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Derivate zur Steuerung von Zinsänderungsrisiken in der kommunalen Praxis - empirische Befunde

Seit Dezember 2005 hat die EZB sechs Mal den Leitzins von 2,0 Prozent auf 3,5 Prozent angehoben. Diese Zinserhöhungen werden sich auf die Prolongation der im Jahr 2006 fälligen kommunalen Kreditmarktschulden in Höhe von 5,76 Milliarden Euro auswirken. Zusätzliche Mehraufwendungen werden sich direkt für die Kassenkredite ergeben, die zum Ende des Jahres 2005 knapp 24 Milliarden Euro betrugen und bis Ende März 2006 bereits auf 26,3 Milliarden Euro angestiegen sind. Die Folgewirkungen von Zinsänderungen machen deutlich, dass sich auch die kommunalen Gebietskörperschaften intensiv mit einem Management der Zinsänderungsrisiken auseinandersetzen müssen.

Zur Steuerung der Zinsänderungsrisiken bieten sich Derivate an, die seit Beginn der neunziger Jahre das am schnellsten wachsende Segment am Kapitalmarkt bilden. In privaten Unternehmen haben sich Derivate als Instrument der Risikosteuerung schon seit längerem etabliert. Aber auch im öffentlichen Sektor und zwar insbesondere auf Bundes- und Länderebene hat deren Einsatz in den letzten Jahren zugenommen.1) Auf kommunaler Ebene ist jedoch noch eine Zurückhaltung wahrzunehmen.

Risikomanagementprozess

Der funktionale sukzessive Risikomanagementprozess2) kann durch die aufeinander aufbauenden Prozessschritte der Risikoidentifizierung, -quantifizierung, -steuerung, und des Risikocontrollings gekennzeichnet werden (Abbildung 1). In einem ersten Schritt sind im Rahmen der Risikoidentifikation die Zinsänderungsrisiken zu erfassen. Das Zinsänderungsrisiko umfasst in allgemeiner Form das Risiko, dass der erwartete und realisierte Wert einer Zinsergebnisgröße aufgrund von nicht antizipierten Zinskonstellationen voneinander negativ abweichen.3) Zur Erfassung des Zinsänderungsrisikos sollte ein Zinsbindungsverlauf des Portfolios erstellt werden. Dieser weist den Anteil der Kredite mit einer variablen und festen Zinsbindung aus, wobei Festzinssatzkredite, die in der jeweils betrachteten Periode aus der Zinsbindung auslaufen, als variable Positionen gelten.4)

Nachdem die Zinsänderungsrisiken identifiziert worden sind, müssen diese im nächsten Prozessschritt quantifiziert werden. Dies kann mit Hilfe der Szenarioanalyse erfolgen, die zu den ältesten Formen der Risikoanalyse gehört. Alternativ kann die Bewertung der Zinsänderungsrisiken mit Hilfe von Value-at-risk und den auf dieser Basis aufbauenden Cash-Flow-at-risk-Größen erfolgen. Ob die Risikobewertung mit Hilfe der Szenarioanalyse oder "at-risk"-Konzepten erfolgt, "sollte unter anderem vom Vorwissen des Verantwortlichen abhängig gemacht werden."5)

Da "eine Nichtbehandlung von Risiken ... der spekulativste Ansatz [ist] mit den Risiken umzugehen",6) bedürfen die identifizierten und quantifizierten Zinsänderungsrisiken einer Steuerung. Das Ziel der Risikosteuerung ist die Eintrittswahrscheinlichkeit von Risiken zu reduzieren und/oder deren Tragweite zu begrenzen.7) Diese Steuerung muss sich an den festgelegten Risikolimiten orientieren, die sich aus der Risikotragfähigkeit ("Was kann sich die Kommune an Risiko leisten") und der Risikobereitschaft (Risikopräferenzfunktion), das heißt, was ist die Kommune bereit an Risiken einzugehen, ableiten.8) Zur Steuerung des Risikos kommen aktive (Risikovermeidung, Risikominderung, Risikodiversifikation) und passive Formen (Risikotransfer, Risikovorsorge) der Risikosteuerung beziehungsweisebewältigung in Betracht.9)

Dem Controlling des Finanzrisikomanagementprozesses obliegt die Aufgabe, zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für den Derivateeinsatz vorlagen und die definierten Risikolimite (Volumens- und Kontrahentenlimite) eingehalten worden sind. Der Derivateeinsatz ist zu dokumentieren und ein turnusmäßiger Bericht (etwa quartalsweise) für die Verwaltung und die Vertretung ist zu erstellen. Ebenfalls sollten Vorschläge für Verbesserungen im Risikomanagementprozess erarbeitet werden.

