Aufsätze

Elemente eines stabilitätsorientierten Rahmens für die Finanzmärkte und die Staatsfinanzen in der EWU

Seit mehr als drei Jahren hält die Finanz- und Wirtschaftskrise Finanzmärkte, Realwirtschaft und politische Entscheidungsträger in Atem. Bei ihrem Ausbruch im Sommer 2007 ahnten die Wenigsten, dass sie sich nur ein Jahr später zum schwersten globalen Wirtschaftseinbruch der Nachkriegszeit auswachsen würde. Inzwischen hat die Realwirtschaft - unterstützt von geld- und finanzpolitischen Stimuli - vielfach wieder deutlich an Schwung gewonnen, und nicht zuletzt die deutsche Wirtschaft ist eindrucksvoll auf dem Weg, die krisenbedingten Einbußen wieder aufzuholen. Der globale Abschwung und die daraufhin ergriffenen fiskalischen Stabilisierungsmaßnahmen haben jedoch im Verbund mit den massiven Problemen an den Finanzmärkten und den erforderlichen Stützungsmaßnahmen zu einer dramatischen Verschlechterung der Lage der öffentlichen Haushalte in zahlreichen Industrieländern geführt. In einigen Ländern an der Peripherie der Europäischen Währungsunion verschärfte sich das Problem gar zu einer ausgewachsenen Vertrauenskrise.

Fundamentale Prinzipien erheblich strapaziert

In sämtlichen Phasen der sich entfaltenden Dynamik der Krise - von der Finanz- zur Wirtschafts-, zur Schuldenkrise - wurden von den politischen Entscheidungsträgern umfangreiche Ad-hoc-Maßnahmen ergriffen, die maßgeblich zur Stabilisierung der Entwicklung beigetragen haben. Zahlreiche Entscheidungen mussten unter hohem Zeitdruck, teils ohne Präzedenzfall entschieden werden. Vor dem Hintergrund der jeweiligen akuten Gefährdungslagen waren diese Entscheidungen vielfach unausweichlich. Gleichwohl wurde das Grundgerüst einer marktwirtschaftlichen Ordnung teilweise bis an die Grenze gedehnt. Insbesondere mit Blick auf die Europäische Währungsunion wurden fundamentale Prinzipien in erheblicher Weise strapaziert.

Krisenereignisse legen zugleich immer auch Unzulänglichkeiten des Vor-Krisen-Ordnungsrahmens offen. Mit dem Blick nach vorne die richtigen Lehren aus der Krise zu ziehen, bedeutet einerseits, diese Schwachpunkte zu erkennen und sie an der Wurzel zu beheben. Andererseits gilt es aber auch einen Rahmen zu erhalten, in dem sich marktwirtschaftliche Kräfte entfalten können und nicht weitgehend durch staatliche Steuerungs- und Regulierungsbestrebungen ersetzt werden. Eine wichtige Erkenntnis der letzten drei Jahre ist, dass die Risiken eines hochentwickelten, verletzlichen Finanzsystems die Achillesferse für sämtliche Felder einer stabilitätsorientierten Makropolitik darstellen können. Ein nicht hinreichend widerstandsfähiges Finanzsystem übt einen massiven Druck auf die Geld- und die Finanzpolitik zu massiven Risikoübernahmen aus, die letztlich das Vertrauen in die Solidität der öffentlichen Finanzen und eine auf Preisstabilität ausgerichtete Geldpolitik gefährden können.

Eine zweite Erkenntnis ist, dass dort, wo die Risiken eines global gefährdeten Finanzsystems auf ein ohnehin bereits geschwächtes makroökonomisches Fundament treffen - beispielsweise in Gestalt einer strukturell defizitären Finanzpolitik, nicht tragfähiger Wirtschaftsmodelle zum Beispiel in Verbindung mit stark überhitzten Immobilienmärkten -, sich die Probleme sehr rasch potenzieren und zu einer fundamentalen Vertrauenskrise mit Ansteckungseffekten über Ländergrenzen hinweg auswachsen können. Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems

Die maßgebliche Lehre aus diesen erkennbar gewordenen Schwachstellen ist daher die Notwendigkeit der Erhöhung der Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems. Darüber hinaus ist es unerlässlich, präventiv finanzpolitischen und anderen makroökonomischen Verwundbarkeiten entschlossener entgegenzutreten, als dies bislang der Fall war. Schließlich muss in Anerkennung der Tatsache, dass sich Krisen auch durch gehärtete Fiskalregeln und makroökonomische Überwachung nicht vollständig ausschließen lassen, ein geregeltes Verfahren für den Umgang mit einer Krise in einem Land gefunden werden, das mit den fundamentalen Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft und - im europäischen Kontext - der Währungsunion vereinbar ist.

