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Stellungnahmen zum Entwurf zur Änderung des Investmentgesetzes

Aus Sicht des BMF

"1. 'Deregulierung': Nach dem Koalitionsvertrag ist das Investmentgesetz das Startprojekt für die Initiative zur Deregulierung und zum Bürokratieabbau im Finanzsektor. Der Entwurf enthält zahlreiche Maßnahmen zur Deregulierung und Verbesserung der Innovationsfähigkeit der Branche, wie etwa die Aufhebung der Meldepflichten nach § 10 des Investmentgesetzes, die Einführung gesetzlicher Fristen für die Genehmigung von Fondsprodukten und die Abschaffung von Regelungen, die vor allem dem Schutz von Privatanlegern dienen, im Spezialfondsbereich, der institutionellen Anlegern vorbehalten ist.

Die Regelungsdichte des Investmentgesetzes wird auf die Harmonisierungsvorgaben der EU-Investmentrichtlinie (sogenannte Ogaw-Richtlinie) zurück geführt. Die Kreditinstitutseigenschaft der Kapitalanlagegesellschaften wird aufgehoben und bereits jetzt die voraussichtlich im Frühjahr in Kraft tretende Ogaw-Durchführungsrichtlinie zur Erwerbbarkeit von Vermögensgegenständen berücksichtigt.

2. Förderung von Produktinnovationen: Mit den neuen Infrastrukturfonds (ÖPP-Fonds) kann vermehrt privates Kapital für öffentlich-private Partnerschaften mobilisiert werden und der ÖPP-Markt Privatanlegern zugänglich gemacht werden.

Die neue Assetklasse sonstige Sondervermögen bietet aufgrund seiner liberaleren Anlagebestimmungen ein Vehikel zur Auflage von innovativen Produkten.

Die Investment-Aktiengesellschaft mit variablem Kapital wird so ausgestaltet, dass sie einem richtlinienkonformen Sondervermögen gleichwertig ist und damit ihre Aktien nunmehr auch grenzüberschreitend unter Inanspruchnahme der Erleichterungen aus der Ogaw- Richtlinie vertreiben kann. Damit steht der Branche und dem Anleger das in Luxemburg verbreitete Anlageinstrument Sicav (Société d'investissement à capital variable) auch in Deutschland uneingeschränkt zur Verfügung.

3. 'Reregulierung' Offener Immobilienfonds: Das Produkt Offener Immobilienfonds soll durch die Schaffung zweier Fondskategorien, eine Reform der Bewertungsvorschriften, eine Änderung der Rücknahmeregeln (Abweichung von der bisherigen Verpflichtung zu täglicher Rücknahme der Fondsanteile wird ermöglicht) sowie durch die Verpflichtung, geeignete Risikomesssysteme einzurichten national für den Anleger dauerhaft attraktiv bleiben und als Leitbild für die angestrebte Aufnahme des Produkts in die Ogaw-Richtlinie dienen.

4. Verbesserung der Corporate Governance: Mit der Bestellung eines unabhängigen Anlegervertreters in den Aufsichtsrat sowie den Vorgaben zur Auswahl einer konzernfremden Depotbank gibt der Gesetzgeber ein notwendiges Signal zur Stärkung der Corporate Governance, die zukünftig von der Branche freiwillig ausgefüllt werden kann. Hierdurch kann das Vertrauen des Anlegers in Fondsprodukte nachhaltig gestärkt und dazu beigetragen werden, dass sich diese Produkte gegenüber weniger regulierten Finanzmarktprodukten absetzen und behaupten können. "

Aus Sicht des BVI

"Vorbemerkung: Der Entwurf der Novellierung des Investmentgesetzes enthält eine ganze Reihe positiver Maßnahmen, die der Liberalisierung und Entbürokratisierung dienen. Dies gilt zum Beispiel für die Streichung international unüblicher Meldepflichten, die Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens, die Einführung einer Fondskategorie ,sonstige Sondervermögen', die Liberalisierung der Anlagevorschriften für Spezialfonds, Verbesserungen bei der Regulierung von Hedgefonds und die Weiterentwicklung der Regelungen zur Investment-Aktiengesellschaft.

