Immobilien an der Börse

Die Umwandlung zum deutschen REIT in der Praxis

Genau 552 Tage hat es gedauert, bis aus Alstria, einer 25 000-Euro-GmbH, der erste deutsche REIT geworden ist, der zum damaligen Zeitpunkt Büroimmobilien im Wert von mehr als 1,6 Milliarden Euro (heute sind es rund 1,9 Milliarden Euro) besaß. Es kann jedoch zugegeben werden, dass bei der Gründung des Unternehmens im Januar 2006 noch nicht die Absicht verfolgt wurde, es einmal in einen deutschen REIT umzuwandeln.

In Deutschland, wie auch in Großbritannien, war seinerzeit die Debatte um REITs gerade in vollem Gange. Wie man zum damaligen Zeitpunkt beurteilen konnte, würde eine Einigung über das Thema REITs noch Jahre auf sich warten lassen. Selbst wenn ein REIT-Gesetz verabschiedet würde, gäbe es immer noch eine 50-prozentige Ungewissheit, ob eine Umwandlung überhaupt der Mühe wert wäre.

Alstria startete. Der Geschäftsplan basierte auf dem starken Vertrauen in die Prinzipien des deutschen Büroimmobilienmarktes. Die Gründer waren der Ansicht, dass sich die Gesellschaft auf Immobilien konzentrieren und ihre Investitionen langfristig planen müsste, um erfolgreich zu sein. Ziel der Gründung war es, ein einzigartiges Know-how im Gebäudemanagement von Büroimmobilien aufzubauen. Das Unternehmen konzentriert sich darauf, die Beziehung zu den Mietern zu stärken, um ihnen dabei zu helfen, ihre Grundstücke effizienter zu verwalten, und zwar sowohl im Interesse des Mieters als auch in dem des Vermieters.

Am 3. April 2007 ging die Gesellschaft an die Börse. Die am 31. März 2007 verabschiedete Endfassung des REIT-Gesetzes konnte dementsprechend erst wenige Tage zuvor eingesehen werden. Im Rahmen der Roadshows zum Börsengang hatte man sich darauf konzentriert, den potenziellen Investoren den stabilen Geschäftsplan mit seiner gesicherten Kapitalbasis sowie die langfristige Fokussierung auf Wertschöpfung und Immobilienmanagement zu erläutern. Zwar wurde eine Umwandlung in einen REIT nie versprochen, aber es wurde immer deutlich gemacht, dass der Vorstand die REIT-Gesetzgebung berücksichtigen und den Nutzen einer Umwandlung abwägen würde.

Analyse des Gesetzes und seiner praktischen Anwendung

Die erste Analyse des REIT-Gesetzes brachte ein sehr positives Ergebnis. Obwohl das Gesetz noch in letzter Minute einige Änderungen erfahren hatte (zum Beispiel bezüglich des Eigenkapitalanteils), war es durchaus auf Augenhöhe mit der fortgeschrittenen REIT-Gesetzgebung, die bereits in anderen Ländern der Welt umgesetzt worden war.

- Das Gesetz würde ein Unternehmen schaffen, das sich sowohl bei der Gewerbesteuer als auch der Einkommens- beziehungsweise Körperschaftssteuer für eine Struktur der Steuertransparenz entscheiden würde.

- Außerdem würde das Unternehmen standardmäßigen Einkommens- und Vermögensprüfungen unterzogen, die dem Nachweis dienen, dass das Hauptgeschäft des REIT aus Immobilien besteht.

- Als Krönung würde dieses Gesetz in Bezug auf Akquisitionen einen einzigartigen Vorteil gegenüber dem Wettbewerb schaffen. Denn unter bestimmten Bedingungen ist es möglich, dass ein Verkäufer, der Immobilien an einen REIT veräußert, von einem um 50 Prozent reduzierten Kapitalgewinnsteuersatz profitiert.

Dennoch hat die Alstria alle "Beschränkungen" untersucht, die von einigen Kommentatoren des REIT-Gesetzes beschrieben wurden. Dazu zählten unter anderem die Bestimmungen über Aktienbesitz, Diskussionen zum Doppelbesteuerungsabkommen sowie die buchhalterische Behandlung der Minderheitsbeteiligungen an GmbH- und Co. KG-Tochtergesellschaften. Schnell ist man zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei all diesen Themen entweder um theoretische Diskussionen (im Falle der Bestimmungen über Aktienbesitz) oder um technische Sachverhalte handelte, die wir leicht lösen oder mit denen man sich arrangieren könnte.

