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Depot A: Weniger Risiko ohne Renditeverzicht

Die aktuelle Lage an den Finanzmärkten stellt Depot-A-Manager vor große Herausforderungen. Steigende Zinsen und zunehmende Volatilität an diversen Märkten bringen die Unsicherheit der Anleger zum Ausdruck. Diese Faktoren machen die Vermögensverwaltung schwierig. Hinzu kommen fallende Bonitätsratings, steigende Eigenkapitalanforderungen und wachsende Anforderungen der Aufsichtsbehörden. Kurz: Die Suche nach geeigneten Anlagen wird immer diffiziler. Dass Währungsstrategien nur geringfügig mit traditionellen Anlageklassen korrelieren und eine Absicherung des Portfolios gegen unerwartete Marktschwankungen darstellen können, ist mittlerweile bekannt. Einen wichtigen Schritt zur Untermauerung dieser These liefert jetzt eine empirische Studie*.

Auch für die Verwaltung des Depot A bedienen sich viele Manager, bewusst oder auch nicht, der grundlegenden Konzepte der Modernen Portfolio Theorie (MPT) von Harry M. Markowitz. Im Fokus steht dabei die Diversifikation des Vermögens in Anlagen, deren Renditen möglichst schwach oder gar negativ miteinander korrelieren.

Bittere Enttäuschung durch Schätzrisiken und Tail Dependence

Viele institutionelle Investoren, die der MPT vertraut und ihre Portfolios wohl diversifiziert haben, sahen sich für Krisenzeiten gut gewappnet und wurden jäh enttäuscht. Die MPT weist elementare Schwachstellen auf, die sogar die Performance von breit gestreuten Portfolios beeinträchtigen. Tail Dependence und Schätzrisiken setzen Investoren langfristig einem eklatanten Risiko aus und stellen sie vor neue Herausforderungen.

Die wesentlichen Parameter bei der Bestimmung des optimalen Portfolios sind die erwarteten Renditen und ihre Varianzen sowie Kovarianzen. Diese Parameter sind prinzipiell feste Größen, dem Investor jedoch unbekannt. Daher müssen sie zunächst anhand empirischer Daten geschätzt werden - was zwangsläufig zu Schätzfehlern führt. Einige Wissenschaftler beschäftigen sich bereits mit den Auswirkungen solcher Schätzfehler auf die Asset Allocation (beispielsweise DeMiguel et al., 2009 und Frahm et al., 2011).

Mit Normalverteilungsthese unvereinbar

Empirisch erhobene Werte sind fehlerbehaftete Schätzungen und nicht die wahren zugrunde liegenden Parameter. Somit wirkt sich ein potenzielles Schätzrisiko negativ auf die Asset Allocation aus.

Bisher weniger beachtet wurde der Effekt extremer Ereignisse - sogenannter schwarzer Schwäne. Es sind die höchst unwahrscheinlichen, unvorhersehbaren und extremen Geschehnisse, die zu strukturellen Veränderungen führen. Ein prominenter Vertreter dieser These ist Nassim N. Taleb. Die MPT basiert auf der Annahme, dass Renditen normal verteilt sind. Die Annahme lässt sich zumindest für Tagesrenditen nicht aufrechterhalten. Fakt der empirischen Kapitalmarktforschung ist, dass die Verteilungen von Tagesrenditen sogenannte Heavy Tails aufweisen. Danach haben seltene Ereignisse extreme Auswirkungen, die mit der Normalverteilungshypothese nicht vereinbar sind.

Simultan auftretende extreme Ereignisse

Eine besondere Rolle für das Portfolio stellt die Tail Dependence dar. Dabei handelt es sich um das Phänomen simultan auftretender extremer Ereignisse. Ein starker Wertverlust in einer Assetklasse bedingt damit einen ebenso starken Wertverlust in einer anderen Assetklasse. Das Auftreten solcher Ereignisse wird oft als temporäre Veränderung der Korrelationsstruktur fehlinterpretiert. Die empirisch ermittelten Schätzwerte für die Varianzen, Kovarianzen und Korrelationen reagieren tatsächlich sehr sensibel auf Ausreißer in den zugrunde liegenden Daten. Das wiederum führt zu scheinbar stark veränderten Korrelationen. Die augenscheinliche Veränderung betrifft jedoch nur die Schätzwerte und eben nicht die wahren Parameter; also auch nicht das optimale Portfolio laut Markowitz.

