Positionen

Einlagensicherung: Stellungnahmen der deutschen Kreditwirtschaft

Gerhard Hofmann (BVR)

"Der Vorschlag der EU-Kommission zur Beitragskalkulation ist viel zu detailliert und damit zu theoretisch."

Gerhard Hofmann, Mitglied des Vorstands, Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e. V. (BVR), Berlin

Seit die Europäische Kommission im Juli 2010 ihren Reformplan für eine neu gestaltete Einlagensicherungsrichtlinie vorgelegt hat, laufen intensive Verhandlungen zu diesem Thema. Dabei herrschte in allen Diskussionen Einigkeit darüber, dass auf europäischer Ebene Handlungsbedarf besteht. Die Einlagensicherung in Europa muss leistungsfähiger werden und helfen, dass künftige Finanzkrisen besser, sprich möglichst ohne staatliche Hilfen, bewältigt werden.

Für den Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) und die genossenschaftliche Finanzgruppe insgesamt hatte der neue Regulierungsansatz von Beginn an höchste Priorität. Die Sicherungseinrichtung des BVR ist Rückgrat und Klammer für die genossenschaftlichen Institute in Deutschland - und kann dabei auf eine nunmehr über 75-jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken, die weltweit ihresgleichen sucht. Alle Krisen bewältigte die genossenschaftliche Finanzgruppe aus eigener Kraft, nie musste der Staat stützend eingreifen.

Die Organisation und Überwachung der BVR-Sicherungseinrichtung zeigt darüber hinaus, dass funktionierende interne Governance-Strukturen bestehen - zuletzt bestätigt durch eine Gemeinschaftsstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft, IW Köln, mit der Universität Köln, Lehrstuhl Bank-BWL - die einen wesentlichen Beitrag zur Funktions- und Leistungsfähigkeit der Sicherungseinrichtung des BVR liefern. Als institutssicherndes System gewährleistet die BVR-Sicherungseinrichtung gleichzeitig ein Höchstmaß an Verbraucherschutz. Die neue Regulierung auf EU-Ebene ist somit von zentraler Bedeutung, sowohl für die genossenschaftlichen Banken in Deutschland als auch für das Vertrauen der Kunden in die Sicherheit ihrer Einlagen.

Mehr Flexibilität

Bei Vorlage des Entwurfes der EU-Kommission in 2010 war die Verwunderung groß, dass neben vielen Details gerade die Institutssicherung zu einem harmonisierten System der Einlagensicherung - verstanden primär als "Paybox" - nur noch ergänzend und nachrangig akzeptiert werden sollte. Dieser zentrale Kritikpunkt des BVR, dessen Umsetzung gravierende Nachteile für die institutssichernden Systeme zur Folge gehabt hätte, scheint nun vom Tisch, dies nicht zuletzt, weil der Berichterstatter des EU-Parlaments, Herr MdEP Peter Simon (siehe dazu Beitrag in diesem Heft), zu Recht mehr Flexibilität in der Gestaltung von Sicherungssystemen einforderte.

Dabei werden Kernanforderungen an die jeweiligen Systeme formuliert, deren Umsetzung eben nicht nur durch klassische Einlagensicherungssysteme, sondern gleichberechtigt auch durch institutssichernde Systeme erfolgen kann. Diesem Grundgedanken hat sich dem Vernehmen nach auch der Europäische Rat angeschlossen. Mit Blick auf die anstehenden Triloggespräche zwischen Kommission, Parlament und Rat ist indes weiterhin hohe Aufmerksamkeit geboten. Der BVR hat weitere Anliegen artikuliert und begründet.

Besicherte Garantien als Mittel

An erster Stelle zu nennen ist die Diskussion um die Aufbringung der Finanzmittel des richtlinienkonform aufzubauenden Fonds. Hierbei soll nicht die Frage nach dessen Höhe im Mittelpunkt stehen, auch wenn eine niedrigere Fondshöhe im Hinblick auf die Belastungen der Banken angemessen wäre. Den Interessen der Kunden in die Seriosität und finanzielle Stabilität des Gesamtsystems wäre damit noch immer gut Rechnung getragen. Vielmehr ist es angemessen und richtig, nicht alle Mittel des Fonds gemäß Art. 2 Abs. (1) lit. (i) des RL-Entwurfs als Barmittel von den Instituten einzufordern.

In der Praxis haben sich in Europa - nicht nur mit dem Garantieverbund der BVR- Sicherungseinrichtung, sondern auch mit vergleichbaren Systemen in Portugal, Frankreich und der Schweiz - Konzepte etabliert und bewährt, die besicherte Garantien, sogenannte "irrevocable payment commitments", ebenfalls als "Mittel" anerkennen. Damit lassen sich die Sicherheitsansprüche des Sicherungssystems bezüglich der Mittelausstattung mit den Belastungen der Banken besser in Einklang bringen. Dass dafür besondere Bedingungen gelten sollten, ist nachvollziehbar und auch bereits in der Diskussion. Die Höhe sollte aber nach unseren Erfahrungen deutlich über den zuletzt genannten zehn Prozent der verfügbaren Mittel liegen. Ein Drittel wäre angemessen.

Ein weiterer Punkt von besonderem Interesse für den BVR ist die bislang etwas nachrangig diskutierte Frage der Mittelanlage der aufgebauten Fondsmittel. Dies steht vielleicht auch deshalb weniger im Vordergrund, weil doch eine Mehrheit der Systeme in Europa bislang überwiegend "ex post" finanziert ist und sich die Frage nach der Mittelanlage nicht drängend stellte. Jedenfalls gibt es aus Sicht des BVR keine Veranlassung, dass die in Art. 2 Abs. (1) lit. (j) des RL-Entwurfs vorgeschlagene Grundidee der Mittelanlage durch Vorschriften hinsichtlich Laufzeit der investierten Papiere (maximal 24 Monate) sowie Auswahl der Anlage nach Art und Umfang (maximal fünf Prozent in eine Wertpapiergattung) eingeschränkt wird.