Derivateeinsatz 2003 und 2004

Nach Kennzeichnung eines idealtypischen Finanzrisikomanagementprozesses soll im Folgenden die Anwendung von Derivaten zur Steuerung von Zinsänderungsrisiken in Kommunen auf der Grundlage einer empirischen Analyse aufgezeigt werden.10) Eine wesentliche Eigenschaft von Derivaten liegt darin, dass sie die Steuerung von Marktpreisrisiken zeitlich, sachlich und institutionell unabhängig vom zugrunde liegenden Basisgeschäft ermöglichen.11)

Die Umfrage zeigt, dass 36 Prozent der befragten Kommunen Derivate einsetzen. Die Anwendung beschränkt sich in 65 Prozent der Fälle auf Investitionskredite. 33 Prozent der Kommunen wenden hingegen die Derivate für Investitions- und Kassenkredite an. Der Einbezug der Kassenkredite in die Steuerung der Zinsänderungsrisiken ist angesichts der hohen Inanspruchnahme von Kassenkrediten in vielen Kommunen dringend geboten. Abbildung 2 visualisiert das Ergebnis über die Nutzung der verschiedenen Derivate 2003 und 2004.

Hinsichtlich der verwendeten Zinsderivate wird deutlich, dass der Swap am häufigsten zum Einsatz kommt. Ebenfalls zeigt sich, dass grundsätzlich die Anzahl der Kommunen, die Derivate abgeschlossen haben sowie die Anzahl der abgeschlossenen Derivate 2004 im Vergleich zu 2003 zugenommen haben. Aus der Umfrage geht weiterhin hervor, dass mit ansteigendem Volumen des Schuldenportfolios der Derivateeinsatz zunimmt. Die Schuldenportfolios12) der Kommunen wurden in Abhängigkeit ihrer Größe in vier Schuldenklassen13) unterteilt. Es zeigt sich ein stark signifikanter Zusammenhang zwischen der Schuldenklasse und dem Einsatz von Derivaten (Abbildung 3).

Verstärkter Derivateeinsatz geplant

Ebenfalls ließ sich ein Zusammenhang zwischen der institutionellen Durchführung des Debt Managements14) in den Kommunen und der Nutzung von Derivaten identifizieren. Als mögliche institutionelle Arrangements kommen die Durchführung in Eigenregie, die Beteiligung von externen Beratern/Finanzinstituten sowie die vollständige Übertragung auf externe Berater/Finanzinstitute in Betracht. Wird auf externes Know-how zurückgegriffen, so steigt der Anteil der Kommunen, die Derivate verwenden (Abbildung 4).

Dass 23 Prozent der Befragten auf externe Unterstützung zurückgreifen, wird auf höheres Fachwissen, besseren Marktüberblick, höhere Marktnähe sowie schnellere Reaktionsmöglichkeiten zurückgeführt.

Unter den Kommunen, die bisher keine Derivate nutzen, planen 48 Prozent den Einsatz in den nächsten zwei bis drei Jahren (n=115)15). Auch hier zeigt sich (Abbildung 5), dass die Mehrheit der Kommunen, die der Schuldenklasse 1 und 2 angehören, auch zukünftig von Derivaten keinen Gebrauch machen möchte. Vor dem Hintergrund, dass die Schuldenklasse 2 bereits Schuldenvolumina von bis zu 50 Millionen Euro umfasst, scheint ein Verzicht auf derivative Finanzinstrumente und damit dem Verzicht auf diese Art der Risikosteuerung nicht zu verantworten.

