CEE-Märkte: Lemminge lassen grüßen

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Die Investmentvolumina institutioneller Immobilienanleger sind immer auch ein guter Indikator für das Vertrauen in einzelne Länder. Betrachtet man mit dieser Binsenweisheit im Hinterkopf einmal die entsprechenden Statistiken zu den mittel- und osteuropäischen Immobilienmärkten (CEE), so lässt sich leider nur ein Schluss ziehen: Mit dem Vertrauen in diese Region ist es auch über 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs nicht weit her. Lediglich rund 11 Milliarden Euro flossen laut CBRE im vergangenen Jahr in dortiges Betongold. Das entspricht einem Anteil von gerade einmal etwas über 3 Prozent am gesamteuropäischen Immobilien-Investmentmarkt, auch in Prä-Corona-Jahren lag dieser Wert nur minimal höher.

Völlig zu Unrecht, wie Manfred Wiltschnigg, Geschäftsführer von Galcap, im Rahmen eines Pressegesprächs Mitte Mai leidenschaftlich argumentierte: "Die Länder in der Region können seit vielen Jahren mit robustem Wirtschaftswachstum, überschaubarer Staatsverschuldung und geringer Arbeitslosigkeit punkten." Dennoch hält sich die Zurückhaltung institutioneller Anleger hartnäckig und der Ukraine-Krieg wird dies sicher nochmal erheblich verstärken.

Mit Blick auf den größten und am weitesten entwickelten CEE-Immobilienmarkt Polen kommt dieser Tage ein weiteres Problem hinzu: Zweistellige Inflationsraten setzen dem Land massiv zu, die polnische Zentralbank hat den Leitzins deshalb innerhalb weniger Monate auf stattliche 5,25 Prozent angehoben. Dem polnischen Wohnfonds, an dessen Auflage Galcap seit einigen Monaten arbeitet, hat das freilich nicht geholfen: "Wenn überhaupt machen dort aktuell rein eigenkapitalfinanzierte Investments Sinn", so Wiltschnigg. Dass der dortige Vertrieb vorerst nur auf Sparflamme läuft, ist auch insofern bitter, als die Nachfrage auf dem polnischen Wohnungsmarkt infolge der jüngsten Entwicklungen so hoch ist wie nie zuvor: Rund 2,5 Millionen Ukrainer sind seit Ausbruch des russischen Angriffskrieges nach Polen geflüchtet, bei vielen von ihnen handelt es sich um sehr gut ausgebildete und zahlungskräftige Menschen.

Auf dem ukrainischen Immobilienmarkt hat Galcap - wie im Übrigen nahezu alle anderen aus Westeuropa stammenden Asset Manager - keinerlei Exposure. Wiltschnigg wünscht sich aber, dass die Branche das Land, wenn es in einer hoffentlich nicht allzu fernen Zukunft wieder frei ist, auf den Radar genommen wird. Einerseits aus Gründen der Solidarität, andererseits aber eben auch, um dem eigenen Portfolio attraktive Opportunitäten beizumischen.

Doch vermutlich wird es bei sehr überschaubaren Volumina bleiben, denn gerade Immobilieninvestoren scheinen reichlich Lemming-DNA in sich zu tragen: Hat die Masse erst einmal ihre Schwerpunkte gesetzt, fällt es ihnen und damit auch allen anderen unglaublich schwer, neue Wege zu gehen. ph

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