Gespräch des Tages

Bankenverbände - Richtige Tonlage gesucht

In welcher Tonlage beziehungsweise mit welchen Formulierungen sie die Arbeit des Gesetzgebers bewerten sollen, ist für Interessenvertreter immer eine knifflige Frage. Sollen sie mit harten Worten attackieren und an konkreten Fällen die Verantwortlichen für bestimmte Versäumnisse benennen? Sollen Sie im Extremfall gar ein wenig agitieren? Oder sollen sie die Politik lieber mit freundlichen Ermahnungen und allgemeineren Äußerungen auf den von ihren als richtig empfundenen Kurs mitzunehmen versuchen? Bei allen Meinungsverschiedenheiten in der Sache und natürlicher Unzufriedenheit mit dem Grad der Umsetzung der eigenen Vorstellungen müssen die Bankenverbände in der Formulierung ihrer Kritik stets die Nebenwirkungen abschätzen - ganz ähnlich wie sie es vom Gesetzgeber und seinem Normenkontrollrat vor der Verabschiedung von Gesetzen einfordern. Es gilt für die Banklobbyisten jedenfalls, das künftige Klima für eine gedeihliche Zusammenarbeit in aktuellen Angelegenheiten wie auch auf neuen Arbeitsfeldern keineswegs zu vergiften und möglichst nicht einmal einzutrüben.

In diesem Sinne war es überaus interessant zu sehen, wie Mitte November binnen weniger Tage mit dem Verband öffentlicher Banken und dem Bundesverband deutscher Banken zwei große Interessenvertretungen der deutschen Finanzindustrie ihre Zwischenbilanz nach ziemlich genau einem Jahr der Großen Koalition zogen. Sehr unterhaltsam waren beide Veranstaltungen schon deshalb, weil mit Klaus-Peter Müller (BdB) und Thomas Fischer (VÖB) zwei Präsidenten die Anliegen ihrer Mitglieder vortrugen, die - jeder auf seine Art - spontan und hintergründig für so mancherlei spritzige Formulierung gut sind. Wenn man die grundsätzlichen Interessengegensätze zur hiesigen Bankenstruktur einmal ausklammert, sind die beiden Verbände in einigen Fragen der Branche und insbesondere den Grundzügen einer wachstumsfördernden Wirtschaftspolitik gar nicht so weit auseinander. Und doch klang die aktuelle Bewertung bei den privaten Banken deutlich härter. "Ernüchternde Zwischenbilanz", "Wir haben mehr erwartet", "Profilierungssucht von Vertretern der Koalitionsparteien im Inland", "Übungen im politischen Tauziehen" und "... kaum noch eine ordnungspolitische Richtschnur" - all diese Zitate zeugen von einer sehr nüchternen und abgekühlten Sicht auf das erste Jahr der kredit- und finanzpolitischen Regierungsarbeit.

Angefangen von den Regulierungen bei Basel II, MiFID und Sepa und dem Plädoyer für "Better Regulation", also für konkrete Maßnahmen gegen die allgemeine Überregulierung, über das Unverständnis für die Politik bei der Bewertung des aktuellen Sachstandes zur Einführung von REITs bis hin zu steuerpolitischen Forderungen zur Unternehmenssteuerreform und der Ausgestaltung der mittlerweile recht konkret ins Auge gefassten Abgeltungssteuer formuliert auch der VÖB eine durchaus vergleichbare Dringlichkeitsliste. Aber Thomas Fischer kleidete seine Appelle an die Politik gleich mehrfach in die Variante einer demonstrativ niedrig gehängten Erwartungshaltung. Man könne natürlich auch prinzipiell werden und stets nur die vollständige Umsetzung der als richtig erachteten Dinge zum Maßstab machen ("entweder ganz oder gar nicht"), aber man werde ja bescheiden, kokettierte der VÖB-Präsident sinngemäß. "Wir sind schon froh, wenn überhaupt was passiert, das in die richtige Richtung geht". Und so mahnt der Verband die Bundesregierung, wenigstens den eingeschlagenen Konsolidierungskurs ohne weitere Verwässerungen fortzusetzen, so holprig er auch daherkomme. Allein der Finanzminister erhält wohlwollende Solidaritätsbekundungen auf seinem schwierigen Kurs.

Alles in allem war die Diktion beim VÖB damit zwar weniger hart als beim BdB, ein wirkliches Lob klingt freilich anders. In der Gesamtschau kann die Regierungskoalition mit der aktuellen Zwischenbewertung von der Spitze zweier wichtiger Gruppen der deutschen Kreditwirtschaft ganz und gar nicht zufrieden sein.

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