Insgesamt lautete das Fazit, dass das REIT-Gesetz sehr gut vorbereitet und ausgearbeitet war und dem REIT-Segment in Deutschland einen guten Start ermöglichen würde. Der deutsche Gesetzgeber hatte durch die Erarbeitung eines solchen Gesetzes seinen Teil erfüllt. Nun war es Sache der Unternehmen, die Chancen, die sich ihnen boten, auch zu ergreifen.

Unmittelbarer ökonomischer Nutzen der REIT-Umwandlung

Es ist schwer zu verstehen, wie so manches Unternehmen argumentieren kann, dass es aufgrund der unmittelbaren steuerlichen Auswirkungen der REIT-Umwandlung von einer Umwandlung abgehalten würde. Das deutsche REIT-Gesetz schlägt im Grunde den folgenden Handel vor: Als Gegenleistung für eine einmalige Zahlung von Steuern auf bestehende stille Reserven wird ein REIT niemals mehr Steuern bezahlen.

Es ist in diesem Zusammenhang sinnvoll, einen Blick auf einige britische Unternehmen zu werfen, die Hunderte Millionen Pfund bezahlt haben, um den REIT-Status zu erlangen. Keines dieser Unternehmen hat je argumentiert, dass dies zu teuer sei und kein Investor hat je einen Kommentar zum Steuerbescheid abgegeben. Die Umwandlung ist ein relativ klarer und fairer Handel. Man muss letztendlich nur davon überzeugt sein, dass das zukünftige Wachstum und der erwirtschaftete Gewinn des Unternehmens höher sein werden als die Zahlen, auf die die heutige Momentaufnahme schließen lässt.

Höherer Gewinn und Vorteile im Wettbewerb

Für die Alstria war die Rechnung einfach. Am Tag der Umwandlung und unter Berücksichtung der Schätzung der Kosten, die das Unternehmen tragen muss, schlug sich die Nettoauswirkung auf die Gewinn- und Verlustrechnung gemäß IFRS in einem Gewinn von mehr als zehn Millionen Euro*) nieder.

Darüber hinaus ist das Unternehmen durch die Umwandlung in einen deutschen REIT in der Lage, den Immobilienverkäufern den Vorteil der sogenannten Exit-Tax zu bieten, mit der sich die Besteuerung zum Zeitpunkt der Veräußerung drastisch reduzieren lässt. Dank dieses klaren Steuervorteils konnte Alstria den Wettbewerb bei Geschäften, bei denen es einen Exit-Tax-Vorteil gab, überbieten, ohne den höheren Kaufpreis für die Immobilien bezahlen zu müssen. Denn diesen Steuervorteil konnte keiner der Wettbewerber bieten.

Vereinfachung der Unternehmensstruktur

Wie bei jeder anderen deutschen Immobiliengesellschaft war die Unternehmensstruktur hauptsächlich durch Überlegungen zur Steueroptimierung bestimmt. Sie zielte darauf ab, das Risiko zu reduzieren, dass das System der sogenannten "Gewerbesteuerbefreiung" mit sich bringt.

Eine gängige Struktur zur maximalen Limitierung der Gewerbesteuerbefreiungsrisiken besteht darin, verschiedene GmbH und Co. KGs als Besitzer der Immobilien einzusetzen (wobei der jeweiligen GmbH und Co. KG in der Regel nicht mehr als drei Immobilien zugeteilt werden). Dass dies die bevorzugte Eigentumsstruktur ist, zeigt ein kurzer Blick auf den Jahresabschlussbericht jedes beliebigen in Deutschland notierten Unternehmens.

Angesichts der Tatsache, dass ein REIT sowohl von der Gewerbesteuer als auch von der Einkommens- beziehungsweise Körperschaftssteuer befreit ist, wäre es nicht sinnvoll gewesen, die alte Struktur beizubehalten. Daher wurde beschlossen, alle GmbH- und Co. KG-Tochtergesellschaften zur Alstria zusammenzuschließen.

