Aufsätze

Asset Management aus der Asset-Servicing-Perspektive: eine Bestandsaufnahme

Bei der Zusammenarbeit zwischen Asset Managern und Asset-Servicing-Unternehmen greifen die Zahnräder an den verschiedensten Stellen ineinander. Ändert sich das Umfeld des Asset Managers, so muss sich auch der Dienstleister an die neuen Rahmenbedingungen anpassen. Aus diesem Grund ist das tiefgehende Verständnis des Umfelds, in dem sich die Asset Manager bewegen, für ein Asset-Servicing-Unternehmen von höchster Bedeutung. Die heutige Zeit ist zweifelsfrei geprägt von einer für Außenstehende kaum zu überblickenden Vielzahl von Veränderungen: technologische Neuerungen, regulatorische Umbrüche und volatile Märkte prägen das aktuelle Marktumfeld.

Neue Entwicklungen antizipieren

Beispielhaft werden im Folgenden drei Entwicklungen herausgegriffen, aufgrund derer die Mechanik zwischen den beiden Akteuren in der näheren Zukunft neu justiert werden muss beziehungsweise teilweise in der Vergangenheit bereits neu justiert wurde: die Veränderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen, neue Anlageklassen und die zunehmende Globalisierung.

Diese Entwicklungen muss ein Asset-Serv-icing-Unternehmen bei all seinen Angeboten und Dienstleistungen berücksichtigen. Die Angebotspalette umfasst die Depotbankfunktion, die Administration von Fonds als Master-KAG und die Auflage von Private Label Fonds, ebenso wie weltweite Zahlungsverkehr- oder Brokerdienstleistungen bis hin zu umfassenden Outsourcinglösungen. Asset Manager wählen entsprechend ihren Bedürfnissen eine oder mehrere Komponenten aus diesem Angebot aus. Um den Anforderungen der Asset Manager gerecht zu werden, müssen As-set-Servicing-Dienstleister stets den Finger am Puls der Zeit haben und neue Entwicklungen antizipieren und diese in ihre tägliche Arbeit einfließen lassen.

Veränderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen: Bei der Umsetzung regulatorischer Vorgaben, wie zum Beispiel der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk [BA]) oder der Groß- und Millionenkreditverordnung (GroMiKV), sind Asset Manager stark gefordert. Erschwerend hinzu kommen europäische Richtlinien wie Ucits IV und die Richtlinie für Verwalter alternativer Investmentfonds, die sogenannte AIFM-Richtlinie. Daher stellen sich Asset Manager verstärkt die Frage: Wer kann uns bei der Erfüllung der neuen Anforderungen unterstützen? Wie gelingt es uns, mehr Raum für die eigentlichen Kernaufgaben zu schaffen?

Ausweitung der Aufgabengebiete

Weder MaRisk (BA) noch GroMiKV betreffen Kapitalanlagegesellschaften (KAGen) direkt. Mittelbar haben diese Richtlinien jedoch Auswirkungen auf die Reportinganforderungen, die in Fonds investierte Kreditinstitute an KAGen stellen. Mit der letzten Anpassung der MaRisk (BA) vom 15. Dezember 2010 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beispielsweise erstmalig die Berücksichtigung von Diversifikationseffekten in den Risikotragfähigkeitskonzepten der Banken gefordert.

Da die bisher genutzte BVI-Kennziffer - die einer ex post Value-at-Risk-Kennziffer entspricht - nicht dafür geeignet ist, risikoartenübergreifende Diversifikationseffekte zu ermitteln, findet aktuell ein Paradigmenwechsel hin zum ex ante Value-at-Risk statt. Die Berechnung ist vergleichsweise komplex und erfordert den Einsatz fortgeschrittener Methoden und Systeme, wie sie Asset-Servicing-Unternehmen in ihrem Risikomanagement bereits einsetzen.

Hier zeigt sich, dass Asset-Servicing-Unternehmen ihre bisherigen Produkte auf neue Aufgabengebiete beim Asset Manager ausdehnen können. Das Reporting welches schon seit Langem zu den Kernkompetenzen der Asset-Servicing-Unternehmen gehört - kann bei Bedarf durch die Kompetenzen im Risikomanagement ergänzt werden.

