Im Gespräch

"Unsere Sparkassen haben zunehmend Interesse an gemeinsamen Finanzierungen"

Jürgen Fenk

Die Helaba, einer der bedeutendsten deutschen gewerblichen Immobilienfinanzierer, freut sich über ein neuerliches Rekordjahr 2015. Sowohl in Deutschland als auch international konnten dazu interessante neue Projekte an Land gezogen werden. Für das Jahr 2016 erwartet Helaba-Vorstand Jürgen Fenk eine anhaltende Renditekompression und weiterhin viel ausländisches Kapital im Markt. Interessante Märkte sind für ihn vor allem Hotel und Pflegeimmobilien. Hier warnt er allerdings vor einem zu schnellen Vorpreschen, denn die Märkte erforderten ein spezielles Know-how. Druck kommt auch über die Refinanzierungsmärkte auf, da der Markt für unbesicherte Mittel regulatorisch bedingt enger werden wird und der Druck auf die Pfandbriefrenditen ebenfalls hoch bleiben wird. Was helfen kann, so Fenk, ist der gute Name und ein vernünftiges Geschäftsmodell. Red.

I&F Herr Fenk, wie ist das Immobilienjahr 2015 für die Helaba gelaufen? Gab es herausragende Transaktionen?

Das Immobilienjahr 2015 ist für uns ausgesprochen gut gelaufen, wir konnten Neugeschäft mit einem Volumen von mehr als 10 Milliarden Euro abschließen und haben damit das Rekordniveau des Vorjahres übertroffen. Jede Transaktion ist individuell und wichtig für uns. Erwähnenswert ist die Finanzierung des "Odin" Portfolio für Orion über 347 Millionen Euro Underwriting, wovon inzwischen ein großer Teil syndiziert wurde, sowie diverse Finanzierungen für Blackstone/Logicor und das Trianon-Hochhaus in Frankfurt für North Star, zu der wir eine Reihe von Sparkassen in die Finanzierung einladen konnten. International, das heißt in New York, London, Paris und Zentraleuropa, haben wir mehrere "Landmark"-Transaktionen begleitet, die unsere Position in den jeweiligen Märkten gestärkt haben.

I&F Wie ist es mit den Preisen und den Renditen in der gewerblichen Immobilienfinanzierung in Deutschland: Sind die noch vertretbar, vor allem an den Topstandorten?

Im Gewerbemarkt wird das Angebot knapp. Gerade in den Topstandorten werden Spitzenmieten weiter steigen mit einhergehender Renditekompression. Ich halte alles für vertretbar, was sich auch unter der Prämisse von steigenden Zinsen rechnet. Jeder Investor muss individuell abschätzen, welches Risiko er eingeht. Die Investitionshorizonte und Businesspläne sind zudem sehr unterschiedlich.

I&F Wie beurteilen Sie die Entwicklung bei den Finanzierungsbedingungen im Hinblick auf LTV, Leverage et cetera generell - wird der Markt zu risikobereit?

Bisher habe ich den Eindruck, dass sich die wesentlichen Immobilienfinanzierer in Deutschland ordentlich am Riemen reißen. Man hat aus der Finanzkrise gelernt und agiert verantwortungs- und risikobewusst. Dazu kommt auch ein in der Breite anzutreffender Wille und das Interesse der Investoren, echtes Eigenkapital einzusetzen - der schon mehrfach beschriebene "Anlagedruck".

I&F Wie ist Ihre Einschätzung zum Frankfurter Immobilienmarkt, gerade mit Blick auf Büros: Ist der Markt noch interessant für Sie?