Diese Fusion hatte zwei direkte gewinnbringende Auswirkungen: Zum einen änderte sich die Unternehmensstruktur von einem Konzern mit mehr als 20 Tochtergesellschaften zu einem einzigen Unternehmen, das gemäß Unternehmensbilanz alle Immobilien besitzt. Berücksichtigt man, dass es im Durchschnitt 10 000 Euro kostet, eine Tochtergesellschaft zu unterhalten (in Bezug auf Prüfung, Buchführung, konzerninterne Rechnungslegung), ermöglichte diese einfache Umorganisation eine drastische Optimierung der Unternehmensstruktur. Dies führt zu dem zweiten direkten Vorteil, der eine Ersparnis von etwa 200 000 Euro pro Jahr beschert.

Keine Änderungen im Tagesgeschäft

Die REIT-Umwandlung hat keine gravierenden Veränderungen im Tagesgeschäft nach sich gezogen; zumindest nicht aus Sicht des betrieblichen Ablaufs. Der Geschäftsplan, der bei Unternehmensgründung aufgestellt wurde, ist nach wie vor gültig und auch die Änderung des Status hat darauf keine Auswirkungen. Die Hauptauswirkung der REIT-Struktur auf das Unternehmen besteht darin, dass die gesamte Zeit (und auch das Kapital), die für die Steueroptimierung aufgewendet wird, nun den betrieblichen Abläufen gewidmet werden kann.

Die Alstria ist wahrscheinlich eines der wenigen deutschen Unternehmen, das keine Zeit und Energie (und Kapital) aufwenden muss, um sich mit den positiven oder negativen Auswirkungen der Steuerreform 2008 zu beschäftigen.

Auch wenn Geschäftsentscheidungen zu treffen sind, muss sich die Gesellschaft keine Gedanken über mögliche negative steuerliche Folgen machen, die für sie daraus entstehen könnten.

Welche Schwierigkeiten gab es?

Man würde lügen, wenn man behaupten würde, der Umwandlungsprozess in einen REIT wäre leicht gewesen und der vergangene Sommer - die Periode der Umwandlung - hätte keine schweren Zeiten beschert. Doch ein Großteil der Schwierigkeiten wurde dadurch verursacht, dass Alstria das erste Unternehmen war, das eine Umwandlung vollzogen hat und keine Vorgängermodelle hatte. Es war schwierig, weil der praktische Standard für das Vorgehen bei einer REIT-Umwandlung erst noch gesetzt werden musste.

Es war zum Beispiel niemandem vollständig klar, welche Verpflichtungen der Handelsrichter hat, bevor er der Eintragung als REIT zustimmt. Also mussten diese Regularien in Absprache mit dem Handelsrichter und den anderen beteiligten Behörden definiert werden. Das ist eben so, wenn man zum Vorreiter in einer neuen Anlageklasse werden möchte. Man muss den Weg für alle Nachfolgenden ebnen.

Wie einfach ist die Umwandlung in einen deutschen REIT?

Nichts einfacher als das - wenn die Entscheidung erst einmal getroffen ist. Der Prozess selbst ist sehr leicht und geradlinig; man muss sich lediglich ein wenig Zeit dafür nehmen. Der für ein Unternehmen schwierigste Teil einer Umwandlung ist die Entscheidung zur Umwandlung selbst. Es läuft alles auf das hinaus, wofür die Leitung eines Unternehmens bezahlt wird: Entscheidungen zu treffen. Wussten wir vor der Umwandlung die Antworten auf all unsere Fragen? Nein. Gab es noch Unsicherheiten, als wir die Entscheidung trafen? Ja. Waren wir uns sicher genug, dass der Vorteil für das Unternehmen die Risiken aufwiegen würde? Eindeutig ja!

Es ist immer mit einem Risiko verbunden, unternehmerisches Neuland zu betreten. Man könnte eine Ewigkeit auf die perfekte Gesetzesvorlage warten. Man kann versuchen, Gewinne zu erzielen, ohne ein Risiko einzugehen. Die Alstria glaubt, dass man nicht weiterkommt, wenn man sich nur dann bewegt, wenn alles perfekt ist. Stillstand hat noch nie zum Fortschritt geführt. Die REIT-Gesetzgebung ist ein sehr praktikables Werkzeug, das sicherlich noch perfektioniert werden kann, jedoch bereits stark genug ist, um die Branche nach vorne zu bringen. Und das hat die Alstria getan. Und bis zum heutigen Zeitpunkt hat sich dies eindeutig als der richtige Schritt erwiesen.

*) Weitere Informationen finden sich im 9-Monatsbericht 2007 auf der Webseite http://investor-relations.alstria.com.

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