Großbanken

Habemus CEO

Quelle: Commerzbank

Von weißem Rauch, der über dem Commerzbank-Tower aufstieg, wurde nichts berichtet. Doch die Dauer der Suche nach einem neuen Oberhaupt bei der zweitgrößten deutschen Bank und die Intensität der Spekulationen im Vorfeld erinnerten dennoch etwas an die Rituale, wenn mal wieder ein neuer Papst gesucht wird. Der neue Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Jörg Vetter hat mit Manfred Knof einen Kandidaten aus dem Hut gezaubert, den wohl nur wenige auf dem Schirm hatten. Seit 3. August ist Vetter Chef des Aufsichtsgremiums und seitdem auch auf der Suche. Böse Zungen behaupteten derweil, das Problem liege darin, dass sich niemand diesen Job antun möchte. Doch das ist natürlich Unsinn. Vielmehr dürfte die lange Abstimmung mit dem Finanzministerium als größtem Eigentümer der Bank und der Zwang zur Sorgfalt die wichtigste Rolle gespielt haben. Einen "Fehlschuss" kann sich die Bank in ihrer Situation nicht mehr leisten.

Zunächst musste die Entscheidung gefällt werden zwischen interner und externer Lösung. Frischer Wind von außen könnte neuen Schwung und eine neue Perspektive in das Führungsgremium bringen. Zudem muss eine externe Lösung keine Rücksicht auf alte Seilschaften im Unternehmen nehmen. Allerdings besteht nun mit der externen Lösung natürlich die Gefahr, dass mit der Personalie Knof Unzufriedenheit in Teile des Vorstands einzieht. Finanzvorständin Bettina Orlopp und Firmenkundenvorstand Roland Boekhout wurden zuvor intensiv gehandelt und dürften sich naturgemäß auch gute Chancen ausgerechnet haben. Zumal bei Boekhout viele davon ausgingen, dass sein Wechsel von der ING zur Commerzbank quasi als Kronprinz eingefädelt wurde, der langsam als Nachfolger von Zielke aufgebaut werden sollte. Wenn das tatsächlich Teil der Vereinbarung war, dürfte bei ihm nun die Unzufriedenheit besonders ausgeprägt sein.

Was ist von der Personalie Knof selbst zu halten? Seine Karriere in der Finanzbranche begann 1995, als er in den Allianzkonzern eintrat. Dort war er in diversen Führungspositionen tätig. Unter anderem war er dort zwischen 2003 und 2005 in verschiedenen Funktionen bei der Dresdner Bank tätig, die ja von der Commerzbank einverleibt wurde. Am 1. August 2019 wechselte er dann zur Deutschen Bank - dem anderen Patienten auf der deutschen Intensivstation für Banken. Dort war er bis zur Verschmelzung mit dem Mutterkonzern Vorsitzender des Vorstands der Deutsche Bank Privat- und Firmenkunden AG und danach Leiter des Privatkundengeschäfts der Deutschen Bank. Bis 2017 war er Vorstandschef der Allianz Deutschland und dort für die Steuerung des Turn-Around-Programms zuständig. Das klingt wie eine Schlüsselqualifikation für diesen Posten. Knof hat sich ohne Zweifel seine Meriten bislang verdient. Doch war er bislang immer nur in der zweiten Ebene ganz oben. Was er benötigen wird, sind Nerven aus Stahl und Druckresistenz. Der Druck wird von vielen Seiten kommen: Gewerkschaften, Politik, Aktionäre und angelsächsische Investoren und Medien. Zudem wird er den Interessenausgleich zwischen diesen Gruppen moderieren und die noch zu erarbeitende Strategie vorantreiben müssen.

Es ist keine leichte Aufgabe, der sich Knof da in diesen disruptiven Zeiten stellt. Allerdings dürfte er dafür im Erfolgsfall als "Superstar" der Finanzbranche wahrgenommen werden. Schade ist, dass er sein Amt erst zu Beginn des neuen Jahres antritt. So muss die Commerzbank in diesen schweren Zeiten nun noch drei Monate mit der "lame duck" Martin Zielke durch das schwierige Gewässer navigieren. Ein sofortiger Übertritt hätte den Reiz gehabt, dass das neue Jahr gleich mit neuem Schwung in die neue Strategie hätte starten können. So wird es wohl Frühling werden, bis der erhoffte Aufbruch von Knof ausgerufen wird. Auch wenn er nicht der Papst ist, göttlicher Beistand könnte dennoch dabei helfen...

Noch keine Bewertungen vorhanden


X