Analysiert man die Ursachen der Kommunen, die auch zukünftig auf die Nutzung von Derivaten verzichten wollen, so zeigen sich vielfältige Gründe (Abbildung 6). Innerhalb der Schuldenklasse 1, wird als Hauptgrund angegeben, dass das Portfoliovolumen nicht ausreicht. Diese Einschätzung ist vor der Hintergrund, dass mittlerweile etwa Swaps bereits für Volumina von 250 000 Euro existieren, nicht mehr zeitgemäß. Bezogen auf die Gesamtheit der Kommunen wird am häufigsten die mangelnde Notwendigkeit eines Derivateeinsatzes genannt. Diese Argumentation erscheint jedoch als fraglich. Die Steuerung von Zinsänderungsrisiken ist ansonsten aufgrund der fehlenden beziehungsweise geringen kommunalen Neuverschuldung nur noch im Rahmen der Prolongation der Kreditmarktschulden möglich, deren Anteil jedoch im Verhältnis zum Portfoliovolumen eher gering ist. Die kritische Haltung der Verwaltung sowie das Argument, dass der Einsatz von Derivaten mit einem zu hohem Risiko verbunden ist, bilden die zweithäufigste Ursache für den zukünftigen Verzicht auf Derivate. Diese Haltung liegt sicherlich durch verschiedenste Skandale im Privatsektor in Verbindung mit Derivaten (Procter & Gamble, Barings-Bank, Metallgesellschaft) begründet.

Rechtliche Zuverlässigkeit

Auch im öffentlichen Sektor gab es durch die Vorkommnisse in Orange County einen spektakulären Fall. Bei den damit verbunden Verlusten muss allerdings danach unterschieden werden, ob diese im Rahmen von Spekulationen oder der Absicherung (Hedging) entstanden sind.17) Der mit der Absicht der Spekulation verfolgte Derivateeinsatz ist auf kommunaler Ebene in Deutschland bei Beachtung des allgemeinen Spekulationsverbotes und der geforderten Konnexität18) nicht möglich. Ebenfalls sind Skandale wie beispielsweise im Falle der Barings-Bank auf mangelnde Kontrollen zurückzuführen.19) Daher ist der Derivateeinsatz durch eine organisatorisch getrennte Stelle zu überwachen. Werden diese Aspekte berücksichtigt, so sollte die Einschätzung von Derivaten als risikoreiche Instrumente einem Bild von Derivaten als Instrumente zur Risikosteuerung weichen.

Die Begründung "fehlende gesetzliche beziehungsweise haushaltsrechtliche Legitimation" ist nicht gerechtfertigt, da die gesetzlichen Voraussetzungen existieren20) und mittlerweile in fast allen Bundesländern Ausführungen der Innenministerien zum Derivateeinsatz durch Kommunen vorhanden sind. Im Hinblick auf die Verteilung der Gründe für eine ablehnende Haltung gegenüber Derivaten auf die Schuldenklassen zeigt sich, dass mit zunehmender Schuldenklasse die Argumente "Volumen reicht nicht aus" sowie "Einsatz wird als nicht notwendig erachtet" an Bedeutung verlieren, was auch direkt nachvollziehbar ist. Auch der Grund "mangelnde Kenntnis der Struktur von Derivaten" verliert mit zunehmender Schuldenklasse an Gewicht, das heißt der Derivatematerie wird sich hier intensiver gewidmet. Erstaunlich ist allerdings das Bild in Schuldenklasse 4, dass hier nur 8,5 Prozent der befragten Kommunen den Grund "mangelnde Kenntnis der Struktur von Derivaten" angeben, aber gleichzeitig 17 Prozent der befragten Kommunen innerhalb dieser Schuldenklasse den Grund "Einsatz ist mit zu hohem Risiko verbunden" nennen. Jeder, der die Struktur von Derivaten verstanden hat, muss erkennen, dass es sich bei sachgemäßem Umgang um Instrumente der Risikosteuerung handelt.

Fehlende Ressourcen

Der Einsatz von Derivaten erfordert personelle und informationstechnische Ressourcen. Diese dienen unter anderem zur Begrenzung des operationellen Risikos21), welches auch als Betriebs- und Abwicklungsrisiko bezeichnet werden kann. Im Hinblick auf die Personalausstattung zeigt die Umfrage, dass der Personaleinsatz (gemessen in Stellenanteilen) im Debt Management deutlich höher liegt, wenn Derivate genutzt werden.