Die Erkenntnisse aus Kursverläufen von festverzinslichen Wertpapieren - gerade auch Staatsanleihen im Euro-Raum - im Zuge der Finanzmarktkrise und die praktischen Erfahrungen des BVR bei der

Anlage seiner Mittel im Rahmen einer professionellen Vermögensverwaltung (langfristige Asset-Allocation durch ein "Balan-cing-Immuno-Konzept" der Union Institutional Investment) beweisen jedenfalls das Gegenteil. Es gab bei keinem einzelnen Sicherungssystem in Europa oder den USA bisher Probleme aus der Anlage von Mitteln. Deshalb besteht hier grundsätzlich kein Regelungsbedarf der EU. Vor allem sollte die EU nicht Regeln verordnen, die sehr formalistisch sind und letztlich keine höhere Sicherheit der Mittelanlage bringen.

Beitragskalkulation zu theoretisch

Ebenfalls unter dem Stichwort "Flexibilität" muss ein dritter, für den BVR bedeutender Punkt angeführt werden - nämlich die Frage nach der adäquaten Regelung der Beitragskalkulation je Einzelinstitut. Der Vorschlag der EU-Kommission ist viel zu detailliert und damit zu theoretisch. Wir sind der Überzeugung und können dies mit den Erfahrungen aus dem Rating unserer Mitgliedsbanken dokumentieren, dass auch hier praxiserprobte und für das jeweilige System passende Verfahren eingesetzt werden dürfen. Risikoorientierte Beiträge sind essenziell. Wie jedoch dieser genau berechnet wird, muss die EU nicht vorschreiben, jedenfalls nicht für Systeme, die in diesem Punkt langjährige Erfahrung vorweisen können. Der europäische Gesetzgeber sollte sich auf die Vorgabe der für alle Systeme geltenden Mittelausstattung beschränken.

Ein vierter - und nicht minder wichtiger - Punkt bleibt der Themenkomplex der Nutzung oder Verwendung der vorhandenen Fondsmittel für sogenannte "early in-tervention"-Maßnahmen, also das frühzeitige Eingreifen, um kostspielige spätere Interventionen zu vermeiden und das beste Stabilisierungsergebnis zu erreichen. Für den BVR mit seiner Sicherungseinrichtung hat sich die besondere Bedeutung präventiver, frühzeitiger Maßnahmen eindrucksvoll bestätigt. Somit ist es für das BVR-System der Institutssicherung unverzichtbar, dass Prävention und insolvenzverhindernde Maßnahmen möglich bleiben, das heißt auch, dass die Mittel des Sicherungsfonds weiterhin hierfür verwendet werden dürfen. Aus europäischer Sicht können offenbar sogar Mittel, die die Sicherungseinrichtung für die Sanierung von Banken einsetzt, eine "early intervention" begründen, das heißt sie wären keine "restructuring measure" wie beispielsweise bei der Abwicklung von insolventen Banken.

Keine Überregulierung

Bei der Mittelverwendung dürfen durch die neue Richtlinie keine formalen und materiellen Hürden aufgebaut werden, die das erfolgreiche Eingreifen der BVR-Sicherungseinrichtung gefährden. Zu befürchten wären hier langwierige und detaillierte Abstimmungsschritte mit Aufsichtsbehörden - unser Blick geht hier auch in Richtung EBA, die über technische Standards oder Empfehlungen das Verfahren verkomplizieren kann - oder gar materielle Einschränkungen, welchem Typ von Bank ein institutssicherndes System mit welchen Maßnahmen im Krisenfall beispringen darf.

Der BVR bleibt zuversichtlich, dass es mit der neuen EU-Einlagensicherungsrichtlinie am Ende zu einer ausgewogenen, praktikablen und materiell tragfähigen, aber vor allem aus Kundensicht vorteilhaften Regulierung kommt. Die Einlagensicherung ist dabei sicherlich eines der Kernelemente der neuen europäischen Finanz- und Aufsichtsarchitektur, sollte aber nicht überreguliert und inflexibel harmonisiert werden. Die genossenschaftliche Finanzgruppe jedenfalls hat in den vergangenen Jahrzehnten bewiesen, dass sie zum Betreiben eines uneingeschränkt funktionsfähigen und vertrauenswürdigen Institutssicherungssystems willens und fähig ist.

Es kann auch nicht im Interesse der für die Regulierung Verantwortlichen in Brüssel oder Berlin liegen, funktionierende Sicherungssysteme, die in der Krise wesentlich zur Systemstabilität beitrugen, durch eine Änderung der entsprechenden Einlagensicherungsrichtlinie letztlich zu diskreditieren oder weniger wirksam zu machen. Ein Experimentieren an bewährten Systemen der Institutssicherung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken würde den von der EU selbst gesteckten Zielen Verbraucherschutz und Finanzmarktstabilität zuwiderhandeln.

Hans-Joachim Massenberg (BdB)

"Die im Richtlinienentwurf vorgesehene Harmonisierung schießt weit über das Ziel hinaus."

