REGULIERUNG UND RISIKOMANAGEMENT

RADON: DIE UNSICHTBARE GEFAHR UNTER UNS

Sebastian Schröder Quelle: privat

Radon ist ein radioaktives chemisches Element, das bei Menschen Krebs verursachen kann. Das Bundesamt für Strahlenschutz schätzt, dass es in etwa jedem zehnten Haus in Deutschland ein Problem mit Radon geben könnte. Diese Erkenntnis steht im krassen Widerspruch zum öffentlichen Problembewusstsein, das bislang kaum geschärft ist für dieses Risiko. Dies könnte sich infolge einer Änderung des Strahlenschutzgesetzes (StrlSchG) jedoch ändern. Erstmals existiert nun nämlich ein verbindlicher Radon-Grenzwert (300 Becquerel je Kubikmeter Raumluft), den Immobilieneigentümer zeitnah einhalten müssen. Bei einem höheren Wert sind vom Hausbesitzer Schutzmaßnahmen gefordert. Nach Ansicht des Autors sollten nationale und internationale Investoren im Rahmen der Umwelt-Due-Diligence künftig deutlich stärker für das Problemfeld sensibilisiert werden. Ansonsten drohe spätestens nach Inkrafttreten des Gesetzes ein unsanftes Erwachen. Red.

Würden Sie eine Gewerbeimmobilie erwerben, ohne sie im Rahmen der Umwelt-Due-Diligence (UDD) unter anderem gründlich auf Gebäudeschadstoffe oder Altlasten prüfen zu lassen? Vermutlich nicht. Und wie ist es mit der Radonbelastung? Während Asbest für Investoren einen kritischen Aspekt für einen Ankauf darstellt, wird das Thema Radon häufig gar nicht erst mit einem Immobilienerwerb in Verbindung gebracht.

Wenn überhaupt eine Messung der Radonkonzentration in Deutschland stattfindet, dann meistens vor dem Kauf von privatem Wohneigentum. Das wird sich im kommenden Jahr aufgrund eines neuen Gesetzes ändern.

Radon ist hierzulande wenig bekannt. Häufig muss Erklärungsarbeit über das chemische Element und seine Folgen geleistet werden, um ein Problembewusstsein in der Branche zu schaffen: Schließlich schädigen Radon und dessen Zerfallsprodukte das Erbgut und sind krebserregend.

Das radioaktive, geschmacks- und geruchlose Edelgas wird durch den natürlichen Zerfall von Uran kontinuierlich im Erdboden beziehungsweise Gestein reproduziert, von wo es in Richtung Oberfläche migriert. Über die Bodenluft kann es in Gebäude eindringen und sich in der Raumluft anreichern. Ab welcher Dosis Radon tatsächlich für den Menschen gefährlich wird, lässt sich nicht leicht beantworten. Fest steht jedoch, dass eine Langzeitexposition die Lungenkrebsgefahr erhöht.

Neue Richtwerte ab dem Jahr 2018

Lange Zeit existierten keinerlei bindende Radon-Grenzwerte in Deutschland. Dies hat sich mit einer Änderung des Strahlenschutzgesetzes (StrlSchG) im vergangenen Jahr jedoch geändert. Dort wurde der Referenzwert für Radongas in der Raumluft in Aufenthaltsräumen und an Arbeitsplätzen auf 300 Becquerel je Kubikmeter festgesetzt. Darauf aufbauende Rechtsverordnungen zu den entsprechenden Messungen werden für das laufende Jahr erwartet.

In Deutschland werden zudem Risikogebiete ausgewiesen, in denen eine Messpflicht für Arbeitsplätze im Erdgeschoss sowie in den Untergeschossen vorgeschrieben sein wird. Bei einer Überschreitung des Referenzwertes werden zukünftig Maßnahmen zur Senkung der Radonkonzentration notwendig.

Bereits im Jahr 2004 hat das auf Strahlenschutz spezialisierte Consulting-Unternehmen Kemski & Partner eine sogenannte Radonkarte veröffentlicht, auf der die unterschiedlichen Konzentrationswerte in der Bodenluft gekennzeichnet wurden. So ist beispielsweise im Raum Dresden mit hohen und in den Großstädten Frankfurt am Main, Düsseldorf oder München mit moderaten Radonkonzentrationen in der Bodenluft zu rechnen. Hierfür sind verschiedene geologische Zusammenhänge verantwortlich.