Dennoch erreicht der Entwurf noch nicht das Ziel, den Investmentstandort Deutschland im europäischen Wettbewerb zu stärken. Das über weite Strecken erkennbare Bemühen um eine Verbesserung der Standortbedingungen für deutsche Investmentfonds wird durch Passagen gefährdet, die offensichtlich das genaue Gegenteil bewirken. Beispielsweise stärkt der Entwurf die Zukunftsfähigkeit der Offenen Immobilienfonds noch nicht in hinreichendem Maße.

Auch sind neue Vorschriften vorgesehen, die deutsche Investmentfonds im Wettbewerb schwächen können, weil sie im Vergleich zum europäischen Ausland eine Überregulierung darstellen.

Offene Immobilienfonds

BMF-Vorschlag: Der Entwurf sieht vor, dass Immobilien nach dem 'österreichischen Verfahren' bewertet werden. Die geplante Neuregelung suggeriert zu Unrecht, in der Vergangenheit sei falsch bewertet worden. Für direkt gehaltene Immobilien sollen demnach zwei unabhängige Sachverständige zwei vorläufige Verkehrswerte ermitteln und bei zu großen Abweichungen gegebenenfalls einen Obergutachter entscheiden lassen.

Stellungnahme: Es existieren keinerlei Erkenntnisse für einen Vorteil des geplanten Verfahrens gegenüber dem bewährten Verfahren. Das Modell eines kleinen und noch jungen Marktes für Offene Immobilienfonds wie Österreich (Volumen etwa eine Milliarde Euro) ist als Modell für den deutschen Markt nicht geeignet, weil es seine Praxistauglichkeit noch nicht unter Beweis gestellt hat. Es führt außerdem nicht zu "richtigeren" Ergebnissen.

Die Bewertung durch unabhängige Sachverständigenausschüsse, in denen mindestens drei Sachverständige ihre unterschiedliche Expertise und Markteinschätzung zusammenführen und im fachlichen Dialog zu einem Verkehrswert verdichten, hat sich über Jahrzehnte und gerade auch in der jüngsten Vergangenheit bewährt.

Bewertungsverfahren indirekter Beteiligungen nicht ändern

BMF-Vorschlag: Der Entwurf sieht vor, dass die Bewertung von indirekt über Immobiliengesellschaften gehaltenen Immobilien künftig nicht mehr von unabhängigen Sachverständigen durchgeführt werden soll, sondern von der Kapitalanlagegesellschaft selbst.

Stellungnahme: Der BVI lehnt die Pläne kategorisch ab. Anderenfalls ist folgender Effekt zu befürchten (beispielhaft): Ein Fonds könnte zu 60 Prozent Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften und zu 40 Prozent Liquidität enthalten und würde dann alleine von der Kapitalanlagegesellschaft bewertet werden.

Weitere Konsequenz der geplanten Neuregelung wäre, dass eine Kapitalanlagegesellschaft zum Beispiel nach dem Niederstwertprinzip, die andere nach dem "Fair Value"-Prinzip oder einem anderen zulässigen Ansatz vorginge. Dies stellte einen Rückschritt gegenüber der derzeitigen einheitlichen Maßgeblichkeit des durch Sachverständige ermittelten Verkehrswertes indirekt gehaltener Immobilien dar.

Renditeorientierte Fondskategorie stärken

BMF-Vorschlag: Die derzeit vorgesehene Ausgestaltung der Fondskategorie 'renditeorientiert' entspricht nicht den Erwartungen, die die Branche und die Anleger mit dieser Bezeichnung verbinden (etwa Anlagerestriktionen).

Stellungnahme: Ein bestehender Offener Immobilienfonds, der sich in einen Fonds der Kategorie ,renditeorientiert' umwandelt, sollte insbesondere bei der indirekten Investition über Immobiliengesellschaften über bedeutend mehr Flexibilität verfügen. Für diese Fondskategorie sollte der Erwerb von Mehrheitsbeteiligungen an Immobiliengesellschaften ohne Begrenzung möglich sein. Auch die Beteiligung an mehrstufigen Gesellschaftskonstruktionen sollte vorgesehen werden. Parallel dazu wären flexiblere Regelungen zur Vergabe von Gesellschafterdarlehen an Immobiliengesellschaften und zur Nutzung von Beteiligungen als Kreditsicherheit vorzusehen.