Dr. Hans-Joachim Massenberg, Mitglied der Hauptgeschäftsführung, Bundesverband deutscher Banken e. V. (BdB), Berlin

Wo stehen wir derzeit in der Diskussion um eine Harmonisierung der europäischen Einlagensicherungssysteme? Zuletzt hatte die Europäische Kommission im Oktober 2008 einen Vorschlag zur Änderung der bestehenden Richtlinie 94/19/EG unterbreitet und damit auf die Finanzmarktkrise reagiert. Basierend auf diesem Vorschlag wurde in einer Richtlinienänderung durch Rat und Europäischem Parlament Anfang 2009 die bis dahin geltende Mindestsicherungsgrenze von 20000 Euro erhöht. Die Mitgliedstaaten wurden durch die Änderung verpflichtet, die Sicherungsgrenze in einem ersten Schritt, bis spätestens Juni 2009, auf mindestens 50000 Euro und in einem weiteren Schritt, bis spätestens zum 31. Dezember 2010, auf 100000 Euro zu erhöhen.

Einheitliche Höchstsicherungsgrenze

Damit liegt die gesetzlich vorgeschriebene Höchstsicherungsgrenze nun bei europaweit einheitlich 100000 Euro; die Vollharmonisierung der Sicherungsgrenzen der gesetzlich anerkannten Systeme innerhalb der EU beziehungsweise dem Europäischen Wirtschaftsraum ist erreicht. Mit der geänderten EU-Richtlinie hat die EU-Kommission auch den bis dato möglichen Selbstbehalt - in Deutschland lag dieser bei zehn Prozent der Einlagen - abgeschafft und seit 31. Dezember 2010 die Auszahlungsfristen auf 20 Werktage verkürzt. Gleichzeitig haben Rat und Europäisches Parlament der Kommission eine Reihe von Prüfaufträgen erteilt und um etwaige legislative Vorschläge zu bestimmten Punkten gebeten.

Vor gut einem Jahr, am 12. Juli 2010, hat die Europäische Kommission dann einen Entwurf für eine neue EU-Einlagensicherungsrichtlinie veröffentlicht,1) der seitdem intensiv diskutiert wird. Er strebt eine weitestgehende Harmonisierung der Einlagensicherung in der EU an. So sieht er auch Regelungen in Bereichen vor, die bisher nicht berührt waren, wie zum Beispiel die Finanzierung der Sicherungssysteme und die Aufsicht darüber, die Information der Kunden sowie Verwendung und Anlage der Mittel. Darüber hinaus plant die Kommission die Einführung eines Systems der Kreditgewährung zwischen den amtlich anerkannten Einlagensicherungssystemen innerhalb der EU ab 2020.

Der Bankenverband wie auch die Europäische Bankenvereinigung fordern seit Langem eine weitergehende Harmonisierung der Einlagensicherungssysteme in Europa. Daher ist der Entwurf im Grundsatz zu begrüßen. Wo Licht ist, gibt es aber meist auch Schatten. Wenngleich die Richtung stimmt, schießt die im Richtlinienentwurf vorgesehene Harmonisierung alles in allem doch weit über das Ziel hinaus - und das nicht nur aus Sicht der privaten Banken. So kritisiert die gesamte deutsche Kreditwirtschaft insbesondere die von der Kommission vorgeschlagene weitere Reduzierung der Auszahlungsfristen auf sieben Tage, die Höhe des Target Levels von 1,5 Prozent sämtlicher Einlagen (Eligible Deposits) und den Zeitraum, in welchem diese Finanzierungsvorgabe zu erreichen sein soll. Was die Beiträge zur Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) anbelangt, so sind diese bereits im Jahr 2009 um 100 Prozent angehoben worden, ohne dass jemals die EdB in die Verlegenheit gekommen wäre, nicht entschädigen zu können. Die Umsetzung des Kommissionsvorschlags im Bereich der Finanzierung würde nun gar zu einer erneuten Beitragserhöhung um zirka 1 250 Prozent führen. Diese Zahl allein spricht für sich! Ferner ist auch die weitere Reduzierung der Auszahlungsfristen auf sieben Tage als äußerst kritisch anzusehen, zumal noch keinerlei Erfahrungen vorliegen, ob die erst seit Ende 2010 verbindlich eingeführte neue Frist von 20 Tagen überhaupt eingehalten werden kann.

Ungeeignete Risikobeurteilung

Wenig Gutes lässt sich auch über das von der Kommission erarbeitete Modell zur risikoorientierten Beitragserhebung sagen. Aus deutscher Sicht wäre dieses Modell ein Weg zurück in die Steinzeit. Die privaten Banken besitzen seit Jahrzehnten eines der am besten entwickelten Ratingsysteme weltweit, mit dem nicht nur eine risikoorientierte Beitragserhebung, sondern insbesondere auch die Risikofrüherkennung möglich sind. Das von der Kommission vorgeschlagene System wäre nicht annähernd so risikosensitiv und daher für eine adäquate Beurteilung der Risiken der unterschiedlichsten Banken und Geschäftsmodelle ungeeignet. Da nur wenige Kennzahlen festgeschrieben und diese auch noch starr gewichtet werden sollen, würden diese bei unterschiedlichen Bilanzierungsmethoden und Geschäftsmodellen zu nicht vergleichbaren Ergebnissen führen.

Besonders kritisch zu hinterfragen sind des Weiteren die Vorschläge zur Mittelverwendung, die de facto eine Beschränkung des Mandats der Einlagensicherung auf eine reine Auszahlfunktion darstellen. Dies verwundert vor allem vor dem Hintergrund, dass die meisten international anerkannten Einlagensicherungssysteme weitergehende Befugnisse haben und erst kürzlich der Baseler Ausschuss in den gemeinsam mit der International Association of Deposit Insurers (IADI) erarbeiteten "Core Principles for Effective Deposit Insurance Systems" ein weites Mandat mit frühen Eingriffs- und Auflagenmöglichkeiten als die beste Option definiert hat.

