Im Blickfeld

Pfandbriefbanken - gepflegte Unruhe

Nach der Novelle ist vor der Novelle für kaum einen gesetzlich geregelten Bereich gilt das so sehr wie für den Pfandbrief. Noch keine drei Jahre ist das Pfandbriefgesetz alt, da setzt der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) seine bereits als Hypothekenbankenverband gepflegte Tradition der permanenten Optimierung fort und legte dem Bundesfinanzministerium jetzt einen Entwurf zur Novellierung vor. Dass die Liste der Änderungswünsche im Laufe des vergangenen Jahres deutlich abgespeckt werden musste, schreibt Verbandspräsident und Eurohypo-Vorstand Henning Rasche der US-Subprimekrise und ihren globalen Wirkungen zu. So wollen die Emittenten (vorerst) auf alles verzichten, was in der gegenwärtigen Marktstimmung als Aufweichung der strengen Qualitätskriterien des Pfandbriefs (miss-)verstanden werden könnte.

Folglich wurde von dem Vorhaben abgelassen, deutsche Eigenheimfinanzierungen (und nur diese) bis zu 80 Prozent des Beleihungswertes als deckungsfähig zu klassifizieren, erklärt vdp-Hauptgeschäftsführer Louis Hagen. Und indem die Regelungen zur Staatsfinanzierung an die EU-Bankenrichtlinie angepasst und die Deckungswerte strenger auf den Kreis der Drittstaaten mit Bonitätsstufe eins begrenzt werden sollen, ist nicht nur die geplante Ausweitung der Pfandbrieftauglichkeit auf die OECD-Staaten vom Tisch, sondern auch die Staatspapiere der Türkei dürfen künftig nicht mehr in den Deckungsstock genommen beziehungsweise durch andere Deckungswerte ersetzt werden. Damit sind weiterhin nur die EU-Staaten, die USA, Kanada, Japan und die Schweiz deckungsstockfähig.

Darüber hinaus ist vorgesehen, zur Verbesserung der Pfandbriefqualität Zusatzsicherheiten wie die Abtretung von Mietforderungen und Versicherungen in das Sondervermögen einzubeziehen. Zudem soll das kurzfristige Liquiditätsrisiko der Deckungsmassen adressiert werden, sodass auch bei hohen Pfandbriefeinlösungen die Liquidität sichergestellt werden kann. Insgesamt 30 Punkte enthält die Wunschliste der Pfandbriefbanken an ein novelliertes Gesetz.

Dazu zählt auch die Schaffung einer neuen Pfandbriefgattung, deren Deckungswerte Flugzeuge sind. Nach eingehenden Prüfungen hält der Verband die rechtlichen Sicherungsinstrumente und die Marktgegebenheiten mit denen bei Schiffen vergleichbar. Geschätzt wird, dass das Neugeschäftsvolumen in den kommenden fünf Jahren weltweit etwa 45 Milliarden Euro betragen wird. Dabei könnte das potenzielle Pfandbriefemissionsvolumen zwei bis drei Milliarden Euro jährlich betragen, erwartet der Verband.

Mehr Liquidität und höhere Attraktivität für den Pfandbrief - das sind die erklärten Ziele der Gesetzesnovelle. Dass sich im aktuellen Entwurf einige weiterführende Vorschläge nicht wiederfinden, ist angesichts der aktuellen Kapitalmarktsituation, in der der Ruf nach Stabilität deutlich vernehmbar ist, verständlich. Das Vertrauen in die Deckungsmassen deutscher Pfandbriefe soll nicht gestört werden. Aber was passiert, wenn an den Finanzmärkten wieder Normalität einkehrt und der Ruf nach größtmöglicher Sicherheit leiser wird? In der Vergangenheit hatte es der Pfandbrief trotz seines Premium-Charakters gegenüber strukturierten Papieren und der internationalen Covered-Bond-Konkurrenz nicht immer leicht. Aber: "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben", reimt der Volksmund. Und weil der Pfandbrief es wert ist, stets ein gutes, zeitgemäßes Gesetz zu haben, wird wohl auch diesmal nach der Novelle vor der Novelle sein.

Market Making - Disziplin durch Transparenz

Besondere Unruhe ist dem vdp-Präsidenten beim Thema Market Making anzumerken, wo er im Interbankenhandel massiven Handlungs- und Klärungsbedarf sieht. Immerhin setzten sich die deutschen Emittenten im Januar endlich mit ihrer bereits im September 2007 reklamierten Forderung nach einer Teilung des Jumbo-Covered-Bond-Marktes durch. Demnach werden Covered Bonds, die 20 Basispunkte über Euribor liegen, seit dem 11. Januar 2008 zur dreifachen Geld-Brief-Spanne gehandelt, während für deutsche Pfandbriefe, die unterhalb dieser Grenze liegen, weiterhin die doppelte Spanne gilt. Seitdem, so Rasches Zwischenfazit, ist im Markt wieder etwas Ruhe eingekehrt.