Frankfurt ist unser Heimatmarkt und im Grunde immer interessant. Wenn ich aus dem Fenster meines Büros im Main Tower sehe, blicke ich auf eine Stadt, die sich stetig entwickelt. Frankfurt ist attraktiv, was leider nicht zu 100 Prozent auf den Büromarkt zutrifft. Die Vermietungsleistung im letzten Jahr ist zwar um sechs Prozent gestiegen, hinkt im Vergleich mit anderen deutschen Städten jedoch hinterher. Der Frankfurter Büromarkt ist diffizil. Auf der einen Seite bietet und fordert er Spitzen-Quadratmeterpreise und Mieten, auf der anderen Seite bescheidene Vermietungszahlen und eine Leerstandsquote, die sich jedoch nach unten bewegt - also langsam verbessert.

Wir schauen uns deshalb vor der Finanzierung einer Büroimmobilie an, wie innovativ und nachhaltig diese Immobilie ist. Ob und warum Menschen dort wohl arbeiten wollen, was sie attraktiv macht. Nullachtfünfzehn funktioniert nicht mehr. Dazu kommen mehr und mehr Frankfurter Randlagen, auf die es sich lohnt, einen Blick zu werfen.

I&F Was sind Ihrer Meinung nach nachhaltige und lukrative Teilmärkte - die eher bekannten wie Büro und Retail oder kommen verstärkt auch Logistik, Hotel oder ähnliche Assets in den Fokus? Ist das Angebot hier breit genug?

"Teilmärkte" wie Sie sie nennen, spielen auf der Suche nach höheren Renditen, die Core-Objekte größtenteils nicht mehr hergeben, durchaus eine Rolle. Der Fokus wird dieses Jahr auf Hotel- und Logistikimmobilien liegen. Dazu wird sich das Interesse sicher auch auf Pflegeimmobilien richten. Der Hotelmarkt ist ein stetig wachsender mit einem breiten Angebot. "Breit" auch vor dem Hintergrund, dass Hotels in ihrer Art und Weise sehr differieren. In Bezug auf Pflegeimmobilien gehe ich davon aus, dass auch hier vor dem Hintergrund der Demografie das Angebot wächst.

Dies sind jedoch Segmente, die sehr durch die Betreiber und das daraus folgende Chancen/Risiko-Verhältnis geprägt sind, nicht so sehr durch die Immobilie selbst. Deshalb ist die Helaba in diesem Segment eher weniger engagiert. Wir fokussieren uns auf die Immobilie. Dort ist der Shooting Star der letzten Jahre die Logistikimmobilie.

Auch wenn der Anteil am gesamten Transaktionsvolumen in dieser Assetklasse letztes Jahr nur bei rund sieben Prozent lag, ist dies eine deutliche Steigerung zu den vergangenen Jahren. Auch hier treibt einer der Toptrends die Entwicklung, nämlich die Digitalisierung und der damit wachsende Online-Handel. Eines ist aus meiner Sicht bei jeder Assetklasse jedoch maßgeblich: Erfolg korreliert mit Fachkunde und umgekehrt.

I&F Wird der deutsche gewerbliche Immobilienmarkt auch 2016 vor allem von internationalem Kapital dominiert werden?

Ich gehe davon aus, dass internationale Investoren weiterhin eine große Rolle spielen werden. Die stabile wirtschaftliche Lage und die anhaltende Niedrigzinsphase sorgen konstant für eine hohe Attraktivität des deutschen Gewerbeimmobilienmarktes. Ob ausländische Investoren den Markt dominieren, ist eine andere Frage. 2015 kamen sie auf einen Marktanteil von 53 Prozent, wobei diese sich vor allem auf großvolumige Deals bezogen. Möglich ist, dass sich vor dem Hintergrund der geopolitischen Themen, die globalen Kapitalströme etwas verändern. Deutschland wird auf jeden Fall eines der weltweit begehrtesten Zielländer für ausländische Investoren bleiben.

I&F Werden wir im laufenden Jahr zunehmend Alternativen zur klassischen Finanzierung sehen, beispielsweise Club Deals oder Konsortialgeschäfte?

