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PROJEKTRISIKEN ABFEDERN: SO PROFITIEREN KREDITINSTITUTE VON EINEM PROFESSIONELLEN IMMOBILIENCONTROLLING

Lena Braunbeck, Foto: THOST Projektmanagement

Verschärfte regulatorische Anforderungen, globale Krisen, steigende Rohstoff- und Baupreise - die Risiken für Immobilienkredite steigen. Gerade für die Fremdkapital bereitstellenden Banken sind das keine guten Nachrichten, da die Baufinanzierung für einen Großteil der hiesigen Finanzinstitute einen bedeutenden Teil des Geschäftsmodells ausmacht. Inwieweit ein professionelles Immobiliencontrolling bei der Begrenzung von Baukreditrisiken helfen kann, ist Gegenstand des vorliegenden Beitrags. Nach Einschätzung der Autoren sollte diese unabhängige Kontrollinstanz so früh wie möglich hinzugezogen werden, um sich anbahnende Risiken schnell identifizieren und entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Red.

Die Immobilienfinanzierung stellt eine wichtige Ertragsstütze für Kreditinstitute dar: Rund 70 Prozent aller Bankkredite an inländische Unternehmen und Privatpersonen sind Immobilienkredite. Folglich ist es für Finanzierer umso wichtiger, Risiken für mögliche Kreditausfälle im Auge zu behalten. Die steigende Inflation und die Gefahren für die deutsche Wirtschaft infolge des Ukraine-Kriegs befeuern die angespannte Situation zusätzlich.

Steigende Komplexität trifft auf unzureichende Kapazitäten

Bauprojekte werden aufgrund der steigenden Anzahl technischer Anlagen sowie anspruchsvollerer Architektur immer komplexer und gehen mit einer steigenden Zahl von Risiken einher, die - wenn auch indirekt - für Banken ebenfalls zur Gefahr werden können. Das ist vor allem in steigenden Baupreisen, Lieferengpässen sowie sich wandelnden Richtlinien und Normen begründet.

Die Finanzierer haben nur selten die Kapazitäten und das nötige Know-how, um die Gefahren und die potenziellen Auswirkungen auf den Projektverlauf einschätzen zu können. Deshalb empfiehlt es sich für Banken, auf ein professionelles Immobiliencontrolling (ICL) zu setzen, das wirtschaftliche und rechtliche Risiken abfedern oder sogar vermeiden kann.

Denn die elementaren Ziele im Projekt - Kosten, Termine, Qualitäten - sind maßgeblich für die Wirtschaftlichkeit und den Projekterfolg von Bauvorhaben. Verzögerungen können zu unmittelbaren Mietausfällen führen, geänderte Qualitätsstandards gehen mit erhöhten Kosten und im Extremfall mit Nachfinanzierungen einher.

Auch ein Thema für die BaFin

Außerdem sollten Kapitalgeber stets baurechtliche Risiken einkalkulieren. Im schlimmsten Fall werden Auflagen nicht erfüllt und infolgedessen Baugenehmigungen nicht erteilt. In allen Fällen gerät der Projekterfolg und somit die zu erwartende Rendite in Gefahr.

Darüber hinaus empfiehlt die BaFin, bei der Vergabe von Objekt- und Projektfinanzierungen ein unabhängiges Immobiliencontrolling hinzuzuziehen. Denn: Kapitalgeber sind angehalten, bei der Kreditbearbeitung sicherzustellen, dass neben der wirtschaftlichen Betrachtung insbesondere die technische Machbarkeit und Entwicklung sowie die rechtlichen Risiken seriös beurteilt werden. Diese Aufgaben übernimmt ein externer Dienstleister, beziehungsweise das ICL.

Je früher, desto besser

Immobiliencontrollerinnen und -controller agieren als unabhängige Kontrollinstanz - im Optimalfall - schon ab der Planungsphase: In einem frühen Stadium der Abwicklung ist der Grad der Beeinflussbarkeit gemessen an den Auswirkungen am größten.

Fehlkalkulationen und aufgedeckte Risiken sowie daraus resultierende Änderungen fallen sowohl finanziell als auch terminlich schwerer ins Gewicht, je weiter das Projekt fortgeschritten ist. Ein erfahrenes ICL kann in den meisten Fällen anhand vorliegender Terminplanung und Kostenverfolgung sehen, ob ein Bauvorhaben in seiner Planung und Abwicklung fundiert aufgesetzt ist.