Die Radonkarte liefert jedoch lediglich einen Anhaltspunkt und keinesfalls eine Auskunft über die Radonkonzentration an einem spezifischen Standort. Diese kann innerhalb kurzer Zeitintervalle stark schwanken. Auch in Regionen, die nicht in einem Risikogebiet liegen und in denen geringere Konzentrationen in der Bodenluft vermutet werden, besteht die Gefahr einer Radonkonzentration von mehr als 300 Becquerel je Kubikmeter in der Raumluft.

Die geografische Lage ist nur ein Faktor von vielen

Generell gilt, dass der Baugrund die wichtigste Quelle für Radon darstellt. Da Radon hauptsächlich über vorhandene Wegsamkeiten ins Gebäude gelangt, spielt die Bauausführung sowie die Bausubstanz eine entscheidende Rolle für die Radonkonzentration in der Raumluft. Radon kann über Fugen, Risse und undichte Leitungsdurchführungen aus dem Boden in die Luft gelangen. Zudem spielt das Nutzerverhalten eine wichtige Rolle für die Radonkonzentration in der Raumluft.

Wird in einem Gebäude selten gelüftet, so wirkt sich das nicht nur negativ auf das Raumklima, sondern auch auf die Radonkonzentration im Gebäude aus. Eine mit Lüftungssystemen ausgestattete Tiefgarage wirkt sich hingegen vermutlich positiv auf die Radonkonzentration in den darüber liegenden Räumen aus.

Lüften reicht häufig nicht aus

Ergeben die Radonmessungen in den Räumen einer Immobilie zu hohe Werte, sind Maßnahmen zur Senkung der Radonkonzentration in der Raumluft erforderlich. Da Sanierungsmaßnahmen gebäudespezifisch durchgeführt werden müssen, sind die zu ergreifenden Maßnahmen immer abhängig vom Gebäudetyp und dem baulichen Zustand des Gebäudes. Um eine wirksame Senkung der Radonkonzentration im Gebäude zu erreichen, muss daher zunächst geprüft werden, wie Radon ins Gebäude gelangt (zum Beispiel durch Risse im Fundament oder schlecht abgedichtete Leitungskanäle im Keller). Anschließend erfolgt die Planung der individuellen Sanierungsmaßnahme. Generell gilt, dass man bereits durch ein fache, selbst durchführbare Maßnahmen, wie mehrmals tägliches Stoßlüften sowie Abdichtung offensichtlicher Eintrittspfade, eine Senkung der Radongaskonzentration erreichen kann. Oftmals reichen diese jedoch nicht aus.

Sollten die einfachen Sanierungsmaßnahmen nicht zu einer ausreichenden Senkung der Konzentration führen, sind weitere Schritte nötig. Dazu können das ordnungsgemäße Abdichten der Rohrleitungen (beispielsweise in Form einer Ringraumdichtung oder von EPDM-Manschetten), lüftungstechnische Maßnahmen sowie die Installation eines Drainagesystems zählen.

Grundsätzlich lassen sich diese Maßnahmen bei Neubauten wesentlich einfacher realisieren als bei einer Bestandsimmobilie. Die Verlegung einer Radonfolie lässt sich bei einer Bestandsimmobilie beispielsweise nur schwer realisieren. Deshalb sollte speziell in Radonrisikogebieten bereits bei der Planung des Gebäudes über entsprechende Schutzmaßnahmen nachgedacht werden.

Sensibilisierung für das Problem ist dringend zu empfehlen

Fazit: Vor allem in den Topstädten München und Frankfurt am Main, in denen das Risiko einer Radonbelastung vergleichsweise hoch ist, müssen nationale und internationale Investoren für das Problemfeld sensibilisiert werden. Immobiliendienstleister sollten das Thema im Rahmen der UDD für ein Gebäude mit Arbeitsplätzen in Keller und Erdgeschoss unbedingt ansprechen und, falls gewünscht, entsprechende Untersuchungen in die Wege leiten. Ansonsten könnte dem Käufer spätestens nach Inkrafttreten des Gesetzes ein unsanftes Erwachen drohen.

DER AUTOR SEBASTIAN SCHRÖDER Senior Consultant, CBRE GmbH, Frankfurt am Main
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