Weiterhin Sorge bereiten den Pfandbriefbanken die unzureichenden Möglichkeiten, ihre Market Maker zu kontrollieren, denn bisher laufen die Transaktionen via Telefon, wobei für die Emittenten nur schwer zu überprüfen ist, ob und welche Kurse gestellt werden. Denn durch überzogene Preise beziehungsweise Nichterreichbarkeit des Händlers konnten die Market Maker ihre Handelsverpflichtungen faktisch umgehen.

Mehr Transparenz soll hier für mehr Disziplin sorgen. Hierfür wollen die Pfandbriefbanken eine elektronische Plattform, bei der die Abschlüsse einsehbar sind und wo demzufolge auch die Leistungsfähigkeit der Market Maker ersichtlich wird. Dies freilich kann nicht jedem Market Maker gefallen, ebenso wie einige Emittenten an der zwangsläufigen Differenzierung der Produkte im Handel wenig Interesse haben dürften.

Versuche, eine Handelsplattform für Covered Bonds vergleichbar derer für Staatspapiere aufzuziehen, gab es allerdings schon, die aber entweder nicht angenommen oder aufgrund unkalkulierbarer Liquiditätsrisiken nach kurzer Zeit eingestellt wurden. Denn der Market Maker hatte dabei keine Möglichkeit der Steuerung, wie viel Liquidität ihm zurespektive abfließt. Dieser Mangel soll künftig dadurch vermieden werden, dass Kurse nur noch auf Anfrage gestellt werden. "Request to Quote" nennt dies Rasche.

Während die deutschen Emittenten voller Zuversicht nur noch Detailfragen einer solchen Plattform klären wollen, gibt sich die europäische Konkurrenz reserviert. Immerhin soll es nach Angaben des Verbandes bereits bei Eurocredit MTS und Eurex Bonds konkrete Arbeiten an einem Covered-Bond-Handelsplatz geben. Laut vdp haben auch schon zehn der etwa 40 Market Maker für Jumbo-Covered-Bonds in Europa Interesse an einer Teilnahme signalisiert. Rasche würden 15 Market Maker reichen, um die Plattform zu starten, die er notfalls auch im deutschen Alleingang - ohne europäische Beteiligung - aufziehen würde. Aber immerhin sei schon aus Frankreich Gefolgschaft signalisiert worden.

Marktentwicklung keine Subprime-Schäden

Das Neuemissionsvolumen bei Pfandbriefen ging von 167,2 Milliarden Euro im Jahr 2006 auf 135,4 Milliarden Euro im Jahr 2007 zurück. Hierbei machten Öffentliche Pfandbriefe rund 108 Milliarden Euro, Hypothekenpfandbriefe etwa 27 Milliarden und Schiffspfandbriefe 0,6 Milliarden Euro aus. In dieser Entwicklung will Rasche jedoch keinen Trend gegen den Pfandbrief erkennen, sondern spricht vielmehr von einer Normalisierung des Marktes, nach sehr hohen Emissionsvolumina der vergangenen fünf Jahre. Gefragt sind nach Rasches Erfahrung derzeit vor allem Öffentliche Pfandbriefe, weil Immobilien als Kreditbesicherung im Zuge der US-Hypothekenkrise momentan weniger Vertrauen entgegengebracht werde.

Dass der Pfandbrief von Emittenten und Investoren dennoch geschätzt wird, hat sich nach dem Ausbruch der Subprime-Krise gezeigt. Während andere Covered Bonds und pfandbriefähnliche Produkte aus dem Ausland Spread-Ausweitungen von 40 bis 80 Basispunkten hinnehmen mussten, konnten Pfandbriefemittenten zu kaum veränderten Konditionen Liquidität aufnehmen. So wurden zwischen August und Oktober 2007 mit traditionellen Inhaber- und Namenspapieren insgesamt 50 Milliarden Euro und durch Jumbo-Emissionen und -Aufstockungen acht Milliarden Euro am Markt aufgenommen.

Ingesamt trugen Pfandbriefe im Dezember 2007 mit 888,6 Milliarden Euro etwa ein Viertel des gesamten Wertpapierumlaufs am deutschen Rentenmarkt von 3 523,7 Milliarden Euro bei. 677,7 Milliarden Euro entfielen auf Öffentliche Pfandbriefe, 206,5 Milliarden Euro auf Hypothekenpfandbriefe und 4,4 Milliarden Euro auf Schiffspfandbriefe. (Red.)

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