FS Hennerkes, a.a. O., S. 241ff.

6)Vgl. Wimmer/Domayer/Oswald/Vater "Familienunternehmen - Auslaufmodell oder Erfolgstyp?", 2. Aufl., Wiesbaden 2005, S. 14f.

7)Vgl. Gegenüberstellung von HGB-Bilanzierung und IFRS bei Winkeljohann/Reuther (Hrsg.), Bilanzrecht in Familienunternehmen, Berlin 2009, S. 9ff.

8)Näher zum Stand der Diskussion: Stiftung Familienunternehmen, Studie "Die internationalen Bilanzierungsrichtlinien", München 2010, S. 1ff.; vgl. auch Hennerkes/Layer in Fink/Schultze, Bilanzpolitik und Bilanzanalyse nach neuem Handelsrecht, Stuttgart 2010, S. 415ff.

9)INTES-Akademie für Familienunternehmen, "Corporate Governance Kodex für Familienunternehmen", Bonn 2010, www.kodex-fuer-familienunternehmen.de; zum aktuellen Stand der Diskussion gibt Lange in FS Hennerkes, a.a. O., S. 135ff; siehe dazu auch Hennerkes in "Tagungsband Governance" im Familienunternehmen, Universität Bayreuth (erscheint demnächst).

10)Vgl. Kirchdörfer/Lorz in Festschrift Hennerkes a.a. O. S. 344ff.

11)Vgl. Hennerkes/Lorz in Optimus, UBS-Magazin für Privatanleger, Ausgabe 3/2001, S. 44ff.

12)Vgl. Duhnkrack in Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, Ausgabe 7/2010. S. 350ff.

13)Siehe auch: www.boerse-stuttgart.de/de/handelssegmenteundhandelsinitiativen/bondm/uebersicht. html.

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