Pfandbrief und Pfandbriefbanken

Wie spezialisiert muss eine Pfandbriefbank sein?

Im Sommer 2008 stimmte die Ratingagentur Fitch*) einen Abgesang auf Spezialbanken, insbesondere auf Immobilienbanken an, als sie den Grad der Spezialisierung als einen der schlagendsten Risikoparameter für ein Kreditinstitut definierte. Ausdrücklich waren damit auch die traditionellen Pfandbriefbanken in Deutschland gemeint.

Aus Sicht der Ratingagentur barg deren Spezialisierung im Sinne der Fokussierung auf einen Markt erhebliche, vor allem wachstumsbezogene Risiken. Außerdem könnten sich dadurch existenzbedrohende Klumpenrisiken im Kreditbuch der Bank bilden. Fitch sah daher bereits die finale Abendröte über den Immobilienbanken aufziehen.

Berechtigte Kritik?

Zwei Jahre später erweisen sich aber zumindest einige Vertreter dieser speziellen Gattung unter den Pfandbriefbanken immer noch als quicklebendig. War die Analyse also falsch? Oder stimmte der ihr zugrunde liegende theoretische Ansatz nur nicht mit der gelebten Praxis überein? Die empirische Überprüfung sagt "Jein! ":

Richtig ist, dass Banken ohne einen ausgewogenen Business-Mix und ohne Präsenz in Wachstumsmärkten eindeutig Bewertungsabschläge am Kapitalmarkt erfahren. Selbst hochprofitabel operierende Spezialbanken sind davon betroffen, weil ihnen in der Krise geringere Überlebenschancen eingeräumt werden.

Schließlich lehrt die Erfahrung, dass sich die Qualität einer Bank erst in der Krise beweist: Nachhaltigen Bestand hat nur, wer in guten Zeiten Gewinne zu machen und in schlechten möglichst verlustfrei zu überwintern versteht.

Richtig ist auch, dass zum Beispiel die reinen Staatsfinanzierer unter den deutschen Pfandbriefbanken fast ausnahmslos von der Bildfläche verschwunden sind. Dabei galt der Handel mit Staatsanleihen unter den schwierigen Bedingungen der Finanzmarktkrise zunächst als ein Rettungsanker - offensichtlich aber nur für die Institute, die dieses Geschäft nicht ausschließlich betrieben. Denn das traditionell geringmargige Geschäft zwang zur Generierung von Zusatzerträgen aus Fristentransformation oder Sekundärmarktportfolios. Sobald die damit ebenfalls erkauften Risiken schlagend wurden, war das Geschäftsmodell des reinen Staatsfinanzierers nicht mehr tragfähig.

Auch unter den Immobilienbanken hat es Verluste gegeben, als Häuser in größere Kreditinstitute integriert oder zumindest redimensioniert wurden. Dennoch erfreuen sich spezialisierte Pfandbriefbanken auch heute noch des Lebens. Dabei handelt es sich vor allem um gut aufgestellte und traditionell eher konservativ agierende Adressen.

Was heißt in diesem Zusammenhang "gut aufgestellt"? Grundsätzlich bieten sich auch den Pfandbriefbanken verschiedene Geschäftsfelder, die ihnen eine Risikodiversifikation ermöglichen, weil sie in unterschiedlichem Maß risikobehaftet sind und untereinander nur bedingt korrelieren. Diese Säulen sind:

- die Finanzierung wohnwirtschaftlicher Immobilien (für institutionelle wie private Kunden), ein relativ stabiles Geschäftsfeld, das allerdings bei wieder zunehmender Anbieterzahl umkämpft ist;

- die Finanzierung gewerblicher Immobilien, ein Geschäftsfeld, das außerdem je nach Objektart (Büro, Handel, Logistik) unterschiedlich hohe Volatilität aufweist;

- das Kommunalgeschäft, ein auf die Bedürfnisse der öffentlichen Hand zugeschnittenes Geschäftssegment mit einer weiten Palette an Finanzdienstleistungen;

- die Staatsfinanzierung, ein Geschäftsfeld, das angesichts der Finanzmarktkrise aktuell wenig Spielraum für Wachstumsbestrebungen lässt.

Darüber hinaus nutzen einige Institute ihr spezielles Know-how in der Schiffsfinanzierung oder in der Verbindung mit dem Pfandbrief in der noch jungen Sparte der Flugzeugfinanzierung.

Risikostreuung in der Spezialisierung

Gut aufgestellte Pfandbriefbanken haben sich nicht auf eine besonders vielversprechende Säule beschränkt, sondern sind durchaus mehrgleisig unterwegs. Die Risikolast wird auf mehrere Schultern verteilt - trotzdem haben diese Häuser klare Schwerpunkte ausgeprägt und innerhalb der verschiedenen Geschäftsfelder Nischen besetzt, die ihnen ein auskömmliches Dasein ermöglichen. Diese Nischen nachhaltig gehalten und ausgebaut zu haben ist die Kurzformel ihres Erfolgs in der Krise.