Auch die Anpassung der GroMiKV zum 31. Dezember 2010 führt derzeit zu einer Verschärfung der Reportingpflichten für Asset Manager, sofern die Fondsanlagen des Kreditinstituts als granular oder als transparent behandelt werden sollen. In diesen Fällen ist eine Durchschau auf die einzelnen Vermögensgegenstände der Fonds erforderlich, die bei mehrstufigen Fondskonstruktionen auch die Durchschau in die Zielfonds umfasst. Hier beginnen die Herausforderungen, die ohne das Knowhow der Asset-Servicing-Unternehmen oft nur schwierig zu meistern sind, bereits bei der Datenbeschaffung der Portfoliostruktur der Zielfonds.

Key Investor Document

Im Gegensatz zu MaRisk (BA) und der GroMiKV hat die Ucits-IV-Richtlinie direkte Auswirkungen auf die Tätigkeit der Asset Manager. So sind Publikumsfonds beispielsweise seit dem 1. Juli 2011 verpflichtet, ein Key Investor Document (KID) zu erstellen. Des Weiteren eröffnet Ucits IV neue Geschäftsmöglichkeiten: von grenzüberschreitenden Fondsverschmelzungen bis hin zu Master-Feeder-Konstruktionen. Auch hier sind Asset-Servicing-Unternehmen aktiv und unterstützen die Asset Manager beispielsweise bei der Erstellung der KIDs.

Die AIFM-Richtlinie, die bis zum ersten Halbjahr 2013 in deutsches Recht umgesetzt werden soll, betrifft nicht nur Investmentfonds, die alternative Strategien verfolgen, wie etwa Hedgefonds oder Private-Equity-Fonds. Sie betrifft sämtliche Fonds, die nicht Ucits IV unterliegen, wie etwa Spezialfonds. Eine wichtige Konsequenz der AIFM-Richtlinie für Asset Manager besteht darin, dass immer mehr Fonds eine Depotbank benötigen. Hier können Asset-Servicing-Unternehmen Abhilfe schaffen, da Depotbankdienstleistungen ein elementarer Bestandteil ihres Produktspektrums sind.

Vorausgesetzt, das Asset-Servicing-Unternehmen verfügt über das erforderliche Depotbank-Know-how für beispielsweise Hedge- und Private-Equity-Fonds, ergeben sich hier völlig neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Asset Manager und Asset-Servicing-Unternehmen. Aber auch im Bereich der traditionellen Fonds eröffnen sich neue Möglichkeiten. Hier ist unter anderem die Konsolidierung von Daten für Versicherungen im Rahmen der Solvency-II-Anforderungen zu nennen.

Wie diese Beispiele verdeutlichen, können sich Asset Manager der Dienstleistungen von Asset-Servicing-Unternehmen bedienen und werden somit den aktuellen regulatorischen Herausforderungen gerecht. Es ist daher nicht verwunderlich, dass auf die Asset-Servicing-Branche eine Welle von Neuerungen zukommt.

Suche nach renditestarken Anlagemöglichkeiten

Neue Anlageklassen: Infolge der jüngsten Finanzmarktkrisen suchen die Asset Manager verstärkt nach alternativen renditestarken Anlagemöglichkeiten. Bei dieser Suche verlassen sie immer mehr das traditionelle Anlagespektrum aus Aktien, Renten und Geldmarktanlagen und suchen nach neuen Anlageklassen. Hierbei kommen ganz neue Herausforderungen auf die Asset Manager zu, die sich daraus ergeben, dass die getätigten Investitionen überwacht werden müssen: Wie und wie oft bewertet man das jeweilige Investment? Was ist beispielsweise ein Windpark heute wert? Was in drei Jahren? Wie bekommt man Zugang zu verlässlichen Bewertungsquellen? Wie kann die Anlage notfalls wieder liquidiert werden? Wie werden die vertraglichen Grundlagen gestaltet?

