Im Blickfeld

Smartphone - des Büros Tod?

Seit Jahren wird das Ende der Büros propagiert. Rückblickend war es immer ein Kampf gegen vermeintlich stichhaltige Argumente. Zumal es sehr überzeugend klang, dass in einer sich dynamisch entwickelnden Welt die zentralen Orte des Arbeitens - sprich die Büros - zunehmend obsoleter werden. So schien es zumindest, wenn man den Auguren der letzten 25 Jahre Glauben geschenkt hat. Doch bevor jetzt eine neue Argumentationsrunde unter der Überschrift "Footloose Office 3.0", also das freie, ungebundene Arbeiten irgendwo im Raum eingeläutet wird, sollte innegehalten und einmal die Frage gestellt werden: Was genau hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten in der Büronutzung wirklich gewandelt?

Klar ist, dass Veränderung immer mit Innovation einhergeht und der Bürostandort teilweise ersetzt wird durch Funktionalitäten. Die IT-Revolution hat zweifelsfrei unser Leben - privat wie beruflich - umgekrempelt. Da ist dann von der Entmaterialisierung der Arbeit die Rede ("Büros? Wer braucht die noch?"), von Freiheitsgraden bei der Arbeit ("Arbeite wann, wo und mit wem du willst!") bis hin zu neuen Formen der Kommunikation ("Das Smartphone ersetzt zunehmend das Büro"). Wir befinden uns in der Tat im Zeitalter der Wissens- und Innovationsgesellschaft. Die Fläche, die zur Erstellung einer Arbeitsleistung benötigt wird - klassischerweise eine Bürofläche - wandelt sich mit. Gut für Nachfrager (das Angebot nimmt in der Breite und Tiefe zu), herausfordernd für Investoren (was biete ich am Markt zukünftig an und vor allem in welcher Flexibilität?).

Doch nach 25 Jahren IT-Revolution und vermeintlichen Untergangsszenarien zeigt sich etwas Erstaunliches: Ein Wandel trat zwar ein, doch überraschenderweise nicht ausschließlich in der Fläche, sondern in der Verstärkung bereits existierender Strukturen und Standorte. Einfacher formuliert: Die Nachfrage von immer mehr Bürobeschäftigten in der Dienstleistungsgesellschaft tritt an zentraleren Standorten auf, bei gleichzeitig weniger Fläche pro Kopf. Zentrale Stadtteile wie Bankenviertel beziehungsweise Commercial Business Districts boomen, das Umland und die Peripherie verlieren deutlich an Nachfrage. Filtering up in den Innenstädten, filtering down weit draußen. Dezentralisierung ade.

Warum dem so ist liegt auf der Hand. Kommunikation und Kooperation sind der Schlüssel zu Produktivität und Innovationsfähigkeit. Kreativität wird immer stärker als wertstiftender Beitrag bei der täglichen Arbeit gesehen, das Büro als kreativer Ort des Austauschs erfährt eine neue Sinnstiftung. Aspekte wie Gesundheit, generationenübergreifende Zusammenarbeit und langfristige Flächenproduktivität definieren zunehmend die ökonomische Dimension der Büronutzung.

Das "klassische" Büro wird deshalb noch mehr zum Fixpunkt der Wissens- und Innovationsgesellschaft. Nutzer haben heutzutage einen hohen Einfluss auf die Ausgestaltung, verlangen eine maximal optimierte Flächennutzung (Relation Gesamtfläche versus Nutzfläche) nach ultra-individuellen Vorstellungen. Hinzu kommt, dass der klassische Schreibtisch zunehmend Konkurrenz bekommt innerhalb der "Bürolandschaft". Das Büro der Zukunft kennt deshalb mehr als nur den Schreibtisch als Arbeitsplatz. Für Investoren gilt es demzufolge, darauf zu achten, ob ein Gebäude diese vielfältigen Möglichkeiten bietet und die dafür notwendige Flexibilität aufweist. Das mag oftmals einer Quadratur des Kreises gleichkommen - ist aber eine Fragestellung, deren Lösung eine neue Stufe der Dynamik und Wertstiftung für Büronutzer und Investoren auslösen wird. "Footloose" werden Büros auch die kommenden Dekaden definitiv nicht sein - anders aber schon.

Dr. Thomas Beyerle, Head of Corporate Sustainability & Research, IVG Immobilien AG, Bonn

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