Einzelmaßnahmen des Entwurfes führen im internationalen Vergleich zu erhöhter Bürokratie und zu einer Benachteiligung deutscher Fondsgesellschaften. Dadurch wird das Ziel gefährdet, den Investmentstandort Deutschland zu fördern.

Kostentransparenz von Investmentfonds ist vorbildlich

BMF-Vorschlag: Der Entwurf sieht vor, dass Transaktionskosten von Investmentfonds in einer "Transaktionskostenquote" veröffentlicht werden sollen.

Stellungnahme: Der Begriff ist irreführend und missverständlich. Eine solche Kennzahl gibt es bei ausländischen Fonds nicht. Die Folge: Deutsche Investmentfonds würden optisch verteuert. Die Ermittlung einer ,Transaktionskostenquote' ist zudem nur schwer möglich und bietet dem Anleger keine Vorteile. Die bisher entsprechend den BVI-Wohlverhaltensregeln veröffentlichte und international eingeführte TER (Total Expense Ratio) legt dem Anleger bereits die laufenden, regelmäßigen Kosten eines Sondervermögens in einem Geschäftsjahr offen.

Neue Transparenzerfordernisse dürfen wenn überhaupt - nur für alle Produkte eingeführt werden. Jede isolierte Verschärfung für deutsche Investmentfonds ist ungerechtfertigt und wird von der deutschen Investmentbranche kategorisch abgelehnt. Investmentfonds sind, nicht nur im Hinblick auf die Kosten, das transparenteste Anlageprodukt für Privatanleger. Die Fondsanlage bietet ein Höchstmaß an Kostentransparenz mit den vielfältigen Kostenangaben einschließlich der Gesamtkostenquote (TER) im vereinfachten und ausführlichen Verkaufsprospekt sowie der erschöpfenden Darstellung angefallener Kosten in der Ertrags- und Aufwandsrechnung, die im Jahresbericht veröffentlicht wird. Das Transparenzniveau hinsichtlich der Kostenbelastung bei Investmentfonds liegt derzeit weit über jenem konkurrierender Anlageprodukte, insbesondere von Zertifikaten oder Kapitallebensversicherungen. Sollte das BMF also Handlungsbedarf hinsichtlich der Kostentransparenz bei Anlageprodukten sehen, wäre dieser am wenigsten im Bereich der Investmentanlage gegeben.

Transaktionskostenabschläge schädlich für Standort

BMF-Vorschlag: Der Entwurf sieht einen Transaktionskostenabschlag bei Rückgaben von mehr als 100 000 Euro bei bestimmten Publikumsfonds vor.

Stellungnahme: Es gibt im In- wie im Ausland zwar einzelne Fonds, die einen Rücknahmeabschlag vorsehen. Es gibt hingegen innerhalb der EU keinen Gesetzgeber, der Derartiges vorschreiben würde. Es handelt sich daher im europäischen Vergleich um eine Überregulierung, die sich äußerst negativ auf die Attraktivität bestimmter deutscher Investmentfonds und damit auf den Investmentstandort Deutschland auswirken würde.

Ein Transaktionskostenabschlag bei Rückgaben über 100 000 Euro wäre in vielen Fällen auch nicht interessengerecht. Der Abschlag würde unabhängig davon anfallen, ob dem Fonds zeitgleich Mittel zufließen, wäre also auch zu entrichten, wenn im Fonds keinerlei Transaktionskosten anfallen.

Freie Wahl der Depotbank erhalten

BMF-Vorschlag: Der Entwurf sieht unter Hinweis auf die Praxis in Ländern angelsächsischer Prägung vor, dass die Depotbank nicht demselben Konzern angehören soll wie die Kapitalanlagegesellschaft, beziehungsweise verlangt eine Erklärung, wenn eine konzernangehörige Depotbank beauftragt wird.