Reporting - in zweierlei Hinsicht nützlich

Ist dies nicht der Fall, sprechen die Immobiliencontrollerinnen und -controller Handlungsempfehlungen an die Kapitalgeber aus, ohne jedoch selbst aktiv in die Steuerung einzugreifen. Die Ratschläge sowie der Ist-Zustand fasst das ICL in einem regelmäßigen und umfassenden Reporting zusammen.

Die Berichte sind für Finanzierer in zweierlei Hinsicht nützlich: Zum einen sind sie jederzeit über den aktuellen Stand der Projektabwicklung im Bilde, zum anderen können die Informationen als unabhängige Belege für erforderliche Berichte an die Finanzaufsicht dienen.

Dabei sollten sich die Projektbeteiligten, wie ausführende Unternehmen und Planer, durch die unabhängige Einschätzung keinesfalls überwacht fühlen oder das ICL gar als Störfeuer wahrnehmen. Auch sie profitieren - wenn auch indirekt - von der Expertise und den objektiven Berichten.

Die Beteiligten sollten immer im Hinterkopf behalten, dass das Immobiliencontrolling immer völlig objektiv und transparent ist. Die Beurteilungen erfolgen während aller Projektphasen völlig autonom, was zu einem echten Erfolgsfaktor für ein Projekt werden kann.

Unabhängig und transparent

Das Kontrollorgan kann Unsicherheiten und Risiken zwar nicht komplett ausschließen, die Chancen für einen reibungslosen sowie erfolgreichen Projektverlauf aber enorm verbessern. Das Monitoring des Planungs- und Baufortschritts in jeder Phase eines Bauvorhabens bildet die Grundlage für ergebnisorientierte Handlungsempfehlungen an die Kapitalgeber.

Das ICL erfasst beim Einstieg den Status quo und schätzt die vorhandene Situation ein. Anschließend analysieren Immobiliencontrollerinnen und -controller laufende Prozesse und werten Termine, Kosten, Qualitäten, Projektorganisation sowie Risiken aus - mit dem Ergebnis einer unabhängigen und transparenten Berichterstattung. Beim Screening des Projekts hat das ICL in der Regel eine einheitliche Vorgehensweise, bei der Checklisten und Ablaufschemata eine wichtige Rolle spielen. Dennoch betrachtet das Immobiliencontrolling jedes Projekt individuell, um Besonderheiten zu berücksichtigen, und arbeitet aktuelle weltwirtschaftliche und/oder politische Parameter ins Risikoscreening mit ein - insofern die Folgen absehbar und aus dem Projektgeschäft bekannt sind.

Während der Realisierungsphase ist die Kontrollinstanz regelmäßig vor Ort und begeht die Baustellen, um seriöse Soll-Ist-Abgleiche anzufertigen und die gegenwärtige Situation präzise einzuschätzen. Zudem gleichen Controllerinnen und Controller den Baufortschritt mit dem aktuellen Abrechnungsstand der ausführenden Unternehmen ab, dokumentieren in regelmäßigen Reportings Unregelmäßigkeiten und erfassen Handlungsempfehlungen.

Hier zeigt sich die besondere Bedeutung der Unabhängigkeit des ICL: Die beauftragenden Investoren können sich jederzeit auf eine objektive und unvoreingenommene Sicht der Lage verlassen. Von einem unabhängigen ICL profitieren Kapitalgeber in doppelter Hinsicht: Zum einen können sie dank der transparenten Berichte ihrer Reporting-Pflicht gegenüber der Finanzaufsicht leichter nachkommen, zum anderen sind sie immer darüber im Bilde, ob sich eine Schieflage des Bauvorhabens anbahnt, Risiken aufkommen oder andere Gefahren den Projektverlauf negativ zu beeinflussen drohen.

Auf der sicheren Seite

Trotzdem können Projekte aus den verschiedensten Gründen in Schieflage geraten und externe Steuerungsleisten erfordern. In einem solchen Fall haben die Finanzierer die Möglichkeit, das ICL von einer passiven in eine aktive Lage zu versetzen, indem sie den Immobiliencontrollerinnen und -controller die Projektsteuerung übertragen - in der Regel ohne nennenswerte Einarbeitungszeit. Es ist also immer ratsam, das ICL so früh wie möglich in das Projekt einzubeziehen und auf Controllerinnen und Controller zu setzen, die kompetent und erfahren in der Steuerung solcher Bauvorhaben sind: So stellen Banken sicher, dass sie auf dem zunehmend komplexen Immobilienmarkt zu jeder Zeit über sich anbahnende Risiken informiert sind und im Notfall entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen können.

Lena Braunbeck , Senior Projektmanagerin, THOST Projektmanagement GmbH, Pforzheim
Lucas Pfeiffer , Senior Projektmanager , THOST Projektmanagement GmbH, Pforzheim

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