Bezüglich der Ausbildung der im Debt Management tätigen Personen ergab die Befragung, dass die Mehrzahl der Kommunen (62 Prozent) über Mitarbeiter mit einer "Verwaltungsausbildung gehobener Dienst" und/oder über einen Abschluss als "Verwaltungswirt (FH)" (38 Prozent) verfügen.22) Über Angestellte mit einem betriebswirtschaftlichen Studium verfügten 21 Prozent und einer Ausbildung zum Bankkaufmann beziehungsweise zur Bankkauffrau nur acht Prozent der befragten Kommunen. Damit wird deutlich, dass der Anteil der Mitarbeiter, die schon während ihrer Ausbildung die Einsatzmöglichkeiten und Struktur von Derivaten kennen gelernt haben, eher gering ist. Grundsätzlich scheint "der Modernisierungsgrad (im Kredit- und Zinsmanagement) vor Ort im besonderen Maße vom persönlichen Engagement der jeweiligen Aufgabenträger ab(zuhängen)."23)

Auch im Bereich der Informationstechnik sind Investitionen notwendig, wenn Derivate genutzt werden sollen. Zunächst wird eine Derivatebuchhaltung erforderlich. Nur 18 Prozent der Kommunen, die Derivate nutzen, verfügen allerdings über eine solche. Bei intensiver Nutzung von Derivaten sollten auch Marktinformationssysteme (Reuters, Bloomberg et cetera) zum Einsatz kommen, die den Zugriff auf aktuelle Marktdaten und deren Einspielung in das Gesamtsystem ermöglichen. Derzeit verfügen 14 Prozent der Derivate nutzenden Kommunen über ein solches Marktinformationssystem. Dieser geringe Anteil lässt sich damit erklären, dass die einmaligen und laufenden Kosten für diese Systeme sehr hoch sind. Daher waren diese auch ausschließlich in Kommunen der Schuldenklasse 3 und 4 vorhanden.

Organisatorische Aspekte

Auch die folgenden Punkte sind unter dem Aspekt der Begrenzung des operationellen Risikos zu berücksichtigen. Anknüpfend an die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für Kreditinstitute erstellten Mindestanforderungen an das Risikomanagement fordert die Arbeitsgruppe "Finanzmanagement/Treasury" beim Deutschen Städtetag in der Musterdienstanweisung für die Aufnahme und die Umschuldung von Krediten die "strikte funktionale Trennung zwischen Handel und Abwicklung entsprechend dem Vier-Augenprinzip". Diese Trennung ist zwingend auch beim Derivateeinsatz vorzunehmen. Die Umfrage zeigt jedoch, dass knapp 40 Prozent der Kommunen einer funktionellen Trennung bisher nicht nachkommen. Eine organisatorische Trennung wird von 55 Prozent der befragten Kommunen nicht vollzogen.

Für den Derivateeinsatz sind bestimmte Limite, Verantwortlichkeiten, Dokumentationspflichten einer internen Richtlinie/Dienstanweisung festzulegen. Solche Regelungen fehlen bisher in knapp 85 Prozent der befragten Kommunen (n=212). Zwar reduziert sich dieser Anteil unter den Kommunen, die Derivate nutzen, liegt aber mit 67 Prozent noch deutlich zu hoch.

Ebenfalls wurde in diesem Beitrag im Abschnitt zur Risikoquantifizierung auf das Thema der Risikokennziffern hingewiesen. 83 Prozent der befragten Kommunen (n=215) verzichten bisher völlig auf die Anwendung von Risikokennziffern. Die anspruchsvolleren "at-risk"-Konzepte werden fast ausschließlich von Kommunen verwendet, die der Schuldenklasse 4 angehören und Derivate nutzen.

Für eventuell virulent werdende Risiken sollte eine Risikovorsorge aufgebaut werden. So erfasst die Stadt München "die Ergebnisse des Kredit- und Derivatemanagements laufend über eine gesonderte Rücklage (Zinsausgleichrücklage)."24) Auch in diesem Bereich identifizierte die Umfrage noch ein deutliches Defizit, da 91,5 Prozent der Kommunen (n=199) nicht über ein Instrument der Risikovorsorge verfügen.