Das sind keine Alternativen, sondern nach unserer Erfahrung eher Ergänzungen. Das Poolen mehrerer Finanzierer und das gemeinsame Agieren bei großen Finanzierungen ist ein bewährtes Modell. Die Helaba hat hier mit ihrem Bereich "Debt Capital Markets Real Estate" ein bewusst breites Angebot für Banken, aber auch Versicherungen und Sparkassen geschaffen. Unsere Sparkassen haben zunehmend Interesse an gemeinsamen Finanzierungen. Kundenseitig schätzt man den Service aus einer Hand.

I&F Mit wem arbeiten Sie bei solchen Sachen am liebsten zusammen: Versicherungen oder den Sparkassen?

Als Zentralbank der Sparkassen in Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg sind wir Dienstleister und Partner für 40 Prozent der deutschen Sparkassen. Sie sind per se unser erster Ansprechpartner. Natürlich arbeiten wir aber auch mit Versicherungen zusammen. Die Konstellation wird von vielen Faktoren bestimmt. Da geht es nicht nach Vorlieben.

I&F Droht ein Ende der Langfristkultur? Bankbilanzen werden regulatorisch bedingt immer kürzer, andere Institutionelle wie Versicherungen oder Pensionsfonds springen in die Bresche? Können die das Vakuum ausfüllen?

Die Auffächerung und letztlich Innovation in der Immobilienfinanzierung wird zunehmen. Es gibt wesentliche Unterschiede in den Geschäftsmodellen von Banken und Versicherungen/Pensionsfonds. Die einen agieren vorrangig Kunden-basiert, während Versicherungen in der Regel Transaktions-basiert handeln. Das ist eher komplementär nach unserer Erfahrung. Dass die "Langfristkultur" abhandenzukommen droht, kann ich derzeit noch nicht feststellen.

I&F Wie steuern Sie als Helaba dagegen?

Wir sehen die Versicherungen und perspektivisch vielleicht auch Debt Fonds als Partner und nicht als direkten Wettbewerber. Und steuern möchten wir über die Kundenverbindung. Der Kunde kommt zu uns und bekommt eine Finanzierungslösung. Das ist was zählt.

I&F Welche Bedeutung haben beispielsweise Verbriefungen oder Kreditfonds für die Bilanzentlastung? Wird das zunehmen?

Zwei Mal "ja". Aber bei Weitem nicht in dem Umfang, wie das einmal erwartet wurde.

I&F Inwiefern ist die Helaba von einer Verschlechterung der Refinanzierungsbedingungen über unbesicherte Mittel betroffen? Wie steuern Sie gegen?

Das ist die Frage der Stunde in den meisten Banken. Betroffen sind letztlich alle. Bei der Helaba haben wir traditionell einen gesunden Mix aus Einlagen unserer Sparkassen, Pfandbriefen und auch unbesicherten Mitteln.

Die Verschlechterung der Bedingungen ist differenziert zu sehen. Wir versuchen, die Märkte nachhaltig von der Tragfähigkeit unseres Geschäftsmodells zu überzeugen. Und der Vergleich der Refinanzierungsbedingungen der Helaba zu vielen anderen Instituten gibt uns Recht.

I&F Stichwort niedrige Zinsen: Bei Pfandbriefen mit kurzen und mittleren Laufzeiten drohen negative Zinsen. Sind diese Mittel überhaupt noch platzierbar? Was sind Alternativen, um langfristige gedeckte Refinanzierungsmittel zu erhalten?

Das ist ein zurzeit natürlich intensiv diskutiertes Thema. Ich erwarte keine Pfandbriefe mit negativen Zinsen, da Letztere auf sehr kurze Laufzeiten beschränkt sind, also unter einem Jahr. Langfristige mehrjährige Schuldverschreibungen werden auch weiterhin einen, wenn auch sehr überschaubaren, Zins haben. Aber die Entwicklung der Märkte können wir letztlich auch nicht vorhersagen. Wir versuchen hier jedenfalls, wie bei allen Risiko-Themen, einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden.

Zur Person Jürgen Fenk Mitglied des Vorstands, Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale (Helaba), Frankfurt am Main
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