Nicht nachvollziehbar sind ferner die diskutierten Regelungen zur Anlage der Fondsmittel, da sie den Anlagehorizont der der Einlagensicherungssysteme (Deposit Guarantee Systems - kurz DGS) unnötig einschränken würden. Hierzu besteht keine praktische Notwendigkeit; kein Sicherungssystem in der EU hat jemals Gelder durch eine falsche Anlage verloren. Auch das von der Kommission vorgeschlagene System der Kreditvergabe zwischen den EU-Sicherungssystemen wirkt nicht sonderlich durchdacht. Besonders irritierend ist, dass es ab 2020 eingeführt werden soll, die Kommission aber schon im Jahr 2015 einen Bericht zur Einführung eines "Pan European Deposit Guarantee Schemes" vorlegen will. Das System der Kreditvergabe wäre damit gegebenenfalls hinfällig. Zudem würde dies auf dem Feld der Einlagensicherung den Einstieg in eine "Trans-fer-Union" bedeuten, die vollkommen zu Recht auch in anderen Bereichen abgelehnt wird.

Anwendbarkeit auf freiwillige Systeme

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Frage des Anwendungsbereichs der Richtlinie. Die Kommission ist auf Arbeitsebene nach wie vor der Ansicht, dass der neuformulierte Art. 1 Abs. 2, der den Anwendungsbereich für alle gesetzlichen und vertraglichen Systeme definiert, alle freiwilligen Einlagensicherungssysteme, also auch den freiwilligen Einlagensicherungsfonds des Bankenverbandes, umfasse. Dies hat nicht nur der Bankenverband, sondern auch die Bundesregierung abgelehnt. Losgelöst von der Frage, ob die Regelung einer freiwilligen Einlagensicherung überhaupt durch die Richtlinie regelbar wäre, ist aus Sicht des Bankenverbandes eine amtliche Anerkennung gemäß Art. 3 Abs. 1 Voraussetzung dafür, dass die Richtlinie Anwendung auf ein Einlagensicherungssystem findet. Eine Regelung der freiwilligen Einlagensicherungssysteme - so sie denn europarechtlich überhaupt zulässig wäre - würde einen immensen Einschnitt in die Privatautonomie bedeuten und hätte auch ihren Niederschlag in den Erwägungsgründen der Richtlinie finden müssen.

Diese nicht nur von den privaten Banken erhobenen Bedenken2) werden sowohl im Rat als auch im Europäischen Parlament weitestgehend geteilt. Der Rat hat in der Sitzung der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten bei der EU-Kommission am 17. Juni 2011 ein Kompromisspapier der ungarischen Ratspräsidentschaft verabschiedet, das drei Tage später auch vom Finanzministerrat Ecofin gebilligt wurde.

Der Bericht des Rates zur Einlagensicherung sieht nunmehr eine Finanzierung von 0,5 Prozent der tatsächlich geschützten Einlagen (zirka 25 Prozent des Kommissionsvorschlages) vor. Der Rat hat zudem die Auszahlungsfristen bei 20 Werktagen belassen und das System der Kreditvergabe zwischen den Sicherungssystemen verworfen. Ferner sieht der Rat die Möglichkeit eines sehr weiten Mandats der Einlagensicherungssysteme vor - bei "freier" Mittelverwendung - und hat auch die im Kommissionsentwurf vorgesehenen Anlagevorschriften verworfen.

Econ-Bericht mit freierer Gestaltung

Schon vor der Entscheidung des Rates hatte der Ausschuss für Wirtschaft und Währung (Econ) des Europäischen Parlamentes seinen Bericht zur Einlagensicherung am 24. Mai 2011 verabschiedet. Der Bericht hat in vielen Punkten die Petiten des Bankenverbandes und der anderen europäischen Einlagensicherungssysteme aufgegriffen. So sieht der Bericht des Parlamentes zur Einlagensicherung ein Target Level von 1,5 Prozent der tatsächlich geschützten Einlagen - der "covered deposits" - und damit zirka 70 Prozent des Kommissionsvorschlages vor. Ferner befürwortet das Europäische Parlament die Möglichkeit eines sehr weiten Mandats der Einlagensicherungssysteme bei "freier" Mittelverwendung (in Abhängigkeit vom Mandat). Zudem sollen die Sicherungssysteme - anders als beim Kommissionsvorschlag - weitestgehenden Spielraum bei der Gestaltung der einzuführenden risikoorientierten Beiträge haben.

Auch zum Anwendungsbereich der Richtlinie haben Rat und Parlament in ihren jeweiligen Berichten beziehungsweise Textvorschlägen verdienstvollerweise eine Klarstellung vorgenommen. Freiwillige Einlagensicherungssysteme werden danach vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen. Diese haben jedoch die gleichen Informationspflichten gegenüber den Kunden der ihnen angeschlossenen Banken, was grundsätzlich zu begrüßen ist.