Individuelle Vertragsgestaltung

Investiert der Asset Manager in alternative börsennotierte Finanzprodukte, wie beispielsweise in Goldzertifikate oder in Energiederivate, so ändern sich die Dienstleistungen der Asset-Servicing-Unternehmen im Regelfall nur wenig. Dementsprechend unterscheiden sich diese alternativen Investments aus der Sicht der Asset-Servicing-Unternehmen nur wenig von den traditionellen Anlageklassen. Lediglich im Bereich des Risikomanagements ist neues Know-how gefragt, etwa bei der Berechnung des Value-at-Risk oder der Durchführung von Szenarioanalysen.

Investiert der Asset Manager hingegen in Form von nicht-börsennotierten Instrumenten in alternative Anlageklassen, wie beispielsweise Private Equity oder unverbriefte Darlehensforderungen, so endete bisher häufig das Servicespektrum der As-set-Servicing-Unternehmen. Diese alternativen Investments sind in der Regel wenig standardisiert und zeichnen sich durch eine Reihe von Besonderheiten aus, zu denen unter anderem Illiquidität, schwierige Bewertung und hohe Erwerbsnebenkosten zählen.

Hier werden die Asset-Servicing-Unternehmen als Dienstleister von Asset Managern in einem ganz neuen Umfeld gefordert. Es geht in einem ersten Schritt um die individuelle Vertragsgestaltung. In einem zweiten Schritt werden Bewertungsmöglichkeiten der Instrumente geprüft und ein angemessenes Risikomanagement dargestellt. In einem dritten und letzten Schritt geht es darum, die Liquidation im Falle der Weiterveräußerung zu begleiten. Asset-Servicing-Unternehmen sind gefordert, den Asset Managern und institutionellen Investoren entsprechende Dienstleistungen bieten zu können, ohne ein Mindestmaß an Standardisierung aufgrund der entsprechenden Skaleneffekte aus den Augen zu verlieren.

Nationale Partner

Noch komplexer wird dieses Thema, wenn Asset Manager selbst Fonds auflegen, die zum Beispiel in Private Equity oder einen Windpark investieren. Hier müssen Fragen der Vertragsgestaltung, der Finanzierung und der Abwicklung geklärt werden. Inwiefern sich hier neue Geschäftsfelder für Asset-Servicing-Anbieter ergeben können, muss im Einzelfall geklärt werden.

Zunehmende Globalisierung: Aufgrund der zunehmenden weltweiten Verflechtungen und grenzüberschreitenden Investments, geht die Zusammenarbeit zwischen Asset Managern und Asset-Servicing-Anbietern auch über die Grenzen hinaus. Internationale Asset Manager sind immer häufiger auf der Suche nach jeweiligen nationalen Partnern - beispielsweise in Deutschland - die sich mit den dortigen Regularien auskennen. Insbesondere bei der Überwachung der Anlagegrenzen ist es wichtig, sich auf einen Partner verlassen zu können, der die gelbe beziehungsweise rote Flagge hisst, wenn es zu Verletzungen der Anlagegrenzen kommt. Ziel ist es, Schäden zu vermeiden und Regresspflichten zu verhindern.

So kann der Asset Manager zum Beispiel seine relevanten Portfoliodaten an den As-set-Servicing-Anbieter weiterleiten, der diese dann prüft und automatisch Rückmeldung bezüglich möglicher Grenzverletzungen an den Asset Manager gibt. Im Idealfall kann der Asset Manager sogar darüber hinausgehende Daten übermitteln, die der Asset-Servicing-Anbieter in einem einzigen Reporting konsolidieren kann.

Ansatzmöglichkeiten für ein konsolidiertes Reporting

Ein anderer Ansatz ergibt sich, wenn der Asset-Servicing-Anbieter dem Asset Manager ein System zur Verfügung stellt, in welches dieser seine Daten direkt einspielen und bearbeiten kann. Auch hier eröffnen sich in der globalisierten Welt Ansatzmöglichkeiten für ein konsolidiertes Reporting.