Tail Dependence und Korrelation unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt: Während die übliche Korrelation nur den Grad des linearen Zusammenhanges zwischen Renditen misst, ist die Tail Dependence ein Maß für die nicht-lineare Abhängigkeit extremer Ereignisse. Aus diesem Grund kann die Korrelation auch kein sinnvolles Maß für das Risiko extremer Kurseinbrüche darstellen. Um den Einfluss extremer Ereignisse bei der Portfoliozusammensetzung gebührend berücksichtigen zu können, muss man über die herkömmlichen Methoden der MPT hinausgehen.

Abhängigkeit der Assetklassen in Crash-Szenarien

Die Tabellen 1 und 2 zeigen die empirischen Korrelationskoeffizienten vor und nach Bereinigung der Daten um Ausreißer.

Untersucht wurden Tagesrenditen des Dax-30-Performance-Index (Dax), Rex-Performance-Index (Rex), des Rogers International Commodities Index (Rici) und der advantage FX systematic Methode, einer systematischen Devisenhandelsstrategie (FX) aus dem Hause Portfolio Concept im Zeitraum von Februar 2008 bis Februar 2011. Es wird deutlich, dass die Schätzwerte nach Bereinigung kleiner werden. Dies kann als Anzeichen dafür gewertet werden, dass Ausreißer ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit liefern. Im Falle von Rex und FX lässt sich sogar ein Vorzeichenwechsel beobachten.

Zur Schätzung der Tail Dependence wird der sogenannte Tail Dependence Coefficient herangezogen. Dieser misst die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Assetklasse einen Crash erleidet unter der Bedingung, dass eine andere Assetklasse gleichzeitig denselben Crash erleidet. Tabelle 3 zeigt die gemessenen Tail-Dependence-Koeffizienten.1) Dax und Rici zeigen eine starke Abhängigkeit in Crashszenarien. Bricht der Aktienmarkt stark ein, so wird auch der Rohstoffmarkt mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent enorme Einbußen erleiden. Der angestrebte Diversifikationseffekt bleibt folglich aus. Im Gegenteil: Anleger, die in Krisenzeiten im Aktien- und Rohstoffmarkt engagiert sind, erhöhen damit ihr Risiko eines extremen Wertverlustes.

Dieser messbare Effekt hat in den vergangenen Jahren zu bösen Überraschungen geführt. Mehrere, vermeintlich nicht korrelierende Anlageklassen haben gleichzeitig Verluste erlitten.

Abbildung 1 verdeutlicht diesen Effekt grafisch. Dabei handelt es sich um sogenannte Scatter Plots der standardisierten Tagesrenditen.2) Die Scatter Plots der FX-Strategie zeigen eine diffuse Punktwolke ohne Ausreißer. Darüber hinaus ist auch eine schwache negative Korrelation zwischen Dax und Rex erkennbar. Deutlich zu erkennen sind die dunkelblau markierten Ausreißer und die hohe Korrelation beim Vergleich zwischen Dax und Rici.

Investoren sollten also bei der Diversifikation Assetklassen mit möglichst geringer Tail Dependence auswählen. Andernfalls kann der positiv wahrgenommene Diversifikationseffekt zu starken Clusterrisiken in Krisenzeiten führen. Um auch in Krisen eine Diversifikation zu gewährleisten, sollten die Tail-Dependence-Koeffizienten der berücksichtigten Assetklassen möglichst klein sein, wie bei der FX-Strategie und der Rex in Tabelle 3. Beim Rex überrascht diese Beobachtung nicht, bei der FX-Strategie zunächst schon. Da die Tail Dependence der FX-Strategie zu allen untersuchten Assetklassen gleich Null ist, eignet sie sich hervorragend zur Diversifikation und reduziert das Ausmaß eines potenziellen Wertverlustes in Krisenzeiten.