Trilog mit der Kommission

Um Klarheit über die Zukunft der Einlagensicherungssysteme in Europa zu bekommen, ist es nun umso wichtiger, die Beschlüsse des Rates und des Europäischen Parlaments im Wege eines Trilogs mit der Kommission zu diskutieren. Und dies alles mit dem Ziel, zu einem sinnvollen Kompromiss zwischen den beiden Berichten von Rat und Parlament und dem Ausgangstext der Kommission zu gelangen. Der Trilog ist - anders als erwartet - nicht mehr unter der ungarischen Ratspräsidentschaft zustande gekommen. Die neue polnische Ratspräsidentschaft scheint allerdings bestrebt, die Gespräche noch vor der Sommerpause zu initiieren. Dennoch ist mit einem Kompromiss und der Verabschiedung der Richtlinie in Rat und Parlament wohl nicht vor Ende dieses Jahres zu rechnen. Eine nationale Regelung wird damit vermutlich frühestens Ende 2012 folgen können. Für den Bankenverband, der für seine Tochtergesellschaft, die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH (EdB), mit der Aufgabe der gesetzlichen Einlagensicherung beliehen wurde, beginnt dann die umfangreiche Umsetzung der zahlreichen neuen und anspruchsvollen Vorgaben des europäischen Regelwerkes.

Fußnoten

1)KOM(2010)368

2) Die gleiche Kritik wurde auch vom European Forum of Deposit Insurers (EFDI), welches sämtliche Einlagensicherungssysteme innerhalb der EU repräsentiert, in seiner Stellungnahme gegenüber der Kommission geübt.

Stephan Rabe (VÖB)

"Die Neuregelung der EU-Einlagensicherung bringt erheblichen Mehraufwand"

Dr. Stephan Rabe, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Entschädigungseinrichtung und des Einlagensicherungsfonds, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) e. V., Berlin

Es ist grundsätzlich konsequent und sachlich nachvollziehbar, dass die Europäische Kommission als eine der Lehren aus der Finanzmarktkrise auch die europäischen Regelungen der Einlagensicherung erneut auf den Prüfstand gestellt hat. Sie hatte dies bereits bei der 2009 durchgeführten "Schnellreparatur" angekündigt, bei der im Wesentlichen der Garantiebetrag auf 50000 Euro, später dann auf 100000 Euro angehoben wurde. Nach Verabschiedung des Berichts des Europäischen Parlaments und infolge der Einigung im Rat der EU-Finanzminister im Juni 2011 über den Kommissionsvorschlag zur grundlegenden Neufassung der Einlagensicherungsrichtlinie von Juli 2010 befindet sich das Vorhaben nun auf der Zielgeraden. Es wird voraussichtlich noch 2011 in Kraft treten und soll größtenteils bis Ende 2012 in nationales Recht umgesetzt werden.

Bewährtes deutsches Sicherungssystem

Aus Sicht unserer Mitgliedsbanken ist zunächst die Feststellung wichtig, dass sich bereits das bestehende Regelwerk in jeder Hinsicht bewährt hat. Die Leistungsfähigkeit unserer Sicherungseinrichtung, wie auch diejenige der anderen Bankengruppen, stand auch auf dem Höhepunkt der Finanzkrise zu keiner Zeit in Frage. Das hat sich im Kundenvertrauen gegenüber deutschen Banken deutlich niedergeschlagen: Anders als in anderen EU-Staaten gab es in Deutschland keinen Bank Run.

Vor diesem Hintergrund setzen wir uns dafür ein, dass die nunmehr von der EU-Ebene angestoßenen Reformen dem hohen und bereits seit vielen Jahren bewährten Sicherungsstandard in Deutschland Rechnung tragen. Insofern ist zu begrüßen, dass Parlament und Rat neben den gesetzlichen Sicherungseinrichtungen der öffentlichen und der privaten Banken auch die Haftungsverbünde der Sparkassen und Genossenschaftsbanken befürworten. Damit hat das in seiner Struktur weltweit einmalige deutsche Sicherungssystem, das wesentlich zur Stabilität unseres Finanzplatzes und zum Vertrauen der Kunden beiträgt, auch in Zukunft Bestand.

Ambitionierte Reformvorschläge

Die Reform der europäischen Einlagensicherungsrichtlinie umfasst, neben der Festlegung der gesetzlichen Sicherungsgrenze auf einen Maximalbetrag von 100000 Euro, unter anderem die Stärkung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Sicherungsfonds, kürzere Auszahlungsfristen im Leistungsfall sowie eine deutliche Erweiterung der Möglichkeiten zur Mittelverwendung. Schließlich soll bei der Beitragsbemessung eine stärkere Risikoorientierung festgeschrieben werden.

Nach derzeitigem Sachstand ist zu erwarten, dass die künftige Zielausstattung der Sicherungsfonds, die nach zehn - oder besser noch nach 15 - Jahren erreicht werden muss, sich auf ein Prozent der gedeckten Einlagen belaufen wird. Das bedeutet gegenüber der heutigen Fondsausstattung einen erheblichen Zuwachs der einzelnen Fondsvermögen, der nach überschlägiger Rechnung in etwa auf eine Vervierfachung der von den Mitgliedern erhobenen Jahresbeiträge hinauslaufen könnte. Hieraus folgt, auch mit Blick auf andere regulatorische Bürden, eine weitere erhebliche finanzielle Belastung der Mitgliedsbanken.

Positiv ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass Rat und Parlament bei der Beitragsberechnung beabsichtigen, auf die "gedeckten Einlagen" abzustellen. Das sind, im Gegensatz zu den im Kommissionsvorschlag vorgesehenen "gesicherten Einlagen" nur die tatsächlichen Einlagen eines Kunden bis zur gesetzlichen Sicherungsgrenze von 100000 Euro. Im Sinne der Beitragsgerechtigkeit kommt dies vor allem denjenigen Banken entgegen, die nur wenige Kundeneinlagen halten. Es entspricht damit den Interessen derjenigen Banken, die als "untypische" Einlageninstitute Mitglieder einer Sicherungseinrichtung sein müssen.