Stellungnahme: Der Hinweis in der Gesetzesbegründung auf die Praxis in Ländern angelsächsischer Prägung geht fehl, weil die dortige Trennung allein auf historisch bedingte Unterschiede zum deutschen Universalbankensystem zurückzuführen ist. Tatsächlich wird die Einhaltung der Depotbankverpflichtungen bereits heute von Wirtschaftsprüfern geprüft. Gravierende Verstöße der Depotbanken oder gar eklatantes Fehlverhalten aufgrund von Interessenkonflikten sind in den letzten Jahren nicht bekannt geworden.

Es ist daher nicht gerechtfertigt, gewachsene Strukturen zu verändern und einen schwerwiegenden Eingriff in die Vertragsfreiheit der beteiligten Unternehmen vorzunehmen. Ferner ist ein Depotbankwechsel auch mit einem hohen Kostenaufwand verbunden. Vielfach können die Depotbankaufgaben gerade wegen der zumeist einheitlichen IT-Landschaften im Konzern besonders effektiv und kostengünstig ausgeführt werden.

Corporate Governance - Branchenaktivitäten unterstützen

BMF-Vorschlag: Der Entwurf sieht vor, einen unabhängigen Vertreter als Mitglied des Aufsichtsrats einzusetzen.

Stellungnahme: Eine Regelung ist überflüssig. Der Entwurf ignoriert die Selbstregulierungsmaßnahmen der Branche. Um die Wahrnehmung der Interessen der Anleger zu verbessern, hat die deutsche Investmentbranche nach einer umfassenden Meinungsbildung im vergangenen Jahr ihre Wohlverhaltensregeln weiterentwickelt. Nach Grundsatz II a Nr. 8 der Wohlverhaltensregeln gehört seitdem die Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds, das von Eigentümern, mit ihnen verbundenen Unternehmen und Geschäftspartnern der Kapitalanlagegesellschaften unabhängig ist, zu den geeigneten Vorkehrungen. Mehrere große Kapitalanlagegesellschaften verfügen bereits jetzt über unabhängige Aufsichtsratsmitglieder.

Provisionsmodelle liberalisieren

BMF-Vorschlag: § 125 InvG wird auf ausländische Fonds ausgedehnt. Bisher war es für in Deutschland domizilierte Fonds - im Gegensatz zu EU-Auslandsfonds - nur eingeschränkt möglich, die Vergütung der Vermittlungsleistung bei Fondssparplänen zu Anfang der Vertragslaufzeit vorzunehmen.

Stellungnahme: Der BVI spricht sich bereits seit längerem für die Liberalisierung von Provisionsmodellen und damit für die ersatzlose Streichung des § 125 InvG aus. Die jetzt vorgesehene Ausdehnung der Beschränkungen auf EU-Auslandsfonds führt zwar zu einer Gleichbehandlung deutscher und ausländischer Fonds, schadet jedoch der Investmentbranche insgesamt. Weil beim Vertrieb langfristiger Sparprodukte die Hauptleistung des Vermittlers im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss erbracht wird, ist es gerechtfertigt, die Vergütung dieser Leistung optional ebenfalls zu Anfang der Vertragslaufzeit vorzunehmen, sofern der Kunde dem zustimmt.

Gesetzliche Beschränkungen bei der Gestaltung von Provisionsvereinbarungen für Vertriebsleistungen bei Investmentfonds sind sachlich nicht gerechtfertigt, negieren die tatsächliche Aufwandssituation im Fondsvertrieb und stellen einen schwerwiegenden Eingriff in die Vertragsautonomie dar. Darüber hinaus führen sie zu einer Wettbewerbsbeeinträchtigung gegenüber konkurrierenden Anlageprodukten.

Wir stehen auf dem Standpunkt, dass schon aus Wettbewerbsgründen die Anforderungen an die Vertriebsprovisionierung von Anlageprodukten - wenn überhaupt - nur allgemein und unabhängig vom jeweiligen Produkttyp formuliert werden können. Zudem hat sich die Branche in den BVI-Wohlverhaltensregeln zu umfassender Transparenz bei ,gezillmerten' Sparplänen verpflichtet. Diese Selbstverpflichtung wird in der Praxis strikt eingehalten."

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