Reformanstrengungen sind dabei auf verschiedenen Feldern und sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene erforderlich. Insbesondere auf dem Gebiet der Finanzmarktregulierung ist man bereits ein gutes Stück vorangekommen. Aber auch auf anderen Feldern - vor allem bei der Entwicklung eines zukünftig tragfähigen Rahmens für die Europäische Währungsunion - zeichnen sich Reformen inzwischen deutlich ab. Stärker in den Fokus der Reformbemühungen sollte dabei auch die Verzahnung zwischen den Bereichen Finanzmarktregulierung und Stärkung des finanzpolitischen Rahmenwerks treten. Dies ist nicht zuletzt für die Europäische Währungsunion von besonderer Bedeutung. Denn wie die Gefährdungslagen in den gegenwärtigen Krisenländern zeigen, bestehen zwischen fiskalischen Schieflagen innerhalb des Euro-Raums und Verwundbarkeiten des Finanzsektors erhebliche Wechselwirkungen.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat die deutschen Banken massiv belastet und Schwachstellen schonungslos offenbart. Zwar ist zu konstatieren, dass sich das heimische Bankensystem in der Breite als widerstandsfähig erwies. Dies ist vor allem drei Faktoren geschuldet: Erstens war die deutsche Volkswirtschaft, nicht zuletzt dank umfangreicher Reformen in den Unternehmen und am Arbeitsmarkt zu Beginn der Krise gut aufgestellt, und die Entwicklung der Arbeitslosigkeit sticht hier besonders positiv heraus. Hiermit hängt zusammen, dass zweitens die deutsche Wirtschaft nicht unter gravierenden binnenwirtschaftlichen Ungleichgewichten gelitten hatte. Insbesondere der Immobilienmarkt blieb von Überhitzung und Blasenbildung verschont. Drittens war die finanzpolitische Ausgangslage bei Ausbruch der Krise noch relativ günstig, und das in der Vergangenheit erworbene Vertrauen in den "Stabilitätsanker Deutschland" schlug positiv zu Buche.

Nur dadurch war es in Deutschland möglich, einen merklichen Stabilisierungsbeitrag für das Finanzsystem und die Realwirtschaft zu leisten - und zwar nicht nur mit Blick auf Deutschland selbst, sondern auch auf die gesamte Währungsunion, für die sich Deutschland ebenfalls als stabilisierender Faktor erweist. Angesichts dessen blieb die vielfach befürchtete Rückkoppelung der realwirtschaftlichen Rezession auf das Finanzsystem über eine Kreditklemme aus.

Spezifische Probleme im deutschen Bankensystem

Trotzdem sind spezifische Probleme im deutschen Bankensystem durch die Krise klar hervorgetreten. Insbesondere die großen, am Kapitalmarkt aktiven Institute verzeichneten 2008 und 2009 teils erhebliche Verluste und zwangen die Politik zu massiven Stabilisierungsmaßnahmen in deren Folge das öffentliche Defizit und der Schuldenstand merklich zunahmen. Eine Beseitigung dieser Schwachstellen erfordert zum einen eine Stärkung der Eigenkapitalbasis der betreffenden Banken. Diesbezüglich sind wichtige internationale Regulierungsfortschritte erreicht. Unerlässlich erscheint jedoch darüber hinaus zum anderen auch eine Anpassung der Marktstruktur, vor allem bei den Landesbanken. Schließlich verdeutlicht die Tatsache, dass die bankenspezifischen Probleme in Deutschland auf die größeren Institute konzentriert waren, die Notwendigkeit über präventive Instrumente in Form einer Eigenkapitalstärkung hinaus auch Maßnahme der geordneten Krisenresolution für systemisch bedeutsame Banken in den Blick zu nehmen.

Seit Anbeginn der Finanzkrise gab es intensive Bemühungen, Regulierungslücken zu schließen und das Finanzsystem robuster zu machen. Dabei gehen die regulatorischen Reformen inzwischen aus gutem Grund deutlich über die Krisenursachen im engeren Sinne hinaus. Von wesentlicher Bedeutung sind dabei die strengeren Eigenkapital- und Liquiditätsregeln nach Basel III. Höheres und hochwertigeres Eigenkapital soll für eine bessere Verlustabsorptionsfähigkeit der Finanzinstitute sorgen. Die neu entwickelten Liquiditätsregeln sollen Risiken aus der Fristeninkongruenz in den Bankbilanzen entgegenwirken.