Erhebliche praktische Probleme könnten sich aus der für den Leistungsfall vorgesehenen erheblichen Verkürzung der Auszahlungsfristen an Kunden ergeben. Kommission und Parlament stellen sich vor, dass die Auszahlung nach einer Übergangsfrist innerhalb von sieben beziehungsweise fünf Werktagen zu geschehen habe. Für derart kurze Auszahlungsfristen ist, sofern sie praktisch überhaupt eingehalten werden können, ein sogenannter Single-Customer-View erforderlich, der zum Beispiel in Großbritannien mit einem Aufwand von mehr als 800 Millionen Pfund geschaffen wurde.

Unrealistische Auszahlungen schaden

Insofern begrüßen wir die deutlich praxis- und realitätsorientiertere Position des Rates, der die Auszahlungsfrist bei 20 Arbeitstagen belassen möchte. Ungeachtet des verständlichen Kundenwunsches nach einer möglichst schnellen Entschädigung würden unrealistisch kurze, in der Praxis nicht zu erfüllende Fristen, das Kundenvertrauen nicht stärken. Gleiches gilt für die vom Europäischen Parlament geforderte pauschale und ohne nähere Prüfung erfolgende Auszahlung auf Kundenwunsch bis 5000 Euro innerhalb von fünf Werktagen, die bereits ab 2013 umgesetzt werden soll.

Grundsätzlich positiv sind die künftig deutlich erweiterten Möglichkeiten der Verwendung der Fondsmittel. Während die gesetzliche Einlagensicherung bislang hauptsächlich die Funktion einer Paybox hatte, dürfen größere Fondsbestandteile künftig auch für sogenannte Vorfeldinterventionen und Präventivmaßnahmen genutzt werden, die bisher nur mit den Mitteln des freiwilligen Einlagensicherungsfonds geleistet werden konnten. Die Erfahrung anderer Bankengruppen hat

gezeigt, dass die frühzeitige Abwendung einer Bankeninsolvenz meist deutlich günstiger ist, als die Abwicklung und Auszahlung an Kunden. Insofern weist die neue Richtlinie den gesetzlichen Sicherungseinrichtungen eine aktivere Rolle zu und stärkt damit auch deren Funktion bei der Abwendung von Bankenschieflagen.

Den Bogen nicht überspannen

Da von den Mitgliedsbanken einer Sicherungseinrichtung sehr unterschiedliche Risiken im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Einrichtung ausgehen, ist es folgerichtig, dass die Richtliniennovelle risikoorientierte Beitragselemente vorsieht. Das kommt vor allem denjenigen Mitgliedsbanken entgegen, die, etwa aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Staatsgarantien, keinerlei Risiko für die Inanspruchnahme der Sicherungseinrichtung darstellen. Hierfür sieht vor allem der Ratsvorschlag "Mindestbeiträge" vor, die es ermöglichen sollen, der individuellen Risikosituation angemessen Rechnung zu tragen.

Von praktischer Bedeutung wird es nun vor allem sein, diese neuen Vorgaben ohne Redundanzen mit dem bereits in Kraft befindlichen Restrukturierungsgesetz im Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG) umzusetzen. Auf welchen Kompromiss Kommission, Parlament und Rat sich voraussichtlich nach der Sommerpause im sogenannten Trilog letztlich verständigen werden, ist noch völlig offen. Sicher ist schon heute, dass die neugefasste Einlagensicherungsrichtlinie zahlreiche fundamentale Änderungen im deutschen Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz nach sich ziehen wird, die voraussichtlich ab 2013 in Kraft treten werden. Auch die Beitragsverordnungen für die gesetzlichen Sicherungseinrichtungen werden sich fundamental verändern. Die neuen, deutlich höheren Beiträge könnten erstmals bereits 2013 fällig werden.

Bei allem regulatorischen Reformeifer darf nicht vergessen werden, dass auf die Banken - und damit letztlich auf deren Kunden - bereits aus anderen Regelwerken, zum Beispiel Basel III, der Bankenabgabe sowie einer eventuellen Finanztransaktionssteuer und einem europäischen Restrukturierungsfonds, erhebliche Belastungen zukommen. Insofern würden wir es begrüßen, wenn die zusätzlichen finanziellen Belastungen aus der Richtlinienänderung so moderat wie möglich ausfallen.

Zudem sollten vor neuerlichen EU-Reformüberlegungen, etwa über paneuropäische Sicherungssysteme, zunächst einmal die praktischen Auswirkungen der jetzt zu beschließenden und dann umzusetzenden Änderungen abgewartet und ein qualitativ gleichwertiger Sicherungsstandard in allen 27 EU-Mitgliedstaaten implementiert werden. Das wäre nicht zuletzt mit Blick auf ein europäisches Level Playing Field auch bei der Einlagensicherung sehr wünschenswert.

Karl-Peter Schackmann-Fallis (DSGV)

"Eine Größenordnung von 1,5 Prozent der Einlagen würde zu einer Überdotierung der Fonds führen."

Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V. (DSGV), Berlin

Ausgelöst durch die Finanzkrise ist die EU-Einlagensicherungsrichtlinie in den Fokus gerückt. Im Juli 2010 hat die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag vorgelegt, der einen sehr weitgehenden Regulierungsansatz verfolgt. Neben einer Vollharmonisierung der Deckungssumme, einer drastischen Verkürzung der Auszahlungsfrist, fixen Vorgaben zur Finanzausstattung der Systeme und zur Mittelverwendung ist unter anderem auch eine gegenseitige Kreditvergabe zwischen den Einlagensicherungssystemen vorgesehen.

