Neues vom Pfandbrief

Rien ne va plus

Für Emittenten von Covered Bonds im Allgemeinen und Pfandbriefen im Besonderen präsentierte sich die Großwetterlage am internationalen Kapitalmarkthimmel als so ungünstig, dass der Markt seit Wochen trocken liegt und nachhaltig Schaden zu nehmen droht. Weder der Primär- noch der Sekundärmarkt zeigt ernst zu nehmende Lebenszeichen. Damit gleicht die aktuelle Situation der Krise unmittelbar nach der Lehman-Pleite. Auch damals hieß es: Rien ne va plus! Doch während seinerzeit ein allgemeiner Schock die Akteure erstarren ließ, weil das Undenkbare passierte, so lähmt heute die Furcht vor dem Denkbaren den Markt.

Vor allem die Schuldenkrise europäischer Staaten verunsichert. Zwar beteuern die Regierungen, künftig intensiver sparen zu wollen, mehr Schulden abzubauen und die Wirtschaft anzukurbeln, doch wie das im Einzelnen gehen und politisch durchsetzbar sein soll, bleibt vage. Wenn schon die Euro-Staaten, die EZB und der IWF bei dem Versuch scheitern, ein kleines Mitgliedsland auf eine nachhaltige Haushaltsdisziplin zu verpflichten, wie sollen dann erst große, wesentlich renitentere Staaten dauerhaft zur Räson gebracht werden? So ist das Misstrauen der Bondinvestoren gegenüber politischen Absichtserklärungen nachvollziehbar. Europa ist im Moment ein "rotes" Tuch.

Aus Sicht der Covered-Bond-Emittenten entwickelt sich zudem die europäische Bankenaufsicht EBA zum unberechenbaren Risikofaktor. Im Ringen um Anerkennung versucht sie mit Übereifer die Eigenkapitalanforderungen an Banken im Vorgriff auf Basel III zu verschärfen. Da es ihr jedoch an wirksamen Mitteln der Durchsetzung und - wie zu vernehmen ist - stringenter Linie des Handelns mangelt, verunsichern ihre spontan wirkenden Aktionen die Marktteilnehmer. Entsprechend zurückhaltend bleiben die Investoren bei Banktiteln - leider auch bei Covered Bonds.

Ein weiterer Grund, warum Covered Bonds derzeit ungenügend Abnehmer finden, ist der gleiche, warum sogar Bundesemissionen zuletzt nicht vollständig platzierbar waren: Sie sind zu teuer. Sicherheit, wie sie Emittenten mit gedeckten Schuldverschreibungen bieten, hat ihren Preis, der sich in magerer Rendite ausdrückt. Das ist einerseits den hohen, teilweise verschärften gesetzlichen Anforderungen geschuldet. So stellt beispielsweise die 180 Tage vor Fälligkeit vorzuhaltende Liquiditätsreserve für deutsche Pfandbriefe einen realen Kostenfaktor für die Emittenten dar, der entsprechend eingepreist werden muss, wenn sich die Emission für die Bank noch lohnen soll. Andererseits ziehen die Ratingagenturen die Daumenschrauben an und verlangen für Top-Ratings immer höhere Überdeckungen, die wiederum teuer über ungedeckte Refinanzierung besorgt werden muss.

Im Ergebnis finden Anbieter und Nachfrager von Covered Bonds im Bench-mark-Bereich kaum zueinander. Daran vermochte bislang auch das im November gestartete zweite EZB-Ankaufprogramm für Covered Bonds kaum etwas zu ändern. Mit 40 Milliarden Euro ist es deutlich kleiner als das erste Programm, für das zwischen Juli 2009 und Juni 2010 insgesamt 60 Milliarden Euro zur Verfügung gestanden hatten. Dafür wurde das Mindestvolumen der Emissionen von 500 auf 300 Millionen Euro gesenkt und die Ratinganforderungen von Doppel-A auf Investmentgrade (mindestens "BBB minus"/"Baa3") herabgesetzt. Zudem akzeptiert die Notenbank jetzt auch längere Restlaufzeiten der Covered Bonds - bis maximal 10,5 Jahre.

Nun mag die relative Wirkungslosigkeit des Ankaufprogramms auch daran liegen, dass die EZB bislang hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Während das erste Programm durch kontinuierliche Nachfrage den Markt wieder zum Laufen bringen und die Swap-Levels reduzieren sollte, wird jetzt offensichtlich eine andere Strategie verfolgt. Würde von einem gleichmäßigen Ankauf ausgegangen, müssten pro Monat 3,3 Milliarden Euro in Covered Bonds investiert werden, doch begann die EZB erst in der zweiten Novemberhälfte aktiv zu werden - mit insgesamt 1,341 Milliarden Euro. Hochgerechnet auf den Gesamtmonat ergibt sich damit eine Abweichung vom Sollvolumen von rund 700 Millionen Euro.

Offensichtlich hat die EZB erkannt, dass sie im Moment mit diesem Instrument weitgehend wirkungslos agiert. Denn die Emittenten haben ihren Blick schon auf den Jahresanfang 2012 gerichtet. Es wird darauf ankommen, in welchem Umfang die Investoren die aus fälligen Papieren freiwerdenden Mittel wieder in Covered Bonds anlegen werden. Dann kann auch die EZB Impulse für mehr Liquidität im Markt geben. Aber auch der gegenteilige Effekt ist denkbar, dass nämlich die Nachfrage der Notenbank die Preise für Covered Bonds zu hoch hält und sich Investoren von Covered Bonds zugunsten rentablerer Anleihen trennen. Dem Pfandbrief, seinen Verwandten und den Emittenten wäre damit alles andere als gedient. L. H.

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