Die Basel III-Regeln müssen weltweit möglichst zügig und einheitlich in nationales Recht umgesetzt werden, um regulatorische Arbitrage nach Möglichkeit zu verhindern. Die Finanzkrise hat indes deutlich gemacht, dass die Erfüllung prudenzieller Kennziffern auf Einzelinstitutsebene keinen hinreichenden Schutz gegen systemische Krisen bietet. Für ein krisenfesteres Finanzsystem ist deshalb eine Aufsicht erforderlich, die das gesamte Finanzsystem in den Blick nimmt und bei erkennbaren Risiken entsprechende Gegenmaßnahmen makroprudenzieller Art ergreift.

Mit der Einrichtung eines Europäischen Systemrisikorates, der im Jahr 2011 seine Arbeit aufnimmt, ist eine Institution geschaffen worden, die für die Analyse systemischer Risiken eine zentrale Bedeutung haben wird. Die Umsetzung konkreter Maßnahmen wird jedoch - aus gutem Grund - weiterhin vorwiegend den nationalstaatlichen Aufsichtsbehörden vorbehalten sein. Dazu zählt auch der Umgang mit den global agierenden systemisch relevanten Finanzinstituten (G-SIFIs), für den auf G20-Ebene bislang lediglich Rahmenbedingungen vereinbart wurden.

Krisenlösungsmechanismen etablieren

Aber auch im Zusammenhang mit den institutionellen und regulatorischen Finanzmarktreformen bleibt die ernüchternde Erkenntnis, dass sich Krisen nicht völlig verhindern lassen werden. Um für die Zukunft besser gewappnet zu sein, aber auch zum Abbau erheblicher Unsicherheitsfaktoren ist es deshalb sinnvoll, Krisenlösungsmechanismen zu etablieren. Der Zweck solcher Mechanismen besteht darin, Schieflagen systemrelevanter Finanzinstitute zu bewältigen und insolvente Institute geordnet abwickeln zu können. Dabei soll die Stabilität des Finanzsystems gewährleistet und der Steuerzahler möglichst geschont werden.

Das zum Jahreswechsel in Kraft tretende Restrukturierungsgesetz enthält die wesentlichen Elemente einer solchen Krisenresolutionsstrategie für Deutschland. Kern des Gesetzes ist die Einführung eines Reorganisationsverfahrens für angeschlagene Banken. Die für entsprechende Maßnahmen erforderlichen Finanzmittel sollen über einen Restrukturierungsfonds aufgebracht werden, der von der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) als Sondervermögen des Bundes verwaltet und durch Beiträge der Kreditwirtschaft finanziert werden soll. Eine derartige Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Krisenbewältigung ist grundsätzlich angemessen. Bankenabgaben wie im deutschen Fall lassen sich sowohl mit dem Verursacherprinzip als auch mit Nutznießerprinzip rechtfertigen. Banken gehören nicht nur zu den maßgeblichen Verursachern der Krise, sondern auch zu den größten Nutznießern der staatlichen Stabilisierungsmaßnahmen, selbst wenn sie keine Hilfen direkt in Anspruch nehmen.

Das Restrukturierungsgesetz mit der Bankenabgabe ist vor allem der Versuch einer Antwort auf die spezifische Problematik der systemischen Finanzinstitute. Gegenwärtig werden zudem komplementäre Ansätze, die stärker auf der Eigenkapitalseite der Institute ansetzen, im G20-Zusammenhang diskutiert. Das Vorhalten höherer Eigenkapitalpuffer hat gegenüber Bankenabgaben und anderen Finanzmarktsteuern zwei wesentliche Vorteile: Zum einen ermöglicht das mit Basel II eingeführte System der Risikoadjustierung eine genauere Lenkungswirkung. Eigenkapitalanforderungen können somit einen besseren Beitrag zur Systemstabilität leisten als Bankenabgaben. Zum anderen werden den Finanzunternehmen durch strengere Eigenkapitalanforderungen keine Mittel entzogen, vielmehr stehen diese gerade nach der enger gefassten Definition von hartem Kernkapital voll zur Verlustabsorption bereit.