Dieser sehr weitreichende Vorschlag konnte nicht ohne Widerspruch bleiben. Dies nicht zuletzt deshalb, weil nicht klar war, ob durch den Vollharmonisierungsansatz die Beibehaltung und Fortführung bewährter nationaler Sicherungssysteme unterbunden werden sollte. Für Deutschland galt dies im Hinblick auf die freiwilligen Einlagensicherungssysteme und die Institutssicherung.

Frühzeitige Krisenprävention als maßgebliche Säule

Insbesondere der Gedanke der Institutssicherung und deren Vorteile mussten bei den Verantwortlichen im Brüsseler Rechtsetzungsverfahren in Erinnerung gerufen werden. Dabei geht sowohl die aktuelle Richtlinie als auch das nationale Gesetz (Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz - EAEG) von der Gleichwertigkeit der beiden Sicherungsformen aus. So sind nach § 12 EAEG neben der klassischen Entschädigung der Einleger auch institutssichernde Einrichtungen zugelassen, wie sie derzeit von der Sparkassen-Finanzgruppe und vom genossenschaftlichen Sektor betrieben werden.

Wesensmerkmal der Institutssicherung ist es, die angeschlossenen Institute selbst zu schützen, insbesondere deren Liquidität und Solvenz zu gewährleisten. Institutssicherungssysteme leisten frühzeitige Hilfe bei drohenden oder bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der angeschlossenen Institute; sie verhindern deren Insolvenz und vermeiden dadurch die Notwendigkeit einer Entschädigung der Kunden.

Die Institutssicherung basiert auf dem Prinzip der "early intervention" und setzt ein sehr frühzeitiges präventives Einschreiten voraus. Ziel ist es, Risiken und Gefährdungslagen bei den Instituten möglichst früh zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Hierzu existiert ein differenziertes Instrumentarium zum Risikomonitoring der Institute auf Basis unterjährig erhobener bankwirtschaftlicher Kennzahlen. Die Vorteile der Institutssicherung sind vielfältig. Durch den präventiven Ansatz liegen die finanziellen Mittel, die zur Sanierung und Sicherung der Liquidität der Institute eingesetzt werden, im Regelfall unter denen, die zur Einlegerentschädigung aufgebracht werden müssen. Auch aus Kundensicht ist die Institutssicherung das vorteilhaftere Verfahren, da sie einerseits eine hohe Absicherung gewährt und anderseits für die Kunden kein Verwaltungsaufwand entsteht und es nicht zu einer Verzögerung bei der Auszahlung der Gelder kommt. Außerdem bleibt die Geschäftsbeziehung erhalten, was insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen von Bedeutung ist, die nur eine Hausbankverbindung haben.

Parlament und Rat stärken die Institutssicherung

Vor diesem Hintergrund verwundert es, dass diese sehr ausgereifte Ausprägung des "early intervention"-Ansatzes im Richtlinienvorschlag der Kommission so wenig Berücksichtigung findet, obwohl gerade die Kommission die Bedeutung und Vorteilhaftigkeit des frühzeitigen präventiven Eingreifens immer wieder hervorhebt. Umso erfreulicher ist es, dass sowohl in den Vorschlägen des Wirtschaftsausschusses des Europäischen Parlaments (Econ) als auch des Rates (Ecofin) die Institutssicherung verankert und als alternatives Sicherungssystem allen interessierten Anwendern eröffnet wird.

Für die Sicherungseinrichtungen der Spar-kassen-Finanzgruppe sind in dieser Diskussion insbesondere die folgenden Schwerpunkte von Bedeutung: Die finanzielle Belastung (Zielausstattung) für die Institute muss tragbar sein; die Finanzmittel müssen umfassend für institutssichernde Zwecke eingesetzt werden können und die Mittelaufbringung muss entsprechend der Risikoverteilung des Sicherungssystems erfolgen können.

Der Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlamentes (Econ) hat auf Basis des Entwurfs des zuständigen Berichterstatters, MdEP Peter Simon, am 24. Mai 2011 einem Richtlinienvorschlag zugestimmt, der gegenüber dem Vorschlag der Kommission vom Juli 2010 gerade im Hinblick auf diese Schwerpunkte wesentliche Verbesserungen enthält. Auch die Verständigung im Rat, wie sie am 20. Juni 2011 im Ecofin verabschiedet wurde, bedeutet einen deutlichen Schritt nach vorne.

Zielausstattung darf nicht zu einer Überbelastung führen

Hinsichtlich der Zielausstattung der Fonds wollen sowohl Parlament als auch Rat nicht wie die Kommission die erstattungsfähigen Einlagen in Bezug nehmen, sondern richtigerweise die gedeckten Einlagen. Keine Einigkeit besteht indessen über die angestrebte Höhe. Während der Rat eine Zielausstattung in Höhe von 0,5 Prozent der gedeckten Einlagen für ausreichend erachtet, will der Wirtschaftsausschuss die Grenze bei 1,5 Prozent ansetzen.

Letztere Größenordnung würde nach unserer Auffassung und den Erfahrungen der letzten Jahre zu einer Überdotierung der Fonds und damit zu einer nicht erforderlichen Belastung der Institute führen, worunter letztlich die Kreditversorgung leiden würde. Ein Kompromiss müsste sich daher zwischen den von Rat und Parlament genannten Größenvorstellungen bewegen. Ob dabei die Möglichkeit, einen gewissen Prozentsatz der Zielausstattung in Form verpfändeter Wertpapiere vorzuhalten, zu einer Minderung der Belastung führt, wird von der konkreten Ausgestaltung und der sich daraus ergebenden bilanziellen Behandlung abhängen und kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden.

