Gespräch des Tages

Deutsche Bank - Einseitige Charmeoffensive

Es war deutlich zu spüren. Dieser Aufschlag musste sitzen. Angefangen vom Termin - fast genau 100 Tage nach dem Amtsantritt von Jürgen Fitschen und Anshu Jain - über die veränderte, intimere Gestaltung des Veranstaltungssaals (breit statt längs), die Anwesenheit des runderneuerten Gesamtvorstands bis hin zur wohlüberlegten Aufteilung sowohl im Vortrags- als auch im Frage-Antwort-Teil zwischen den beiden höchsten Vertretern von Deutschlands größter Bank - nichts wurde dem Zufall über lassen, alles war wohl überlegt und inszeniert. Hier wächst eine neue Deutsche Bank heran, die so gar nichts mehr mit dem von eiskaltem Kapitalismus und Profitstreben des Vorgängers geprägtem Haus zu tun hat - das sollte die zentrale Botschaft sein.

Was bringt nun die Nach-Ackermann-Ära? Zunächst einmal eine sehr viel bescheidenere Deutsche Bank. Wo ehedem noch die Globalität und die daraus resultierenden Zwänge, aber auch Chancen apostrophiert wurden, herrschen nun leisere Töne. Man wertschätze die deutschen Wurzeln, wolle "Best Practice" für den Kunden leisten, sich auf ausgewogene Geschäftsaktivitäten konzentrieren, Teamarbeit und Kollegialität fördern, das Konkurrenzdenken zwischen einzelnen Divisions mit aller Härte bekämpfen und Risiken und Erträge in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander bringen. Vorbei die Zeiten, in denen 80 bis 90 Prozent der Gesamterträge der Bank aus volatilen, teils zweifelhaften Geschäften der Handelsabteilungen resultierten. Vorbei die Kämpfe der dem deutschen Privatkundengeschäft verhafteten Traditionalisten gegen die modernen und selbstbewussten Investmentbanker. Keine Deutsche Bank mehr, die sich am Rande der Gesellschaft bewegt und von den Kunden am liebsten gemieden würde, wenn man sie denn nicht unbedingt bräuchte. Keine Mitarbeiter mehr, die ausschließlich auf Maximierung des persönlichen Profits aus sind. Und keine Geschäfte am Rande der Legalität mehr, die über Klagen und öffentliches Wehgeschrei zu weiteren Image- und Vertrauensverlusten führen könnten.

Stattdessen eine Bank, die sich in der Mitte der Gesellschaft bewegt, sich durch eine maßvolle Leistungskultur auszeichnet, echten Unternehmergeist beweist und durch die kulturelle Vielfalt Vorbild für andere ist. All das klingt ein bisschen wie die Neuerfindung des Eis. Denn würde man die Menschen auf der Straße fragen, wie in ihren Augen eine ordentliche und anständige Bank aussehen müsste, die Vorstellungen kämen den von der Deutschen Bank skizzierten Leitbildern sehr nahe. Das muss nicht schlecht sein. Und wahrscheinlich muss man das in diesen Tagen, in denen es kaum noch nachhaltige Argumente der Kreditwirtschaft gegen die Stigmatisierung mehr gibt, einfach mal wieder so deutlich formulieren. Es zeigt aber auch, dass in der Vergangenheit doch wohl so einiges in Sachen Imagebildung und Geschäftspolitik schiefgelaufen ist, in den blauen wie all den anderen Türmen. Diese Charmeoffensive tut also not, wird von der deutschen Politik ebenso wie von den Kunden sicherlich gerne vernommen, ist aber sehr einseitig.

Denn dieser neuen Kultur steht als zweitem Teil des Strategieprojektes "2015+" ein eisenhartes Sparprogramm gegenüber. 4,5 Milliarden Euro sollen ab 2015 jährlich eingespart werden. Aktuell liegt die Kostenbasis bei rund 27 Milliarden Euro pro Jahr. Mindestens 1 900 Beschäftigte müssen dafür gehen. Die Aufwand-Ertragsrelation soll von zuletzt 79 Prozent in den kommenden drei Jahren auf unter 65 Prozent sinken. Die Tier-1-Kernkapitalquote nach Basel III soll dann bei größer 10 Prozent liegen, was nahezu einer Verdoppelung entspricht. Eine Kapitalerhöhung steht dafür nicht zur Debatte, vielmehr das Einbehalten von Gewinnen, das Einbehalten von Boni sowie ein beschleunigter Abbau der nicht mehr zum Kerngeschäft gehörenden risikogewichteten Aktiva. Dafür wurde extra der neue Geschäftsbereich "Non-Core Operations" ins Leben gerufen, in den - Stand heute - Assets im Volumen von 135 Milliarden Euro überführt werden. Darunter sind das Verbriefungsportfolio aus der Sparte Corporate & Investmentbanking, das strukturierte Kreditportfolio der Postbank sowie das BHF-Bank-Anleiheportfolio. Bleibt noch die neue Vergütungsstruktur: Der Zeitrahmen für die Auszahlung der Boni wurde von drei auf fünf Jahre verlängert, es gibt künftig keine zwischenzeit lichen Vergütungen mehr, sondern der gesamte Bonus wird erst mit Ablauf der vollen Wartezeit ausgezahlt, Bonuszahlungen, die ausschließlich an die Ergebnisse der einzelnen Geschäftsbereiche geknüpft sind, verlieren an Bedeutung und Volumen, und ein unabhängiges externes Beratungspanel wird die Vergütungspraktiken permanent überprüfen.

All das klingt höchst vernünftig und es bleibt der Deutschen Bank zu wünschen, dass es wirklich eine Vorreiterrolle ist und die Wettbewerber mitziehen. Denn nur dann wird sie dieses Modell in einem vom Wettbewerb um Kapital und die besten Talente geprägten Markt durchhalten können. Egal ob nach dem alten Slogan "Passion to perform" oder nach dem Leitspruch dieser Veranstaltung "Gewinnerin in einem veränderten Umfeld" - am Ende muss das Runde ins Eckige, sprich die Ergebnisse müssen stimmen. Daran, und nur daran werden auch diese beiden Vorstandsvorsitzenden gemessen werden.

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