Risikoreduzierung trotz Renditesteigerung - aber wie?!

Auffällig ist der deutliche Zusammenhang zwischen den Renditen des Dax und des Rici in starken, mittleren und schwachen Marktphasen. Demgegenüber verläuft der Graph der mittleren FX-Renditen nahezu horizontal. Mehr noch: An den Flanken zeichnet sich sogar eine Wölbung nach oben ab. Selbst an den schlechtesten Dax-Tagen weist die FX-Strategie im Mittel also eine positive Wertentwicklung auf.

In Abbildung 2 werden die historischen Wertentwicklungen (Zeitraum: 1/2008 bis 4/2011) der naiven Portfolios (das heißt jede Assetklasse wird gleichgewichtet) mit und ohne FX Fonds dargestellt. Man erkennt, dass die Beimischung des FX Fonds zu einer deutlichen Absicherung gegen einen extremen Verlust im Zuge der Finanzkrise ab September 1998 geführt hätte. Darüber hinaus steigert die Beimischung des FX Fonds die Sharpe Ratio des optimalen Portfolios (siehe Abbildung 3).

Der Mehrwert von Währungsinvestments für Depot-A-Kunden

Die Analyse macht deutlich, dass die Beimischung einer systematischen Devisenhandelsstrategie (FX) für das Portfolio sinnvoll ist, weil sie die Effizienz steigert. Darüber hinaus stabilisiert die Beimischung der systematischen Währungsstrategie das Portfolio insbesondere in Crashzeiten, wenn mehrere Assetklassen gleichzeitig Verluste aufweisen.

Die Korrelationskennzahl, die auch bei der modernen Portfolio-Theorie eine wichtige Rolle spielt, spiegelt jedoch das Verhalten der Assetklassen in Krisenzeiten nicht korrekt wider, da Schätzrisiken und Tail Dependence nicht beachtet werden.

Dies führte in der Vergangenheit dazu, dass Investoren in extremen Marktphasen enttäuscht wurden, denn mehrere Assetklassen ihrer diversifizierten Portfolios wiesen Verluste auf und der gewünschte Glättungseffekt blieb aus.

Die Erkenntnis der empirischen Untersuchung ist nicht nur von theoretischem Wert, sondern auch von praktischem Nutzen. Denn US-amerikanische institutionelle Investoren haben den Vorteil von Währungsinvestments bereits erkannt und diversifizieren ihre Portfolios breiter, um sich vor möglichen Crashs besser zu schützen. Das belegt auch ein im März 2011 erschienener Artikel im Wall Street Journal mit dem Titel "Traders turn to currencies to hedge black swan events". Der Einsatz von systematischen Währungsstrategien kann auch Risiken des Depots A reduzieren. In Deutschland nutzen bereits einige Banken diese Eigenschaft. Investoren stehen einige systematische Währungsstrategien in Form von Publikumsfonds zur Verfügung.

Bei Interesse an Währungsfonds, die in Deutschland zugelassen sind und einen systematischen Ansatz verfolgen, sollte auf die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Reportingansprüche durch den Anbieter geachtet werden.

* Verfasser der Studie sind Titus C. Schlösser, Leiter Alternative Investments beim Kölner Vermögensverwalter Portfolio Concept und Gabriel Frahm, Privatdozent am Lehrstuhl für angewandte Stochastik an der Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.

Fußnoten

1) Hierbei wurde auf eine semiparametrische Schätzmethode zurückgegriffen. Nähere Informationen finden sich in Frahm et al. (2005).

2) Bei der Standardisierung werden die Renditen zunächst auf den Mittelwert 0 zentriert und anschließend auf die Volatilität 1 normiert. Man erreicht so eine Vergleichbarkeit unterschiedlicher Renditeverteilungen.

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