Umfänglicher Mitteleinsatz

Bezüglich der Mittelverwendung sind ebenfalls verschiedene Ansätze in der Diskussion. Der Kommissionsvorschlag sah zunächst vor, dass ein Drittel der Zielausstattung (beziehungsweise mit Genehmigung der nationalen Aufsicht im Einzelfall die Hälfte) auch für präventive Institutssicherungsmaßnahmen eingesetzt werden kann. Der Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments greift diese Eindrittel-Regelung auf.

Die verbleibenden zwei Drittel der finanziellen Zielausstattung dürfen für präventions- und institutssichernde Maßnahmen nur unter bestimmten Voraussetzungen eingesetzt werden. So muss das Sicherungssystem eine Risikoüberwachung der Institute vorsehen, Verfahren und Strukturen für Präventionsmaßnahmen zur Verfügung haben, Auflagen erteilen können und die zur Institutssicherung eingesetzten Mittel bei Bedarf über außerordentliche Beiträge wieder einziehen können, falls dies zur Entschädigung der Einleger nach einer fehlgeschlagenen Institutssicherung erforderlich ist.

Etwas modifiziert sind die Überlegungen im Rat, wonach zwar grundsätzlich sämtliche Mittel eines Fonds auch für institutssichernde Maßnahmen eingesetzt werden können, diese Mittel aber nicht die Höhe der gedeckten Einlagen des betroffenen Institutes übersteigen dürfen (sogenanntes "least-cost-Prinzip"). Der Ratsvorschlag ermöglicht jedoch auch die Möglichkeit für weitergehende Stützungsleistungen im Rahmen der Institutssicherung und greift dabei zwei der Bedingungen auf, die auch der Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments vorsieht: Die Aufsicht (BaFin) muss die Mittelverwendung genehmigen, und die eingesetzten Mittel müssen bei Bedarf über außerordentliche Beiträge wieder eingezogen werden können, falls dies zur Entschädigung der Einleger nach einer fehlgeschlagenen Institutssicherung erforderlich sein sollte. Auch diesbezüglich müsste im Rahmen der anstehenden Triloggespräche ein Kompromiss erreichbar sein.

Orientierung an der Struktur des Sicherungssystems

Hinsichtlich der Vorgaben zur Aufbringung der Mittel für die Sicherungssysteme und der Beitragsberechnung sind die Vorschläge von Kommission, Parlament und Rat sehr detailliert und weichen in Einzelheiten voneinander ab. Der DSGV hatte sich gemeinsam mit dem Zentralen Kreditausschuss von Beginn an dafür ausgesprochen, dass diese Belange allenfalls auf nationalstaatlicher Ebene geregelt werden sollten. Die Sicherungssysteme benötigen gerade in dieser Hinsicht ausreichende Handlungsspielräume, um den individuellen Gegebenheiten, insbesondere der unterschiedlichen Mitgliederstruktur Rechnung tragen zu können.

Dies gilt gerade für Institutssicherungssysteme, die die Risiko- und Beitragsbemessung nicht an der Passivseite der Bilanz ihrer Mitgliedsinstitute orientieren. Aus dem Einlagengeschäft erwachsen nämlich keine Risiken, wenn das Sicherungssystem gerade die Entschädigung der Einleger verhindern will. Risiken, die die Institute in Schieflage bringen, resultieren immer aus dem Aktivgeschäft. Will man insoweit also bei der Beitragsbemessung regulierende Anreize setzen, muss das System die Risiken des Aktivgeschäfts hinreichend beobachten und bei der Beitragshöhe berücksichtigen.

Der Vorschlag des Wirtschaftsausschusses des Europäischen Parlaments greift die Überlegungen der Kommission zur Mittelaufbringung auf, regelt aber explizit, dass die Sicherungssysteme alternativ eigene Verfahren entwickeln können und die Beitragszahlung auch aus der Aktivseite der Bilanz ableiten dürfen. Die konkreten Verfahren müssen von der nationalen Aufsicht und der EBA genehmigt werden, wobei der EBA auch die Kompetenz zugewiesen wird, Leitlinien zu erlassen. Nach dem Ratsvorschlag soll sich die Beitragserhebung sowohl am Einlagenvolumen als auch an Risikoindikatoren orientieren. Auch das Ratspapier sieht vor, dass die EBA Leitlinien entwickeln soll, die eine Berechnungsformel, Risikoindikatoren und Schwellenwerte für die Risikogewichtung enthalten sollen. Aus Sicht der Institutssicherungssysteme ist es wichtig, dass mit den Vorgaben der künftigen Richtlinie ein sachgerechtes System zur Beitragserhebung entwickelt werden kann, das den individuellen Verhältnissen der Sicherungseinrichtungen Rechnung trägt. Insoweit könnte die angestrebte sehr weitgehende Leitlinienkompetenz der EBA problematisch werden, da die Sorge besteht, dass die EBA individuellen Gegebenheiten keinen ausreichenden Raum belässt.

Kein "one size fits all"

Insgesamt bleibt abzuwarten, wie die Verständigung zwischen Rat, Parlament und Kommission im Trilog weitergehen wird. Zuversicht besteht aber, dass der zu enge Kommissionsansatz des "one size fits all" aufgebrochen und neben der bloßen Einlegerentschädigung auch dem "early intervention"-Prinzip in ausreichendem Maße Rechnung getragen wird. Nur so können etablierte und bewährte Sicherungssysteme fortgeführt werden, die gerade in der zurückliegenden Krisensituation das Vertrauen der Kunden und der Märkte in das Finanzsystem gestärkt und dadurch zur Stabilität des Finanzmarktes insgesamt beigetragen haben.

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