Das Aufkommen aus der Bankenabgabe kommt dagegen zweckgebunden dem Restrukturierungsfonds zugute, jedoch nicht dem allgemeinen Haushalt, dem das Aufkommen aus einer Finanzmarktsteuer zufließen würde. Die Schaffung von Nebenhaushalten ist unter dem Gesichtspunkt der Haushaltsklarheit zwar grundsätzlich bedenklich. Alles in allem jedoch ist die Erhebung einer Bankenabgabe als Ergänzung zu den strengeren Eigenkapitalregeln ein vertretbares Instrument, mit dem der Finanzsektor an den Kosten zukünftiger Stabilisierungsmaßnahmen beteiligt werden kann, damit die Kosten nicht vom Steuerzahler alleine getragen werden müssen. Eine merkliche Lenkungswirkung ist von der Abgabe allerdings nicht zu erwarten. Sie sollte damit aber auch nicht beabsichtigt werden, da andere Instrumente zielgerichteter wirken können.

Ein tragfähiger Rahmen für die Europäische Währungsunion

Die Zuspitzung der Finanzkrise zu einer Vertrauenskrise der öffentlichen Finanzen in einigen Ländern des gemeinsamen Währungsraums hat gravierende Schwachstellen im institutionellen Rahmenwerk der Währungsunion offenbart. Das existierende Regelwerk hat die krisenhafte Entwicklung in diesen Ländern nicht verhindert. Im Umfeld der schweren realwirtschaftlichen Einbrüche und fragiler Finanzsysteme entstanden Risiken für die Finanzstabilität im Euro-Raum als Ganzes. Diese Gefährdungslage führte zu koordinierten europaweiten Rettungsaktionen. Obwohl diese Maßnahmen eine kurzfristige Zuspitzung der Krise verhinderten, strapazieren sie die Fundamente der Währungsunion erheblich, die insbesondere den Haftungsausschluss der Mitgliedsländer untereinander beinhalten.

Genauso wie aus der Finanzkrise müssen auch aus der Schuldenkrise einiger Länder des Euro-Raums umfassende Konsequenzen gezogen werden. Analog zu den komplementären Maßnahmen auf dem Feld der Finanzmarktregulierung müssen die Reformen in der "Governance" der EWU zwei wesentliche Aspekte im Blick haben. Erstens geht es um die Stärkung des fiskalischen Regelwerks, um dem Entstehen vergleichbarer Schieflagen in Zukunft effektiver vorzubeugen. Darauf zielen die angestrebten Reformen der europäischen Fiskalregeln ab, die dem Stabilitäts- und Wachstumspakt mehr Biss verleihen sollen. Präventiv wirken soll auch die Einführung einer makroökonomischen Überwachung der Mitgliedstaaten, mit deren Hilfe auch nicht-fiskalische Ungleichgewichte frühzeitig erkannt, benannt und angegangen werden sollen.

Analog zu den Reformen im Bereich der Finanzsysteme ist allerdings zur Frage eines stabilen Ordnungsrahmens für die EWU zu konstatieren, dass Prävention zwar von essenzieller Bedeutung ist. Dies jedoch noch keine Garantie zur Verhinderung zukünftiger Krisen ist. Tragfähige Mechanismen zur Resolution systemischer Krisen sind deshalb auch für den Euro-Raum dringend geboten. Dabei ist offensichtlich: Je besser es der Finanzmarktregulierung gelingt, systemische Risiken zu vermeiden, desto weniger relevant werden entsprechende Instrumente auf der europäischen Ebene. Reformen der EWU-Governance sind deshalb nicht unabhängig von Fragen der Finanzmarktregulierung zu sehen. Wenn das Finanzsystem nicht insgesamt widerstandsfähiger wird, dann wird eine noch so ambitionierte Änderung der fiskalischen und makroökonomischen Überwachung unvollkommenes Stückwerk bleiben.

Höhere Bindungswirkung der europäischen Haushaltsregeln

Die Schaffung eines tragfähigen Ordnungsrahmens für die Währungsunion wird zudem nicht ohne ein realistisches Verständnis der Ausgangsbedingungen gelingen. So wird auch das zukünftige Rahmenwerk der EWU auf einer grundsätzlich eigenverantwortlichen nationalen Finanz- und Makropolitik basieren, und das Subsidiaritätsprinzip wird eine entscheidende Rolle spielen. Quantensprünge hin zu einer vergemeinschafteten Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie einer Transferunion zeichnen sich nicht ab.