Dabei haben große weltweit agierende Anbieter natürlich einen Vorteil gegenüber den rein lokal aufgestellten Unternehmen. Dieser Vorteil ergibt sich aufgrund verschiedener Aspekte: Zum einen können globale Unternehmen in der Regel in mehreren Märkten eine lokale Expertise vorweisen und dieses Wissen zugunsten ihrer Kunden miteinander vernetzen. Zum anderen haben sie die finanzielle Stärke, in die IT-Infrastruktur zu investieren, die notwendig ist, um die Kosten durch einen hohen Automatisierungsgrad niedrig zu halten. Drittens sind diese Unternehmen häufig strategisch im Asset-Servicing-Bereich aufgestellt, sodass der Asset Manager eine langfristige, vertrauensvolle Partnerschaft zu seinem Anbieter aufbauen kann und nicht befürchten muss, dass sein Anbieter das Produkt in einem absehbaren Zeitraum nicht mehr anbietet.

Dabei müssen sich jedoch auch die großen weltweit tätigen Marktteilnehmer bewusst sein, dass ein "One size fits all"-Konzept in der heutigen komplexen Welt nicht mehr möglich ist. Dabei spielen nicht nur Kenntnisse der lokalen Marktgegebenheiten eine Rolle, sondern auch das Verständnis für die Kultur des jeweiligen Landes. Nur wenn dieses Bewusstsein vorhanden ist, werden die weltweiten Anbieter von Asset-Serv-icing-Dienstleistungen ihre Vorteile in Zeiten der Globalisierung voll ausnutzen können.

Verzahnung zwischen Asset Managern und Asset-Servicing-Dienstleistern

Zweifelsfrei wird zukünftig die Zusammenarbeit von Asset Managern und Asset-Servicing-Dienstleistern von der Tatsache geprägt sein, dass sich die regulatorischen Rahmenbedingungen verändern, sich neue Anlageklassen herauskristallisieren und die Finanzwelt zunehmend global agiert. All diese Entwicklungen lassen auf eine tiefere Beziehung zwischen Asset Manager und Asset-Servicing-Unternehmen schließen. War die Rollenverteilung zwischen beiden in den letzten Jahren noch klar geregelt, so verschwimmen inzwischen diese Grenzen zugunsten individueller maßgeschneiderter Lösungen für den jeweiligen Asset Manager.

Von der Erfüllung der minimalen gesetzlichen Vorschriften zum Beispiel im Depotbankbereich bis hin zu kompletten Outsourcinglösungen für Back- und Middleoffice sind alle Varianten denkbar und werden auch umgesetzt. Dies hängt beispielsweise von der Art des Endinvestors ab. Vom Privatinvestor über Pensionseinrichtungen, Versicherungen oder Kreditinstitute hat jeder Investor andere Anforderungen, die er dem Asset Manager vermittelt und die dieser in der Folge dann weiter auf den Asset-Servicing-Anbieter überträgt.

Maßgeschneiderte Lösungen gesucht

Auch die Größe des Asset Managers beeinflusst seine Beziehung zu den Asset-Servicing-Unternehmen: Ist er Teil eines weltweiten Konzerns und möchte beispielsweise das Risikomanagement selbst betreiben oder ist er ein kleines spezialisiertes Unternehmen, welches sich der Dienstleistungen Dritter bedienen möchte? Ähnlich wie die Menschen und Institutionen, die hinter den Anlagen stehen, ist auch die Verzahnung zwischen Asset Manager und Asset-Servicing-Anbieter von Fall zu Fall verschieden. Während für den einen die Kosten das Leitmotiv sind, nehmen für den anderen individuelle Dienstleistungen einen höheren Stellenwert ein, für die er bereit ist, auch einen höheren Preis zu zahlen.

Man darf gespannt sein, wie sich die Verzahnung zwischen Asset Manager und Asset-Servicing-Unternehmen weiter entwickeln wird, aber eines scheint aus heutiger Sicht sicher zu sein: Eine allgemein gültige Best-Practice-Lösung wird es nicht geben. Vielmehr werden maßgeschneiderte Asset-Servicing-Lösungen gefragt sein, die gezielt auf die Bedürfnisse und Anforderungen des jeweiligen Asset Managers eingehen.

Michelle Grundmann , Senior Vice President Client Executive, State Street Bank International, Frankfurt am Main
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