Die zweite große Stellschraube zur Risikodiversifikation in der Immobilienfinanzierung ist die regionale Streuung. Auch hier sind jedoch unterschiedliche Volatilitäten im Spiel, und auch hier war konservatives Handeln (übrigens gegen die Empfehlung der Rating-Agenturen) der Schlüssel zum Erfolg: Gute Ergebnisse haben in 2009 nämlich besonders solche Banken aufzuweisen, deren Immobiliengeschäft sich schwerpunktmäßig auf den inländischen (deutschen) Markt fokussiert: Das gilt nicht zuletzt auch für die WL Bank.

Bemerkenswert ist das vor allem deshalb, weil eine solche Strategie nach der bis dato gültigen Faustformel eigentlich zum gegenteiligen Ergebnis hätte führen müssen. Bis 2008 galt als sicher, dass sich die Lebenszyklen der nationalen Immobilienmärkte zeitversetzt abspielen und damit wechselseitig abfedern. Dass sie jemals gleichzeitig auf Abstieg geschaltet sein würden, wäre früher nicht vorstellbar gewesen. Als dieser Fall in Folge der Subprime-Krise eintrat, erwiesen sich der vorher scheinbar übervorsichtige Verzicht auf die Chancen boomender Immobilienmärkte (wie USA, Spanien, Großbritannien) als weise Voraussicht und der deutsche Markt als Hort der Stabilität in unruhiger Zeit.

Natürlich war es aber nicht nur das Glück der vorsichtigen Geschäftspolitik, das die betreffenden Häuser sicher durch die Krise navigieren ließ. Denn selbstverständlich haben sie die Risiken ihres spezialisierten Geschäfts trotzdem effizient gestreut. Auch innerhalb des deutschen Immobilienmarktes ist dies durch bundesweites Agieren mit Schwerpunkten auf den Metropolregionen sowie den Boomregionen in der "zweiten Reihe" von Freiburg über Heidelberg bis Münster und Oldenburg möglich.

Der Pfandbrief verlässlicher Weg zur Liquidität

Konstitutiv für die Immobilienbanken ist die Refinanzierung über Pfandbriefe. Zwingende Voraussetzung für das Funktionieren dieses Geschäftsmodells waren (und sind) liquide Pfandbriefmärkte mit geringen Spreads. Seit fast zweihundert Jahren wurde diese Bedingung als gesetzt angenommen.

Dennoch rief die Fokussierung auf diesen Refinanzierungskanal erneut die Hüter der Risikodiversifikation auf den Plan. Doch die Erfahrung der vergangenen beiden Jahre widerlegt ihre Unkenrufe: Zwar hat auch der Pfandbrief in der Finanzkrise Belastungen ungeahnten Ausmaßes aushalten müssen, die bis zu einer kurzzeitigen Schockstarre bei Anbietern und Investoren führten. Doch hat er sich dabei im Vergleich mit anderen Instrumenten bravourös geschlagen: Während ungedeckte Bankanleihen in jüngster Zeit erhebliche Spreadausweitungen erfuhren, bewies der Pfandbrief einen hohen Grad an Stabilität und erwies sich damit als verlässlicher Weg zur Liquidität.

Pfandbriefbanken hatten darum auch in der Krise vergleichsweise ungehinderten Zugang zum Kapitalmarkt und waren durchgängig geschäftsfähig. Der Pfandbrief bleibt für Investoren weiterhin hoch attraktiv, da er nur ein geringes Emittentenrisiko birgt und dennoch eine attraktive Verzinsung gegenüber Bundesanleihen bietet. Auch gegenüber seinen Brüdern und Schwestern im internationalen Vergleich, den Covered Bonds, hat der Pfandbrief seine Qualitätsführerschaft behauptet.

Spezialisierung als Erfolgsrezept

Unterm Strich bleibt als Fazit zu ziehen: Für eine Pfandbriefbank erweist sich die Spezialisierung auf bestimmte Märkte und Refinanzierungskanäle längst nicht automatisch als besonderes Risiko. Wo Spezialisierung besonderes Know-how in ausreichend großen Teilgeschäftsfeldern in Verbindung mit einem durch Kompetenz erworbenen exklusiven Kundenzugang bedeutet, da dürfte sie im Gegenteil als Pluspunkt zu bewerten sein.

Für die WL Bank kommt allerdings noch ein entscheidender Vorteil hinzu. Sie ist Teil einer größeren Allfinanz-Gruppe, des genossenschaftlichen Finanzverbundes. Diese Zugehörigkeit erleichtert ihr nicht nur den Zugang zu bestimmten Kundengruppen wie etwa über das durch Volksbanken und Raiffeisenbanken vermittelte Geschäft mit den privaten Bauherren, sondern lässt sie auch in den Genuss aller Vorteile aus der Kombination von Spezialisierung und Diversifikation kommen.

Fußnote

*)The Impact of Covered Bonds Issuance on Banks Ratings, September 2008.

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