Bei weiterhin eigenverantwortlichen nationalen Politiken, über die letztlich die Wähler und Parlamente der Mitgliedstaaten entscheiden, muss eine Reform des fiskalischen Regelwerks folglich auf eine höhere Bindungswirkung der europäischen Haushaltsregeln abzielen. Die vom Europäischen Rat auf den Weg gebrachte Änderung des Stabilitäts- und Wachstumspakts ist dabei grundsätzlich als Fortschritt gegenüber dem Status quo anzusehen. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die Anpassungen hinter dem zurückzubleiben drohen, was nicht zuletzt vor dem Hintergrund der jüngsten Erfahrungen als notwendig zu erachten ist. So wird auch zukünftig der Ecofin-Rat über die wesentlichen Verfahrensschritte beschließen und Automatismen spielen keine entscheidende Rolle.

Es wäre für eine Stärkung der Bindung nationaler fiskalischer Regeln an die europäischen Vorgaben deshalb sehr zu begrüßen, wenn die Reform des europäischen Rahmenwerks durch zuverlässige nationale Regeln unterfüttert würde. Die grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse in Deutschland ist hier sicherlich zu begrüßen und dürfte durchaus einen Beitrag zur Verankerung des Vertrauens in solide Staatsfinanzen in Deutschland gehabt haben. Mit Blick auf die neu zu schaffende makroökonomische Überwachung wird es entscheidend darauf ankommen, das Regelwerk nicht für eine umfassende makroökonomische Feinsteuerung zu missbrauchen, sondern eine zielgenaue Ausrichtung auf die Vermeidung gravierender Fehlentwicklungen und Ungleichgewichte zu erreichen.

Der Europäische Rat hat zudem die wesentlichen Weichenstellungen für einen dauerhaften Krisenbewältigungsmechanismus vorgenommen. Damit wird im Grundsatz zugestanden, dass trotz stringenterer Anforderungen auf den vorgelagerten Stufen der Krisenvermeidung angesichts stark verflochtener Finanzmärkte Risiken für die Stabilität im Euro-Raum insgesamt entstehen können, die eine koordinierte Krisenreaktion erforderlich machen.

Bekenntnis zum Grundprinzip des Haftungsausschlusses

In diesem Zusammenhang ist zu begrüßen, dass der Europäische Rat ein Bekenntnis zum Grundprinzip des Haftungsausschlusses abgegeben hat. Dies stellt klar, dass etwaige Hilfen nur in systemischen Ausnahmefällen gewährt werden können. Eine unkonditionierte, gesamtschuldnerische Haftung ist damit unvereinbar. Mit der Konkretisierung der jüngst von der Eurogruppe beschlossenen und dem Europäischen Rat angenommenen Leitlinien kann nun ein dauerhafter Mechanismus auf völkerrechtlicher Basis etabliert werden. Hierin ist die Solidargemeinschaft Währungsunion als Verantwortungsgemeinschaft zu definieren, in der die Mitgliedsländer an deren allseitigen Vorteilen partizipieren können, ohne dass eine mögliche Unterstützung zu einer Überforderung und damit Erosion der Akzeptanz der Währungsunion in den Hilfe gewährenden Ländern führen muss.

Ebenfalls entscheidend sind in diesem Zusammenhang die Bindung der einstimmig zu beschließenden Unterstützung an ein Liquiditätsproblem sowie die Einbeziehung privater Gläubiger im Fall nicht vorhandener Tragfähigkeit der Staatsfinanzen. Letzteres soll durch entsprechend formulierte Anleihebedingungen sowie - angesichts der Schwierigkeit, in einer sich entfaltenden Krise zwischen Liquiditäts- und Solvenzproblemen zu unterscheiden - durch einen bevorrechtigten Gläubigerstatus der Unterstützung gewährenden Institution geschehen. Entscheidend für eine nachhaltige Krisenresolution ist es darüber hinaus, in den Konditionen für etwaige Hilfen wirksame Anreize für die Empfängerländer zu schaffen, Vertrauen an den Märkten möglichst rasch zurückzugewinnen.

Eine Reform der EWU, die diesen Marksteinen genügt, wird im Verbund mit einer durchgreifenden Finanzmarktregulierung die Europäische Währungsunion nachhaltig gestärkt aus der Krise hervorgehen lassen. Aus einer Finanzkrise nicht eine Krise in das Vertrauen der handelnden Institutionen erwachsen zu lassen - sei es die der Geldpolitik, sei es die der Finanzpolitik -, muss das alles überragende Ziel sämtlicher Reformanstrengungen sein.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X