Musterdienstanweisung

Obwohl die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, zeigt die Umfrage, dass 64 Prozent der befragten Kommunen auf einen Derivateeinsatz verzichten. Damit bleibt bisher ein wichtiges Instrument im Rahmen der Steuerung von Zinsänderungsrisiken ungenutzt - eine Situation, die aufgrund der hohen kommunalen Verschuldung und den damit immanenten Zinsänderungsrisiken nicht tragbar ist. Im Hinblick auf die Argumente, die gegen einen Derivateeinsatz angeführt werden, wird es Aufgabe der Wissenschaft, der kommunalen Spitzenverbände sowie auch der kommunalen Rechtsaufsicht sein, eine objektive Beratung zu leisten. Damit solle die bisher teilweise kritische Haltung der Verwaltung gegenüber Derivaten zugunsten eines Bildes weichen, dass Derivate bei sachgerechtem Einsatz ein effektives Instrument zur Risikosteuerung darstellen.

Interne Richtlinien

Die Umfrage identifiziert allerdings auch Mängel, beim derzeitigen Umgang mit Derivaten, die einerseits dazu führen, dass deren Potenzial nicht vollständig genutzt wird und andererseits zusätzliche Risiken aus deren Einsatz resultieren. Zunächst ist zu fordern, dass zukünftig stärker auf das Schuldenportfolio beim Derivateeinsatz fokussiert wird. Damit verbunden ist, dass auch die Kassenkredite im Rahmen der Risikosteuerung Berücksichtigung finden müssen. Weiterhin sind bei der Risikoidentifikation und Risikoquantifizierung bestehende Interdependenzen zwischen Risiken zu beachten. Der Einzelkredit scheidet demnach als Bezugspunkt für eine Risikosteuerung aus. Ebenfalls sind Veränderungen im organisatorischen Bereich zu fordern.

Als wichtigste Maßnahme ist hier die Erstellung von internen Richtlinien (Dienstanweisung) für den Einsatz von Derivaten zu sehen. Darin sollten unter anderem die zum Abschluss zugelassenen Derivate (Positiv- oder Negativlisten), die in Frage kommenden Kontrahenten einschließlich der Kontrahentenlimite, interne Dokumentationsanforderungen, Organzuständigkeiten, Funktionstrennung (Vier-Augen-Prinzip), Beschreibung eines internen Kontrollsystems sowie Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeiter und IT-Voraussetzungen enthalten sein. Zu begrüßen ist daher die Initiative der vom Finanzausschuss des Deutschen Städtetages eingesetzten Arbeitsgruppe "Finanzmanagement/Treasury" eine Musterdienstanweisung für die Nutzung von Derivaten zu erarbeiten. Die Umfrage verdeutlicht, dass bisher die Mehrheit der Kommunen auf Risikokennziffern und auch auf eine Risikovorsorge beispielsweise in Form einer Zinsausgleichsrücklage verzichtet. Auch hier sind daher Veränderungen notwendig. Die vorstehend genannten Punkte gewinnen zusätzlich an Bedeutung, wenn die Planungen der Kommunen, die in den nächsten zwei bis drei Jahren einen Einsatz von Derivaten beabsichtigen, verwirklicht werden und dann zirka 62 Prozent der Kommunen Derivate nutzen würden.

Beispiel Österreich?

Abschließend stellt sich die Frage, ob einzelne Kommunen über ausreichende eigene quantitative und qualitative Personalressourcen sowie Sachressourcen verfügen beziehungsweise es sinnvoll ist, diese aufzubauen, um einen effizienten und effektiven Derivateeinsatz sicherzustellen. Das Vorhalten der notwendigen Ressourcen erscheint erst ab einem bestimmten Volumen des Schuldenportfolios gerechtfertigt. Für kleinere und mittlere Schuldenvolumina ist eher zu empfehlen, auf externe Unterstützung beispielsweise Finanzinstitute zurückzugreifen.25) Als Alternative bieten sich perspektivisch vertikale Kooperationen mit dem Land oder dem Bund an.

Ein Blick in das Nachbarland Österreich zeigt, dass dort die Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) bereits als Zusatzaufgabe das Derivategeschäft für Länder und Kommunen wahrnimmt.26) Ebenfalls überlegenswert ist die Gründung von Finanzagenturen, die auf Wunsch von einzelnen Kommunen das Debt Management übernehmen. Die Übertragbarkeit dieses Ansatzes auf Deutschland sollte ebenso intensiv geprüft werden wie generell die Praktizierung einer wesentlich stärkeren horizontalen und vertikalen Kooperation der Gebietskörperschaften beim Schuldenmanagement.

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